Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger binnen 14 Tagen die mit 399,74 EUR (darin enthalten 66,62 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen.
Text
Begründung
Der Kläger begehrt 4.367,40 EUR sA. Er betreibe eine Seniorenresidenz und stehe in einem (seit Mitte der 90iger Jahre) aufrechten Pflegevertragsverhältnis mit Theresia M*****, welche Bezieherin von Bundespflegegeld sei, und zwar konkret der Stufe 2 seit 1. Jänner 1997. Davor habe sie Pflegegeld der Stufe 1 bezogen. Von der Höherstufung habe der Kläger allerdings erst im Oktober 2003 erfahren. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft V***** vom 12. November 1996 seien die Kosten der Unterbringung im Heim des Klägers mit der Begründung übernommen worden, die Pflegebefohlene sei selbst nicht in der Lage, diese Kosten zu tragen. Der Beklagte sei gemäß § 23 Stmk SHG verpflichtet die Kosten der Sicherung des Lebensbedarfes und der Hilfe sowie der Unterbringung in Heimen von Personen zu sichern, die selbst dazu auf Grund ihrer wirtschaftlichen Situation nicht der Lage seien. Tatsächlich ersetze der Beklagte die Kosten lediglich entsprechend der vom Amt der Steiermärkischen Landesregierung herausgegebenen Grundbeträge und Zuschläge, die sich ihrerseits wiederum am rechtswirksam festgestellten Pflegebedarf gemäß Bundespflegegeldgesetz orientierten.
Obwohl dem Beklagten seit 1. Jänner 1997 die Höherstufung bekannt gewesen sei, habe er den Kläger über die damit verbundene Änderung bei der Kostenverrechnung (möglicherweise arglistig, um sich einen Vorteil zu verschaffen) nicht aufgeklärt, weshalb dieser - trotz eines wesentlich höheren Pflegeaufwandes - gegenüber dem Beklagten die Pflegekosten lediglich nach Stufe 1 verrechnet habe. Die Differenzbeträge zwischen den Pflegegeldstufen 1 und 2 seien beim Beklagten verblieben, auf den auf Grund der Kostentragungsverpflichtung der Anspruch auf Auszahlung des Pflegegeldes übergegangen sei.
Mit der vorliegenden Klage werde für den Zeitraum April 2001 bis einschließlich März 2003 ein „gesetzlicher Forderungsanspruch auf Abdeckung des Pflegeaufwandes, der für die Pflegebefohlene im Pflegeheim des Klägers gesetzt worden sei, geltend gemacht, wobei der Beklagte auf Grund des Bescheides vom 12. November 1996 gesetzlich zur Kostentragung verpflichtet sei". Durch die gesetzliche Kostentragungsverpflichtung gemäß §§ 22 ff Stmk SHG sei eine gesetzliche Schuldübernahme bzw ein Schuldbeitritt erfolgt, die somit den Beklagten gegenüber dem Heimbetreiber zur Kostentragung verpflichte. Im Übrigen hafte der Beklagte auf Grund seines rechtswidrigen und subjektiv vorwerfbaren Verhaltens für den Schaden, der dem Kläger dadurch entstanden sei, dass er es durch die unterlassene Mitteilung des Beklagten über die Höherstufung verabsäumt habe, das „adäquate und gesetzlich zulässige Entgelt für die Pflege der Pflegebefohlenen zu verrechnen". Hilfsweise stützte der Kläger sein Begehren außerdem auf § 1042 ABGB mit der Begründung, er habe durch Betreuung und Pflege der Pflegebefohlenen (zumindest) im Ausmaß der Pflegestufe 2 einen Aufwand getätigt, den an sich der Beklagte zu tragen gehabt hätte.
Der Beklagte wandte neben Verfristung des Anspruchs, eigener Unkenntnis der Höherstufung und mangelnder Aktivlegitimation des Klägers ein, dass im Hinblick auf § 35 Stmk SHG die Verwaltungsbehörde zur Entscheidung zuständig sei, dies insbesondere auch im Hinblick auf den „Forderungsübergang nach dem Bundespflegegeldgesetz".
Das Erstgericht wies die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurück. Nach § 35 Abs 1 Stmk SHG entscheide in behördlichen Angelegenheiten in erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörde, über dagegen eingebrachte Berufungen die Landesregierung; eine solche behördliche Angelegenheit liege hier vor. Abgesehen davon sei die Überprüfung der Auszahlung einer zuerkannten, dem Grunde und der Höhe nach unbestrittenen Leistung keine bürgerliche Rechtssache gemäß § 1
JN.
Das Rekursgericht behob diesen Beschluss, trug dem Erstgericht die Fortsetzung des gesetzlichen Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund auf und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs wegen fehlender Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu § 35 Abs 1 Stmk SHG zulässig sei. Bei der jederzeit auf Antrag oder von Amts wegen vorzunehmenden Prüfung der allgemeinen Prozessvoraussetzung der Zulässigkeit des Rechtswegs nach § 1 JN seien in erster Linie der Wortlaut des Klagebegehrens und darüber hinaus der Klagssachverhalt (die Klagsbehauptungen) von Bedeutung, wobei es auf die Natur, das Wesen des geltend gemachten Anspruchs ankomme, wofür wiederum der geltend gemachte Rechtsgrund von ausschlaggebender Bedeutung sei. Ob die Zivilgerichte zur Entscheidung berufen seien, hänge davon ab, ob es sich um eine bürgerliche Rechtssache handle und, falls ein bürgerlich-rechtlicher Anspruch geltend gemacht werde, davon, ob dieser nicht durch Gesetz ausdrücklich vor eine andere Behörde verwiesen werde. Derartige Zuweisungen zum Bereich des öffentlichen oder des Privatrechts würden in der Regel durch gesetzliche Bestimmungen getroffen, die entweder das betreffende Rechtsgebiet ausdrücklich als öffentliches oder privates Recht bezeichneten oder eine Zuweisung an die Verwaltungsbehörden oder die Gerichte zum Ausdruck brächten, wobei allerdings Zuständigkeitszuweisungen an die Verwaltungsbehörden nicht ausdehnend ausgelegt werden dürften. § 35 Abs 1 Stmk SHG sei keine derartige ausdrückliche Zuständigkeitszuweisung, weil diese Bestimmung lediglich „behördliche Angelegenheiten der Sozialhilfe" erfasse, also die bescheidmäßige Gewährung, Fortsetzung und Regelung des Ersatzes von Sozialhilfeleistungen, nicht aber die Entscheidung über Ansprüche auf - wie vorliegendenfalls - Schaden- bzw Aufwandersatz. Im Übrigen beruhe der vom Kläger geltend gemachte Kostenersatzanspruch auf dem zwischen ihm und der Pflegebefohlenen bestehenden Pflegevertrag. Damit liege aber keine behördliche Angelegenheit der Sozialhilfe vor, sondern ein zum Zivilrecht zählender und in die ausschließliche Kompetenz der (ordentlichen) Gerichte fallender Rechtsstreit.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluss gerichtete Revisionsrekurs des Beklagten ist unzulässig.
Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 526 Abs 2 ZPO) - Ausspruch des Rekursgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO ab:
Es entspricht der ständigen, einhelligen und in RIS-Justiz RS0045584 (zuletzt 9 ObA 32/03a, 4 Ob 223/04d) detailliert aufgelisteten und vom Rekursgericht auch beachteten oberstgerichtlichen Rechtsprechung, dass es bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs in erster Linie auf den Wortlaut des Begehrens in der Klage bzw im Antrag und darüber hinaus auf die darin enthaltenen Behauptungen ankommt. Ohne Einfluss ist es hingegen, was der Beklagte bzw der Antragsgegner einwendet oder ob der behauptete Anspruch auch begründet ist. Maßgeblich ist damit, ob ein privatrechtlicher Anspruch erhoben wird, über den ordentliche Gerichte zu entscheiden haben. Bei dieser Beurteilung kommt es auf die Natur, das Wesen des geltend gemachten Anspruchs an, wofür wiederum der geltend gemachte
Rechtsgrund von ausschlaggebender Bedeutung ist (1 Ob 49/95 = SZ
68/220, aus jüngerer Zeit 7 Ob 45/01w = ZIK 2002/54; 1 Ob 193/01s; 4
Ob 223/04d; Fasching, Zivilprozessrecht² Rz 101; Mayr in Rechberger²
Vor § 1 JN Rz 6; Ballon in Fasching² § 1 JN Rz 73). Wird ein bürgerlich-rechtlicher Anspruch geltend gemacht, ist außerdem zu prüfen, ob dieser nicht durch Gesetz ausdrücklich vor eine andere Behörde verwiesen wird (7 Ob 286/00k; 1 Ob 193/01s; 4 Ob 223/04d; Ballon aaO § 1 JN Rz 61). Soll dabei von der Zuständigkeit der Gerichte eine Ausnahme geschaffen werden, so muss diese in dem dafür erforderlichen "besonderen Gesetz" (§ 1 JN) klar und unzweideutig zum Ausdruck gebracht werden; eine ausdehnende Auslegung von Vorschriften, die eine Zuständigkeit einer Verwaltungsbehörde normieren, ist somit unzulässig (4 Ob 333/99w; 7 Ob 286/00k). In diesem Zusammenhang hat der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach erkannt, dass die Frage, ob ein vom Beklagten genanntes Gesetz die von ihm behauptete Ausnahmebestimmung enthält, keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung ist (1 Ob 588/94 = NZ 1996, 142 zu §§ 39, 40 OöWWG; 4 Ob 333/99w zu § 70 ElWOG; 4 Ob 223/04d zu § 33 Abs 3 Kärntner JagdG).
Ballon (aaO § 1 JN Rz 125) weist zwar zutreffend (vgl § 34 Stmk SHG) darauf hin, dass im Bereich des Sozialwesens/Sozialhilfe die Entscheidungskompetenz für Streitigkeiten über Ersatzansprüche des Sozialhilfeträgers gegen den Ersatzpflichtigen, wenn die Hilfe auf Grund eines Rechtsanspruchs (also im Verwaltungsweg) gewährt wurde, in den einzelnen Sozialhilfegesetzen (der Bundesländer) unterschiedlich geregelt ist und dass in der Steiermark die Entscheidung aller dieser Ersatzansprüche im Verwaltungsweg auszutragen ist. Allerdings geht es im vorliegenden Verfahren nicht um Ersatzansprüche des Sozialhilfeträgers gegen in § 28 Stmk SHG aufgezählte Ersatzpflichtige, sondern um Ansprüche des Betreibers des Pflegeheims, in dem sich eine Sozialhilfeempfängerin als Pflegebefohlene aufhält, gegen den Sozialhilfeträger, der sich - wenn auch bescheidmäßig - zur Kostentragung verpflichtet hat. Der Kläger beruft sich dabei auch ausdrücklich auf seine Ansprüche aus dem Pflegeverhältnis, auf Schadenersatzansprüche und (hilfsweise) auf Aufwandsersatz nach § 1042 ABGB. Dass es sich bei der Entscheidung über diese Ansprüche um „behördliche Angelegenheiten der Sozialhilfe" gemäß § 35 Abs 1 Stmk SHG handeln könnte, wird von der besagten Bestimmung jedoch keineswegs „klar und unzweideutig zum Ausdruck gebracht".
Das Fehlen von Entscheidungen zu § 35 Abs 1 Stmk SHG ist demnach bedeutungslos, weshalb der Revisionsrekurs trotz des Ausspruchs des Rekursgerichts zurückzuweisen ist. Damit bedarf es aber auch keiner weiteren Auseinandersetzung mit der vom Kläger in seiner Revisionsrekursbeantwortung aufgeworfenen Frage der (angeblichen) Verfassungswidrigkeit des § 35 Abs 1 Stmk SHG wegen Verstoßes gegen das Legalitätsprinzip und Art 6 EMRK auf Grund der Verwendung des unbestimmten Begriffs „behördliche Angelegenheiten". Der Kläger hat Anspruch auf Ersatz der Kosten seiner Revisionsrekursbeantwortung, weil er darin auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses des Beklagten hingewiesen hat (§§ 41, 50 ZPO).
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