OGH 5Ob214/14b

OGH5Ob214/14b27.1.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers Franz T*****, geboren am *****, vertreten durch Bartl & Partner Rechtsanwälte KG in Graz, wegen Einverleibung eines Pfandrechts ob der EZ 255 GB *****, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 30. September 2014, AZ 4 R 161/14x, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Bad Radkersburg vom 19. Mai 2014, TZ 1104/2014, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0050OB00214.14B.0127.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antragsteller hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

 

Begründung:

R***** (Drittbeteiligter) ist grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft EZ 255 GB *****. Ob dieser Liegenschaft ist sub C‑LNR 5a zu TZ 21026/2012 das Belastungs‑ und Veräußerungsverbot für J***** (Erstbeteiligter) und A***** (Zweitbeteiligte) einverleibt.

Der Antragsteller begehrte ob der bezeichneten Liegenschaft aufgrund des Darlehens‑ und Pfandbestellungsvertrags vom 28. 11. 2008 die Einverleibung des Pfandrechts für die Forderung von 206.000 EUR, 8,5 % Zinsen, 10,5 % Verzugszinsen, 9,5 % Zinseszinsen und einer Nebengebührensicherstellung von 45.000 EUR. Der dem Eintragungsbegehren zugrunde liegende Darlehens‑ und Pfandbestellungsvertrag hat auszugsweise folgenden Inhalt:

„...

1.)

Die Ehegatten 1. Herr (Erstbeteiligter), 2. Frau (Zweitbeteiligte) und 3. deren gemeinsamer Sohn Herr (Drittbeteiligter) … bekennen und bestätigen hiemit, von Herrn (Antragsteller) ein Darlehen im Betrag von € 206.000,00 ... gewährt und bar zugezählt erhalten zu haben.

2.)

2.1 Die Darlehensnehmer verpflichten sich, das empfangene Darlehen ab dem Tag der Zuzählung mit 8,5 % p.a. zu verzinsen und die Zinsen für jedes Kalenderjahr im Nachhinein berechnet spätestens am 15. 01. des folgenden Jahres an den Darlehensgeber zu entrichten. Im Falle der nicht rechtzeitigen Bezahlung der Zinsen haben die Darlehensnehmer vom fällig gewordenen Betrag Zinseszinsen in der Höhe von 9,5 % p.a. zu bezahlen.

2.2 Das empfangene Darlehen ist spätestens am 31. 12. 2015 zur Rückzahlung durch die Darlehensnehmer fällig. Im Falle der nicht rechtzeitigen Bezahlung des Kapitals, der Zinsen oder sonstiger in dieser Urkunde festgelegter Nebengebühren sind abgesehen von den weiter vorgesehenen Verzugsfolgen Verzugszinsen in der Höhe von 10,5 % p.a. zu bezahlen.

...

3.)

Zur Sicherstellung des Darlehensbetrages von € 206.000,00 samt 8,5 % p.a. Zinsen, 9,5 % p.a. Zinseszinsen und 10,5 % p.a. Verzugszinsen sowie einer hiemit zur Deckung aller mit dem Kapital nicht gleichen Pfandrang genießenden Nebenverbindlichkeiten aller Art, insbesondere der mehr als 3 Jahre rückständigen Zinsen und aller Einbringungskosten, insbesondere auch der Kosten der Teilnahme an einem Meistbotverteilungsverfahren bestellten Nebengebühren-kaution im Betrag von € 45.000,00 verpfändet Herr (Drittbeteiligter) die Liegenschaft EZ 255 … und erteilt ausdrücklich seine Zustimmung, dass bei dieser Liegenschaft das Pfandrecht im Betrag von € 206.000,00 samt 8,5 % p.a. Zinsen, 9,5 % p.a. Zinseszinsen und 10,5 % p.a. Verzugszinsen und der Nebengebührensicherstellung von € 45.000,00 in erster Geldsatzpost einverleibt wird.

...

5.)

Alle von den Darlehensnehmern übernommenen Verpflichtungen sind von diesen unter Haftung zur ungeteilten Hand zu erfüllen.

...“

Das Grundbuchgesuch des Antragstellers enthält folgenden Hinweis:

„Zu dem unter C-LNR 5 einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbot zG (Erstbeteiligter) und (Zweitbeteiligte) wird auf die ständige Rechtsprechung verwiesen, wonach grundsätzlich schon die Eingehung einer Solidarschuld durch den Verbotsberechtigten als Zustimmung zur späteren Exekution in die Liegenschaft zu werten sei.

In diesem Fall haften die Verbotsberechtigten solidarisch mit dem Eigentümer der Liegenschaft für die aushaftende Forderung, sodass die Einverleibung des beantragten Pfandrechtes durch das bestehende Belastungs- und Veräußerungsverbot nicht gehindert wird.“

Einen (für das Grundbuchverfahren tauglichen) Nachweis der (ausdrücklichen) Zustimmung der Verbotsberechtigten (Erstbeteiligter und Zweitbeteiligte) enthält das Grundbuchgesuch des Antragstellers nicht.

Das Erstgericht bewilligte das Gesuch antragsgemäß.

Das Rekursgericht gab dem gegen den erstgerichtlichen Bewilligungsbeschluss gerichteten Rekurs der Beteiligten (der Verbotsberechtigten und des Liegenschaftseigentümers) Folge und wies das Grundbuchgesuch ab. Es führte rechtlich aus, dass sich hier die für die Pfandrechtseinverleibung erforderliche Zustimmung der Verbotsberechtigten nur schlüssig aus der von ihnen eingegangenen Solidarverpflichtung ergeben könne. Der ein Exekutionsverfahren betreffenden Entscheidung 3 Ob 115/85 sei ein Sachverhalt zugrunde gelegen, nach dem zur Zeit der Solidarverurteilung des Verpflichteten und seiner Ehegattin ein Veräußerungs‑ und Belastungsverbot zugunsten der Ehegattin des Verpflichteten auf dessen Liegenschaft weder einverleibt noch vereinbart gewesen sei. Für diesen Fall habe der Oberste Gerichtshof angenommen, dass sich bei einem solchen Ablauf die Frage der schlüssigen Zustimmung durch das Eingehen einer Solidarverpflichtung gar nicht stellen könne. Habe sich ein Pfandgläubiger des Sicherungsmittels einer Rangordnung für die beabsichtigte Verpfändung nicht bedient und lasse er ‑ wie hier der Antragsteller ‑ zwischen dem Pfandbestellungsvertrag und seinem Gesuch um Pfandrechtseinverleibung mehrere Jahre verstreichen, habe er das Risiko von Zwischeneintragungen zu tragen. Der Rekurs erweise sich demnach als berechtigt.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Soweit überblickbar liege nur die genannte Entscheidung in einer Exekutionssache (3 Ob 115/85) vor, nicht aber eine solche des mit Grundbuchsachen befassten Senats, ob und inwieweit das Eingehen einer Solidarverpflichtung des Liegenschaftseigentümers mit den (später) bücherlich eingetragenen Verbotsberechtigten gemäß § 364c ABGB als (schlüssige) Zustimmung zur noch späteren Pfandrechtseinverleibung trotz des zwischenzeitig einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbots anzusehen sei.

Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Bewilligungsbeschlusses. Der Antragsteller macht zusammengefasst geltend, dass sich das Rekursgericht nicht mit der Entscheidung eines verstärkten Senats 3 Ob 130/86 befasst habe, aus welcher hervorgehe, dass im Fall einer nachgewiesenen ausdrücklichen Zustimmung bzw Verpflichtung der Verbotsberechtigten zur Einverleibung eines vertraglichen Pfandrechts ein später einverleibtes Belastungs- und Veräußerungsverbot keine Wirkung entfalten könne. In Punkt 3. des Darlehens‑ und Pfandbestellungsvertrags vom 28. 11. 2008 sei der Darlehensbetrag dadurch sichergestellt worden, dass der Eigentümer seine Liegenschaft zum Pfand bestellt habe. In Punkt 5. dieses Vertrags sei die Verpflichtung aller Darlehensnehmer enthalten, alle übernommenen Verpflichtungen zur ungeteilten Hand zu erfüllen, wovon natürlich auch die Pfandbestellung der Liegenschaft erfasst sei. Der Darlehens- und Pfandbestellungsvertrag enthalte daher eine ausdrückliche Verpflichtung der Verbotsberechtigten, die Pfandbestellung zuzulassen. Die gegenteilige Ansicht des Rekursgerichts weiche demnach von der genannten Entscheidung eines verstärkten Senats ab.

Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1.  Ein nach § 364c ABGB unter Nachweis der Angehörigeneigenschaft verbüchertes Belastungs- und Veräußerungsverbot bewirkt grundsätzlich ‑ sofern keine Zustimmung des Berechtigten vorliegt oder dieser selbst eine Eintragung beantragt ‑ eine allgemeine Grundbuchsperre für sämtliche rechtsgeschäftlich oder zwangsweise begehrten, vom Verbot erfassten Eintragungen (5 Ob 196/11a NZ 2012/88; Eccher/Riss in KBB 4 § 364c ABGB).

2.  Ein eingetragenes Belastungs‑ und Veräußerungsverbot hindert demnach die zwangsweise Einverleibung eines Pfandrechts (die Zwangsversteigerung der Liegenschaft), sofern nicht die betreibende Partei die ‑ ausdrückliche (vgl RIS‑Justiz RS0002512; Schreiber in Burgstaller/Deixler‑Hübner § 88 EO Rz 15) ‑ Zustimmung der durch das Verbot begünstigten Person(en) zur Exekutionsführung nachweist (3 Ob 115/85 NZ 1986/64 [zust Hofmeister , NZ 1986, 95]; 3 Ob 271/05g; vgl RIS‑Justiz RS0002625). Will sich der betreibende Gläubiger darauf berufen, dass trotz der grundbücherlichen Eintragung die Voraussetzungen für die dingliche Wirkung eines solchen Verbots nicht gegeben seien, so muss er das und die begründenden Tatsachen schon im Exekutionsantrag behaupten und auch beweisen (3 Ob 2/86; Angst in Angst 2 § 87 EO Rz 11). Eine stillschweigende Zustimmung des Verbotsberechtigten zur Exekutionsführung ist zwar ebenfalls möglich, doch ist die Prüfung dieser Frage im Exekutionsverfahren ausgeschlossen (RIS‑Justiz RS0002487). Schließlich ist seit der ‑ vom Antragsteller angesprochenen ‑ Entscheidung eines verstärkten Senats vom 29. 6. 1987, 3 Ob 130/86 (SZ 60/124 = EvBl 1987/154 = NZ 1987, 297 = JBl 1987, 592), davon auszugehen, dass das Exekutionshindernis des im Grundbuch einverleibten Veräußerungs‑ und/oder Belastungsverbots nicht nur durch eine Zustimmung des Verbotsberechtigten gebrochen wird, sondern auch durch jeden Exekutionstitel, der ihn und den Liegenschaftseigentümer solidarisch zur Leistung und damit zur Duldung des Zugriffs auf das gesamte Vermögen beider Schuldner verpflichtet. Ob eine solche Solidarhaftung im Einzelfall besteht, ist eine schuldrechtliche Frage, die im Titelprozess abschließend zu klären ist (siehe dazu auch Oberhammer in Schwimann/Kodek 4 § 364c ABGB Rz 10; Angst in Angst 2 § 87 EO Rz 11; Schreiber in Burgstaller/Deixler-Hübner § 88 EO Rz 15 f).

3.1.  Im  ‑ als reines Akten‑ und Urkundenverfahren ausgestalteten (vgl 5 Ob 83/97k = NZ 1998, 307 = immolex 1997/161; 5 Ob 278/99i = MietSlg 52.655; 5 Ob 185/01v; 5 Ob 195/04v = NZ 2005, 119 [ Hoyer ]; 5 Ob 185/08d) ‑ Grundbuchverfahren ist das Grundbuchgericht zufolge § 94 Abs 1 Z 1 GBG zur materiellen Prüfung verpflichtet, ob durch eine eingetragene Verfügungsbeschränkung ein Hindernis aus dem Grundbuchstand der begehrten Bewilligung entgegensteht. Ist dies der Fall, bedarf eine Verfügung regelmäßig der Zustimmung des Verbotsberechtigten in einverleibungsfähiger Form (§ 32 Abs 1 lit b GBG; 5 Ob 196/11a NZ 2012/88; Holzner in Kletečka/Schauer , ABGB‑ON 1.02 § 364c Rz 6).

3.2.  In der Regel ist die Prüfung rechtshindernder oder rechtsvernichtender Tatsachen der Kognitionsbefugnis des Grundbuchrichters entzogen (vgl 5 Ob 191/07k NZ 2008/59 [ Hoyer ]; Hoyer , Prüfungsrecht und Prüfungspflicht des Grundbuchsrichters, FS Kralik [1986] 215 [225]). Nun kann zwar ein Belastungs‑ und Veräußerungsverbot auch mit Beschränkungen begründet und ins Grundbuch eingetragen werden; so hat der Oberste Gerichtshof bereits die Möglichkeit der Eintragung eines Belastungs‑ und Veräußerungsverbots mit der Beschränkung bejaht, dass es nicht für die Veräußerung an bestimmte Personen gilt (5 Ob 37/94 NZ 1995/320 [ Hoyer ]) oder dass die Begründung von Pfandrechten zu ganz bestimmten Zwecken zulässig ist (5 Ob 196/11a NZ 2012/88). Ist aber die begehrte Begründung eines Pfandrechts nicht etwa durch Auslegung des Wortlauts (zur Auslegung vgl etwa 5 Ob 157/13v mwN; RIS‑Justiz RS0060573 [T10]) einer solchen Ausnahmeregelung gedeckt, kann bei fehlender ausdrücklicher Zustimmung des Verbotsberechtigten die Frage, ob dieser zur Zustimmung verpflichtet ist, nur im Prozessweg, nicht aber im Grundbuchverfahren geklärt werden (5 Ob 196/11a NZ 2012/88; 3 Ob 128/79 NZ 1980, 156; RIS‑Justiz RS0002491).

4.  Aus diesen Grundsätzen ergibt sich für den vorliegenden Fall Folgendes:

4.1.  Der Erstbeteiligte und die Zweitbeteiligte hatten noch nicht die Stellung eines ‑ verbücherten ‑ Verbotsberechtigten, als diese am 28. 11. 2008 den Darlehens- und Pfandbestellungsvertrag unterfertigten. Dass der Erstbeteiligte und die Zweitbeteiligte aufgrund ihrer rechtsgeschäftlichen Beziehung zum Antragsteller (nunmehr) verpflichtet sein sollen, der von diesem angestrebten Einverleibung des Pfandrechts zuzustimmen, lässt sich ‑ offenbar entgegen der Ansicht des Antragstellers ‑ allein aufgrund einer Auslegung des Wortlauts des Darlehens‑ und Pfandbestellungsvertrags nicht bejahen, sondern muss nötigenfalls im Prozessweg geklärt werden. Dieses Ergebnis steht mit den Grundsätzen der vom Antragsteller ins Treffen geführten Entscheidung 3 Ob 130/86 (SZ 60/124 = EvBl 1987/154 = NZ 1987, 297 = JBl 1987, 592) in Einklang, sieht diese doch die Grundlage für die Durchbrechung des Belastungs- und Veräußerungsverbots ebenfalls erst im Exekutionstitel, der Verbotsberechtigten und Liegenschaftseigentümer solidarisch zur Leistung und damit zur Duldung des Zugriffs auf das gesamte Vermögen beider Schuldner verpflichtet. Das Rekursgericht hat somit die vom Antragsteller begehrte Einverleibung des Pfandrechts wegen des verbücherten Belastungs‑ und Veräußerungsverbots, dessen Wahrnehmung auch vom Liegenschaftseigentümer, der zuvor im Darlehens‑ und Pfandbestellungsvertrag in die Einverleibung des Pfandrechts eingewilligt hatte, geltend gemacht werden konnte (vgl zum zulässigen Rekurs des Liegenschaftseigentümers gegen die Löschung eines Veräußerungs- und Belastungsverbots 3 Ob 96/99k; 5 Ob 406/97k) mit Recht abgelehnt. Der Revisionsrekurs muss daher erfolglos bleiben.

4.2.  Die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels hat der Antragsteller selbst zu tragen (RIS‑Justiz RS0035961).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte