OGH 4Ob199/13p

OGH4Ob199/13p17.2.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei U***** H*****, vertreten durch Mag. Marc Pfletschinger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei F***** E*****, vertreten durch Engin-Deniz Reimitz Hafner Rechtsanwälte KG in Wien, wegen 9.812,66 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 31. Juli 2013, GZ 18 R 152/12z‑59, mit welchem das Urteil des Bezirksgerichts Mödling vom 24. April 2012, GZ 8 C 30/10k‑53, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 744,43 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 124,07 EUR Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Der Kläger begehrt, soweit im Revisionsverfahren noch relevant, (a) den Ersatz des Aufwands für von ihm (teilweise) selbst vorgenommene Arbeiten im Zusammenhang mit der Sanierung gefährlicher Elektroinstallationen (§ 3 Abs 2 Z 2 MRG), sowie (b) teilweise Rückzahlung des Mietzinses für die Zeit bis zur Vornahme dieser Arbeiten (§ 1096 ABGB).

Das Berufungsgericht bestätigte die Abweisung der Klage, weil der gefährliche Zustand der Installationen erst durch unsachgemäße Arbeiten eines vom Kläger beauftragten Handwerkers verursacht worden sei. Dessen Verschulden sei dem Kläger zuzurechnen, was eine Mietzinsminderung nach § 1096 ABGB ausschließe. Der Erhaltungsanspruch nach § 3 MRG bestehe zwar trotz eines solchen Verschuldens. Allerdings verstieße es gegen Treu und Glauben, wenn der Kläger vom Beklagten Ersatz für seinen von ihm selbst verschuldeten Aufwand verlangen könnte. Die Revision sei zulässig, weil Rechtsprechung zur letztgenannten Frage fehle.

Rechtliche Beurteilung

Eine erhebliche Rechtsfrage liegt allerdings in diesem Punkt nicht vor.

1. Die Erhaltungspflicht nach § 3 Abs 2 Z 2 MRG könnte im Außerstreitverfahren zwar grundsätzlich auch dann durchgesetzt werden, wenn den Mieter ein Verschulden am zugrundeliegenden Mangel trifft (5 Ob 2060/96v; RIS-Justiz RS0069992 [T2]); das muss mangels Unterscheidung im Gesetz auch für den mit der Wohnrechtsnovelle 2006 eingefügten zweiten Fall dieser Bestimmung (Gesundheitsgefährdung) gelten. In einem solchen Fall wäre der Interessenausgleich aber im Weg des Schadenersatzes herbeizuführen (5 Ob 155/01g mwN; RIS‑Justiz RS0069992 [T4, T6]; vgl auch die Materialien zur Wohnrechtsnovelle 2006, 1183 BlgNR 22. GP 35). Ein Mieter, der einen die Erhaltungspflicht auslösenden Mangel der Bestandsache verschuldet hat, haftet dem Vermieter daher nach § 1111 ABGB für den dadurch verursachten Schaden. Dabei hat er § 1313a ABGB auch für das Verschulden von ihm beauftragter Bauunternehmen einzustehen (2 Ob 390/97k, 9 Ob 82/09p; RIS-Justiz RS0111907, RS0125678).

2. Macht der Mieter Aufwendungen, die dem Vermieter oblegen wären, so hat er grundsätzlich einen Ersatzanspruch nach § 1097 ABGB. Fallen die Aufwendungen unter die Erhaltungspflicht des § 3 MRG, ist dieser Anspruch nicht abdingbar (4 Ob 591/89, 1 Ob 589/94; RIS-Justiz RS0027852). Darauf könnte sich der klagende Mieter hier stützen. Trifft den Mieter aber ein Verschulden am zugrunde liegenden Mangel, so bestünde bei Erfüllung des Aufwandersatzanspruchs ein deckungsgleicher, auf § 1111 ABGB gegründeter Rückforderungsanspruch des Vermieters. Denn sein vom Mieter verursachter Schaden läge exakt in jenen Aufwendungen, die er dem Mieter nach § 1097 ABGB iVm § 3 MRG ersetzen müsste.

3. In einer solchen Situation wäre das Erheben des Aufwandersatzanspruchs tatsächlich rechtsmissbräuchlich. Denn Rechtsmissbrauch liegt schon dann vor, wenn zwischen den vom Handelnden verfolgten eigenen Interessen und den beeinträchtigten Interessen des anderen ein krasses Missverhältnis besteht (RIS‑Justiz RS0026265; RS0026271 [insb T18, T19, T22, T23, T24]). Diese Abwägung geht im konkreten Fall eindeutig zu Lasten des Klägers: Es ist nicht erkennbar, welches legitime Interesse er am Erheben des Aufwandersatzanspruchs haben könnte, wenn er einen allenfalls erhaltenen Betrag umgehend zurückgeben müsste, weil (spätestens) die Zahlung durch den Beklagten einen deckungsgleichen Schadenersatzanspruch begründete. Anders formuliert: Arglistig handelt, wer fordert, was er zurückgeben muss (1 Ob 936/27 = SZ 9/283; 3 Ob 182/94 = SZ 67/220 = JBl 1995, 461 [Mader] mit Hinweis auf Paulus, D 50.17.173.3; vgl auch RIS-Justiz RS0011379).

4. Die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage lässt sich daher aufgrund der allgemeinen Rechtsprechung zum Rechtsmissbrauch zweifelsfrei lösen. Sie kann die Zulässigkeit der Revision daher nicht begründen.

5. Zum Mietzinsminderungsanspruch verweist die Revision nur auf die Gefährlichkeit der elektrischen Anlagen, nimmt aber nicht zum Argument des Berufungsgerichts Stellung, dass diese Gefährlichkeit ausschließlich auf dem Verschulden des vom Kläger beigezogenen Handwerkers beruhe, das ihm nach § 1313a ABGB zuzurechnen sei und daher nach § 1096 Abs 1 Satz 2 ABGB eine Mietzinsminderung ausschließe. Damit zeigt die Revision auch insofern keine erhebliche Rechtsfrage auf.

6. Aus diesen Gründen ist die Revision des Klägers zurückzuweisen. Da der Beklagte auf die Unzulässigkeit hingewiesen hat, ist der Kläger zum Ersatz der Kosten der Revisionsbeantwortung verpflichtet.

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