OGH 4Ob109/19m

OGH4Ob109/19m5.7.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.‑Prof. Dr. Brenn, Priv.‑Doz. Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** reg GenmbH, *****, vertreten durch Dr. Herbert Holzinger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei K***** Betriebsgesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Friedrich Gatscha, Rechtsanwalt in Wien, wegen 77.983,66 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 16. April 2019, GZ 36 R 323/18v‑18, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0040OB00109.19M.0705.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Der Rechtsvorgänger der Beklagten schloss am 3. 1. 1977 mit der Klägerin einen Vertrag über die Einräumung von Werknutzungsbewilligungen, in dem er sich zur Zahlung einer Vergütung in Höhe eines Fixbetrags pro Vorstellung verpflichtete. Nach den in den Vertrag einbezogenen Allgemeinen Vertragsbedingungen wurde festgehalten, dass das pauschalierte Aufführungsentgelt als Gegenleistung für die erteilte Werknutzungsbewilligung zu entrichten ist, sowie dass der Fixbetrag pro Vorstellung auf Basis der Eintrittspreise festgelegt wird und künftig im selben Verhältnis wie die Eintrittspreise zu erhöhen ist. Der Grund für die Vereinbarung des pauschalierten Aufführungsentgelts bestand darin, dass der Rechtsvorgänger der Beklagten eine vereinfachte Berechnungsart wünschte, um besser kalkulieren zu können. Die Beklagte, die im Jahr 1994 gegründet wurde, hat den zugrunde liegenden Vertrag mit der Klägerin übernommen.

Die Klägerin begehrte die Zahlung von 77.983,66 EUR sA. Bei diesem Betrag handle es sich um vertragliche Werknutzungsentgelte, die die Beklagte nicht entrichtet habe. Der zugrunde liegende Vertrag stamme aus dem Jahr 1977 und sehe vor, dass pro Vorstellung ein pauschaliertes Aufführungsentgelt zu entrichten sei.

Die Beklagte entgegnete, dass für sie nicht zuordenbar sei, für welche Werke sie das vorgeschriebene Aufführungsentgelt zu entrichten habe. Außerdem habe sie mit den Urhebern (zum großen Aufführungsrecht) direkt abgerechnet, weshalb sie zu keinen Zahlungen an die Klägerin verpflichtet sei.

Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren statt. Die Beklagte sei aufgrund der getroffenen Vereinbarung verpflichtet, das vorgeschriebene Aufführungsentgelt an die Klägerin zu entrichten. Nach dem zugrunde liegenden Vertrag sei der Beklagten eine generelle Werknutzungsbewilligung eingeräumt worden, für die sie ein pauschaliertes Aufführungsentgelt zu zahlen habe.

Die Beklagte führt in ihrer außerordentlichen Revision aus, die Vorinstanzen wichen von der Entscheidung 4 Ob 166/05y ab, wonach es dem Urheber unbenommen bleibe, das große und das kleine Aufführungsrecht individuell wahrzunehmen und die Bestimmungen des VerwGesG dafür nicht gelten. Dem Rechtsvorgänger der Beklagten könne nicht unterstellt werden, er habe sich verpflichten wollen, auch für das große Aufführungsrecht, das die Klägerin gar nicht verwalten dürfe, ein Entgelt zu zahlen.

Rechtliche Beurteilung

Damit zeigt die Beklagte keine erhebliche Rechtsfrage auf.

1.  Die Passivlegitimation der Beklagten ist ebenso unstrittig wie der Umstand, dass sie ab ihrer Gründung im Jahr 1994 bis 2017 die Forderungen der Klägerin auf Basis des von ihr übernommenen Vertrags erfüllte und dies bewusst geschah, zumal die zugrunde liegende Problematik im Jahr 2004 zwischen den Streitteilen besprochen wurde. Unstrittig ist auch die Höhe des Klagebegehrens.

2.  Die Beklagte argumentiert mit einer unhaltbaren Vertragsauslegung durch die Vorinstanzen.

Bei der Auslegung von Verträgen ist ausgehend vom Wortlaut der Vereinbarung in seiner gewöhnlichen Bedeutung der Wille beider Parteien zu erforschen (vgl RIS‑Justiz RS0044358). Ist ein vom Vertragstext abweichender übereinstimmender Wille der Parteien nicht behauptet oder festgestellt, so ist der objektive Erklärungswert maßgebend und der Vertrag so auszulegen, wie er für einen redlichen oder verständigen Empfänger zu verstehen war (RS0113932; 8 Ob 4/11p; 4 Ob 173/18x). Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, hängt typisch von den Umständen des Einzelfalls ab und begründet in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage (RS0042936; RS0042776).

Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass der Wortlaut der zugrunde liegenden Allgemeinen Vertragsbedingungen (Pkt I.1 und 2) eindeutig sei und sich die Beklagte danach zur Zahlung eines pauschalierten Aufführungsentgelts verpflichtet habe, ist nicht korrekturbedürftig. In den genannten Vertragsbedingungen ist ausdrücklich festgehalten, dass die Beklagte das Aufführungsentgelt für die von der Klägerin übertragenen Nutzungsrechte bzw für die erteilte Werknutzungsbewilligung zu entrichten hat. Vertragsgegenstand sind nur von der Klägerin verwaltete Rechte, die sich nach dem Vertrag auf „Unterhaltungsmusik/Lebend“ beziehen. Danach schuldet die Beklagte auf vertraglicher Basis ein pauschaliertes Aufführungsentgelt, das sie für die ihr von der Klägerin mit dem zugrunde liegenden Vertrag eingeräumten Nutzungsrechte zu zahlen hat. Damit weichen die Vorinstanzen nicht von der oberstgerichtlichen Rechtsprechung ab. Entgegen der Ansicht der Beklagten beruhen die Entscheidungen der Vorinstanzen nicht auf der Schlussfolgerung, dass Verwertungsgesellschaften auch für das große Aufführungsrecht oder für nicht geschützte Werke Werknutzungsentgelte verlangen dürften.

3.  Der Umstand, dass die Entgelte pauschal berechnet werden, betrifft nicht den Grund des Anspruchs, sondern die Abrechnungsmodalität, die nach den Feststellungen auf Wunsch des Rechtsvorgängers der Beklagten in der vereinbarten Weise gewählt wurde. Nach Pkt I.2 der Allgemeinen Vertragsbedingungen in Verbindung mit dem Vertragsgegenstand ist die Beklagte zur Zahlung eines pauschalierten Aufführungsentgelts mit einem Fixbetrag pro Vorstellung verpflichtet.

Entgegen den Ausführungen in der außerordentlichen Revision ist diese Regelung weder widersprüchlich noch besteht das „Risiko“, dass der Klägerin auch Entgelte für große Aufführungsrechte zugesprochen werden. Große Aufführungsrechte sind nach den Vertragsbestimmungen gar nicht Gegenstand der Vereinbarung. Nach dem aus dem eindeutigen Wortlaut hervorgehenden Vertragszweck haben die Vertragsparteien vielmehr unterstellt, dass bei jeder Kabarettvorstellung der Beklagten auch von der Klägerin verwaltete Rechte genutzt werden. Aus diesem Grund haben sie von einer Abrechnung nach den jeweils im Einzelfall eingeräumten Werknutzungsbewilligungen abgesehen und (ausgehend vom „Massettenwert“, also dem Erlös aus dem Kartenverkauf) eine pauschale Berechnung pro Vorstellung gewählt.

4.  Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt dem Umstand, dass sie große Aufführungsrechte mit den Autoren direkt abgerechnet hat, keine Bedeutung für das mit der Klägerin vereinbarte Entgelt zu. Aus diesem Grund liegt auch der geltend gemachte sekundäre Feststellungsmangel nicht vor.

5.  Mangels erheblicher Rechtsfrage war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

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