OGH 8Ob4/11p

OGH8Ob4/11p22.2.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** M*****, vertreten durch die Dr. Paul Kreuzberger & Mag. Markus Stranimaier Rechtsanwälte & Strafverteidiger OG in Bischofshofen, gegen die beklagte Partei B***** AG, *****, vertreten durch die Dr. Wolfgang Vanis Rechtsanwalt GmbH in Wien, wegen 142.755,32 EUR sA (Rekursinteresse 49.268,08 EUR sA), über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 19. Oktober 2010, GZ 22 R 367/10i-32, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Zell am See vom 23. August 2010, GZ 15 C 1002/08m-28, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und es wird in der Sache selbst dahin zu Recht erkannt, dass das Urteil, das in seinem klagsabweisenden Teil (93.487,24 EUR sA) als unangefochten unberührt bleibt, in seinem noch verfahrensgegenständlichen Teil (49.268,08 EUR sA) lautet:

„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 48.106,36 EUR samt Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13. 11. 2008 binnen 14 Tagen zu zahlen.

Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei weitere 1.161,72 EUR samt Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13. 11. 2008 zu zahlen, wird abgewiesen.“

Die Kostenentscheidung des Erstgerichts wird wiederhergestellt.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.772,96 EUR (darin enthalten 462,16 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit 1.996,74 EUR (darin enthalten 332,79 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung an den Obersten Gerichtshof binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger vermietete im Mai 1981 Geschäftsräumlichkeiten sowie Parkflächen an die Beklagte, die ein Superädifikat errichtete und Investitionen vornahm. Im Sommer 1996 wurden sämtliche Aktien der Beklagten (mittelbar) in das Eigentum eines deutschen Konzerns übertragen. Diese Transaktion, die eine Übernahme der Beklagten durch den deutschen Konzern bewirkte, wurde mit Entscheidung der Europäischen Kommission vom 27. 8. 1996 genehmigt. Dieser Sachverhalt bewirkte einen Machtwechsel in der Gesellschaft der Beklagten und verwirklichte den Mietzins-Anhebungstatbestand nach § 12a Abs 3 MRG. Die Beklagte zeigte dem Kläger als Vermieter die beschriebene Änderung der Gesellschaftsverhältnisse nicht an. Aus diesem Grund ist eine Anhebung des vereinbarten Mietzinses auf den angemessenen Mietzins nach § 12a Abs 2 MRG unterblieben.

Mit Kaufvertrag vom 21. 9. 2005 wurden die in Rede stehenden Bestandobjekte vom Kläger verkauft. Nach Punkt V des Vertrags sollte die Übergabe und Übernahme des Kaufgegenstands mit allen Rechten und Pflichten, wie sie der Verkäufer besessen und benutzt hatte bzw zu besitzen und zu benutzen berechtigt gewesen wäre, zum 1. 10. 2005 erfolgen. Die neuen Liegenschaftseigentümer brachten am 19. 3. 2007 beim zuständigen Bezirksgericht einen Antrag auf Feststellung des angemessenen Hauptmietzinses ein.

Der Kläger begehrte - aus dem Titel des Schadenersatzes - die ihm entgangenen Mietzins-Erhöhungsbeträge, die er zufolge Verletzung der Anzeigepflicht durch die Beklagte nicht vereinnahmen konnte. Da ihm die Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten bei der Beklagten im Jahr 1996 nicht angezeigt worden sei, sei er um das Recht auf Anhebung des Mietzinses gemäß § 12a Abs 3 MRG gebracht worden. Er habe erst im November 2007 von der Änderung der Gesellschaftsverhältnisse erfahren. Die Anzeigepflicht des § 12a Abs 3 MRG stelle ein Schutzgesetz zugunsten des Vermieters dar; der Schaden sei bei ihm als Verkäufer eingetreten. Nach der Parteienabsicht hätten sämtliche fälligen Mietzinsforderungen, die bis zum Zeitpunkt der Übergabe der Bestandobjekte an die Käufer entstanden seien, ihm und nicht den Käufern zustehen sollen.

Die Beklagte entgegnete, dass allfällige Ersatzbeträge auch für die Vergangenheit den Käufern der Liegenschaften und damit nicht dem Kläger zustünden. Außerdem habe sie der Anzeigeverpflichtung gemäß § 12a Abs 3 MRG entsprochen, zumal es zwischen dem zuständigen Mitarbeiter und dem Kläger zahlreiche Gespräche gegeben habe, in denen der Eigentümerwechsel erörtert worden sei. Davon abgesehen seien vom Hauptmieter getätigte Aufwendungen zur Verbesserung des Mietgegenstands bei Ermittlung des angemessenen Hauptmietzinses angemessen zu berücksichtigen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren teilweise statt und verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 49.268,08 EUR sA. Das Mehrbegehren von 93.487,24 EUR sA wies es ab. Die Aktivlegitimation sei gegeben, weil es nicht Absicht der Parteien des Kaufvertrags im Jahr 2005 gewesen sein könne, ungewisse Eventualitäten im Kaufvertrag mitzuregeln. Der Anzeigepflicht des § 12a Abs 3 MRG habe die Beklagte nicht entsprochen, weil diese Pflicht die vertretungsbefugten Organe der Gesellschaft treffe. Die beiläufige Erwähnung von Mitarbeitern der Beklagten in einem Gespräch mit dem Kläger, dass die Unternehmensgruppe der Beklagten von einem deutschen Konzern übernommen worden sei, stelle keine ordnungsgemäße Anzeige dar. Dem Kläger gebühre daher (von September 1996 bis August 2005, also für 108 Monate) die Differenz zum angemessenen Mietzins samt Wertsicherung. Die vom Hauptmieter getätigten Aufwendungen zur Verbesserung des Mietgegenstands seien angemessen zu berücksichtigen, soweit sie über den maßgebenden Zeitpunkt hinaus von objektivem Nutzen gewesen seien.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und hob das Urteil des Erstgerichts in seinem klagsstattgebenden Teil auf. Die Klagsabweisung über 93.487,24 EUR sA erwuchs in Rechtskraft. Die Frage der Aktivlegitimation könne nicht abschließend beurteilt werden. Dafür sei nämlich zu erforschen, welche Absicht die Parteien mit Punkt V des Kaufvertrags, wonach die Übergabe und Übernahme des Kaufgegenstands mit allen Rechten und Pflichten erfolgen sollte, verfolgt hätten. Der Kläger habe sich ausdrücklich darauf berufen, dass diese Klausel nach dem Parteiwillen keinesfalls Schadenersatzansprüche umfasse. Die Verletzung der Anzeigepflicht nach § 12a Abs 3 MRG sei zu bejahen, weil die bloße Information darüber, dass der deutsche Konzern der neue Eigentümer bzw Besitzer der Beklagten sei, die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Anzeige nicht erfülle. Ein bloßer Eigentümer- bzw Vermögenswechsel müsse nicht zwangsläufig mit einer Änderung auch des rechtlichen Einflusses auf die unternehmerischen Entscheidungen verbunden sein. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil die einschlägige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Aktivlegitimation von der Lehre heftig kritisiert werde. Darüber hinaus sei nicht klar, ob nach § 12a Abs 3 MRG nur das vertretungsbefugte Organ einer Mietergesellschaft oder auch die Gesellschaft selbst schadenersatzpflichtig sei.

Gegen den Aufhebungsbeschluss richtet sich der Rekurs der Beklagten, mit dem sie die gänzliche Abweisung des Klagebegehrens anstrebt.

Mit seiner Rekursbeantwortung beantragt der Kläger, den Rekurs zurückzuweisen, in eventu diesem den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig, weil zur Frage der Aktivlegitimation des Altvermieters für Schadenersatzansprüche aus dem Entgang von Mietzins-Erhöhungsbeträgen bis zum Zeitpunkt der Übergabe der Mietsache an den Käufer sowie zum Inhalt und zur Abgabe der Anzeige eines Machtwechsels nach § 12a Abs 3 MRG mit Rücksicht auf die einschlägigen Stimmen in der Literatur eine Klarstellung durch den Obersten Gerichtshof geboten erscheint. Der Rekurs ist auch berechtigt, weil sich die vom Berufungsgericht verfügte Ergänzung des Sachverhalts als entbehrlich erweist.

1. Nach ständiger Rechtsprechung zum Mietrechtsübergang im Fall einer Unternehmensveräußerung stellt die in § 12 MRG in der Fassung vor dem 3. WÄG normierte Anzeigepflicht von Unternehmensveräußerer und Übernehmer gegenüber dem Vermieter eine Ordnungsvorschrift dar, deren Verletzung schadenersatzpflichtig macht (vgl RIS-Justiz RS0079159). Um Vertragsgestaltungen zur Vermeidung der Mietzinsanhebung bei Gesellschaften zu begegnen, hat der Gesetzgeber den Grundtatbestand der Unternehmensübertragung mit Wirkung vom 1. 10. 1993 (§ 46a Abs 1 MRG) erweitert. Der in § 12a Abs 3 MRG neu geregelte Fall einer Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten bei einer juristischen Person als Mieterin wird hinsichtlich der Möglichkeit der Mietzinsanhebung auf den angemessenen Hauptmietzins einem Mietrechtsübergang aufgrund einer Unternehmensveräußerung gleichgehalten. In Anbetracht derselben Interessenslage ist die Rechtsprechung zur Schadenersatzpflicht infolge Verletzung von Informationspflichten auch auf den Fall eines Machtwechsels nach § 12a Abs 3 MRG zu übertragen (4 Ob 220/08v).

Der für die Änderung der Einflussmöglichkeiten erforderliche Machtwechsel in der Gesellschaft der Beklagten durch den Zusammenschluss mit dem deutschen Konzern im Jahr 1996 ist im vorliegenden Fall nicht strittig.

2.1 Bei der in § 12a Abs 3 MRG normierten Anzeigepflicht handelt es sich um ein Schutzgesetz zugunsten des Vermieters (4 Ob 220/08v). Die in Rede stehende Verpflichtung bezweckt den Schutz des jeweiligen Vermieters, der vor Vermögensschäden infolge unterlassener Anhebung des Mietzinses auf den angemessenen Mietzins bewahrt werden soll. Die Anzeigepflicht nach § 12a Abs 3 MRG ist eine aus dem Bestandvertrag abgeleitete Nebenpflicht des Mieters. Der Schadenersatzanspruch gegen die Gesellschaft, der aus der Verletzung dieser Pflicht abgeleitet wird, ist vertraglicher Natur (vgl 1 Ob 73/10g).

2.2 Richtig ist, dass eine Veräußerung der Mietsache durch den Vermieter gemäß § 1120 ABGB bzw § 2 MRG ex lege den Eintritt des Erwerbers der Mietsache in das Mietverhältnis mit allen Rechten und Pflichten bewirkt (vgl 5 Ob 241/08i). Es stellt sich allerdings die Frage nach der Reichweite des Rechtetransfers nach Maßgabe des dispositiven Rechts.

Die die Stellung als Partei eines Bestandvertrags betreffende Übertragung der Rechtsposition bezieht sich in erster Linie auf die zukünftige Gestaltung des Bestandverhältnisses und erfasst daher vor allem die Rechte und Pflichten, die die Ausübung der Nutzungs- und Verwaltungsbefugnisse betreffen. Rein vermögensrechtliche Ansprüche, die bereits vor dem Übertragungsstichtag in der Rechtssphäre des Veräußerers abschließend entstanden sind, zählen grundsätzlich nicht dazu. Sie sind dem Vermögen des Veräußerers zuzuordnen und wirken sich nur im Fall einer entsprechenden vertraglichen Regelung zugunsten des Veräußerers auf den Kaufpreis aus. Dies gilt in besonderer Weise für bereits entstandene Schadenersatzansprüche, insbesondere dann, wenn diese im Zeitpunkt der Veräußerung noch gar nicht bekannt waren.

Trotz gegenteiliger, inhaltlich aber nicht überzeugender Stimmen in der Lehre (Vonkilch, Glosse zu 4 Ob 220/08v, wobl 2009, 321 [323]; Friedl, Zur Haftung eines GmbH-Geschäftsführers wegen unterlassener Anzeige nach § 12a Abs 3 MRG bei Vermieterwechsel, ecolex 2009, 656) wird daher die Ansicht aufrecht erhalten, dass für die Rechtszuständigkeit von Schadenersatzansprüchen zufolge Verletzung der Anzeigepflicht nach § 12a Abs 3 MRG danach zu unterscheiden ist, in wessen Vermögen der geltend gemachte Schaden jeweils eingetreten ist (4 Ob 220/08v). Soweit die begehrten Ersatzbeträge Mietzinsentgänge aus vor dem Übertragungsstichtag liegenden Mietzinsperioden betreffen, wurde der Verkäufer durch die unterlassene Anzeige an einer Mietzinsanhebung gehindert. Der Schaden ist daher in seinem Vermögen eingetreten. Mangels gegenteiliger Vereinbarung können die auf diese Altperioden entfallenden Ersatzbeträge nur vom Altvermieter geltend gemacht werden.

2.3 Eine allfällige vom dispositiven Recht abweichende Vereinbarung zur Aktivlegitimation betrifft die Veräußerung der Mietsache und damit den Kaufvertrag (hier vom 21. 9. 2005).

Nach § 914 ABGB ist bei der Auslegung von Verträgen nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen, wobei der Wortsinn den Ausgangspunkt bildet. Wird kein - vom Vertragstext abweichender oder diesen präzisierender - übereinstimmender Parteiwille behauptet oder festgestellt, so ist der objektive Erklärungswert des Vertragstextes mit Rücksicht auf den Geschäftszweck maßgeblich. Der Vertrag ist so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht (3 Ob 125/05m; Bollenberger in KBB3 § 914 ABGB Rz 5).

Die Klausel in Punkt V des Kaufvertrags über die Übergabe und Übernahme des Kaufgegenstands mit allen Rechten und Pflichten, wie sie der Verkäufer besessen und benutzt hatte bzw zu besitzen und benutzen berechtigt gewesen wäre, spricht nicht für eine Sonderregel, die auf die Übertragung auch unbekannter Schadenersatzansprüche des Verkäufers gerichtet ist. Darüber hinaus werden nach dem Kaufvertrag die vor der tatsächlichen Übergabe eingetretenen Gefahren und Zufälle sowie die vor diesem Zeitpunkt anfallenden öffentlichen Abgaben und Verbindlichkeiten sowie auch die bereits gezahlten Mietzinse ausdrücklich dem Verkäufer zugeordnet. Aus dieser Regelung kann abgeleitet werden, dass nicht nur für die Nutzung und Verwaltung des verkauften Objekts, sondern auch für sämtliche finanziellen Belastungen und Begünstigungen der Übergabezeitpunkt maßgeblich sein soll. Bei redlicher und verständiger Betrachtung sind von dieser Zuordnung nicht nur die tatsächlich eingelangten Mietzinse, sondern ebenso die vor Übergabe des Kaufgegenstands entstandenen Mietzinsforderungen erfasst. Den Parteien des Kaufvertrags kann auch nicht unterstellt werden, dass sie bei Vertragsabschluss von rückständigen Zinszahlungen der Mieterin ausgegangen wären. Das Auslegungsergebnis, demzufolge auch offene Mietzinsforderungen für Altperioden bis zum Übertragungsstichtag dem Verkäufer zustehen sollen, spricht eindeutig für den Verbleib auch der hier geltend gemachten Schadenersatzansprüche nach § 12a Abs 3 MRG beim Kläger. Die Wortinterpretation führt somit zum Ergebnis, dass die Parteien des Kaufvertrags vom dispositiven Recht nicht abgewichen sind; sie stützt damit den Standpunkt des Klägers.

Der Kläger hat sich im erstinstanzlichen Verfahren auf einen im dargestellten Sinn präzisierenden übereinstimmenden Parteiwillen berufen. Demgegenüber hat sich die Beklagte auf den Vertragstext gestützt. Zudem führte sie ins Treffen, dass von den Käufern der Mietsache in einem anhängigen gerichtlichen Verfahren auch Mietzinsdifferenzen für Altperioden geltend gemacht würden. Dieses Vorbringen ist allerdings nicht geeignet, einen vom Vertragstext abweichenden übereinstimmenden Parteiwillen zu dokumentieren, weil für die Beurteilung allein die Erklärungen bzw das Erklärungsverhalten der Parteien sowie die daraus nach objektivem Verständnis gewonnenen berechtigten Erwartungen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses maßgebend sind. Die Beklagte hat einen abweichenden Parteiwillen damit nicht schlüssig behauptet. Für den vom Berufungsgericht bejahten Erhebungsbedarf zur Erforschung des Parteiwillens besteht daher kein Raum. Bei richtiger Rechtsansicht erweist sich der Sachverhalt nicht als ergänzungsbedürftig.

3.1 In der Entscheidung 4 Ob 220/08v wurde keineswegs ausgesprochen, dass die Haftung für den Schadenersatzanspruch wegen Verletzung der Anzeigepflicht nach § 12a Abs 3 MRG ausschließlich den Geschäftsführer einer Mieter-GmbH treffe. Vielmehr wurde die subsidiäre persönliche Haftung des Geschäftsführers für die Schutzgesetzverletzung bejaht, soweit der geschädigte Gläubiger im Rahmen seines Ersatzanspruchs gegen die GmbH (etwa zufolge Insolvenz) nicht voll befriedigt werden kann. Auch wenn die Handlungspflicht die vertretungsbefugten Organe der Gesellschaft trifft (5 Ob 101/07z; 4 Ob 220/08v), werden diese selbstredend für die Gesellschaft tätig. Eine Verletzung der Anzeigepflicht ist daher primär der Gesellschaft zuzurechnen. Aus diesem Grund ist auch die Passivlegitimation der Gesellschaft als primäres Haftungssubjekt evident (vgl auch 1 Ob 73/10g).

3.2 Die Handlungspflicht nach § 12a Abs 3 MRG trifft somit die vertretungsbefugten Organe persönlich (4 Ob 220/08v). Der Verpflichtung wird nur entsprochen, wenn die Anzeige in der gesetzlich geschuldeten Art und Weise und damit ordnungsgemäß erfolgt. Die anderweitig erlangte Kenntnis des Vermieters von der Unternehmensveräußerung bzw vom Machtwechsel in der Gesellschaft genügt demnach nicht (5 Ob 86/00h mwN).

Bei einer anlässlich eines Gesprächs zu einem anderen Thema gleichsam nebenbei erfolgten Mitteilung durch einen nicht mit der Anzeigeerstattung beauftragten Mitarbeiter der Gesellschaft handelt es sich nach den dargestellten Grundsätzen jedenfalls nicht um eine ordnungsgemäße Anzeige, die von den vertretungsbefugten Organen persönlich geschuldet wird. Im vorliegenden Fall ist eine Anzeige des Machtwechsels somit gar nicht erfolgt.

3.3 Ihrem Inhalt nach muss sich eine Anzeige nach § 12a Abs 3 MRG auf den anspruchsrelevanten Tatbestand beziehen und die Feststellung des Machtwechsels in der Gesellschaft, etwa durch Kippen der Mehrheitsverhältnisse, zuverlässig und eindeutig ermöglichen (5 Ob 101/07z; 1 Ob 73/10g). Eine solche durch entsprechende gesellschaftsrechtliche Vorgänge ausgelöste Anzeige muss demnach jedenfalls über das rechtliche Instrument des Machtwechsels, die in dieser Hinsicht getroffenen Maßnahmen, die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Gesellschaft und den Zeitpunkt des Rechtsvorgangs Auskunft geben (vgl 5 Ob 7/98k).

Die Ansicht des Berufungsgerichts, das die von der Beklagten (in ihrer Tatsachenrüge) ins Treffen geführte Information, wonach der deutsche Konzern der neue Eigentümer bzw Besitzer der Beklagten sei, inhaltlich nicht die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Anzeige iSd § 12a Abs 3 MRG erfülle, ist nicht zu beanstanden.

Nach den dargestellten Grundsätzen ist sowohl die Passivlegitimation der Beklagten als auch die Verletzung der Anzeigepflicht nach § 12a Abs 3 MRG durch sie zu bejahen.

4.1 Der im gegebenen Zusammenhang zu beurteilende Schaden besteht darin, dass der Kläger als Altvermieter an der rechtzeitigen Geltendmachung des erhöhten Mietzinses verhindert war und ihm daher ein entsprechender Mietzinsentgang erwachsen ist.

4.2 In Bezug auf die Höhe des Ersatzanspruchs bestreitet die Beklagte - unter Hinweis auf 5 Ob 91/00v - im Rekurs nicht, dass der angemessene Hauptmietzins iSd des § 12 Abs 1 MRG wertgesichert begehrt werden kann, wobei im Zweifel eine im Mietvertrag vereinbarte Wertsicherungsklausel anzuwenden sei. Zu den von ihr vorgenommenen Investitionen verweist sie auf die Aussagen des Sachverständigen. Dazu vertritt sie die Ansicht, dass die angemessene Berücksichtigung der vom Hauptmieter getätigten Investitionen im Rahmen der Ermittlung des angemessenen Hauptmietzinses zu erfolgen habe. Es sei nicht der angemessene Hauptmietzins einerseits und der Abzugsbetrag für Investitionen andererseits gesondert zu betrachten, sondern ein einheitlicher (verringerter) angemessener Hauptmietzins festzustellen. Daraus leiteten sie ab, dass auch die Mieterinvestitionen wertgesichert zu berücksichtigen seien. Zu der vom Kläger begehrten Umsatzsteuer führt die Beklagte - in der Begründung der Zulässigkeit des Rekurses - nur aus, dass es aus ihrer Sicht unzweifelhaft sei, dass dem Kläger für einen Schadenersatzanspruch keine Umsatzsteuer zustehe. Im Rahmen der Darlegung der Rekursgründe kommt sie auf diese Thematik nicht mehr zurück.

Bei der Ermittlung des zulässigen Hauptmietzinses nach § 12a Abs 7 MRG kommt es auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Unternehmensveräußerung an. Gleichzeitig sind jedoch die vom Mieter zur Verbesserung des Mietgegenstands getätigten Aufwendungen angemessen (den Mietzins mindernd) zu berücksichtigen, soweit sie über den Zeitpunkt der Unternehmensveräußerung hinaus von objektivem Nutzen sind. Bei der angemessenen Berücksichtigung des Verbesserungsaufwands ist dem Gericht durchaus ein weiter Beurteilungsspielraum eingeräumt (5 Ob 35/03p). Dem Berufungsgericht ist zuzustimmen, dass in dieser Hinsicht die Anwendung des § 273 Abs 1 ZPO als zulässig angesehen wird. Nach der Judikatur kann diese Bestimmung auch dann angewendet werden, wenn die vorliegenden Beweise, wie etwa ein Sachverständigengutachten, nur die Grundlagen für eine Ermessensentscheidung geliefert haben (RIS-Justiz RS0040440; 5 Ob 209/03a). Das Erstgericht hat sich bei der Ermittlung des Ersatzbetrags allerdings nicht auf § 273 ZPO gestützt, sondern die Berechnung ausgehend von den Werten im Sachverständigengutachten vorgenommen. Dabei ist in der Judikatur geklärt, dass es keine vom MRG vorgegebene Methode zur Ermittlung der Angemessenheit des Hauptmietzinses gibt (5 Ob 91/00v). Wird die vom Sachverständigen herangezogene Methode nicht bestritten oder ist sie nicht zu beanstanden, so betrifft das gewonnene Ergebnis im Allgemeinen die Tatfrage (vgl RIS-Justiz RS0118604; 9 Ob 82/10i).

Abgesehen davon, dass zur Umsatzsteuerproblematik inhaltliche Ausführungen im Rekurs fehlen, wäre ein die Umsatzsteuerpflicht auslösender Leistungsaustausch zwischen dem Geschädigten und dem Schädiger (vgl RIS-Justiz RS0030181) dann zu bejahen, wenn die Entschädigungszahlung, die ein Mieter an den Vermieter zu entrichten hat, wie ein Mietzinsanspruch zu behandeln ist und daher Entgeltcharakter hat (vgl 6 Ob 523/93). Der hier zu beurteilende Schadenersatzanspruch resultiert aus dem Bestandvertrag und betrifft die Hauptleistung des Mieters. Die Zahlung des (erhöhten) Mietzinses hat aber einen Leistungsaustausch zum Gegenstand.

4.3 Die Beklagte hat im zugrundeliegenden Zeitraum unbestritten monatlich 3.342,70 EUR netto an Hauptmietzins gezahlt. Nach dem Gutachten des Sachverständigen und der darauf basierenden Feststellung des Erstgerichts belief sich der angemessene monatliche Hauptmietzins zum Stichtag 1. 9. 1996 auf 3.627 EUR netto. Unter Berücksichtigung der Investitionen der Beklagten verringert sich der angemessene Hauptmietzins monatlich um 36 EUR. Der Beklagten ist nunmehr darin beizupflichten, dass unter Zugrundelegung dieser Parameter der angemessene Mietzins zum Stichtag 1. 9. 1996 richtig 3.591 EUR netto bzw 4.309,20 EUR brutto betrug. Bei der Berechnung der Wertsicherung hat das Erstgericht nicht - wie im Urteil irrtümlich angeführt - den VPI 1996, für den im Jahr 1996 noch keine Werte bestanden haben, sondern tatsächlich den VPI 1986 herangezogen. Ausgehend von der sonst nicht bestrittenen Berechnung des Erstgerichts ergibt sich für Jänner 2002 bis August 2005 ein angemessener Mietzins von 3.892,64 EUR netto bzw 4.671,17 EUR brutto. Der Zeitraum September 1996 bis Dezember 2001 erstreckte sich über 64 Monate; der angemessene Hauptmietzins errechnet sich mit (64 × 4.309,20 EUR) 275.788,80 EUR. Im Zeitraum Jänner 2002 bis August 2005 sind 44 Monate gelegen; dafür ergeben sich (44 × 4.671,17 EUR) 205.531,48 EUR. Zieht man von dem sich daraus ergebenden Gesamtbetrag von 481.320,28 EUR die von der Beklagten im fraglichen Zeitraum gezahlten Mietzinse in Höhe von (108 × 4.011,24 EUR) 433.213,92 EUR ab, so errechnet sich der dem Kläger zustehende Ersatzbetrag mit 48.106,36 EUR.

5. Zusammenfassend ergibt sich: Für die Rechtszuständigkeit von Schadenersatzansprüchen zufolge Verletzung der Anzeigepflicht nach § 12a Abs 3 MRG ist danach zu unterscheiden, in wessen Vermögen der geltend gemachte Schaden eingetreten ist. Mangels gegenteiliger Vereinbarung stehen bis zum Übertragungsstichtag entstandene Mietzinsentgänge dem Verkäufer der Mietsache zu. Eine Verletzung der Anzeigepflicht nach § 12a Abs 3 MRG ist der Gesellschaft zuzurechnen. Eine ordnungsgemäße Anzeige liegt nur vor, wenn sie durch die vertretungsbefugten Organe der Gesellschaft erfolgt und die eindeutige Feststellung des Machtwechsels in der Gesellschaft ermöglicht.

Zufolge Entscheidungsreife ist die vom Berufungsgericht verfügte Aufhebung samt Verfahrensergänzung entbehrlich. Da im Rekursverfahren gegen Aufhebungsbeschlüsse das Verbot der reformatio in peius nicht gilt, kann der Oberste Gerichtshof auch aufgrund eines Rekurses des Beklagten ein Urteil im Sinn einer Klagsstattgebung fällen (RIS-Justiz RS0043853).

Die Entscheidung über die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gründet sich auf § 43 Abs 1 ZPO. Die geringfügige Reduktion des dem Kläger zugesprochenen Betrags wirkt sich auf seine Obsiegensquote von rund 35 % und damit auf die Kostenentscheidung des Erstgerichts nicht aus. Im Rechtsmittelverfahren beruht die Kostenentscheidung auf §§ 50, 43 Abs 2 erster Fall ZPO.

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