Spruch:
Beiden Revisionen wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 299,57 EUR (darin 49,93 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.961,64 EUR (darin 326,94 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist seit 31. 3. 2009 erster Landeshauptmann-Stellvertreter von Kärnten.
Die Beklagte ist Medieninhaberin des periodischen Druckwerks „Ö*****“. Sie veröffentlichte am 13. 2. 2010 auf Seite 14 der Kärnten-Ausgabe dieser Zeitung ein im Urteilsbegehren näher beschriebenes Lichtbild mit ua folgendem Begleittext: „Politiker (großes Bild: D***** und [Kläger]) und Besucher unterhielten sich beim Villacher Umzug 2009 bestens. Nach 'Negermami-Auftritt' 2009 sagt D***** heuer wegen Terminproblemen ab“. Unstrittig ist, dass die auf dem Lichtbild abgebildete Person im Kostüm einer dunkelhäutigen Afrikanerin neben Landeshauptmann D***** nicht der Kläger ist. Text und Lichtbild wurden ohne Zustimmung des Klägers veröffentlicht.
Der Kläger begehrte, der Beklagten aufzutragen es zu unterlassen, Abbildungen etwa aus dem Villacher Faschingsumzug 2009 in der Art und Weise der Abbildung der Beil ./B oder sinnähnliche zu veröffentlichen, welche Beil ./B zu einem Bestandteil dieses Urteils erklärt wird, auf welchem unter anderem eine Person mit dunkel gefärbter Haut und rot gefärbten Lippen, einem bunten Turban und dunklen, künstlichen Brüsten, wobei eine dieser Brüste in die Kamera gezeigt wird und an der anderen jemand zu saugen beabsichtigt, ersichtlich ist und diese Person als „Negermami“ bezeichnet wird und gleichzeitig im Bildbegleittext die unwahre Behauptung aufzustellen, es handle sich bei dieser Person um den Kläger; hilfsweise die Beklagte sei schuldig, den Kläger nicht als „Negermami“ zu bezeichnen und/oder darzustellen. Der Kläger begehrt weiters 1.000 EUR sA als Schadenersatz.
Die beanstandete Veröffentlichung enthalte die unwahre Tatsachenbehauptung, der Kläger sei eine der abgebildeten Personen, sie stelle den Kläger in einen Zusammenhang, der nicht den Tatsachen entspreche und sei für ihn bloßstellend. Der Kläger habe in seiner politischen Stellung Würde und Ansehen zu wahren, er sei mehrfach negativ auf die Veröffentlichung angesprochen worden und habe daraus immaterielle Nachteile erlitten. Die Veröffentlichung verletze berechtigte Interessen des Klägers und begründe Ansprüche auf Unterlassung nach § 78 UrhG, §§ 16, 43 ABGB. Aus der Verletzung seines Persönlichkeitsrechts ergebe sich ein Anspruch des Klägers auf Ersatz immaterieller Schäden nach § 87 Abs 2 UrhG. Art und Intensität der Verletzung begründeten eine ganz empfindliche Kränkung. Dem Kläger stehe ein Entschädigungsbetrag von 1.000 EUR zu.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Bildbegleittext nenne den Kläger irrtümlich als eine der abgebildeten Personen. Die Veröffentlichung sei nicht ehrenrührig und verletze den höchstpersönlichen Lebensbereich des Klägers nicht, zumal das öffentliche Auftreten auf einer Faschingsveranstaltung keine Angelegenheit des Privat- und Familienlebens (Art 8 EMRK) sei; sie habe dem Kläger keinerlei Nachteile zugefügt. Die Frage, ob und wie sich der Kläger bei einer Faschingsveranstaltung verkleidet habe, sei ein humoristisches Detail.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die beanstandete Veröffentlichung in Bild und Wort erwecke beim Leser zwanglos den unzutreffenden Eindruck, der Kläger sei beim Villacher Fasching 2009 „oben ohne“ als „Negermami“ aufgetreten. Der Kläger müsse eine solche bloßstellende und peinliche Darstellung, die humoristisch fragwürdig sei, nicht hinnehmen, zumal er dazu keinen Anlass gegeben habe. Ein Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit bestehe bei unrichtigen Darstellungen nicht. Die Abbildung in Verbindung mit dem Begleittext verletze berechtigte Interessen des Klägers iSd § 78 UrhG und des § 16 ABGB und bewirke eine empfindliche Kränkung des Klägers, die den mit jeder Urheberrechtsverletzung verbundenen Ärger erheblich übersteige. Die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Ersatz immateriellen Schadens lägen vor.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil in seinem Ausspruch über das Unterlassungsbegehren, wies das Zahlungsbegehren hingegen ab; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil Rechtsprechung fehle, ob der Schutz des § 78 UrhG auch einer Person zustehe, von der im Bildbegleittext unrichtig behauptet werde, das Bild zeige sie. § 78 UrhG schütze denjenigen, dessen Bild in der Öffentlichkeit verbreitet werde; solches treffe hier auf den Kläger gerade nicht zu. Die genannte Bestimmung komme daher weder unmittelbar noch per analogiam als Anspruchsgrundlage in Betracht. Die Bildberichterstattung verletze jedoch den Kläger in seinem Persönlichkeitsrecht auf Bildnisschutz (§ 16 ABGB). Ihm werde ein Bild zugeordnet, das ihn nicht zeige, von dem aber gegenüber dem Publikum erklärt werde, es handle sich um den Kläger. Um diesen unrichtigen Eindruck in der Öffentlichkeit richtig stellen zu können, sei dem Kläger das Recht einzuräumen, gegen den Verletzer mit einem Unterlassungsbegehren vorzugehen.
Unbegründet sei aber das Zahlungsbegehren. § 1328a Abs 1 ABGB gewähre im Fall einer erheblichen Verletzung der Privatsphäre den Ersatz immateriellen Schadens, etwa wenn Umstände aus der Privatsphäre in einer Weise verwertet würden, die geeignet seien, den Menschen in der Öffentlichkeit bloßzustellen. Diese Bestimmung komme aber nicht zur Anwendung, sofern die Verletzung „nach besonderen Bestimmungen“ zu beurteilen sei; die Verletzung der Privatsphäre durch Medien richte sich allein nach den Bestimmungen des MedienG (§ 1328a Abs 2 ABGB). Aus den Materialien (RV 173 BlgNR 22. GP 19 f) sei abzuleiten, dass § 1328a ABGB einen allgemeinen, subsidiären Anspruch auf Ersatz ideeller Schäden aus der Verletzung der Privatsphäre begründen solle, sofern für den erfolgten Eingriff nicht schon aufgrund einer anderen (Spezial-)Vorschrift (§§ 7, 7a und 7c MedienG; §§ 77, 78 und 87 Abs 2 UrhG; § 33 DSG) ein derartiger Schadenersatzanspruch vorgesehen sei. Die genannten Bestimmungen des MedienG sähen bereits von sich aus die Ersatzfähigkeit immaterieller Schäden vor, weshalb in solchen Fällen nicht auf die allgemeine Schadenersatzbestimmung des § 1328a ABGB zurückgegriffen werden müsse. Wenn etwa in einem Medium der höchstpersönliche Lebensbereich des Einzelnen so erörtert oder dargestellt werde, dass er in der Öffentlichkeit bloßgestellt werde, solle sich der immaterielle Ersatzanspruch des Betroffenen ausschließlich nach § 7 MedienG richten. Wenn der Betroffene nach § 7 Abs 2 MedienG keinen Anspruch auf eine Entschädigung für die erlittene Kränkung habe, solle ihm auch nach der allgemeinen Regel des § 1328a ABGB kein Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens zustehen. Aus diesen Erläuterungen sei zu schließen, dass bei einer Verletzung der Privatsphäre durch ein Medium ein zusätzlicher Schadenersatzanspruch nach § 1328a ABGB nicht in Betracht komme. Da § 7 MedienG immateriellen Schadenersatz vorsehe, gehe dieser Sondertatbestand als lex specialis der allgemeinen Schadenersatzbestimmung des § 1328a ABGB vor.
Gegen den bestätigenden Teil dieser Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten, gegen den abweisenden Teil die Revision des Klägers.
Rechtliche Beurteilung
Beide Revisionen sind zulässig, aber nicht berechtigt.
I. Zur Revision der Beklagten
Die Beklagte macht geltend, der Kläger besitze keinen Anspruch nach § 78 UrhG, weil er nicht abgebildet worden sei und der Bericht keine berechtigten Interessen des Klägers verletze.
1. Die Beklagte hat gegenüber den Lesern ihrer Zeitung in einem Bildbegleittext irrtümlich behauptet, der Abgebildete sei der Kläger. Sie muss für eine allfällige Rechtsverletzung im Rahmen der §§ 78, 87 UrhG durch diese Veröffentlichung nur dann einstehen, wenn es sich tatsächlich um eine Abbildung des Klägers handeln sollte (so schon 4 Ob 342/64 = SZ 37/148), was hier unstrittig nicht zutrifft.
2. Der Kläger hat seine Ansprüche nicht auf § 78 UrhG beschränkt. Er hat zutreffend ausgeführt, dass das Recht auf Bildnisschutz nach § 78 UrhG zu den Persönlichkeitsrechten iSd § 16 ABGB gehört (4 Ob 89/92 = RIS-Justiz RS0077106; 6 Ob 57/06k = SZ 2007/171; 4 Ob 20/08g; vgl RIS-Justiz RS0078013 [T3]) und ganz allgemein vorgetragen, dass ihn die Abbildung samt Begleittext in seinem Recht auf Persönlichkeitsschutz nach § 16 ABGB verletze. Angesprochen ist damit eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch eine Namensnennung.
3.1. Während bei einer Namensbestreitung, einer Namensanmaßung oder einem sonst unbefugten Namensgebrauch eine vom Namensträger verschiedene Person das Recht zur Identifikation mit dem Namen in Anspruch nimmt, geht es bei der Namensnennung nicht um die Kennzeichenfunktion des Namens, sondern darum, dass eine vom Namensträger verschiedene Person den Namensträger mit seinem Namen bezeichnet und etwas über ihn aussagt (17 Ob 2/09g = jusIT 2009/39, 98 [Thiele] = Pichler, ecolex 2009, 689 mwN; RIS-Justiz RS0109217).
3.2. Das Recht auf Namensanonymität leitet sich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ab (§ 16 ABGB; RIS-Justiz RS0008998) und ist mit Unterlassungsklage durchsetzbar (RIS-Justiz RS0008994). Dieses Recht untersagt es Dritten, den Namen in einem bestimmten Zusammenhang zu erwähnen, wenn der Namensträger dazu keinen Anlass gegeben hat. Seine Verletzung setzt die Namensnennung oder eine eine bestimmte Person identifizierende Berichterstattung voraus (6 Ob 147/10a mwN).
3.3. Anders als bei der Verletzung des Namensrechts kommt es bei der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch eine Namensnennung nicht entscheidend darauf an, ob der Namensträger die Namensnennung gestattet hat. Der Namensträger hat kein uneingeschränktes Recht zu entscheiden, ob sein Name in der Öffentlichkeit genannt werden darf (17 Ob 2/09g = jusIT 2009/39, 98 [Thiele] = Pichler, ecolex 2009, 689 mwN). Eine Namensnennung verstößt allerdings dann gegen das Persönlichkeitsrecht, wenn sie schutzwürdige Interessen des Genannten beeinträchtigt. Dabei kommt es auf den Inhalt der mit der Namensnennung verbundenen Aussage an (4 Ob 14/03t mwN; RIS-Justiz RS0009319 [T1]). Eine Verletzung liegt regelmäßig vor, wenn über den Namensträger etwas Unrichtiges ausgesagt wird, das sein Ansehen und seinen guten Ruf beeinträchtigt, ihn bloßstellt oder lächerlich macht.
3.4. Wird der Name in einem Medium genannt, dann sind das in der Namensanonymität konkretisierte Persönlichkeitsrecht und der Schutz der Privatsphäre gegen das Informationsinteresse abzuwägen. Ist die Namensnennung nicht gesetzlich verboten und hat der Namensträger einen sachlichen Anlass zur Nennung seines Namens gegeben, dann wiegt das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit regelmäßig schwerer als der Schutz der Privatsphäre (17 Ob 2/09g = jusIT 2009/39, 98 [Thiele] = Pichler, ecolex 2009, 689 mwN).
3.5. § 78 UrhG schützt nach der erklärten Absicht des Gesetzgebers jedermann gegen den Missbrauch seiner Abbildung in der Öffentlichkeit, namentlich (ua) dagegen, dass sein Bildnis auf eine Art benützt wird, die zu Missdeutungen Anlass geben kann oder entwürdigend oder herabsetzend wirkt (EB zu § 78 UrhG in Peter, Urheberrecht 617). Für die in der Veröffentlichung eines vorgeblichen Bilds des Klägers liegende Verletzung seiner Namensanonymität gilt dieselbe Wertung.
4.1. Die beanstandete Veröffentlichung, zu der der Kläger keinen Anlass gegeben hat, stellt mit Bild und Begleittext die unrichtige Behauptung auf, das Bild zeige den Kläger als Teilnehmer eines Umzugs verkleideter Personen im Rahmen des Villacher Faschings.
4.2. Zwar liegt in einem Medienbericht über das öffentliche Auftreten des ersten Landeshauptmann-Stellvertreters auf einer Faschingsveranstaltung - mag der Bericht auch auf einem Irrtum beruhen - grundsätzlich keine Verletzung der Namensanonymität des im Bericht genannten Politikers.
4.3. Im Anlassfall stellt der unwahre Bericht den Kläger aber durch die gewählte bildliche Darstellung in einen peinlichen und bloßstellenden Zusammenhang, die geeignet ist, den vermeintlich dargestellten hochrangigen Landespolitiker in den Augen des Publikums herabzusetzen, ihn lächerlich zu machen und in seiner Würde zu verletzen (vgl zu § 78 UrhG: 4 Ob 2249/96f - Des Kaisers neue Kleider).
4.4. Die Vorinstanzen haben dem Unterlassungsbegehren deshalb im Ergebnis zutreffend stattgegeben. Der Revision der Beklagten kann somit kein Erfolg beschieden sein.
II. Zur Revision des Klägers
Der Kläger macht geltend, ihm stehe entweder ein Entschädigungsanspruch analog § 87 Abs 2 UrhG iVm § 78 UrhG oder - infolge der Verletzung in seinem Persönlichkeitsrecht - nach § 1328a ABGB zu. Letztere Bestimmung sei trotz § 1328a Abs 2 ABGB anwendbar, da der Kläger keinen medienrechtlichen Anspruch gemäß §§ 6 ff MedienG behauptet habe und nur in letzterem Fall der medienrechtliche Entschädigungsanspruch den allgemeinen zivilrechtlichen Schadenersatzanspruch verdränge.
5.1. Soweit sich der Kläger auf einen Entschädigungsanspruch analog § 87 Abs 2 UrhG iVm § 78 UrhG beruft, ist er auf die Ausführungen zur Revision der Beklagten zu verweisen. Die beanstandete Veröffentlichung fällt nicht unter § 78 UrhG, weshalb auch der Tatbestand des § 87 Abs 2 UrhG nicht erfüllt sein kann.
5.2. Der Senat hat erst jüngst (4 Ob 117/10z) im Zusammenhang mit unterschiedlichen Verjährungsfristen nach dem UrhG und dem bürgerlichen Recht ausgesprochen:
„Die Regelungen des UrhG sehen für die Ansprüche des Schöpfers bestimmter Leistungen von den allgemeinen Regeln des bürgerlichen Rechts abweichende Bestimmungen vor, die in ihrer Gesamtheit ein System bilden. Das Herausgreifen einzelner Bestandteile dieses Systems - hier etwa die besondere Verjährungsbestimmung des § 90 Abs 1 UrhG - und deren (wertende) Gegenüberstellung mit einzelnen Bestimmungen des allgemeinen bürgerlichen Rechts ist daher nicht zulässig. Dass der Anlassfall nicht den Tatbestand des § 1486 Z 1 ABGB erfüllt, bedeutet auch nicht, dass bereits eine durch Analogie zu schließende Lücke in den Verjährungsregeln des ABGB bestünde.“
Diese Überlegungen treffen auch im schadenersatzrechtlichen Zusammenhang zu. Das Gesetz gewährt dem Kläger aufgrund des Verhaltens der Beklagten einen Unterlassungsanspruch wegen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts (§ 16 ABGB) durch Namensnennung. Es besteht demnach keine Rechtsschutzlücke und kein Anlass, den von der Beklagten nicht verwirklichten Tatbestand des § 78 UrhG mittels Analogieschlusses auf den nach Urheberrecht nicht sanktionierten Anlassfall auszudehnen. Damit kommt auch eine analoge Anwendung des § 87 Abs 2 UrhG hier nicht in Betracht.
6.1. § 1328a Abs 1 ABGB lautet:
Wer rechtswidrig und schuldhaft in die Privatsphäre eines Menschen eingreift oder Umstände aus der Privatsphäre eines Menschen offenbart oder verwertet, hat ihm den dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Bei erheblichen Verletzungen der Privatsphäre, etwa wenn Umstände daraus in einer Weise verwertet werden, die geeignet ist, den Menschen in der Öffentlichkeit bloßzustellen, umfasst der Ersatzanspruch auch eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung.
6.2. In den Materialien zu § 1328a ABGB (RV 173 BlgNR 22. GP 19 f, abgedruckt bei Reischauer in Rummel, ABGB³ § 1328a Rz 19) wird ausgeführt:
„Wie schon mehrfach erwähnt, wird die Privatsphäre bereits in verschiedenen gesetzlichen Bestimmungen geschützt. Zum Teil sehen diese Regelungen auch die Ersatzfähigkeit bloß immaterieller Schäden vor. In diesem Zusammenhang sind insbesondere die §§ 77, 78 und 87 Abs 2 UrhG über den Brief- und Bildnisschutz, die §§ 7, 7a und 7c MedienG (Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches, Schutz vor Bekanntgabe der Identität und Schutz vor verbotener Veröffentlichung) sowie § 33 DatenschutzG 2000 (Verwendung besonders sensibler Daten) zu nennen. § 1328a ABGB soll an dieser Rechtslage nichts ändern. Dem in seiner Privatsphäre durch ein Medium Beeinträchtigten soll also weiterhin die Möglichkeit zustehen, einen Ersatzanspruch nach den §§ 7, 7a und 7c MedienG im selbständigen Verfahren nach § 8a MedienG geltend zu machen. Auch soll der in seinem Recht auf das eigene Bild Verletzte nach wie vor einen Ersatzanspruch auf der Grundlage der §§ 78 und 87 Abs 2 UrhG haben. Die vorgeschlagene allgemeine Schadenersatzbestimmung soll dann greifen, wenn das geltende Recht dem Betroffenen keinen immateriellen Ersatzanspruch bietet […].“
6.3. § 1328a ABGB versteht sich als Ausführungsbestimmung zur Durchsetzung der in § 16 ABGB verankerten Persönlichkeitsrechte in ihrem Kernbereich der Würde des Einzelnen (Danzl in KBB³ § 1328a Rz 2 unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien). Geschütztes Rechtsgut der Norm ist allerdings allein die Privatsphäre.
6.4. Als Begehungsweisen umschreibt das Gesetz den Eingriff in die Privatsphäre eines Menschen und die Offenbarung oder Verwertung von Umständen aus dessen Privatsphäre. Beides sind Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht. Gerade die Verwertung, insbesondere durch Medien, führt nicht selten zu intensivster Beeinträchtigung des Rechts auf Wahrung der Privatsphäre. Auf sie ist nach dem Willen des Gesetzgebers aber nicht § 1328a ABGB anzuwenden, sondern die einschlägigen Bestimmungen des MedienG (Reischauer in Rummel, ABGB³ § 1328a Rz 6).
6.5. § 1328a ABGB sanktioniert unter anderem die Offenbarung oder Verwertung von Umständen aus der Privatsphäre eines Menschen, soweit es sich um wahre Sachverhalte handelt. Erst recht muss dies kraft Größenschlusses für die Verbreitung unwahrer Umstände über das Privatleben gelten. Gerade § 7 MedienG, der dem § 1328a ABGB als lex specialis vorgeht, sanktioniert insbesondere dies (Reischauer aaO Rz 4).
6.6. Zur Privatsphäre eines Menschen zählen ua die Intimsphäre eines Menschen, seine spezifischen Interessen, Neigungen und Gewohnheiten. Kennzeichnend für das Privatleben ist die „Nichtöffentlichkeit“, also der Umstand, dass die fraglichen Umstände nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Es geht dabei vor allem um Bereiche, die geheim sind und zur sogenannten „Geheimsphäre“ zählen, etwa das Intimleben oder die geschlechtliche Orientierung (Reischauer aaO Rz 3).
7.1. Nach diesen Grundsätzen kann die Teilnahme an einem öffentlichen Faschingsumzug naturgemäß nicht zur Privatsphäre eines Menschen zählen. Ein Zeitungsbericht über die Teilnahme einer Person an einem solchen Umzug - mag er richtig sein oder auch nicht - greift damit nicht in die Privatsphäre eines Menschen ein oder offenbart Umstände aus der Privatsphäre eines Menschen.
7.2. Der beanstandete Bericht erfüllt damit keine in § 1328a Abs 1 ABGB umschriebene Begehungsweise und ist keine taugliche Anspruchsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Entschädigungsanspruch. Seiner Revision kann deshalb kein Erfolg beschieden sein.
8. Die tragenden Erwägungen dieser Entscheidung lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Wird in einem Bildbegleittext eines Zeitungsberichts unter Nennung eines Namens die unrichtige Behauptung aufgestellt, der Namensträger sei auf dem Bild ersichtlich, kann der Namensträger nicht Unterlassung gemäß §§ 78, 81 UrhG verlangen, weil kein Bild von ihm veröffentlicht worden ist. Er kann aber eine Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts (§ 16 ABGB) durch Namensnennung geltend machen, sofern schutzwürdige Interessen des Genannten beeinträchtigt worden sind.
Ein Anspruch auf Ersatz immaterieller Schäden aufgrund einer solchen Verletzung besteht weder nach § 87 Abs 2 UrhG noch nach § 1328a ABGB.
9. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO.
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