OGH 5Ob270/98m

OGH5Ob270/98m27.10.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Dr. Werner Pennerstorfer, Rechtsanwalt in St. Pölten, als Masseverwalter über das Vermögen der A***** Gesellschaft mbH, wegen Löschung eines Pfandrechts, infolge Revisionsrekurses der ***** Bank ***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Guido Held und Mag. Gottfried Berdnik, Rechtsanwälte in Graz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes St. Pölten als Rekursgericht vom 28. August 1998, AZ 7 R 65/98h, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Lilienfeld vom 5. Februar 1998, TZ 1502/97, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die angeregte amtswegige Löschung des in EZ ***** KG ***** unter C-LNR 6a eingetragenen Pfandrechts abgelehnt und der Antrag, diese Löschung im Wege der Grundbuchsberichtigung vorzunehmen, abgewiesen wird.

Die Rechtsmittelwerberin hat die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 15. 4. 1991, TZ 509/91, wurde antragsgemäß aufgrund der Bestellungsurkunde vom 17. 1. 1989 ein Höchstbetragspfandrecht von S 1,5 Millionen zugunsten der Gesamtrechtsvorgängerin der nunmehrigen Rechtsmittelwerberin ob der der A***** GmbH gehörigen Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** einverleibt.

Am 25. 7. 1997 regte der im Konkurs über das Vermögen der Liegenschaftseigentümerin bestellte Masseverwalter die Einleitung des Verfahrens zur Löschung gegenstandsloser Eintragungen gemäß den §§ 132 ff GBG mit der Begründung an, es fehle an der gemäß § 26 Abs 4 EisbG notwendigen Genehmigung der Behörde zur Belastung der Liegenschaft. Hilfsweise stellte er einen Antrag gemäß § 136 GBG.

Mit Beschluß des Rekursgerichts vom 18. 11. 1997, 7 R 62/97s, wurde der vom Masseverwalter am 2. 9. 1997 gegen den Eintragungsbeschluß vom 15. 4. 1991 erhobene Rekurs zurückgewiesen.

Mit Beschluß vom 5. 2. 1998 ordnete das Erstgericht zufolge des Antrages des Masseverwalters vom 25. 7. 1997 die Löschung des in C-LNR 6a haftenden Pfandrechts gemäß § 136 GBG an. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß die Pfandurkunde eisenbahnbehördlich nicht genehmigt sei, sodaß die gegenständliche Eintragung nichtig und gegenstandslos sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Pfandgläubigerin nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000,-- übersteigt und daß der Revisionsrekurs zulässig sei. Es führte im wesentlichen folgendes aus:

Gemäß § 26 Abs 4 EisbG bedürfe die Veräußerung oder Belastung von Liegenschaften, die Eisenbahnanlagen sind, der Genehmigung der Behörde. Rechtsakte ohne Genehmigung der Behörde seien gemäß § 26 Abs 5 EisbG nichtig. Faktisch oder rechtlich unmögliche Eintragungen im Grundbuch verschafften keinen Vertrauensschutz. Sie seien mit unheilbarer Nichtigkeit behaftet und könnten ohne zeitliche Begrenzung gelöscht werden. Solche Eintragungen, die mit unheilbarer Nichtigkeit behaftet seien und daher auf keinen Fall Rechtswirkungen nach sich zögen, seien jedoch nur solche, die ihres Gegenstandes wegen nicht hätten stattfinden dürfen. Es müsse sich daher um Eintragungen handeln, die ein Recht zum Gegenstand hätten, das der geltenden Rechtsordnung überhaupt fremd sei oder dessen Eintragung weder im GBG noch in anderen Gesetzen zugelassen sei und die einen physisch oder rechtlich unmöglichen Grundbuchsstand, dem die materielle Rechtsgrundlage nicht entsprechen könne, schaffe. Eine von Anfang an unzulässige Eintragung könne zum Unterschied von einer materiell unrichtigen Eintragung auch durch Zeitablauf nicht wirksam werden. Entgegen der Meinung der Rekurswerberin handle es sich bei der gegenständlichen Pfandrechtseinverleibung nicht nur um einen materiellen Mangel der Urkunde. Nichtigkeit der Belastung einer Eisenbahnliegenschaft gemäß § 26 Abs 5 EisbG ohne Genehmigung der Behörde bedeute, daß schon die Pfandbestellungsurkunde nichtig sei, sodaß das Pfandrecht nicht rechtswirksam begründet worden sei. Durch die Folge der Nichtigkeit bei Fehlen der Bewilligung durch die Behörde werde das Pfandrecht auf einer Eisenbahnliegenschaft zu einer im eigentlichen Sinn unzulässigen Eintragung, die jederzeit von Amts wegen gelöscht werden könnte. Die Eintragung eines nicht behördlich genehmigten Pfandrechts auf einer Liegenschaft führe daher zu einem rechtlich unmöglichen Grundbuchsstand.

Den Rekursausführungen könne nicht gefolgt werden, wenn von der Gutgläubigkeit eines Erwerbers gesprochen werde. Abgesehen davon, daß die Rekurswerberin nicht dritter Erwerber im Sinn der §§ 62 ff GBG sei, fehle es ihr auch an der Gutgläubigkeit. Sie gestehe selbst zu, daß eine Pfandbestellung ohne behördliche Genehmigung nach § 26 Abs 5 EisbG nichtig sei.

Dem Rekurs sei zuzugeben, daß die Anwendung des § 136 GBG voraussetze, daß nachträglich außerbücherlich eine Rechtsänderung eingetreten und grundbücherlich noch nicht durchgeführt sei. Eine Löschung nach dieser Bestimmung sei jedenfalls dann nicht möglich, wenn sich nach dem Eintritt der Rechtskraft des die Eintragung bewilligenden Beschlusses herausstelle, daß der Beschluß auf fehlerhafter Grundlage beruhe, insbesondere der Rechtstitel mangelhaft und ungültig sei. Die Möglichkeit der amtswegigen Löschung einer Eintragung als gegenstandslos schließe allerdings die Antragstellung durch eine Partei nicht aus. Es werde auch darauf verwiesen, daß der Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Liegenschaftseigentümers vorerst die amtswegige Löschung nach §§ 132 ff GBG angeregt und nur für den Eventualfall das Verfahren gemäß § 136 GBG beantragt habe.

Da Nichtakte, nämlich eine Belastung einer Eisenbahnliegenschaft ohne behördliche Bewilligung, jedenfalls nicht zu Grundbuchseintragungen führen könnten und darüber hinaus jederzeit von Amts wegen das Grundbuch berichtigt werden könne, könne im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob die Löschung des gegenständlichen Pfandrechts über Antrag nach § 136 GBG oder von Amts wegen nach den §§ 130 f GBG erfolgt sei.

Da ein vergleichbarer Sachverhalt vom Obersten Gerichtshof noch nicht beurteilt worden sei, sei der Revisionsrekurs zuzulassen gewesen.

Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Pfandgläubigerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß die Löschungsanträge abgewiesen werden.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, er ist auch berechtigt.

Die Rechtsmittelwerberin macht im wesentlichen geltend, die ungeachtet des § 26 Abs 4 und 5 EisbG vorgenommene Eintragung sei zwar im nachhinein gesehen unrichtig und daher anfechtbar, gleichwohl aber der formellen und materiellen Rechtskraft zugänglich. Ein rechtlich oder physisch unmöglicher Grundbuchstand liege nicht vor (§ 130 GBG). Eine nachträgliche außerbücherliche Rechtsänderung sei nicht eingetreten (§ 136 GBG).

Hiezu wurde erwogen:

Das Rekursgericht hat die Voraussetzungen der amtswegigen Löschung einer im Sinne des § 130 GBG unzulässigen Eintragung unter Hinweis auf SZ 45/26 und JBl 1972, 208 grundsätzlich richtig dargestellt (vgl auch RIS-Justiz RS0060300; Feil, GBG3 § 130 Rz 1, 2 mwN). Entgegen seiner Auffassung ist die Pfandrechtseinverleibung aber nicht unzulässig im Sinne dieser Rechtsprechung. Vielmehr bietet sich das Bild eines durchaus möglichen Grundbuchstandes (vgl 5 Ob 187/98f). Daß die Belastung der Liegenschaft eisenbahnbehördlich (seilbahnbehördlich) nicht genehmigt wurde (§ 26 Abs 4 und 5 EisbG), führt nicht dazu, daß die Eintragung an sich grundbuchswidrig wäre.

Die Eintragung ist auch nicht gegenstandslos im Sinne der §§ 131 ff GBG. Diese Vorschriften sollen es dem Grundbuchsgericht ermöglichen, nach seinem Ermessen die Übersichtlichkeit des Buchstandes zu verbessern. Das Bereinigungsverfahren hat aber nicht den Zweck, eine Partei zu begünstigen, die es unterläßt, die zur Löschung einer Eintragung erforderlichen Schritte zu unternehmen (vgl Feil aaO §§ 131 bis 135 Rz 1). Es ist daher im vorliegenden Fall nicht möglich, sich durch die Anregung einer amtswegigen Löschung den Mühen einer Löschungsklage (hier: des Eigentümers gegen den zu Unrecht als Pfandgläubiger eingetragenen; vgl Koziol/Welser II10 109) und der Einhaltung der hiefür vorgesehenen Fristen (vgl § 62 GBG) zu entziehen.

Die Vornahme der vom Antragsteller angeregten amtswegigen Löschung (vgl RIS-Justiz RS0060931) war daher abzulehnen.

Wie das Rekursgericht ohnehin schon selbst erkannt hat, setzt die Anwendung des § 136 GBG voraus, daß nachträglich eine Rechtsänderung außerbücherlich eingetreten und grundbücherlich noch nicht durchgeführt ist, und besteht keine Berichtigungsmöglichkeit, wenn sich - wie hier - erst nachträglich herausstellt, daß der Beschluß, aufgrund dessen die grundbücherliche Eintragung erfolgte, auf fehlerhafter Grundlage beruht (RIS-Justiz RS0060992; SZ 49/58; Feil aaO § 136 Rz 1 mwN).

Der auf § 136 GBG gestützte Berichtigungsantrag war daher abzuweisen.

Die Rechtsmittelwerberin hat die verzeichneten Kosten ihres Revisionsrekurses in Grundbuchssachen unabhängig vom Rechtsmittelerfolg selbst zu tragen (MGA Grundbuchsrecht4 § 122 GBG E 5; vgl RIS-Justiz RS0035961).

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