OGH 5Ob147/13y

OGH5Ob147/13y17.12.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Josef Milchram, Dr. Anton Ehm und Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. R***** W*****, und 2. G***** W*****, beide *****, beide vertreten durch Mag. Johann Juster, Rechtsanwalt in Zwettl, wegen 58.490,71 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 24. Juni 2013, GZ 16 R 20/13y-30, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die von den Beklagten behaupteten Mängel des Berufungsverfahrens wurden geprüft; sie liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Die vermeintliche Nichterledigung von bekämpften und ungeklärten Tatfragen sowie die unerledigte Behandlung einer Rüge des erstinstanzlichen Verfahrens (unterlassene Einvernahme der Beklagten und eines Zeugen; unterbliebene Einholung eines Sachverständigengutachtens) betreffen nämlich teils unstrittige, teils nicht entscheidungswesentliche Sachverhaltselemente.

2. Das fragliche Girokonto diente der Abwicklung eines Kontokorrentkredits. Unstrittig ist, dass die Streitteile über die Rückzahlung des von der Klägerin fällig gestellten Kredits den gerichtlichen Vergleich vom 24. 3. 2010 abgeschlossen haben, nach dem ein Kapitalbetrag von 535.394,50 EUR sA, an die Klägerin zu bezahlen war. In der Folge haben die Streitteile eine Umschuldungsvereinbarung abgeschlossen, nach der durch die Zahlung von 451.281,57 EUR am 4. 5. 2011 „die Sache ... erledigt sein (sollte)“ (Blg ./I1). Schon aus diesem unstrittigen Ablauf folgt - ohne die Notwendigkeit weiterer Beweisaufnahmen zum Kontoguthaben - die Kontoglattstellung zum genannten Zeitpunkt sowie die Tatsache, dass das - fehlerhaft ausgewiesene - Girokonto-guthaben nicht der materiellen Rechtslage entsprach und die Beklagten durch die seitens der Schaltermitarbeiterin (aufgrund einer nur „reduzierten“ Kontostandsabfrage) irrtümlich erfolgten Auszahlung bereichert waren. Die von den Beklagten gegen diesen Befund ins Treffen geführte Entscheidung 6 Ob 86/09d (ZFR 2010/16 [Toifl] = ÖBA 2010/1629) ist nicht einschlägig, betraf diese doch die „Rückbuchung“ unberechtigter Kontobelastungen durch die Bank.

3. Die Voraussetzungen der condictio indebiti, der Rückforderung wegen irrtümlicher Zahlung einer Nichtschuld iSd § 1431 ABGB, sind das Fehlen der Verbindlichkeit, auf die geleistet wurde, und ein Irrtum des Leistenden über ihren Bestand. Der Zahler muss in der Absicht geleistet haben, eine Verbindlichkeit zu erfüllen, und die Zahlung muss auf einem Irrtum beruhen, der die zu zahlende Schuld oder den Gegenstand, den der Zahler leistete, betrifft. Ob der Zuwendende seinen Irrtum verschuldet hat, ist bedeutungslos. Hat der Leistende über das Bestehen der Schuld aus Fahrlässigkeit geirrt, so ist dies noch kein Grund dafür, dem Empfänger gegen den Willen des Irrenden einen unentgeltlichen Vorteil zu belassen (RIS-Justiz RS0033607). Diese Voraussetzungen der condictio indebiti liegen hier vor und begründen den Anspruch der Klägerin. Des Vorliegens der Voraussetzungen des § 871 ABGB bedarf es - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht (1 Ob 2375/96p).

4. Die Beklagten haben gemeinsam bei der Schaltermitarbeiterin vorgesprochen und die Auszahlung erwirkt, weshalb gegen die Bejahung der Passivlegitimation beider Beklagten keine Bedenken bestehen. Wer die Auszahlung anschließend quittierte, spielt in diesem Zusammenhang keine entscheidende Rolle. Soweit die Zweitbeklagte unterstellt, (auch noch nach Kontoglattstellung) nur als Vertreterin des Erstbeklagten aufgetreten zu sein, fehlt es schon an Behauptungen, wie die Zweitbeklagte vor der Auszahlung dem Offenlegungsgrundsatz (vgl dazu RIS-Justiz RS0088906; RS0019427; RS0019516) entsprochen haben will, ist doch der Kassen-Auszahlungsbeleg an sie persönlich tituliert (Blg ./N).

5. Die von den Beklagten reklamierten Zahlungseingänge von 793,34 EUR und 1.320,82 EUR (S 2 in ON 3) hat die Klägerin bei ihrem Klagebegehren durch entsprechende Abzüge berücksichtigt (S 9 in ON 6).

6. Soweit sich die Beklagten auf ihre angebliche Gutgläubigkeit berufen, würde diese selbst gegebenenfalls der Pflicht zur Herausgabe des ohne Rechtsgrund zugekommenen Geldbetrags grundsätzlich nicht entgegenstehen (RIS-Justiz RS0010195; zu den hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmefällen vgl etwa Leupold in Schwimann, ABGB-TaKom² § 1437 Rz 6).

7. Dem Entreicherten stehen Zinsen in der Höhe zu, wie er sie erzielt hätte, wenn er für die betreffende Zeit einem Dritten ein Darlehen gewährt hätte (RIS-Justiz RS0019297 [T2]); darauf hat sich die Klägerin auch (erschließbar) berufen (S 4 in ON 8). Aufgrund des engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen der vereinbarten Kontoglattstellung und der nur wenige Tage später erfolgten irrtümlichen Auszahlung mussten die Beklagten mit der umgehenden Rückforderung rechnen (RIS-Justiz RS0019297 [T3]).

Eine erhebliche Rechtsfrage stellt sich somit nicht. Die Revision ist daher unzulässig und zurückzuweisen.

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