OGH 5Ob89/12t

OGH5Ob89/12t12.6.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** Genossenschaft mit beschränkter Haftung, *****, vertreten durch Singer-Musil-Singer Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei H***** F*****, vertreten durch Hasberger Seitz & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 29. Februar 2012, GZ 39 R 3/12y-14, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

In der jüngeren höchstgerichtlichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs wird das dringende Wohnbedürfnis eines Eintrittswerbers im Sinne eines schutzwürdigen Interesses verstanden und nur dann verneint, wenn ihm eine andere ausreichende und angemessene sowie rechtlich gleichwertige Unterkunftsmöglichkeit zur Verfügung steht, wobei immer auf die Gesamtheit der Umstände des Einzelfalls unter Einschluss sowohl der rechtlichen als auch der tatsächlichen Verhältnisse abgestellt wird (6 Ob 75/98t wobl 1998/171; 8 Ob 331/97b wobl 1999/206; 6 Ob 505/96 wobl 1998/38; 5 Ob 1591/92 WoBl 1993/82; 4 Ob 237/05i wobl 2006/112). Verfügt ein Eintrittswerber über eine eigene Wohnung, die er früher bewohnt hat, wird auf die unbedingte Notwendigkeit abgestellt, den beim Tod des Mieters gegebenen Zustand zu belassen. Soll er auf eine andere Wohnung verwiesen werden, muss es sich um eine ausreichende und gleichartige Wohnmöglichkeit handeln (4 Ob 237/05i ua).

Im vorliegenden Fall kann davon ausgegangen werden, dass Mutter und Tochter in der aufgekündigten Wohnung der Mutter durch Jahrzehnte bis zum Tod der Mutter einen gemeinsamen Haushalt führten. Der Tochter und nunmehrigen Eintrittswerberin stehen allerdings Mietrechte an der unmittelbar daneben liegenden, gleich großen und im Wesentlichen gleich ausgestatteten Wohnung zu, die über 36 m² Wohnfläche verfügt, die sie bisher auch zu Wohnzwecken verwendete.

Die Vorinstanzen verneinten bei dieser Sachlage ein dringendes Wohnbedürfnis, weil der Beklagten eine nicht nur rechtlich gleichwertige, sondern auch ausreichende und angemessene Wohnmöglichkeit zur Verfügung steht.

Diese Beurteilung hält sich im Rahmen dazu ergangener Rechtsprechung, wonach Gleichwertigkeit der Wohnverhältnisse etwa verneint wurde, wenn nur ein 15 m² großer Einzelraum ohne WC, Kochmöglichkeit, Wasser oder Kaminanschluss zur Verfügung stand (4 Ob 237/05i), ein 30 m² großes Lager- und Abstellobjekt (5 Ob 70/06i) oder Mitmietrechte an einer erheblich kleineren Wohnung der Ausstattungskategorie D gegenüber einer bisher benützten 160 m² großen Wohnung der Kategorie A (6 Ob 75/98t).

Es trifft zwar zu, dass von der Rechtsprechung auch ein gemeinschaftlicher Haushalt in zwei nur faktisch verbundenen, nebeneinander liegenden Wohnungen als nicht ausgeschlossen angesehen wurde (7 Ob 196/10i = wobl 2011/134 RIS-Justiz RS0126479), doch lässt der hier zu beurteilende Sachverhalt eine solche Beurteilung nicht zu, weil die Mietwohnung, auf die die Beklagte nach der angefochtenen Entscheidung verwiesen wird, stets von ihr allein benützt wurde.

Mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO war daher die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

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