European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0030OB00088.14H.0127.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Hinterlegung zu Gericht angenommen wird.
Die Bestellung eines Verwahrers obliegt dem Erstgericht.
Der Antragsteller hat seine Kosten des Rechtsmittelverfahrens selbst zu tragen.
Begründung:
Die Antragsgegner sind ideelle Hälfte- bzw Vierteleigentümer des Besitzes „Villa B*****“ in *****. Mit Mietvertrag vom 12./15. Februar 2010 hat der Antragsteller (Bestandnehmer) die dazu gehörigen Grundstücke samt den darauf errichteten Gebäuden bis 31. Dezember 2020 in Bestand genommen.
Mit Schreiben vom 16. Oktober 2013 hat der Rechtsvertreter des Antragstellers die Auflösung des Bestandvertrags gemäß § 1117 ABGB mit Wirkung zum 31. Oktober 2013 ausgesprochen und angekündigt, das Bestandobjekt geräumt am 31. Oktober 2013 zu übergeben. Durch ihren Rechtsvertreter wiesen die Antragsgegner (Bestandgeber) die Vertragsauflösung am 24. Oktober 2013 zurück und weigerten sich, das Bestandobjekt zurückzunehmen.
Den Hintergrund der Auseinandersetzungen zwischen dem Antragsteller und den Antragsgegnern bildet die Frage der Mangelhaftigkeit des Bestandobjekts (mit vom Antragsteller behaupteter eingeschränkten Nutzbarkeit) und die Verpflichtung zur Durchführung von Erhaltungsarbeiten. Der vom Antragsteller mit seinem Antrag vorgelegte Mietvertrag vom 12./15. Februar 2010 hat unter anderem folgenden Inhalt (die Vermieter werden als „der Vermieter“ bezeichnet):
„1. Mietgegenstand
Der Mieter mietet von dem Vermieter den Besitz Villa B***** … im Ausmaß von 21.689 m² Grund … samt den aufstehenden Gebäuden, Villa B***** mit ca 2.800 m² Wohnfläche, dem Kutscherhaus und diversen Strandgebäuden samt Maschinen und Kleininventar und Wäsche. Der Mietgegenstand wird hinkünftig auch „Villa B*****“ oder „Mietsache“ genannt.
2. Zustand und Nutzung der Mietsache
Die Villa B***** wird seit vielen Jahren als 4 Sterne Sommerhotel geführt und ist Mitglied der Hotelgruppe … Die Mietsache ist in gutem Zustand. Das Haus wird dem Mieter vom Vermieter und wie besehen übergeben.
Der Mieter beabsichtigt, die Mietsache als Hotel und/oder als Firmensitz zu nutzen.
3. Betriebsanlagengenehmigung und Rücktrittsrecht
Der Vermieter wird den Mieter bei der Erlangung einer Betriebsanlagengenehmigung unterstützen, insofern dies überhaupt erforderlich ist.
Sollten im Zuge der neuerlichen Bestätigung der Betriebsanlagengenehmigung Investitionen in Höhe von über Euro 50.000,-- anfallen und der Vermieter diese überschießenden Kosten nicht auf eigene Rechnung übernehmen, so hat der Mieter ein Rücktrittsrecht vom Vertrag. Dieses Rücktrittsrecht muss bis zum 15. August 2010 durch schriftliche Mitteilung ausgeübt werden.
4. Kosten der Liegenschaft, Instandhaltung und Versicherungen
Der Mieter verpflichtet sich, sämtliche Kosten der Liegenschaft zu tragen und die Villa nicht im schlechteren Zustand zu übergeben, als er sie übernommen hat. ...
5. Mietzeit
Das Mietverhältnis beginnt am 1. Januar 2011.
Der Mietvertrag läuft bis zum 31. Dezember 2020.
Falls beide Parteien dies wünschen, wird der Mietvertrag jeweils um weitere 5 oder 10 Jahre verlängert, darüber befinden die Parteien bis zum 31. Dezember 2019.
Im Jahr 2010 wird der Mieter beginnen, seine Aktivitäten in die Mietsache zu verlagern. …
6. Miete, Aufteilung der Miete auf Grund und Gebäude, Nebenkosten, Zahlungsweise
Die monatliche Miete für den Grundanteil beträgt 16.500,00 €. Für die aufstehenden Gebäude wird keine Miete angesetzt, dafür sind die laufenden Instandhaltungen und Investitionen in die Gebäudesubstanz sämtlich vom Mieter zu tragen.
Die monatliche Netto-Miete für die Mietsache beträgt demgemäß 16.500,00 €. …
7. Bauliche Änderungen
Der Mieter ist berechtigt, bauliche Veränderungen an der Mietsache auf eigene Kosten vorzunehmen. …
8. Instandhaltung und Schönheitsreparaturen
Während der Mietdauer übernimmt der Mieter die Instandhaltung und alle Schönheitsreparaturen der Mietsache auf eigene Kosten. ...
11. Rückgabe der Mietsache
Nach Beendigung des Mietverhältnisses hat der Mieter die Mietsache in nicht schlechterem Zustand zurückzugeben, als er sie erhalten hat. …“
Der Antragsteller stellte in seinem am 14. November 2013 eingebrachten Antrag das Begehren, das Gericht möge „zur Verwaltung des Besitzes 'Villa B*****' … einen gerichtlichen Verwahrer bestellen, der seine Funktion so lange auszuüben hat, bis die Antragsgegner als Eigentümer zur Übernahme der Liegenschaft bereit sind“.
Er habe am 16. Oktober 2013 berechtigterweise die Auflösung des Mietvertrags gemäß § 1117 ABGB mit Wirksamkeit zum 31. Oktober 2013 erklärt; die Eigentümerseite verweigere aber die Rücknahme des Mietobjekts mit der Begründung, die Auflösungserklärung wäre nicht wirksam. Das Hotel und die gesamte gemietete Liegenschaft seien vom Antragsteller in der Zwischenzeit zur Gänze geräumt worden. Die Antragsgegner befänden sich „daher in Annahmeverzug, zumal die Auflösungserklärung rechtswirksam erfolgt sei.“ Gläubigerverzug bilde einen wichtigen Grund, um eine Sache in gerichtliche Verwahrung zu geben. Aufgrund der Weigerung der Antragsgegner zur Übernahme des Objekts würde den Antragsteller rund sieben Jahre die Gefahr der Haftung für Schäden am Mietobjekt treffen.
Als Begründung für die vorzeitige Auflösung wird im Antrag im Einzelnen angeführt, dass der Mieter, dem anfangs die künftige Nutzung des Bestandobjekts noch unklar gewesen sei, mit der Sommersaison 2011 den Hotelbetrieb aufgenommen habe. Nach und nach habe sich herausgestellt, dass die Bausubstanz grobe Mängel aufweise, die nur mit ganz erheblichem finanziellen Aufwand zu beheben seien. Zur Erlangung der Genehmigung zur Fortführung des Hotelbetriebs hätten mehre 100.000 EUR investiert werden müssen. Um das Hotel in einen einigermaßen zeitgemäßen Standard zu versetzen, seien mehr als 1 Mio EUR erforderlich. Verhandlungen mit den Vermietern über die Übernahme oder zumindest Beteiligung an den Sanierungskosten seien gescheitert. Die Übernahme weiterer Verbesserungsarbeiten seien im Hinblick auf die zeitliche Befristung bis Ende 2020 unzumutbar, weil die anfallenden Kosten bis dahin nicht erwirtschaftet werden könnten.
Das Erstgericht wies den Antrag ab. Auch wenn grundsätzlich eine unbewegliche Sache wie etwa eine geräumte Wohnung durch Übergabe an einen vom Gericht zu bestellenden Verwahrer in gerichtliche Verwahrung genommen werden könne, scheide die hier begehrte Bestellung eines Verwahrers zur Verwaltung einer umfangreichen (sanierungsbedürftigen?) Liegenschaft schon von vornherein mangels eines tauglichen Verwahrobjekts aus. Außerdem stelle der vom Antragsteller angeführte Hinterlegungsgrund „Gläubigerverzug“ (weil die Antragsgegner die Übernahme des Objekts verweigerten) keinen tauglichen Hinterlegungsgrund dar, weil nach dem Mietvertrag der Mieter (= Hinterleger) während der Mietdauer die Instandhaltung und alle Schönheitsreparaturen der Mietsache auf eigene Kosten übernommen habe und auch die laufenden Instandhaltungen und Investitionen in die Gebäudesubstanz vom Mieter zu tragen seien.
Das Rekursgericht pflichtete der Rechtsansicht des Erstgerichts bei, dass ein Hotelbetrieb, dessen Bausubstanz nach dem Vorbringen im Antrag grobe Mängel aufweise, die einen hohen Sanierungsaufwand erforderten, kein taugliches Hinterlegungsobjekt sei. Zwar stelle die endgültige unberechtigte Annahmeverweigerung einen wichtigen Grund im Sinn des § 1425 ABGB dar und berechtige zur Hinterlegung; der Antrag zeige auch schlüssig auf, dass ein tauglicher Hinterlegungsgrund vorliege. Zweck der gerichtlichen Hinterlegung des Leistungsgegenstands sei allerdings die Schuldtilgung. Wo dieser Vorgang nicht eintreten könne, sei die gerichtliche Hinterlegung nicht anzunehmen. Vom Antragsteller sei nicht hinreichend schlüssig dargelegt worden, dass der Anspruch des Gläubigers fällig und mit der Hinterlegung die Schuldtilgung auf die bedungene Weise möglich sei.
Das Rekursgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und ließ den Revisionsrekurs mit der Begründung zu, dass die jüngere Rechtsprechung die Frage, ob unbewegliche Sachen in Verwahrung genommen werden können, offen gelassen habe und die Entscheidung 5 Ob 38/81 (SZ 56/17 = JBl 1984, 381 [ Hoyer ]) von der Lehre vielfach kritisiert worden sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers aus dem Revisionsrekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im antragsstattgebenden Sinn; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Die Antragsgegner beantragen in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.
Der Revisionsrekurs ist aus Gründen der Klarstellung zulässig; er ist auch im Sinne einer Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen berechtigt.
In seinem Rechtsmittel beruft sich der Antragsteller auf Lehrmeinungen, wonach Liegenschaften sehr wohl als taugliche Objekte einer gerichtlichen Hinterlegung zu qualifizieren seien. Der zu bestellende Verwahrer habe keine Weiterführung eines Hotelbetriebs zu gewährleisten, weil das Bestandobjekt bereits geräumt sei. Im Antrag sei schlüssig dargelegt worden, dass der Antragsteller zur sofortigen Auflösung des Mietvertrags gemäß § 1117 ABGB berechtigt gewesen sei und dass sich die Antragsgegner in Annahmeverzug befänden. Die inhaltliche Überprüfung, ob tatsächlich ein hoher Sanierungsaufwand für eine Fortsetzung des Hotelbetriebs notwendig wäre und ob die Mietvertragsklausel über die Tragung der Erhaltungskosten wirksam sei, könne nur in einem streitigen Verfahren erfolgen; letztlich könne die Berechtigung der Hinterlegung der Bestandsache durch gerichtliche Verwahrung nur in diesem streitigen Verfahren geklärt werden. Die Annahme der Hinterlegung selbst bewirke keine Änderung des materiellen Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien. Durch die Verweigerung der Rücknahme der Liegenschaft entstünde für den Mieter auf unbestimmte Zeit eine unklare Rechtslage. Gerade eine solche Sachlage erfordere die Einräumung der Möglichkeit des Mieters, sich von seiner Rückgabepflicht zu befreien.
Rechtliche Beurteilung
Dazu wurde erwogen:
1. Die „gerichtliche Hinterlegung der Schuld“ (genauer: des geschuldeten Leistungsgegenstandes) nach § 1425 Satz 1 ABGB setzt voraus, dass die Schuld nicht bezahlt werden kann, „weil der Gläubiger unbekannt, abwesend, oder mit dem Angebotenen unzufrieden ist, oder aus anderen wichtigen Gründen nicht bezahlt werden“ kann.
Wie die Überschrift vor § 1425 ABGB zeigt, liegt der Zweck der gerichtlichen Hinterlegung in der Tilgung einer Schuld. Die Hinterlegung soll dem leistungsbereiten Schuldner, der sich aus wichtigen (in der Person des Gläubigers liegenden oder „neutralen“) Gründen nicht von seiner Schuld befreien kann, als „Erfüllungssurrogat“ dienen (5 Ob 116/03z = SZ 2003/65 = RIS-Justiz RS0033636 [T6]). Sie ist daher unzulässig, wenn sie von vornherein nicht geeignet ist, die Tilgung einer Schuld herbeizuführen ( Koziol in KBB 4 § 1425 Rz 1 mwN; vgl auch Heidinger in Schwimann , ABGB 3 § 1425 Rz 2; vgl auch RIS-Justiz RS0033640).
2. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Erlag zu Gericht anzunehmen ist, hat das Gericht ‑ anhand der Behauptungen des Erlegers ‑ nur eine Schlüssigkeitsprüfung zu den Hinterlegungsvoraussetzungen vorzunehmen (RIS‑Justiz RS0033495 [T1 und T2]), insbesondere zum Hinterlegungsgrund und zum Hinterlegungszweck (8 Ob 31/11h ua). In diesem Stadium ist noch nicht zu klären, ob der Hinterlegung tatsächlich schuldbefreiende Wirkung im Verhältnis zum Gläubiger zukommt. Diese Wirkung setzt gemäß § 1425 Satz 2 ABGB voraus, dass zum Zeitpunkt der Hinterlegung tatsächlich ein gesetzlich vorgesehener Hinterlegungsgrund vorgelegen ist (RIS-Justiz RS0033636; Stabentheiner in ABGB-ON 1.03 § 1425 Rz 1, 33). Ob dies der Fall ist oder nicht, wird nicht im gerichtlichen Hinterlegungsverfahren geprüft (RIS-Justiz RS0033489, RS0033495).
3. Nach dem Wortlaut des Antragsvorbringens („Die Eigentümerseite verweigert die Rücknahme des Mietobjekts mit der Begründung, diese Auflösungserklärung wäre nicht wirksam.“) sieht sich der Antragsteller in der Gläubigerposition in Bezug auf den Anspruch auf Rücknahme des Bestandobjekts. Das weitere Vorbringen zum Gläubigerverzug der Antragsgegner („Das Hotel und die gesamte gemietete Liegenschaft wurden von mir inzwischen zur Gänze geräumt. Die Antragsgegnerseite befindet sich daher in Annahmeverzug, zumal die Auflösungserklärung rechtswirksam erfolgte.“) erhellt aber, dass der Erleger eine Rückgabeverpflichtung erfüllen will und daher ‑ nach seinem Antragsvorbringen ‑ als Schuldner zu qualifizieren ist.
4. Als Erlagsgrund hat der Antragsteller in seinem Antrag Gläubigerverzug als wichtigen Grund im Sinne des § 1425 ABGB genannt; aufgrund der Weigerung der Antragsgegner zur Übernahme des Objekts würde ihn rund sieben Jahre die Gefahr der Haftung für Schäden am Mietobjekt treffen. Im Rechtsmittel wird nun (auch) die dadurch entstehende unklare Rechtslage ins Spiel gebracht.
4.1. Während im ‑ hier vorliegenden ‑ zweiper-sonalen Verhältnis eine unklare Sach- und/oder Rechtslage für sich allein regelmäßig nicht zur Hinterlegung nach § 1425 ABGB berechtigt, weil dadurch die Streitaustragung zwischen Schuldner und Gläubiger nicht vermieden wird und vor der Klärung des Streits keine Tilgung der Schuld herbeigeführt werden kann (10 Ob 95/05a mwN; Reischauer in Rummel 3 § 1425 Rz 5e; Stabentheiner in ABGB-ON 1.03 § 1425 Rz 18), ist im Fall einer endgültigen Annahmeverweigerung durch den Gläubiger auch im zweipersonalen Verhältnis die Hinterlegung wegen „Unzufriedenheit“ zulässig (vgl Reischauer in Rummel 3 § 1425 Rz 1b), worunter ‑ in einem Größenschluss ‑ auch der Annahmeverzug subsumiert wird (RIS-Justiz RS0033312 [T2]; Stabentheiner in ABGB-ON 1.03 § 1425 Rz 11).
4.2. Im vorliegenden Fall steht ‑ nach den allein zu prüfenden Antragsbehauptungen ‑ die Zurückweisung der angebotenen Leistung durch den Gläubiger, der durch die zu Unrecht erfolgte Zurückweisung in Gläubigerverzug geraten sei, im Raum.
4.2.1. Seitens der Antragsgegner blieb unbestritten, dass sie die vorzeitige Vertragsauflösung durch den Antragsteller und die Rückstellung des Bestandobjekts durch ihn ablehnen. Wie dem Schreiben des Rechtsvertreters der Antragsgegner vom 24. Oktober 2013 zu entnehmen ist, wird die Auflösungserklärung des Antragstellers zurückgewiesen und das Objekt „nicht übernommen“ (Blg ./G). Somit sind die Antragsgegner auch nicht zur Rücknahme des Bestandobjekts bereit und nehmen ‑ nach dem Antragsvorbringen ‑ auch keine Annahmehandlungen vor.
4.2.2. Den Bestandgeber treffen bei der Rückstellung gewisse Mitwirkungsverpflichtungen, um die Rückstellung zu effektuieren (vgl Würth in Rummel 3 §§ 1109, 1110 Rz 4).
4.2.3. Davon ausgehend ist im Rahmen der Schlüssigkeitsprüfung ausreichend dokumentiert, dass die Antragsgegner in Annahmeverzug geraten sind, weil sie (als Gläubiger) nach Auflösung des Bestandvertrags zu setzende Annahmehandlungen unterlassen. Angesichts der generellen Weigerung ist es nicht erforderlich, dass solche Handlungen vom Antragsteller im Einzelnen spezifiziert werden.
4.3. Gegen einen Annahmeverzug spricht auch nicht der Umstand, dass im Bestandrecht ‑ anders als im Arbeitsrecht, in dem auf der Grundlage des „Schadenersatzprinzips“ vertreten wird, dass auch eine ohne Vorhandensein eines wichtigen Grundes ausgesprochene vorzeitige Auflösung das Arbeitsverhältnis auflöst (RIS-Justiz RS0029163, RS0031773; zum Verwaltungsvertrag nach dem WEG 5 Ob 98/12s = immolex 2013/47, 151 [ Neugebauer‑Herl ] und 5 Ob 110/12f) ‑ gilt, dass eine zeitwidrige Auflösungserklärung das Bestandverhältnis nur auflöst, wenn zum Zeitpunkt der Auflösungserklärung ein wichtiger Grund vorhanden war; andernfalls bleibt das Bestandverhältnis aufrecht (anstatt vieler 7 Ob 585/86 = SZ 59/127; 3 Ob 28/99k = SZ 72/108; Binder in Schwimann 3 § 1118 Rz 54):
Dient doch das Hinterlegungsverfahren nicht der Klärung, ob im Zusammenhang mit den Investitionsnotwendigkeiten ein solcher wichtiger, die Auflösung des Bestandverhältnisses rechtfertigender Grund vorliegt oder nicht. Der Antragsteller hat (nur) schlüssig das Vorliegen eines wichtigen Grundes zu behaupten, was auch geschehen ist.
5. Damit ist die Frage zu beantworten, ob die (unbewegliche) Bestandsache ein taugliches Objekt des Erlags darstellt.
5.1. Die Rechtsprechung lehnte die Möglichkeit der Hinterlegung einer Liegenschaft ‑ durch gerichtliche Bestellung eines Verwahrers ‑ bisher tendenziell ab (ablehnend 5 Ob 38/81 = SZ 56/17 = JBl 1984, 380 [ Hoyer ]; offenlassend 7 Ob 50/00d und 6 Ob 269/07p). Jedenfalls sieht die Rechtsprechung keine Notwendigkeit der nur subsidiär zulässigen Hinterlegung einer Liegenschaft, wenn der Verkäufer eine Eigentumsübertragung bewirken kann, indem er den Käufer auf Ausstellung einer entsprechenden Urkunde klagt (6 Ob 269/07p; in diesem Sinn auch Hoyer in seiner Glosse zu 5 Ob 38/81, JBl 1984, 381).
5.2. Ein solcher Fall ist aber hier nicht zu beurteilen; hier geht es um die Möglichkeit des rückgabewilligen Bestandnehmers, die Hotelliegenschaft durch Übergabe an den Bestandgeber „real loszuwerden“.
Mit dieser Konstellation, die in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung bisher nicht behandelt wurde, hat sich Rabl (Hinterlegung, Selbsthilfeverkauf und Preisgabe ‑ Rechtsbehelfe im Annahmeverzug des Gläubigers, ÖJZ 1998, 688 [689 f]) ausführlich auseinandergesetzt. Er betont das Interesse des Verkäufers am „realen Loswerden“ einer unbeweglichen Sache, um nicht weiter mit der Obhut belastet zu sein; aus diesem Grund ermögliche § 1425 ABGB bei Liegenschaften die Verwahrung durch einen gerichtlich bestellten Verwahrer.
Die Kommentarliteratur folgt überwiegend diesem Standpunkt ( Reischauer in Rummel 3 § 1425 Rz 32; Heidinger in Schwimann 3 § 1425 Rz 6; für Hinterlegungsmöglichkeit in einem Fall wie dem vorliegenden auch Stabentheiner in ABGB-ON 1.03 § 1425 Rz 4).
5.3. Der Oberste Gerichtshof schließt sich dieser Ansicht an: Im Fall der ausschließlich geschuldeten Übertragung des Besitzes besteht jedenfalls dann, wenn die Mitwirkung des Gläubigers bei der Rückstellung bzw Rücknahme erforderlich ist und der Schuldner, der bis zur tatsächlichen Rückstellung der Sache noch zur Aufsicht darüber verpflichtet ist, seine Verpflichtung infolge Annahmeverweigerung durch den Gläubiger nicht erfüllen kann, ein Rechtsschutzbedürfnis des Schuldners, die Sache gerichtlich zu hinterlegen.
6. Die Hinterlegung ist daher anzunehmen.
Da eine Liegenschaft nicht zur Hinterlegung bei Gericht geeignet ist, wird die Bestandsache im weiteren Verfahren gemäß § 1425 ABGB an einen vom Gericht zu bestellenden Verwahrer zu übergeben sein ( Stabentheiner in ABGB-ON 1.03 § 1425 Rz 4). Die in diesem Zusammenhang erforderlichen Schritte hat das Erstgericht zu setzen.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 AußStrG. Der Antragsteller hat mit dem Revisionsrekurs ein Kostenverzeichnis über Rekurs- und Revisionsrekurskosten gelegt. Kostenersatz von den Antragsgegnern steht ihm allerdings nicht zu.
Das Erlagsverfahren nach § 1425 ABGB ist ein außerstreitiges Verfahren (RIS-Justiz RS0033469). Ob im außerstreitigen Verfahren Kostenersatz gebührt, hängt im Wesentlichen davon ab, ob eine „kontradiktorische Situation“ im Sinn des § 78 Abs 2 Satz 1 AußStrG vorlag. Eine solche ist im Erlagsverfahren ‑ in dem sich allenfalls Prätendenten gegenüberstehen, nicht jedoch diese und der Erleger ‑ in der Regel zu verneinen ( Obermaier , Kostenhandbuch 2 Rz 788). Im vorliegenden Fall stand dem Erleger zwar eine Personenmehrheit gegenüber, allerdings nicht in der Form mehrerer Prätendenten, sondern im Hinblick auf das Miteigentum der drei Erlagsgegner an den Hotelliegenschaften. Diese Personenmehrheit ist wie ein einzelner Erlagsgegner zu behandeln.
Ein einzelner (einziger) Erlagsgegner ist aber grundsätzlich nicht Partei des Hinterlegungsverfahrens, weil die gerichtliche Entscheidung über die Genehmigung der Hinterlegung die materiell‑rechtliche Position des Gläubigers nicht berührt (1 Ob 178/11z mwN; RIS-Justiz RS0006734; Reischauer , Einige Gedanken zur Hinterlegung nach § 1425 ABGB, ÖJZ 2001, 453 [454]; P. Sailer , Das Erlagsrecht ‑ eine Unbekannte? Zak 2011, 403 [404]; Stabentheiner in ABGB-ON 1.03 § 1425 Rz 27). Der Umstand, dass die Vorinstanzen die Erlagsgegner in das Rechtsmittelverfahren einbezogen haben, führte daher nicht dazu, dass damit für den Erleger eine kontradiktorische Situation entstanden wäre, die ihm einen Kostenersatzanspruch verschafft.
Aus diesen Gründen ist ein Kostenersatzanspruch des Erlegers zu verneinen.
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