OGH 4Ob95/12t

OGH4Ob95/12t12.6.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** W*****, vertreten durch Seirer & Weichselbraun, Rechtsanwälte in Lienz, gegen die beklagte Partei S***** I*****, vertreten durch Mag. Dr. Edda Obernosterer, Rechtsanwältin in Lienz, wegen Leistung und Feststellung, über die außerordentliche Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 8. Februar 2012, GZ 2 R 356/11h-20, mit welchem das Urteil des Bezirksgerichts Lienz vom 23. September 2011, GZ 4 C 277/11g-16, in der Hauptsache bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Beklagte hatte 1987 von einer Agrargemeinschaft eine Liegenschaft „gepachtet“, um darauf eine Jausenstation als Superädifikat zu errichten. Das Bestandverhältnis wurde auf 40 Jahre geschlossen und im Grundbuch eingetragen. 1997 verkaufte der Beklagte das Superädifikat dem Kläger. Im nicht von einem Rechtsanwalt oder Notar errichteten Kaufvertrag wurde übersehen, auch das Bestandrecht auf den Kläger „umzuschreiben“. In weiterer Folge zahlte der Kläger den Pachtzins. Als er 13 Jahre später das Superädifikat veräußern wollte, kam auf, dass auf der Liegenschaft noch das Bestandrecht des Beklagten eingetragen war. Dieser weigerte sich letztlich, eine Löschungserklärung zu unterfertigen.

Der Kläger erhob Klage auf Unterfertigung der Löschungserklärung, hilfsweise auf Feststellung des Erlöschens des eingetragenen Bestandrechts. Weiters begehrte er Schadenersatz von 1.045,56 EUR samt 3,5 % Zinsen aus 40.000 EUR seit 1. Juli 2011.

Das Erstgericht wies das Begehren auf Unterfertigung einer Löschungserklärung ab, stellte im Sinn des Eventualbegehrens das Erlöschen des Bestandrechts fest und verpflichtete den Beklagten zur Zahlung von 664,99 EUR samt 3,5 % Zinsen aus 40.000 EUR seit 1. Juli 2011; das Zahlungsmehrbegehren wies es ab.

Das nur vom Beklagten angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung in der Hauptsache, bewertete seinen Entscheidungsgegenstand mit insgesamt nicht über 5.000 EUR und sprach aus, dass die Revision jedenfalls unzulässig sei.

Gegen diese Entscheidung erhob der Beklagte eine mit einem Antrag auf nachträgliche Zulassung verbundene ordentliche Revision, hilfsweise eine außerordentliche Revision. Zu deren Zulässigkeit vertrat er die Auffassung, dass eine Streitigkeit iSv § 502 Abs 5 Z 2 ZPO vorliege.

Das Berufungsgericht wies den Zulassungsantrag und die ordentliche Revision zurück und legte die außerordentliche Revision zur Entscheidung vor.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision ist unzulässig, weil der Entscheidungsgegenstand des Berufungsgerichts 5.000 EUR nicht überstieg und § 502 Abs 5 Z 2 ZPO nicht anwendbar ist.

1. Das Berufungsgericht hatte nur über das Feststellungsbegehren und die Verurteilung zur Zahlung von 664,99 EUR zu entscheiden. Da sein Entscheidungsgegenstand nicht ausschließlich in Geld bestand, hatte es ihn nach § 500 Abs 2 Z 1 ZPO zu bewerten. Der Oberste Gerichtshof ist an diesen Ausspruch gebunden, wenn - wie hier - keine zwingenden Bewertungsvorschriften verletzt wurden und auch keine offenkundige Unterbewertung vorliegt (RIS-Justiz RS0042515, RS0042450, RS0109332 ua).

2. Die Bewertung mit nicht über 5.000 EUR führt zur Unzulässigkeit der Revision nach § 502 Abs 2 ZPO. Anders wäre nur zu entscheiden, wenn tatsächlich eine Streitigkeit nach § 502 Abs 5 Z 2 ZPO vorläge. Das trifft hier aber nicht zu: Nach § 502 Abs 5 Z 2 ZPO gelten § 502 Abs 2 und 3 ZPO nicht „für die unter § 49 Abs 2 Z 5 JN fallenden Streitigkeiten, wenn dabei über eine Kündigung, über eine Räumung oder über das Bestehen oder Nichtbestehen des Vertrags entschieden wird“. Eine Streitigkeit aus einem Bestandverhältnis im Sinn der letztgenannten Bestimmung liegt aber nur vor, wenn die Klage vom Bestandgeber oder Bestandnehmer gegen den jeweils anderen Vertragspartner aus dem zwischen ihnen bestehenden Bestandverhältnis erhoben wird (3 Ob 71/34 = SZ 16/42; RIS-Justiz RS0046601, RS0046562; Simotta in Fasching 2 § 49 JN Rz 96). Verfahren zwischen Vor- und Nachmieter sind - abgesehen von den in § 49 Abs 2 Z 5 JN ausdrücklich genannten Streitigkeiten über verbotene Ablösen - von dieser Bestimmung nicht erfasst (2 Ob 529/93 = WoBl 1994/31 = RIS-Justiz RS0046562; Simotta in Fasching 2 § 49 JN Rz 100 mwN). Gleiches muss für die hier zu beurteilende Klage aus dem Kaufvertrag über das Superädifikat gelten.

3. Aus diesen Gründen ist die außerordentliche Revision als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen.

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