Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben, die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der Kläger war Finanzvorstand eines Biotechnologieunternehmens und langjähriger Kunde der beklagten Bank. Dort wurde er seit Jahren von einer bestimmten Mitarbeiterin betreut. Der deutschen Sprache ist er kaum mächtig, Gespräche mit der Mitarbeiterin führte er auf Englisch.
Im November 2007 erwarb er über Anraten der Betreuerin um 350.000 USD eine Beteiligung am „P***** Fund“. Dabei handelte es sich um einen ausländischen Kapitalanlagefonds iSd §§ 24 ff InvFG 1993, der von einer mit der Beklagten konzernmäßig verbundenen Gesellschaft im Jahr 1993 nach dem Recht der Cayman Islands gegründet worden war. Das Vermögen des Fonds verwalteten als „Investment Advisor“ bis 2007 die B***** Ltd, später die P***** Ltd. Beide Gesellschaften standen im Konzernverbund mit der Beklagten; die erstgenannte war eine (indirekt) 95%ige Tochter. Die Beklagte war inländische Repräsentantin des Fonds iSv § 29 InvFG 1993 und daher nach § 26 Abs 2 InvFG 1993 auch Prospektkontrollorin.
Nach dem Emissionsprospekt war es dem Investment Advisor gestattet, einen oder mehrere Manager zu bestellen, welche die Veranlagungen auch in Form eines „Managed Accounts“ vornehmen konnten. Ab dem Jahr 2007 wurden die Gelder des Fonds vermehrt in den H***** Fund investiert, bei dem die Bernhard L. Madoff ***** LLC Manager war. Diese Gesellschaft war zugleich auch der vom Investment Advisor bestellte Manager jenes Fonds, dessen Anteile der Kläger erworben hatte.
Anlageziel dieses Fonds war nach dem Prospekt der langfristige Kapitalzuwachs bei geringer Volatilität. Ausdrücklich hieß es: „Gelder des Fonds, die auf P*****-Fund-Aktien entfallen, werden in einer Vielzahl (ca 30 bis 50) US-Aktien oder in Indexoptionen angelegt.“
Vor dem Erwerb der Fondsanteile hatte die Betreuerin den Kläger nach den Feststellungen des Erstgerichts nicht „beraten“. Sie hatte ihm jedoch „Fact Sheets“ zum von ihr vorgeschlagenen Fonds übergeben, aufgrund derer er seine Anlageentscheidung traf. Den Inhalt dieser Sheets stellte das Erstgericht nicht fest. Den von der Beklagten geprüften Prospekt hatte die Betreuerin dem Kläger nicht übergeben.
Der Kläger begehrt von der Beklagten Zahlung von 350.000 USD samt 4 % Zinsen ab Klagseinbringung Zug um Zug gegen Rückübertragung der Beteiligung am Fonds. Sein unstrukturiertes Vorbringen lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die Mitarbeiterin der Beklagten habe ihn falsch über das Investment informiert. Insbesondere habe sie behauptet, dass es sich um einen kleinen Fonds handle, der eine breite Streuung aufweise. Dies sei unrichtig gewesen, weil sämtliche Gelder des Fonds in einen von Madoff gemanagten Fonds investiert gewesen seien. Die Beklagte sei als Repräsentantin des Fonds auch Prospektkontrollorin gewesen. Aus dem Prospekt habe sich nicht ergeben, dass das Kapital ausschließlich an Madoff übergeben worden sei, der die Gelder nicht veranlagt, sondern in Wahrheit ein zu einem Totalverlust führende Schneeballsystem betrieben habe. Dies sei der Beklagten bekannt gewesen oder hätte ihr zumindest aufgrund personeller Verschränkungen der beteiligten Gesellschaften auffallen müssen. Hätte die Beklagte ihn darüber informiert, hätte er die Anteile nicht gekauft. Die Beklagte habe sich als Prospektkontrollorin praktisch selbst geprüft, da sie maßgeblich am Investment Advisor beteiligt gewesen sei. Deswegen sei nach § 26 Abs 2 InvFG 1993 iVm § 11 Abs 1 und § 8 Abs 5 KMG ein weiterer Kontrollor beizuziehen gewesen. Die Beklagte habe Kick-Back-Provisionen in beträchtlicher Höhe erhalten, über die sie den Kläger nicht informiert habe. Weiters habe sie ihm entgegen § 26 Abs 1 InvFG 1993 den Prospekt nicht ausgehändigt. All dies begründe eine Schadenersatzpflicht der Beklagten, weiters hafte sie aufgrund von Gewährleistung.
Die Beklagte wendet ein, der Kläger sei als Finanzvorstand eines Unternehmens nicht an einer Beratung interessiert gewesen. Er habe selbst den Erwerb eines Hedge Fonds gewünscht und das Angebot der Betreuerin, ihm weitere Unterlagen zur Verfügung zu stellen, abgelehnt. Eine unrichtige Beratung sei daher nicht erfolgt. Die Beklagte habe als Prospektkontrollorin die ihr von der Fonds-Gesellschaft zur Verfügung gestellten Dokumente geprüft (um welche Dokumente es sich dabei gehandelt hatte und wie die Prüfung konkret erfolgt war, legte die Beklagte nicht dar). Die Anlage im Madoff Fonds sei zulässig gewesen, da eine indirekte Risikostreuung ausgereicht habe. Das Betrugsrisiko trage der Kläger. Richtig sei, dass die Beklagte von der Emittentin eine Bestandsprovision von insgesamt 2.676 USD erhalten habe. Darüber habe sie den Kläger aber vorab informiert. Der Kläger habe im Zeichnungsvertrag bestätigt, dass er den Emissionsprospekt kenne. Zudem hätte er jederzeit eine englischsprachige Version anfordern können. Der Kläger habe kein konkretes Vorbringen zum Eintritt des Schadens und zu seinem Zinsenbegehren erstattet.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Im Rahmen der Beweiswürdigung stellte es unbekämpft fest, dass der Kläger die Fonds-Anteile auch bei Kenntnis des Prospekts in englischer Sprache gekauft hätte. Seinen Vorwurf, es habe „verbotene Retrozessionsvereinbarung bzw Kick-Back-Provisionen gegeben“, habe der Kläger nicht nachweisen können. Zudem habe er „zu erkennen [gegeben], dass ihn dies allein von diesem Investment nicht abgehalten hätte“. Der Kläger habe bewusst in Kauf genommen, seine Entscheidung aufgrund der Fact Sheets zu treffen. Bei der Beurteilung der Informationspflichten seien das Anlegerprofil des Klägers und seine konkrete, auf eigener Entscheidung beruhende Absicht zu berücksichtigen, in einen Hedge-Fonds zu investieren, nicht jedoch für alle Beteiligte unvorhersehbare Umstände wie der groß angelegte Betrug des Bernhard Madoff. Der Kläger habe das Risiko dieses Betrugs allein zu tragen. Ein wesentlicher Irrtum lasse sich aus den Feststellungen nicht ableiten.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und ließ die ordentliche Revision zu, weil die Pflichten des Prospektkontrollors und die Gewährleistung für Fonds-Anteile über den Einzelfall hinaus Bedeutung hätten.
Der Kläger habe Erfahrungen mit dem Wertpapiergeschäft gehabt und regelmäßig von sich aus Veranlagungen getätigt. Die Beklagte habe aus seinem Anlageprofil schließen können, dass sie es mit einem risikofreudigen Anleger mit großem Fachwissen zu tun habe. Zwar sei der Grundsatz der Risikostreuung das wichtigste Abgrenzungsmerkmal von Kapitalanlagefonds zu anderen Anlageformen. Diesem Grundsatz werde aber auch dann Genüge getan, wenn die Veranlagung in Vermögenswerten erfolge, die selbst hinreichend diversifiziert seien. Es sei daher ausreichend, wenn die Risikostreuung bei einem oder dem letzten von mehreren zwischengeschalteten Fonds erreicht werde. Dass der Fonds hier nahezu gänzlich in einen weiteren Fonds investiert habe, sei daher nicht von vornherein unzulässig gewesen. Gleiches gelte für den Einsatz eines „Managed Accounts“, wodurch die einzelnen Investitionen auf nur einen Manager übertragen wurden. Diese Veranlagungsform sei dem Veranlagungsprospekt zu entnehmen gewesen. Da das Erstgericht festgestellt habe, dass der Kläger die Anteile auch in Kenntnis des englischsprachigen Prospekts gekauft hätte, sei unerheblich, dass die Beklagte ihm diesen Prospekt entgegen § 26 Abs 1 InvFG 1993 nicht ausgehändigt habe. Die Beklagte habe als Prospektkontrollorin nach § 26 Abs 2 InvFG 1993 die Vollständigkeit und Richtigkeit des Emissionsprospekts überprüfen müssen. Grundlage dieser Prüfung seien aber nach dem sinngemäß anzuwendenden § 8 Abs 2 KMG der letzte Bericht des Abschlussprüfers und die von der Emittentin beizustellenden Unterlagen; Richtigkeit und Vollständigkeit seien nur durch Stichproben zu kontrollieren. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte nicht auf die Vollständigkeit und Richtigkeit des Berichts eines (offenbar amerikanischen) Wirtschaftsprüfers vertrauen durfte und dass der Prospekt die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht richtig wiedergegeben habe, seien im Verfahren nicht hervorgekommen. Gewährleistungsansprüche bestünden nicht, weil die Anteilsscheine als solche nicht mangelhaft gewesen seien; für den Zustand des Fonds hafte die Beklagte nicht.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen diese Entscheidung gerichtete Revision des Klägers ist zulässig und im Sinn des Aufhebungsantrags berechtigt.
1. Gewährleistung und Irrtum
1.1. Der Kläger hat sich schon in erster Instanz nicht nur auf Gewährleistung und Schadenersatz, sondern in der Sache auch auf einen von der Beklagten veranlassten Irrtum über die Eigenschaften des Anlageprodukts gestützt. Dafür genügt das Vorbringen des Irrtumstatbestands (RIS-Justiz RS0016253 [T5]; 3 Ob 216/06w = immolex-LS 2007/46 = MietSlg 59.092 = MietSlg 59.133 = MietSlg 59.615), also der anspruchsbegründenden Tatsachen (vgl RIS-Justiz RS0014773). Dass der Kläger als Anspruchsgrundlagen in weiterer Folge nur Schadenersatz und Gewährleistung nannte, schadet nicht. Denn das Gericht ist an einen geltend gemachten Rechtsgrund nur dann gebunden, wenn das Klagebegehren ausdrücklich und ausschließlich auf diesen beschränkt ist; nur in diesem Fall ist es ihm verwehrt, dem Begehren aus anderen Gründen stattzugeben. Im Zweifel ist die Beschränkung auf einen von mehreren nach dem Sachvortrag in Frage kommenden Rechtsgründen nicht anzunehmen (vgl 1 Ob 379/98m; 2 Ob 203/08d; 2 Ob 243/09p; RIS-Justiz RS0037610 [T36 und T43]).
1.2. Gewährleistung und Irrtumsanfechtung könnten das Begehren jedenfalls nur dann tragen, wenn der Kläger die Fondsanteile von der Beklagten (und nicht bloß über deren Vermittlung) erworben hat. Dazu fehlen ausreichend deutliche Feststellungen. Die Formulierung des Erstgerichts, der Kläger habe 350.000 USD „investiert“, wofür ihm die Beklagte eine anteilige Beteiligung am Fonds „übertragen“ habe, kann auch im Sinn einer bloßen Vermittlung verstanden werden. In diesem Fall gäbe es keinen Vertrag, der aufgrund einer Wandlung oder Irrtumsanfechtung rückabgewickelt werden könnte. Mangels eindeutiger Feststellungen ist für die weitere Behandlung der Revision zunächst von einem Kaufvertrag zwischen den Streitteilen auszugehen.
1.3. Unstrittig ist, dass der Kläger seine Anlageentscheidung aufgrund von Fact Sheets getroffen hat, die ihm von seiner Betreuerin überreicht worden waren. Nach dem Vorbringen des Klägers wiederholten diese Fact Sheets die Aussage des Prospekts, dass der Fonds „in einer Vielzahl (ca 30 bis 50) US-Aktien oder in Indexoptionen“ investiere. Das liegt zwar nahe (zumal dann, wenn die Fact Sheets tatsächlich, wie das Berufungsgericht annimmt, die englische Fassung der letzten Seiten der Beilage ./3 waren), diesbezügliche Feststellungen hat das Erstgericht aber nicht getroffen. Nach den weiteren Behauptungen des Klägers traf diese Zusammensetzung des Fonds schon im Zeitpunkt des Erwerbs der Anteile nicht zu; hätte er das gewusst, hätte er die Anteile nicht gekauft. Das Erstgericht hat auch zu diesem Vorbringen keine Feststellungen - auch keine Negativfeststellungen - getroffen. Für die weitere Beurteilung der Revision ist daher zunächst ebenfalls von der Richtigkeit dieses Vorbringens auszugehen.
1.4. Unterstellt man die Richtigkeit des Vorbringens, läge ein beachtlicher Geschäftsirrtum vor.
(a) Zur Anfechtung eines Vertrags berechtigt in der Regel nur ein Geschäftsirrtum. Dieser betrifft den Inhalt des Parteiwillens, der (nicht zur Anfechtung berechtigende) Motivirrtum hingegen den Grund des für den Vertragsabschluss maßgebenden Parteiwillens (RIS-Justiz RS0014902). Der Irrtum des Erklärenden über die Natur des Geschäfts, dessen Inhalt (Gegenstand) oder eine für das Geschäft bedeutsame Eigenschaft (oder Identität) der Person des Geschäftspartners, also über Punkte, die Inhalt des Rechtsgeschäfts sind, ist ein Geschäftsirrtum (RIS-Justiz RS0014910; zuletzt etwa 4 Ob 65/10b = EvBl 2011/3 und 8 Ob 25/10z = EvBl 2011/4; beide mwN).
(b) Die dem Kläger von der Beklagten übergebenen Fact Sheets beschreiben nach seinem Vorbringen eine ganz konkrete Eigenschaft des Anlageprodukts, nämlich die Diversifizierung der Investition in eine „Vielzahl“ von Aktien. Traf das zu, konnte die Beklagte - wenn ein Kaufvertrag mit ihr zustande kam - die Vertragserklärung des Klägers nur so verstehen, dass sie sich auf ein Anlageprodukt mit dieser konkreten Eigenschaft - also einer ausreichenden Diversifizierung - bezog. Diese Eigenschaft wurde daher Vertragsbestandteil (vgl zu „Fact Sheets“ bei Wertpapieren 2 Ob 191/10t). War sie bei Vertragsabschluss nicht gegeben, befand sich der Kläger in einem Geschäftsirrtum, der von der Beklagten - durch Übergabe der Fact Sheets - veranlasst worden war. Hätte er ohne diesen Irrtum den Vertrag nicht geschlossen, wären die Voraussetzungen des § 871 Abs 1 ABGB erfüllt. Auf ein Verschulden in der Sphäre der Beklagten käme es dabei nicht an (RIS-Justiz RS0016188; 4 Ob 65/10b, 8 Ob 25/10z).
(c) Wegen der unklaren bzw fehlenden Feststellungen führt bereits diese (mögliche) Anspruchsgrundlage zur Aufhebung in die erste Instanz. Nach Erörterung und Entgegennahme allfälligen weiteren Vorbringens wird das Erstgericht festzustellen haben, ob tatsächlich ein Kaufvertrag zwischen den Parteien zustande kam, welchen Inhalt die Fact Sheets hatten und ob die oben genannten Voraussetzungen für eine Irrtumsanfechtung (Unrichtigkeit der Fact Sheets, Relevanz des Irrtums für den Vertragsabschluss) vorliegen. Hat der Fonds im maßgebenden Zeitpunkt ausschließlich oder weit überwiegend in einen anderen Fonds investiert, müsste die in den Fact Sheets (angeblich) zugesicherte Diversifizierung in diesem Fonds vorgelegen sein. Hingegen ist nicht erkennbar, weshalb der bloße Wechsel von einem (jedenfalls zulässigen) Managed Account zur Investition in einen (anderen) Fonds bei einem dort entsprechend diversifizierten Portfolio irrtumsrechtlich relevant sein sollte.
1.5. Bei Zutreffen des Klagsvorbringens könnte sich der Kläger auch auf Gewährleistung stützen.
(a) Der Senat hat jüngst entschieden (4 Ob 44/11s = EvBl 2011/147), dass es beim außerbörslichen Kauf von Aktien von der Auslegung des konkreten Vertrags abhänge, ob der Verkäufer auch für bestimmte Eigenschaften des von der Gesellschaft betriebenen Unternehmens Gewähr zu leisten habe. Dies sei - abgesehen vom Fall ausdrücklich zugesicherter Eigenschaften - umso weniger anzunehmen, je weniger der Aktienerwerb einen Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft ermöglicht und je mehr Anlage- und Spekulationszwecke im Vordergrund des Geschäfts stehen.
(b) Entgegen der Auffassung der Beklagten schließt diese Entscheidung im vorliegenden Fall - das Vorliegen eines Kaufvertrags zwischen den Parteien vorausgesetzt - Gewährleistung als Anspruchsgrundlage nicht aus. Denn hier geht es nicht um die Eignung des Anlageprodukts für zukünftige Gewinne, sondern schlicht um das behauptete Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft. Was bedungen wurde und daher geschuldet wird, bestimmt sich nach den öffentlichen Äußerungen des Übergebers, so etwa den Angaben in dem Vertragsabschluss zugrunde liegenden Prospekten und Werbebroschüren, soweit keine davon abweichende individuelle Beratung erfolgte (8 Ob 25/10z = EvBl 2011/4 mwN; RIS-Justiz RS0018588). Diese Unterlagen wären im vorliegenden Fall die dem Kläger übergebenen Fact Sheets.
(c) Maßgebender Zeitpunkt für die Gewährleistung ist nach § 924 ABGB jener der „Übergabe“, hier also der Verschaffung der Fondsanteile. War zu diesem Zeitpunkt die in den Fact Sheets angegebene Diversifizierung nicht (mehr) vorhanden, hat die Beklagte nicht das Geschuldete geleistet. Damit wären die Voraussetzungen für die Rechtsbehelfe des Gewährleistungsrechts erfüllt; auf ein Verschulden käme es auch hier nicht an (RIS-Justiz RS0018632). Da Austausch oder Verbesserung offenkundig unmöglich wären und auch kein geringfügiger Mangel vorläge, könnte der Kläger sofort Wandlung begehren (§ 932 Abs 4 ABGB).
(d) In Wahrheit stellen sich daher bei der Gewährleistung dieselben Fragen wie beim Irrtum. Der einzige Unterschied liegt im maßgebenden Zeitpunkt: Beim Irrtum kommt es auf jenen der Vertragserklärung an, bei der Gewährleistung auf jenen der Erfüllung. Eigenständige Bedeutung hätte die Gewährleistung daher nur im (unwahrscheinlichen) Fall, dass sich die Verhältnisse zwischen diesen Zeitpunkten geändert hätten. Auch das wäre allenfalls im fortgesetzten Verfahren zu klären. Unerheblich wäre demgegenüber eine Änderung der Anlagestrategie nach dem Verschaffen der Fondsanteile. Denn mit diesem Verschaffen hätte die Beklagte ihre Verpflichtung aus dem Kaufvertrag erfüllt; die spätere Entwicklung fiele allein in die Risikosphäre des Klägers.
2. Schadenersatz
2.1. Kann das Begehren - insbesondere wegen des Fehlens eines Kaufvertrags zwischen den Parteien - nicht auf Gewährleistung oder Irrtum gestützt werden, bleibt als Anspruchsgrundlage Schadenersatz wegen einer für den Erwerb der Anlage kausalen Verletzung von im konkreten Fall bestehenden Sorgfaltspflichten. Der Schaden des Klägers läge im Erwerb einer Anlage, die er so nicht gewollt hätte (stRsp, vgl zuletzt etwa mwN 4 Ob 200/10f = EvBl-LS 2011/142; 1 Ob 85/11y = ZFR 2012, 30; 8 Ob 129/10v).
2.2. Das Erstgericht hat festgestellt, dass der Kläger die Fondsanteile auch bei Kenntnis des von der Beklagten geprüften Prospekts gekauft hätte. Soweit sich die Revision auf die Nichtausfolgung des Prospekts oder das Unterbleiben einer Information über die im Prospekt dargestellten Risiken stützt, muss sie daher schon am Fehlen der Kausalität scheitern. Das gilt insbesondere für die im Prospekt ausdrücklich erwähnte Möglichkeit, die Verwaltung des Fonds an einen oder mehrere dritte Manager auszulagern, was das Risiko eines (späteren) Abweichens von den Prospektangaben zweifellos erhöhte.
2.3. Die Beklagte hat zugestanden, von der Emittentin eine Bestandsprovision von 2.676 USD erhalten zu haben. Das Erstgericht konnte aber nicht feststellen, dass der Kläger bei Kenntnis dieses Umstands die Anlage nicht getätigt hätte. Ein Schadenersatzanspruch scheitert daher auch hier schon an der nicht nachgewiesenen Kausalität.
2.4. Den Prospekt hat der Kläger nicht erhalten. Ein konkretes Vorbringen, weshalb dessen (angebliche) Unrichtigkeit dennoch ursächlich für seinen Schaden wäre, hat er nicht erstattet. Spekulationen über mögliche Kausalverläufe sind hier nicht anzustellen. Die durchaus diffizilen Fragen der Haftung des Prospektkontrollors bei ausländischen Investmentfonds nach § 26 Abs 2 InvFG 1993 iVm § 11 KMG (vgl dazu zuletzt 10 Ob 69/11m) sind daher nicht zu prüfen. Das InvFG 2011 ist mangels einer darin angeordneten Rückwirkung auf den vorliegenden Fall noch nicht anzuwenden (RIS-Justiz RS0008745, RS0008715, RS0116364).
2.5. Dass die dem Kläger übergebenen Fact Sheets Teile des Prospekts iSv § 26 InvFG 1993 gewesen wären, hat die Klägerin nicht behauptet. Zwar hat die in 10 Ob 69/11m zitierte Entscheidung 6 Ob 2100/96h (= SZ 70/179) die „Prospekthaftung“ auch für (andere) „Werbeprospekte“ erörtert. Sie bezog sich dabei aber nicht auf die Haftung nach § 11 KMG (hier iVm § 26 Abs 2 InvFG 1993), sondern auf das allgemeine Zivilrecht. Erwägungen zu § 26 Abs 2 InvFG 1993 iVm § 11 KMG sind daher auch in Bezug auf die Fact Sheets nicht erforderlich.
2.6. Denkbar wäre indes eine Haftung der Beklagten für die (behauptete) Irreführung des Klägers über die diversifizierte Anlage durch den Fonds. Insofern haben wiederum die Fact Sheets Bedeutung.
(a) Nach den Feststellungen war die Beklagte nicht nur inländische Repräsentantin des Fonds, sondern bis 2007 zu 95 % an jener Gesellschaft beteiligt, die ihn als „Investment Advisor“ verwaltete und den (dritten) „Manager“ bestellte; ab 2007 stand der (neue) Investment Advisor mit der Beklagten (zumindest) im „Konzernverbund“. Empfiehlt die Beklagte unter diesen Umständen einem Kunden (auch) im eigenen wirtschaftlichen Interesse den Erwerb von Anteilen an diesem Fonds, darf der Kunde damit rechnen, dass sie die dabei erteilten Informationen - die ausschließlich zu ihrer Sphäre gehören - eingehend überprüft hat. Verfügt sie nicht über objektive Daten oder entsprechende Informationen, sondern nur über unzureichende Kenntnisse, muss sie das offenlegen (1 Ob 182/97i = SZ 70/147; RIS-Justiz RS0108073; 4 Ob 70/11i = ZIK 2012, 40). Der Kunde kann schon ganz allgemein darauf vertrauen, dass dem Vermittler der nötige Einblick in das angebotene Anlageprodukt gewährt oder ihm andere Nachweise erbracht wurden (7 Ob 79/98p = ÖBA 1998/750; 4 Ob 70/11i). Das gilt umso mehr, wenn es sich - wie hier - um ein Produkt handelt, das aus der eigenen Sphäre des Vermittlers stammt.
(b) Die diesbezügliche Verpflichtung ergibt sich - wenn man nicht ohnehin aufgrund der ständigen „Betreuung“ durch die Beklagte einen (Rahmen-)Vertrag annimmt - aus dem vorvertraglichen Schuldverhältnis, das im konkreten Fall jedenfalls durch die rechtsgeschäftliche Kontaktaufnahme zustande kam (Apathy/Riedler Schwimann 3 § 859 Rz 20; Wiebe in Kletecka/Schauer, ABGB-ON 1.00 § 861 Rz 30; beide mwN). Auf die weitergehende Frage, ob auch der bloße Prospektkontrollor (also ohne weiteren rechtsgeschäftlichen Kontakt) wegen der Inanspruchnahme von Vertrauen nach allgemeinem Zivilrecht für culpa in contrahendo haftet (vgl dazu 10 Ob 69/11m mwN), kommt es hier nicht an.
(c) Gelingt dem Kläger der Beweis, dass die ihm erteilte Information zum Zeitpunkt ihrer Erteilung objektiv falsch war und dass er die Anlage bei zutreffender Information nicht getätigt hätte, so hat die Beklagte zu behaupten und zu beweisen, dass sie keine Sorgfaltspflichten verletzt hat. Denn in diesem Fall stünde fest, dass die Beklagte ihre Verpflichtung zur richtigen Information über das von ihr vermittelte Produkt objektiv nicht erfüllt hatte; die Beklagte hätte sich daher nach § 1298 ABGB durch den Nachweis der Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt zu entlasten (RIS-Justiz RS0026290, vgl auch RS0026060 [Schadensverursachung aus dem Gefahren- und Verantwortungsbereich des Beklagten]). In diesem Fall hätte die Beklagte daher darzulegen, dass und auf welche Weise sie die Richtigkeit der Angaben zur Diversifizierung des Portfolios geprüft hat.
(d) Diese Behauptungs- und Beweislast war den Parteien und dem Erstgericht offenkundig nicht bewusst. Auch insofern ist daher eine Ergänzung des Verfahrens erforderlich. Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage wird der Kläger (auch) hier zu beweisen haben, dass nach den Fact Sheets eine Anlage in einer Vielzahl von Aktien (oder Indexoptionen) zugesichert war und dass dies im Zeitpunkt seiner Investition nicht (mehr) zutraf. Anders als bei Vorliegen eines Kaufvertrags zwischen den Parteien (oben 1.) könnte die Beklagte hier aber die Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt einwenden. Dafür bedarf es freilich eines konkreten Vorbringens, das sich bei Veranlagung in einen einzigen anderen Fonds auch auf die Prüfung von dessen Veranlagungsstrategie erstrecken müsste. Der bloße Hinweis auf eine nicht näher konkretisierte „Prüfung“ der „zur Verfügung gestellten Dokumente“ genügt in diesem Zusammenhang nicht. Nähere Ausführungen zum konkreten Umfang der Sorgfaltspflichten sind derzeit wegen des völlig ungeklärten Sachverhalts nicht möglich. Sie werden jedenfalls umso höher sein, je mehr Zweifel an der Seriosität des Managers (Madoff) schon im relevanten Zeitraum bestehen mussten. Diesbezügliches Vorbringen und Beweisangebote des Klägers sind daher zu berücksichtigen.
3. Aus diesen Gründen ist die Sache noch nicht spruchreif. Die Urteile der Vorinstanzen sind daher aufzuheben, und die Rechtssache ist zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)