OGH 5Ob219/09f

OGH5Ob219/09f25.3.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Dr. Roch als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin M***** e.U. Inhaberin Andrea J***** (FN*****), *****, vertreten durch Dr. Daniel Malin & Partner, Notar in Feldkirch, wegen Grundbuchseintragungen in EZ *****, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 30. Juli 2009, GZ 2 R 226/09i‑6, mit dem infolge Rekurses der Antragstellerin der Beschluss des Bezirksgerichts Bezau vom 23. Juni 2009, TZ 1106/09‑3, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Begründung

Die „Maria R***** geborene M*****, Gesellschaft m.b.H. & Co. KG.“ (im Folgenden: KG) ist zu 2625/11030-Anteilen Mit- und Wohnungseigentümerin der Liegenschaft EZ *****.

Laut Übernahmevereinbarung vom 13. 11. 2008 trat deren unbeschränkt haftende Gesellschafterin M***** Gesellschaft m.b.H. (im Weiteren: GmbH) mit Wirkung zum 31. 10. 2008 aus der KG aus und übernahm die einzige Kommanditistin Andrea J***** (in Hinkunft: Antragstellerin) das gesamte Gesellschaftsvermögen der KG mit allen Aktiven und Passiven mit Wirkung zum 31. 10. 2008; es wachse der Antragstellerin im Weg der Gesamtrechtsnachfolge analog § 142 UGB an; eine Liquidation der KG könne unterbleiben, da die Antragstellerin das Unternehmen als protokolliertes Einzelunternehmen unter der Firma „M***** e.U. Inhaberin Andrea J*****“ mit dem ausdrücklichen Einverständnis sämtlicher Beteiligter fortsetze.

Aufgrund ua der Übernahmevereinbarung vom 13. 11. 2008 und des (vom Antragstellervertreter erstellten und gesiegelten) Firmenbuchauszugs FN***** [aus dem hervorgeht, dass eine Vermögensübernahme durch die Antragstellerin gemäß § 142 HGB erfolgte und die Gesellschaft aufgelöst ist] sowie weiterer Urkunden begehrte die Antragstellerin hinsichtlich der oben angeführten Liegenschaftsanteile die Einverleibung ihres Eigentumsrechts unter ihrer Einzelfirma und der Löschung diverser Pfandrechte.

Das Erstgericht wies das Eintragungsgesuch zur Gänze ab. Laut vorliegendem Firmenbuchauszug handle es sich bei der Antragstellerin um eine Einzelunternehmerin, die nicht unter ihrer Firma, sondern nur unter dem bürgerlichen Namen eingetragen werden könne, weil das Grundbuch sonst seine Besitzfunktion nicht mehr erfüllen könnte, zumal die Firma nur die Bezeichnung des Unternehmers, nicht aber Rechtssubjekt oder Rechtsobjekt sei. Durch die Bezeichnung des bücherlich Berechtigten mit der Firma wäre aber nicht der jeweilige Firmeninhaber einverleibt, sondern für immer derjenige, der die Firma im Zeitpunkt des Einlangens des Grundbuchsgesuchs geführt habe.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge. Durch die Novellierung des § 27 Abs 2 GBG seien für Grundbuchsurkunden weitere Individualisierungsmerkmale für an einem Rechtsgeschäft beteiligte juristische Personen bestimmt worden, da bei im Firmenbuch eingetragenen Rechtsträgern die Firmenbuchnummer angeführt werden müsse. Dadurch solle die juristische Person eindeutig identifiziert werden können. Die Neuregelung der §§ 27 Abs 2, 98 GBG erfasse also nur juristische Personen. Individualisierungsmerkmal einer natürlichen Person (eines Einzelunternehmers) sei nach wie vor deren Geburtsdatum. Der Gesetzgeber habe mit der Novellierung der §§ 27 Abs 2, 98 GBG offenkundig nicht den Zweck verfolgt, es einem Einzelunternehmer freizustellen, als Individualisierungsmerkmal entweder sein Geburtsdatum oder die Firmenbuchnummer seines Unternehmens anzuführen. Im Übrigen stehe im Fall einer Löschung der Firmenbucheintragung aus welchem Grund auch immer die Firmenbuchnummer als Instrument zur Festlegung des Inhabers des Einzelunternehmens und damit des bücherlichen Eigentümers nicht (mehr) zur Verfügung. Da die Antragstellerin nicht Eigentümerin der betroffenen Liegenschaftsanteile geworden sei, fehle es ihr an der Legitimation für einen Antrag auf Löschung von Pfandrechten.

Das Rekursgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand im Hinblick auf den erhobenen Einheitswert mit 30.000 EUR übersteigend. Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ es zu, weil es zur Frage, ob es nach den §§ 27 Abs 2, 98 GBG idF der Grundbuchs-Novelle 2008 zu einer Änderung der Rechtslage insoweit gekommen sei, als bei Eintragung des Eigentumsrechts für Einzelunternehmer die Anführung der Firmenbuchnummer zur Individualisierung ausreichend sei, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.

In ihrem ordentlichen Revisionsrekurs argumentiert die Antragstellerin, die zur früheren Rechtslage ausgedrückten Bedenken würden nunmehr durch die Verpflichtung zur Angabe der Firmenbuchnummer entkräftet, weil durch eine weitere Nachschau im Firmenbuch der Inhaber des Einzelunternehmens jederzeit und für jedermann klar festgelegt sei und deshalb nicht mehr Rechtsunsicherheit als bei sonstigen Rechtsträgern bestehe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entsprechend der Begründung des Rekursgerichts zulässig, jedoch nicht berechtigt.

1. Es entsprach der herrschenden Ansicht in Lehre und Rechtsprechung, dass die grundbücherliche Eintragung von Einzelkaufleuten nach dem HGB unter ihrer Firma unzulässig ist (Schuhmacher in Straube 3, § 17 HGB Rz 16 mwN; RIS-Justiz RS0060673 = 5 Ob 76/91 = SZ 64/125 = NZ 1992, 80 [zust Hofmeister] = ecolex 1992, 14 [NN mwN aus der Lehre]). Diese Rechtsansicht wurde von der Lehre auch nach Inkrafttreten des UGB ausdrücklich aufrecht erhalten (Dehn in Krejci, Reform-Kommentar [2007], § 17 UGB Rz 10; Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht [2007], § 98 GBG Rz 19 je mwN; Rechberger/Bittner, Grundbuchsrecht2 [2007] Rz 265).

2. Es besteht kein Grund zur Annahme, dass der Gesetzgeber der Grundbuchs-Novelle 2008 diese der herrschenden Ansicht entsprechenden Rechtslage ändern wollte, als er durch die Ergänzung der §§ 27 Abs 2 und 98 GBG weitere Individualisierungsmerkmale der am Rechtsgeschäft beteiligten Personen, und zwar die Firmenbuchnummer und die Vereinsregisterzahl für die Urkunden und die bewilligenden Beschlüsse vorsah; nach den ErläutRV soll nämlich damit (nur) eine eindeutige Bezugnahme auf diese Register geschaffen werden (542 der Beilagen 23. GP 6). Dementsprechend kommentierten mehrere Autoren, diese Novellierung diene der Individualisierung der am Titelgeschäft beteiligten juristischen Personen (Rassi in Kodek, Grundbuchsrecht-ErgBd [2009] § 27 GBG Rz 1; Auinger, Die Grundbuchs-Novelle 2008, ÖJZ 2009/2 [5]; Hager-Rosenkranz, Neue Entwicklungen im Grundbuchsrecht durch die Grundbuchsnovelle 2008, wobl 2008, 341 [342]), wodurch auch juristische Personen eine „Identifikationsnummer“ erhielten (Schreiner, Grundbuchs-Novelle 2008, AnwBl 2008, 477 [478]). In diesem Sinn vertreten auch Hagleitner (in Kodek, Grundbuchsrecht 1.01 § 27 GBG Rz 22 [Stand 1. 7. 2009]) und Kodek (in Kodek, Grundbuchsrecht 1.01 § 98 GBG Rz 19 [Stand 1. 7. 2009]) weiterhin den Standpunkt, ein im Firmenbuch eingetragener Einzelunternehmer könne nicht unter seiner Firma im Grundbuch eingetragen werden (idS auch Schuhmacher/Fuchs in Straube, WK zum UGB, § 17 Rz 23).

Der erkennende Senat schließt sich dieser (einhelligen) Ansicht an und erachtet die grundbücherliche Eintragung von Einzelunternehmern unter ihrer Firma nach wie vor als unzulässig, und zwar auch aus folgenden weiteren Gründen:

3. Die Einzelfirma eines Einzelunternehmers stellt weder ein selbständiges Rechtssubjekt noch ein Rechtsobjekt neben und außer dem Unternehmer dar, sondern ist nur Kennzeichen eines Unternehmens, dessen Rechtsträger der Unternehmer als natürliche Person bildet; deshalb ist nicht die Firma Trägerin von Rechten und Pflichten, sondern der damit gekennzeichnete Inhaber eines bestimmten Unternehmens (vgl RIS-Justiz RS0039739; RS0061885; RS0061904; RS0035318). Daraus folgt für den vorliegenden Fall zwingend, dass die Person, für die die Einverleibung des Eigentumsrechts iSd § 98 GBG erfolgen soll, hier die Antragstellerin als natürliche Person ist. Da natürliche Personen mit ihrem Namen und dem Geburtsdatum einzutragen sind, die Einzelfirma der Antragstellerin aber deren Geburtsdatum nicht enthält, scheidet schon deshalb eine Einverleibung des Eigentumsrechts mit dem Handelsnamen der Antragstellerin aus.

4. Im Übrigen ist auf die besondere Aufgabe des Grundbuchs Bedacht zu nehmen, den Rechtsverkehr mit unbeweglichen Gütern klar und überschaubar zu machen, der es ua erfordert, im Interesse der Rechtssicherheit die Verwechslung von Personen auszuschließen (5 Ob 76/91; Rechberger/Bittner, Grundbuchsrecht2 Rz 17 ff; Höller in Kodek, Grundbuchsrecht Vor § 1 GBG Rz 1 ff). Zweck ua der Bestimmungen der §§ 27 Abs 2, 31 Abs 1 und 98 GBG ist daher die eindeutige Identifizierung der am Rechtsgeschäft beteiligten Personen (vgl jüngst 5 Ob 206/09v); es gilt nach wie vor, dass diesem Zweck am Besten dadurch entsprochen werden kann, dass ein Einzelunternehmer im grundbücherlichen Rechtsverkehr den bürgerlichen Namen samt Geburtsdatum verwendet, weil ihn dies eindeutig, dauernd und noch dazu höchst einfach identifiziert. Dies erfordert auch nicht die - von der Antragstellerin verlangte - Einsichtnahme in ein weiteres öffentliches Register, die ohne jede erkennbare sachliche Rechtfertigung die Feststellung der Eigentumsverhältnisse an einer Liegenschaft nur unnötig verkomplizieren würde. Schließlich bestehen schutzwürdige Interessen eines Einzelunternehmers an der Verbücherung unter seiner Einzelfirma nicht (vgl Hofmeister in der Glosse zu NZ 1992, 80 [5 Ob 76/91]) und wurden von der Antragstellerin auch hier nicht geltend gemacht.

5. Zusammenfassend hat es daher grundsätzlich dabei zu bleiben, dass auch nach der aktuellen Rechtslage ein im Firmenbuch eingetragener Einzelunternehmer nicht unter seiner Firma im Grundbuch eingetragen werden kann.

Da die Antragstellerin ausdrücklich die Einverleibung ihres Eigentumsrechts (nur) unter ihrem Handelsnamen begehrt, erweisen sich die abweisenden Entscheidungen der Vorinstanzen sowohl zur Eigentumseinverleibung als zutreffend als auch - mangels Legitimation zur Antragstellung - zur Einverleibung der schon im Rekurs nur mehr bekämpften Pfandrechtslöschung Nr 2 des Grundbuchsgesuchs.

Eine dennoch vorgenommene Einverleibung des Eigentumsrechts unter dem bürgerlichen Namen der Antragstellerin würde eine Verletzung des § 96 Abs 1 GBG bedeuten (vgl Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht § 96 GBG Rz 18) und kommt deshalb nicht in Betracht.

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