OGH 3Ob294/99b

OGH3Ob294/99b22.12.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Angst als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Marianne K*****, vertreten durch Dr. Alois Nussbaumer ua Rechtsanwälte in Vöcklabruck, gegen die beklagte Partei Rudolf K*****, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer und Dr.Siegfried Sieghartsleitner, Rechtsanwälte in Wels, wegen Feststellung der Unterhaltspflicht, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 30. Juni 1999, GZ 21 R 231/99s-11, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Schwanenstadt vom 19. April 1999, GZ 4 C 345/98m-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Klagebegehren, es werde festgestellt, dass der klagenden Partei gemäß § 69 Abs 2 EheG ein Anspruch auf Zahlung eines monatlichen Unterhalts durch die beklagte Partei in Höhe von S 4.270 zustehe, abgewiesen wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei deren Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen, und zwar für das Verfahren erster Instanz S 9.639,84 (darin enthalten S 1,606,64 Umsatzsteuer), für das Berufungsverfahren S 14.173,76 (darin enthalten S 5.300 Barauslagen und S 1.448,96 Umsatzsteuer) und für das Revisionsverfahren S 12.706,40 (darin enthalten S 6.620 Barauslagen und S 1.014,40 Umsatzsteuer).

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Urteil des Berufungsgerichtes wurde über Berufung des Mannes gegen das klagsabweisende Urteil des Erstgerichtes seinem Eventualbegehren auf Scheidung der zwischen den Streitteilen am 4. 7. 1959 geschlossenen Ehe gemäß § 55 Abs 1 EheG stattgegeben. Auf Antrag der Beklagten wurde ausgesprochen, dass das Verschulden an der Zerrüttung der Ehe den Mann treffe. Das Urteil wurde den Parteienvertretern am 9. bzw 10. 11. 1998 zugestellt.

Am 23. 11. 1998 richtete der Vertreter der nunmehrigen Klägerin an den damaligen Rechtsvertreter des nunmehrigen Beklagten ein Schreiben, in dem ausgeführt wird, dass der Beklagte der Klägerin auf Grund einer zwischen den Streitteilen getroffenen mündlichen Vereinbarung einen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 4.270 leiste. Der Vertreter der nunmehrigen Klägerin schlage zur Absicherung eines allfälligen Pensionsanspruches nach § 258 ASVG die Schaffung eines Unterhaltstitels in Form eines prätorischen Vergleiches vor dem Erstgericht vor. Er ersuche um umgehende Rückäußerung, da er sonst die Unterhaltsklage erheben müsste.

In seinem Antwortschreiben vom 24. 11. 1998 bezeichnete der damalige Rechtsvertreter des Beklagten den prätorischen Vergleich als sicherlich zweckmäßig, da ansonsten der Nachweis der geleisteten Unterhaltszahlungen gegenüber der Pensionsversicherung zumeist mühselig sei. Er würde seinem Mandanten auch zum Abschluss eines derartigen Vergleiches raten, zuvor müsste aber die Frage der Kosten des Vergleiches abgeklärt werden. Er glaube nicht, dass sein Mandant bereit sei, die anfallende Pauschalgebühr zur Gänze und auch die Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung der Klägerin zu übernehmen. Nachdem dieser den vereinbarten Unterhalt ohnehin pünktlich leiste, scheine ihm allerdings auch eine Unterhaltsklage nicht gerechtfertigt.

Mit Schreiben vom 2. 12. 1998 teilte der Vertreter des nunmehrigen Beklagten dem Vertreter der Klägerin unter anderem mit:

"Es ist richtig, dass Ihre Mandantin mit meinem Mandanten eine mündliche Unterhaltsvereinbarung in der Form getroffen hat, dass [der Beklagte] seiner geschiedenen Gattin einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von S 4.270 bezahlt. Der Betrag wurde und wird auch künftig pünktlich geleistet werden.

[Der Beklagte] ist aber nicht bereit, eine Unterschrift zu leisten oder einen gerichtlichen Vergleich abzuschließen, solange er nicht zu seinem Recht kommt. Darunter versteht er, dass im Urteil ausgesprochen worden ist, er sei an der Zerrüttung bzw Auflösung der ehelichen Gemeinschaft schuldtragend."

Unstrittig ist, dass der Beklagte bereits vor der Ehescheidung der Klägerin einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von S 4.270 (40 % des Familieneinkommens abzüglich Eigeneinkommen der Klägerin) geleistet hat. Eine schriftliche Vereinbarung darüber ist aber nie abgeschlossen worden.

Eine außerordentliche Revision gegen das Scheidungsurteil wurde von keiner der Parteien erhoben.

Mit ihrer am 14. 12. 1998 eingebrachten Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass ihr gemäß § 69 Abs 2 EheG ein Anspruch auf Zahlung eines monatlichen Unterhalts durch den Beklagten in Höhe von S 4.270 zustehe.

Dazu brachte die Klägerin im Wesentlichen vor, dass zwar der Beklagte vor der Ehescheidung den genannten Betrag geleistet habe, eine schriftliche Vereinbarung aber nicht abgeschlossen worden sei. Der Beklagte anerkenne nun nach Ehescheidung zwar, dass eine mündliche Unterhaltsvereinbarung getroffen worden sei, die Aufforderung der Klägerin zum Abschluss eines gerichtlichen Vergleiches darüber lehne er aber kategorisch ab. Das rechtliche Interesse an der gerichtlichen Feststellung des Unterhaltsanspruches ergebe sich schon allein aus der Bestimmung des § 258 Abs 4 ASVG, ungeachtet dessen, dass der Beklagte bisher mit den Unterhaltszahlungen nicht in Rückstand geraten sei. Sie benötige nämlich zur Sicherung ihrer Pensionsansprüche einen Exekutionstitel und dieser öffentlich-rechtliche Gesichtspunkt rechtfertige für sich allein ihr Begehren auf Schaffung eines gerichtlich vollstreckbaren Titels für die in Zukunft fällig werdenden Unterhaltsbeträge. Der Beklagte habe ihr gegenüber noch während des aufrechten Bestandes der Ehe erklärt, er hätte für sie den Betrag errechnet und würde ihr diesen zahlen. Er habe dies einseitig bestimmt und insbesondere auch keine Erklärung dahin abgegeben, wielange er von sich aus diesen Betrag zahlen werde. Weiters habe er ihr gegenüber erklärt, sie müsse ihn um Unterhalt bitten.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wandte ein, dass er den von ihm ermitteten Unterhaltsbetrag von S 4.270, den er bereits seit über einem Jahr regelmäßig leiste, auch in Zukunft zahlen werde, wenn sich die Verhältnisse nicht ändern sollten. Auf dieser Basis sei zwischen ihm und der Klägerin eine vertragliche Verpflichtung getroffen und diese auch schriftlich bestätigt worden. Die Voraussetzungen des § 258 Abs 4 ASVG seien daher erfüllt, die Schaffung eines Exekutionstitels nicht erforderlich. Das Feststellungsinteresse der Klägerin sei daher nicht gegeben. Nach der genannten Bestimmung reiche auch eine mündliche Vereinbarung aus.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Es stellte neben den Daten der Ehescheidung und dem unstrittigen Umstand, dass der Beklagte der Klägerin bereits vor der Ehescheidung den Betrag von S 4.270 monatlich geleistet hat, nur fest, dass eine schriftliche Vereinbarung darüber nie abgeschlossen wurde und der Beklagte nach der Ehescheidung zwar anerkennt, dass "eine mündliche Unterhaltsvereinbarung" in der Form getroffen wurde, dass er seiner geschiedenen Gattin einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von S 4.270 bezahlt; dass er aber die Aufforderung der Klägerin zum Abschluss eines gerichtlichen (prätorischen) Vergleiches darüber sowohl bei mündlicher als auch bei schriftlicher Forderung kategorisch ablehnte.

In rechtlicher Hinsicht verwies das Erstgericht auf die herrschende Rechtsprechung, wonach ein Unterhaltspflichtiger, nach welchem eine unterhaltsberechtigte frühere Ehefrau einen öffentlich-rechtlichen Versorgungsanspruch im Sinne des § 258 Abs 4 ASVG geltend machen könne, die Verpflichtung habe, die gesetzlichen Voraussetzungen für einen solchen Versorgungsanspruch zu schaffen, soweit ihm dies möglich und zumutbar sei. Der Beklagte hätte der Klägerin den Abschluss eines gerichtlichen Vergleiches über seine Unterhaltsverpflichtung anzubieten gehabt, um seiner Verurteilung zu einer Leistung zu entgehen. Ein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin an der Verurteilung des Beklagten zu den künftig fällig werdenden Unterhaltsleistungen sei daher anzuerkennen, auch wenn der Beklagte mit den Zahlungen nicht in Rückstand geraten sei (EFSlg 39.174, 39.195, 48.850, 60.296 uva).

Der gegen dieses Urteil gerichteten Berufung des Beklagten gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil nicht Folge. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 52.000, nicht aber S 260.000 übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Das Berufungsgericht traf über den vom Erstgericht als erwiesen angenommenen Sachverhalt noch die eingangs wiedergegebenen Feststellungen.

Bei Beurteilung der allein vom Beklagten erhobenen Rechtsrüge ging das Berufungsgericht davon aus, dass bei einem Verschuldensausspruch nach § 61 Abs 3 EheG in einem Scheidungsurteil nach § 55 EheG eine getroffene außergerichtliche Unterhaltsvereinbarung grundsätzlich aufrecht bleibe. Eine solche erfülle daher auch die Voraussetzungen des § 258 Abs 4 lit c ASVG, wenn sie nicht nach dem erklärten Willen der Partner nur für die Dauer der Ehe getroffen worden sei.

Gemäß § 258 Abs 4 ASVG (idF BGBl 1993/335) gebühre die Witwenpension unter anderem der Frau, deren Ehe mit dem Versicherten geschieden worden ist, wenn ihr der Versicherte zur Zeit seines Todes Unterhalt (einen Unterhaltsbeitrag) zu leisten hatte bzw Unterhalt geleistet hat, und zwar auf Grund eines gerichtlichen Urteils (lit a), auf Grund eines gerichtlichen Vergleiches (lit b), auf Grund einer vor Auflösung der Ehe eingegangenen vertraglichen Verpflichtung (lit c) oder regelmäßig zur Deckung des Unterhaltsbedarfs ab einem Zeitpunkt nach der Rechtskraft der Scheidung bis zu seinem Tod, mindestens während der Dauer des letzten Jahres vor seinem Tod, wenn die Ehe mindestens 10 Jahre gedauert hat (lit d). Ein gerichtliches Urteil im Sinne der lit a müsse über die Unterhaltspflicht an sich absprechen und eine bestimmte oder zumindest ohne weiteren Verfahrensaufwand bestimmbare Unterhaltspflicht des Versicherten festlegen, weshalb in der Regel ein gerichtliches Leistungsurteil diesen Anforderungen entsprechen werde. Allerdings genüge hiefür auch ein Feststellungsurteil, wenn durch dieses nicht nur die Unterhaltspflicht des Versicherten dem Grunde nach feststehe, sondern auch die monatliche Anspruchshöhe ausreichend konkretisiert sei (10 ObS 45/99m [= ARD 5066/10/99]), weshalb das von der Klägerin begehrte Feststellungsurteil den inhaltlichen Anforderungen entspreche.

Der vertragliche Anspruch im Sinne des § 258 Abs 4 lit c ASVG setze nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass die Unterhaltsverpflichtung des Versicherten im Zeitpunkt seines Todes nicht nur dem Grunde nach feststehe, sondern aus der vertraglichen Verpflichtung auch die (monatliche) Anspruchshöhe bestimmt oder zumindest ohne weiteren Verfahrensaufwand bestimmbar sei (vgl SZ 67/75; SZ 69/121; 10 ObS 259/98f ua). Eine tatsächliche Unterhaltsgewährung bloß nach der Ehescheidung ohne vorherige Vereinbarung bzw ein vor Auflösung der Ehe gegebenes Anerkenntnis dem Grunde nach gekoppelt mit einer tatsächlichen Unterhaltsleistung nach Auflösung der Ehe genüge somit nicht (vlg SZ 69/121 mwN). Die vertragliche Verpflichtung zur Zahlung von Unterhalt im Sinne des § 258 Abs 4 lit c ASVG sei ein zweiseitiges Rechtsgeschäft, für das die Einigung der Vertragsteile über die Leistung wesentlich sei. Da im bürgerlichen Recht besondere Formvorschriften für Unterhaltsvereinbarungen von Ehegatten nicht bestünden, sei gemäß § 883 ABGB auch eine bloß mündlich zustande gekommene Vereinbarung für den wirksamen Vertragsabschluss ausreichend. Unter Umständen genüge auch eine schlüssige Vereinbarung (SZ 69/121 mwN; RIS-Justiz RS0085227).

Daraus folge aber nicht, dass bereits bei Vorliegen einer mündlichen oder schlüssigen Unterhaltsvereinbarung während aufrechten Bestandes der Ehe für die Zeit nach der Scheidung dem unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten das Rechtsschutzbedürfnis bzw das Interesse an der gerichtlichen Feststellung der Unterhaltspflicht in Höhe des vereinbarten Unterhaltes abzusprechen wäre, weil in solchen Fällen der Nachweis der abgeschlossenen Unterhaltsvereinbarung nach dem Tod des Unterhaltspflichtigen grundsätzlich nur mit größeren Schwierigkeiten erbracht werden könne und es auch im Hinblick auf die dargelegte, eher restriktive Judikatur des Obersten Gerichtshofes, wonach eine tatsächliche Unterhaltsgewährung bloß nach der Ehescheidung ohne vorherige (nachgewiesene) Vereinbarung nicht ausreiche, gerechtfertigt erscheine, diesbezüglich an das Rechtsschutzbedürfnis des unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten einen großzügigeren Maßstab anzulegen. Schließlich könne von der Nachweisbarkeit einer solchen Unterhaltsvereinbarung gegenüber der Pensionsversicherung bzw in einem allfälligen sozialgerichtlichen Verfahren geradezu die wirtschaftliche Existenz des Unterhaltsberechtigten betroffen sein. So werde auch in der Rechtsprechung einhellig die Auffassung vertreten, dass der Unterhaltspflichtige, nach welchem seine frühere Ehefrau einen öffentlich-rechtlichen Versorgungsanspruch geltend machen könnte (zB nach § 258 Abs 4 ASVG), die Verpflichtung habe, die gesetzlichen Voraussetzungen für einen solchen Anspruch zu schaffen (SZ 54/6 [= auch EFSlg 39.195]; 3 Ob 555/82; EvBl 1985/33; vgl auch LGZ Wien in EFSlg 39.174, 39.195, 48.850, 52.186, 60.296).

Im vorliegenden Fall sei nach den Angaben beider Parteien zwischen ihnen während aufrechten Bestandes der Ehe keine ausdrückliche Vereinbarung über die monatliche Unterhaltsleistung des Beklagten von S 4.270 monatlich getroffen worden. Dieser Unterhaltsbetrag sei vom Kläger unter Berücksichtigung der beiderseitigen Pensionseinkünfte errechnet und sodann tatsächlich erbracht und von der Klägerin auch angenommen worden, weshalb lediglich eine konkludente Vereinbarung (§ 863 ABGB) angenommen werden könne. Die Erklärung des früheren Rechtsvertreters des Beklagten im Schreiben an den Vertreter der Klägerin vom 2. 12. 1998 sei nicht als Abschluss einer neuen Unterhaltsvereinbarung zu werten, sondern lediglich eine Beweisurkunde für den Abschluss der seinerzeitigen Unterhaltsvereinbarung.

Ganz allgemein bedürfe die Feststellungsklage eines konkreten, aktuellen Anlasses, der zur Hintanhaltung einer nicht bloß vermeintlichen, sondern tatsächlichen und ernstlichen Gefährdung der Rechtslage des Klägers eine ehebaldige gerichtliche Entscheidung notwendig mache (RIS-Justiz RS0039215). Zweck der Feststellungsklage sei es, die Rechtslage dort zu klären, wo ein von der Rechtsordnung anerkanntes Bedürfnis zur Klärung strittiger Rechtsbeziehungen bestehe, sei es, um weitere Streitigkeiten zu vermeiden, sei es, um eine brauchbare Grundlage für weitere Entscheidungen zu treffen. In diesem Sinne könne auch bei einem unbestrittenen Rechtsverhältnis zu seiner näheren Aufklärung die Feststellung der sich daraus ergebenden einzelnen Rechte, Befugnisse und Verbindlichkeiten begehrt werden (2 Ob 524/93 mwN). Schließlich entspreche es auch der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes in Haftpflichtprozessen, dass die bloße Möglichkeit künftiger Unfallsschäden die Erhebung einer Feststellungsklage rechtfertige und diese nicht nur dem Ausschluss der Gefahr der Verjährung, sondern auch der Vermeidung späterer Beweisschwierigkeiten zur Klarstellung der Haftungsfrage dem Grunde und dem Umfang nach diene (RIS-Justiz RS0038976). Größere Beweisschwierigkeiten lägen aber auf der Hand, wenn eine unterhaltsberechtigte geschiedene Ehefrau gestützt auf eine bloß mündlich oder schlüssig getroffene Unterhaltsvereinbarung einen Anspruch auf Witwenpension geltend machen wolle. Da in einem solchen Fall ein schützenswertes Interesse des unterhaltspflichtigen früheren Ehemannes, der tatsächlich Unterhaltszahlungen in der vereinbarten Höhe erbringe, an der Verweigerung des Abschlusses eines gerichtlichen Vergleiches über seine Unterhaltspflicht nicht zu erkennen sei, erscheine es dem Beklagten in jeder Hinsicht zumutbar, die pensionsrechtliche Absicherung der Klägerin (Anspruch der Witwenpension) im Falle seines Todes nachhaltig zu schaffen und die Klägerin nicht darauf zu verweisen, nach seinem Tod gegenüber der Pensionsversicherung den Nachweis einer vor Scheidung getroffenen außergerichtlichen Unterhaltsvereinbarung mit ihm erbringen zu müssen.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage des auf § 258 Abs 4 ASVG gestützten Rechtsschutzbedürfnisses für eine Klage der unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegattin auf Feststellung der Unterhaltspflicht, wenn zwischen den Parteien eine mündliche oder konkludente Unterhaltsvereinbarung noch während aufrechten Bestandes der Ehe, welche auch für die Zeit nach der Scheidung weiter wirke, getroffen wurde, keine höchstgerichtliche Judikatur existiere und diese Frage über den Einzelfall hinaus von Bedeutung sei.

Dieses Urteil bekämpft der Beklagte mit seiner Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung; er begehrt darin die Abänderung der Urteile der Vorinstanzen dahin, dass das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde. Hilfsweise stellt er auch einen Aufhebungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Zutreffend weist der Revisionswerber darauf hin, dass nach § 250 Abs 4 lit c ASVG kein Formerfordernis besteht, insbesondere auch nicht Schriftlichkeit. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall von den zu SZ 54/6 und EvBl 1985/33, 152 entschiedenen Fällen, in denen nach den maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen jeweils Schriftlichkeit verlangt war. Lediglich die (insoweit in EFSlg 40.050 nicht veröffentlichte) Entscheidung 3 Ob 555/82 betraf ebenfalls eine Norm, nach der wie nach § 258 Abs 4 ASVG Schriftlichkeit einer Unterhaltsvereinbarung nicht Voraussetzung für die Gewährung einer Hinterbliebenenpension war. In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Verfahren hatte das Berufungsgericht (wie in den vorgenannten Entscheidungen) ausgesprochen, dass den Beklagten die Verpflichtung treffe, die gesetzlichen Voraussetzungen für einen derartigen Versorgungsanspruch zu schaffen. Dies wurde in der Revision nicht mehr bestritten, die Frage, ob diese Vorausetzungen nicht auch in anderer Form als durch ein Gerichtsurteil geschaffen werden könnte, wurde nicht behandelt.

Ebenfalls zutreffend verweist der Beklagte darauf, dass die seinerzeitigen Rechtsvertreter der Parteien nach Zustellung des Scheidungsurteils wechselseitig das Zustandekommen einer mündlichen Vereinbarung im Sinne des nunmehrigen Feststellungsbegehrens bestätigt haben. Hievon ist auszugehen, weil sich die Parteien die Erklärungen ihrer Vertreter zurechnen lassen müssen. Eine derartige mündliche Vereinbarung genügt aber nach der Rechtsprechung, die vom Berufungsgericht richtig zitiert wurde, bereits für die Gewährung einer Witwenpension nach § 258 Abs 4 lit c ASVG. Mit Recht weist der Revisionswerber darauf hin, dass im Hinblick auf das Vorliegen der übereinstimmenden Bestätigung einer mündlichen Vereinbarung Beweisschwierigkeiten der Klägerin bei der Geltendmachung ihres Pensionsanspruches nicht zu befürchten sind. Dadurch, dass nunmehr die Klägerin das Vorliegen einer derartigen mündlichen Vereinbarung bestreitet, kann sie das nach § 228 ZPO erforderliche besondere Feststellungsinteresse nicht begründen. Ob der Beklagte entsprechend der Entscheidung 3 Ob 555/82 mit Leistungsurteil verurteilt hätte werden können, auch wenn er seiner Unterhaltspflicht bisher pünktlich nachgekommen ist, braucht nicht weiter geprüft zu werden, wurde doch nach der unmissverständlichen Formulierung der Klage im Zusammenhang mit der ausdrücklichen Bewertung des Feststellungsinteresses (das unter dem sich nach § 58 Abs 1 JN ergebenden liegt) ohne Zweifel eine Feststellungsklage erhoben.

Demnach war der Revision Folge zu geben und in Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen das Klagebegehren abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 ZPO, im Rechtsmittelverfahren auch auf § 50 ZPO.

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