European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0030OB00094.14S.0625.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Vorinstanzen wiesen die auf Kunstfehler und mangelhafte Aufklärung des Patienten vor der Operation gestützte Schadenersatzklage ab. Die von der Beklagten zu verantwortende Operation sei lege artis ausgeführt worden. Der Kläger sei überdies vor der Operation ausreichend über mögliche Komplikationen und Risken aufgeklärt worden. Es hieße die ärztliche Aufklärungsverpflichtung wesentlich zu überspannen, über die festgestellte Aufklärung hinaus auch noch eine weitere Aufklärung über die konkrete Bedeutung allfällig verwirklichter Operationsrisken auf das tägliche Leben des Klägers zu verlangen.
Rechtliche Beurteilung
Der Kläger vermag in seinem außerordentlichen Rechtsmittel keine Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.
Der Oberste Gerichtshof hat in einer Vielzahl von Entscheidungen Grundsätze über die Erforderlichkeit und den Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht entwickelt, von denen auch die Vorinstanzen ausgegangen sind. Danach soll die ärztliche Aufklärung den Patienten instandsetzen, die Tragweite seiner Erklärung, in eine bestimmte Behandlung einzuwilligen, zu überschauen (RIS‑Justiz RS0026413). Der Patient kann nur dann wirksam seine Einwilligung geben, wenn er über die Bedeutung des vorgesehenen Eingriffs und seine möglichen Folgen hinreichend aufgeklärt wurde (RIS‑Justiz RS0026499). Die ärztliche Aufklärungspflicht reicht umso weiter, je weniger der Eingriff aus der Sicht eines vernünftigen Patienten vordringlich oder geboten ist. Ist der Eingriff zwar medizinisch empfohlen aber nicht eilig, so ist grundsätzlich eine umfassende Aufklärung notwendig. In einem solchen Fall ist die ärztliche Aufklärungspflicht selbst dann zu bejahen, wenn erheblich nachteilige Folgen wenig wahrscheinlich sind. Es ist dann auch auf die Möglichkeit äußerst seltener, aber gravierender Risken hinzuweisen (2 Ob 43/12f mwN; RIS‑Justiz RS0026313 [T3], RS0026375, RS0026772). Die Aufklärungsanforderungen dürfen (aber) nicht überspannt werden (4 Ob 241/12p mwN; RIS‑Justiz RS0026362 [T1]). Entscheidend für den Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht ist, dass der Patient als Aufklärungsadressat die für seine Entscheidung maßgebenden Kriterien erfährt, die ihn in die Lage versetzen, die Tragweite seiner Zustimmung zum Eingriff zu überblicken und eine sachgerechte Entscheidung zu treffen (4 Ob 241/12p mwN).
Der konkrete Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht richtet sich stets nach den Umständen des Einzelfalls und wirft ‑ von hier nicht vorliegender auffälliger Fehlbeurteilung abgesehen ‑ keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf (2 Ob 43/12f mwN; RIS‑Justiz RS0026529).
Der Kläger wurde unter anderem darüber aufgeklärt, dass es bei der in Aussicht genommenen Operation zu einer Milzverletzung, allenfalls auch zu einem Totalverlust der Milz kommen kann. Genau dieses ausdrücklich erwähnte Risiko wurde in seinem Fall schlagend. Es wurde zwar nicht erörtert, welche Folgen die Entfernung der Milz nach sich ziehen könnte, der Kläger stellte hiezu aber auch keine Fragen. Er wäre bei entsprechendem Nachfragen über mögliche Folgen einer Milzentfernung auch noch weiter aufgeklärt worden. Der Kläger gab zu verstehen, dass er wisse, was es bedeute, wenn Organe verletzt werden. Es bildet keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung, wenn das Berufungsgericht die ärztliche Aufklärung des Klägers vor der Operation, die überdies von zwei Ärzten an zwei aufeinanderfolgenden Tagen vor der Operation erfolgte und dem Kläger somit auch eine längere Überlegungszeit bot, als ausreichend und den operativen Eingriff daher als gerechtfertigt ansah, darf die ärztliche Aufklärungspflicht doch nicht überspannt werden.
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