European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0030OB00155.22Y.1117.000
Spruch:
Der Revision der klagenden Partei wird Folge, der Revision der beklagten Partei hingegen nicht Folge gegeben und das der Klage zur Gänze stattgebende Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 3.051,12 EUR (darin 508,52 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 3.955,10 EUR (darin 1.526 EUR Pauschalgebühr und 404,85 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
[1] Der Kläger ist ein klageberechtigter Verband nach § 29 KSchG. Die Beklagte betreibt unter der Bezeichnung „C*“ zwei Fitnessstudios in W* und je eines in M* und K*. Sie schließt als Unternehmerin regelmäßig mit Verbrauchern (auch im Weg des Fernabsatzes) Mitgliedsverträge ab. Diesen Vertragsabschlüssen legt sie das Vertragsformblatt „Mitgliedschaftsvereinbarung“ und die auf dessen Rückseite abgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen zugrunde.
[2] Der Kläger begehrte von der Beklagten, es im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu unterlassen, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern vier im folgenden näher bezeichnete Klauseln sowie auch sinngleiche Klauseln zu verwenden oder sich auf sie zu berufen, sowie die Veröffentlichung des klagestattgebenden Urteils in einer regionalen Samstagsausgabe der „Kronen-Zeitung“ für die Bundesländer Wien, Niederösterreich, Burgenland und Steiermark.
[3] Die Beklagte trat dem Klagebegehren entgegen.
[4] Das Erstgericht gab der Klage zur Gänze statt. Es stellte – soweit für das Verständnis des Revisionsurteils von Bedeutung – folgenden Sachverhalt fest, wobei die beanstandeten Klauseln hier unterstrichen sind:
[5] Zum Vertragsabschluss mit der Beklagten füllt der Kunde eine Mitgliedschaftsvereinbarung aus. Er kann dabei zwischen drei Modellen der Mitgliedschaft wählen. Neben der „Basic Mitgliedschaft“ für ursprünglich 39,90 EUR (inklusive Getränkebar und „Cross Check In“) gibt es die „All In Mitgliedschaft“ für ursprünglich 49,90 EUR (inklusive Getränkebar, Solarium, Massageliege, „Cross Check In“) und die „Ultra All In Mitgliedschaft“ für ursprünglich 59,90 EUR (inklusive Getränkebar, Solarium, Massageliege, jeden Tag einen Shake und eine Kaffeespezialität, „PREMIUM Cross Check In“). Die Mitgliedschaft kann nicht nur vor Ort im Studio, sondern auch online geschlossen werden. Zumindest für das Studio in *, werden die Mitgliedschaften mittlerweile um 29,90 EUR („Basic“), 39,90 EUR („All In“) und 49,90 EUR („Ultra All In“) angeboten.
[6] Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten lauteten mit Stand 04/2018 auszugsweise wie folgt:
„2.4. Hausordnung
Mit Abschluss der Mitgliedschaftsvereinbarung verpflichtet sich das Mitglied die Hausordnung des jeweiligen Studios gemäß Aushang einzuhalten.
[...]
6. KÜNDIGUNG UND RUHENDSTELLUNG DER MITGLIEDSCHAFT
6.1. Kündigung des Vertrages
Die Mitgliedschaftsvereinbarung kann sowohl vom Mitglied wie auch von dem Anbieter jeweils unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zu jedem Monatsletzten schriftlich gekündigt werden. Für die ersten zwölf Monate ab Beginn des Vertragsverhältnisses verzichtet das Mitglied auf das Recht zur ordentlichen Kündigung der Mitgliedschaftsvereinbarung (Mindestvertragsdauer). Das Recht auf Kündigung der Mitgliedschaftsvereinbarung aus wichtigem Grund bleibt davon unberührt.
6.2. Ruhendstellung der Mitgliedschaft
Im Fall einer ärztlich bestätigten Krankheit bzw Verletzung, die eine Dauer von vier Wochen überschreitet, oder einer Schwangerschaft oder ähnlichen schwerwiegenden Gründen kann im Einvernehmen zwischen dem Mitglied und dem Anbieter für einen im Voraus definierten Zeitraum die Mitgliedschaft einmalig ruhend gestellt werden. Für die Dauer der Ruhendstellung ist das Mitglied von der Zahlung des Mitgliedsbeitrages befreit. Für den Fall, dass die Ruhendstellung innerhalb der ersten zwölf Monate ab Vertragsschluss erfolgt, verlängert sich die Mindestvertragslaufzeit gemäß Punkt 6.1. um die Dauer der vereinbarten Ruhendstellung.
6.3. Kündigung aus wichtigem Grund
Die Mitgliedschaftsvereinbarung kann sowohl vom Mitglied als auch vom Anbieter aus wichtigem Grund jederzeit schriftlich mit sofortiger Wirkung gekündigt werden. Als wichtige Gründe gelten für den Anbieter insbesondere: • Der Verzug der Bezahlung der Mitgliedsbeiträge durch das Mitglied trotz erfolgter Mahnung und Setzung einer Nachfrist von 60 Tagen; • Der Verstoß gegen die Punkte der Hausordnung durch das Mitglied; • Der Verstoß gegen das Verbot/die Verbote gemäß Punkt 7.1. dieser AGB; • die zerstörerische Handhabung der zur Verfügung gestellten Geräte, Einrichtungsgegenstände und baulichen Einheiten durch das Mitglied; • Beleidigendes, anstößiges oder unsittliches Verhalten durch das Mitglied gegenüber anderen Mitgliedern oder gegenüber Mitarbeiten des Anbieters; • Handlungen und Äußerungen eines Mitgliedes, die für den Anbieter geschäftsschädigend sind; • Handlungen eines Mitgliedes, welche darauf abzielen, den Kundenstock des Anbieters zu reduzieren (Abwerbung).
6.4. Kündigung bei Umzug
Wenn das Mitglied seinen Hauptwohnsitz in eine andere Gemeinde/Stadt verlegt, die mehr als 30 Kilometer vom bisher vom Mitglied genutzten Studio des Anbieters entfernt ist, steht dem Mitglied ein Sonderkündigungsrecht zu. Dieses Sonderkündigungsrecht ist innerhalb von vier Wochen ab Begründung des neuen Hauptwohnsitzes gegen Vorlage eines Auszuges aus dem Zentralen Melderegister (Meldebestätigung) betreffend das Mitglied jeweils zum Monatsende auszuüben. Die Kündigungsfrist beträgt im Fall der Kündigung wegen Umzugs 30 Tage.“
[7] Auf der Mitgliedschaftsvereinbarung findet sich neben der Auflistung der Mitgliedschaften der Hinweis:
„ Zu Beginn der Mitgliedschaft wird eine einmalige Pauschale von 19,90 EUR für die Verwaltung erhoben. Das Eintrittsmedium (Karte oder Chipband) bleibt im Besitz des Mitglieds und wird ebenfalls mit einer Gebühr von 19,90 EUR berechnet. Halbjährlich wird eine Servicepauschale in Höhe von 19,90 EUR erhoben. Die vorstehenden Pauschalen werden zusätzlich zum monatlichen Mitgliedschaftsbeitrag und ungeachtet der gewählten Mitgliedschaftsart erhoben. Sämtliche Beiträge enthalten die gesetzliche Mehrwertsteuer.“
[8] Nach dem Vertragsschluss wird die Mitgliedschaft angelegt. Die Kundendaten und das gewählte Mitgliedschaftsmodell werden in das System eingegeben und es wird eine Freischaltung für sämtliche C*-Studios vorgenommen, weil der Kunde auch in jedem anderen C*-Studio trainieren kann. Der Administrativaufwand ist bei der Online-Anmeldung nahezu gleich, lediglich die Unterstützung des Kunden beim Ausfüllen der Mitgliedschaftsvereinbarung entfällt.
[9] Zur Nutzung des Angebots der Beklagten erhält der Kunde ein Chipband, mit dem er über ein elektronisches Eingangssystem (Drehkreuz) Zugang zum Studio erhält und (je nach Mitgliedschaftsmodell) auch die Spinde, Power Plate‑Geräte, Solarien und Massageliegen bedienen kann sowie Zugang zu den Parkplätzen erhält. Das Chipband funktioniert auch in allen anderen *-Studios.
[10] Die Öffnungszeiten der Studios sind wochentags von 06:00 bis 24:00 Uhr, am Wochenende von 08:00 bis 23:00 Uhr. In diesen Zeiträumen kann der Kunde jederzeit zum Training kommen. Das Training erfolgt grundsätzlich ohne Trainer; es sind jedoch – angepasst an den Kundenstrom – immer Trainer vor Ort, bei denen man sich jederzeit kurze Informationen und Tipps holen kann. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, bei Interesse Personal Training-Termine mit einem Trainer zu vereinbaren bzw sich einen Trainings- oder Ernährungsplan erstellen zu lassen; diese Möglichkeit ist bereits beim einfachsten Mitgliedschaftsmodell inkludiert, ohne dass zusätzliche Kosten dafür anfallen.
[11] Zusätzlich zu den „klassischen“ Trainingsgeräten gibt es auch Power Plate‑Geräte (bedienbar mit dem Chipband), die man schon beim einfachsten Mitgliedschaftsmodell jederzeit (allein) verwenden kann. Es wird jedoch empfohlen, beim ersten Power Plate‑Training einen Trainer beizuziehen. Die Solarien und Massageliegen werden vom Kunden selbständig über das Chipband bedient.
[12] Für ein Studio laufen etwa 200 Trainer‑ bzw Mitarbeiterarbeitsstunden wöchentlich an.
[13] Mit Schreiben vom 27. 8. 2020 mahnte der Kläger die Beklagte im Hinblick auf die Verwendung der strittigen Klauseln ab. Die Beklagte gab keine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab.
[14] Das Berufungsgericht gab der von der Beklagten erhobenen Berufung teilweise Folge, wies das Klagebegehren betreffend den Satz 1 der Klausel 2, die Sätze 1 und 2 der Klausel 3 und die Sätze 1 und 2 der Klausel 4 ab und bestätigte im Übrigen das Ersturteil.
[15] Gegen diese Entscheidung richten sich die Revisionen beider Parteien, die die Abänderung im Sinn der gänzlichen Klagestattgebung bzw ‑abweisung beantragen. In ihren Revisionsbeantwortungen beantragen die Parteien jeweils, die Revision der Gegenseite zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[16] Die Revisionen sind zur Wahrung der Rechtssicherheit sowie im Hinblick auf die verbreitete Verwendung gleicher oder ähnlicher Klauseln durch viele Fitnessstudios zulässig. Die Revision des Klägers ist berechtigt, nicht jedoch jene der Beklagten.
[17] Zu den nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs im Verbandsprozess zu beachtenden Grundsätzen kann auf die Ausführungen in der jüngst ergangenen, eine andere Fitnesscenterbetreiberin betreffende Entscheidung 4 Ob 59/22p (Pkt 1. bis 1.4) verwiesen werden.
Zur Klausel 1:
„Mit Abschluss der Mitgliedschaftsvereinbarung verpflichtet sich das Mitglied die Hausordnung des jeweiligen Studios gemäß Aushang einzuhalten.“
[18] Der Kläger beanstandete in erster Instanz die Klausel mit der Begründung, sie enthalte einen unzulässigen einseitigen Änderungsvorbehalt iSd § 6 Abs 2 Z 3 KSchG, weil der Aushang jederzeit geändert werden könne. Die Klausel sei auch rechtswidrig iSd § 6 Abs 1 Z 11 KSchG. Da bei verbraucherfeindlichster Auslegung davon auszugehen sei, dass alle Regeln der Hausordnung unabhängig von deren Gesetzmäßigkeit durch die bekämpfte Klausel Geltung erlangen sollen, sei diese zudem gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB.
[19] Die Beklagte bestritt die behaupteten Rechtsverstöße.
[20] Das Erstgericht beurteilte die Klausel als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG.
[21] Das Berufungsgericht bejahte einen Verstoß der Klausel gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG, weil sie der Beklagten bei kundenfeindlichster Auslegung im Ergebnis die einseitige Änderung der Hausordnung und damit zumindest potentiell auch der von ihr zu erbringenden Leistungen ermögliche. Im Übrigen sei die Klausel intransparent.
[22] In der Revision der Beklagten wird argumentiert, die Hausordnung enthalte keine vertraglichen Leistungsinhalte, sondern nur übliche Bestimmungen, um eine rücksichtsvolle und gefahrenfreie Nutzung des Fitnessstudios und die Umsetzung der COVID-19-Maßnahmen zu gewährleisten. Die Verpflichtung zur Einhaltung der Hausordnung könne man nicht klarer formulieren. Da es mehrere Studios gebe, könne auch nicht genauer definiert werden, wo sich der Aushang der Hausordnung jeweils befinde. Gerade die COVID-19-Verordnungen zeigten, dass die Beklagte eine gewisse Flexibilität benötige, um die Hausordnung anpassen zu können, ohne darüber mit jedem einzelnen Kunden verhandeln zu müssen.
[23] Die Revision der Beklagten ist insofern nicht berechtigt.
[24] Nach § 6 Abs 2 Z 3 KSchG sind Vertragsbestimmungen, sofern der Unternehmer nicht beweist, dass sie im einzelnen ausgehandelt worden sind, iSd § 879 ABGB jedenfalls nicht verbindlich, nach denen „der Unternehmer eine von ihm zu erbringende Leistung einseitig ändern oder von ihr abweichen kann, es sei denn, die Änderung beziehungsweise Abweichung ist dem Verbraucher zumutbar, besonders weil sie geringfügig und sachlich gerechtfertigt ist“. Diese Vorschrift soll verhindern, dass sich der Unternehmer das Recht auf weitgehende, den Interessen des Verbrauchers widersprechende, einseitige Leistungsänderungen vorbehält (RS0111807 [T3]).
[25] Es ist – auch aufgrund der Revision der Beklagten – davon auszugehen, dass in der Hausordnung insbesondere Verhaltenspflichten der Kunden normiert sind. Bei deren Nichteinhaltung ist die Beklagte nach Pkt 6.3. der AGB sogar zur Kündigung berechtigt. Die Hausordnung gehört aufgrund des Verweises in den AGB auf sie zum Vertragsinhalt (vgl zur Hausordnung eines Fitnessstudios 6 Ob 551/94; zu Hausordnungen im Mietrecht RS0020982; ferner zu einer Friedhofsordnung 1 Ob 289/99b [„Charakter einer 'privaten Hausordnung', somit von allgemeinen Geschäftsbedingungen“]).
[26] Die Klausel 1 bezieht sich nach Art einer dynamischen Verweisung auf die einem Aushang entnehmbare Hausordnung. Zumal deren Inhalt aufgrund der dynamischen Verweisung ungewiss ist, ist nicht ausgeschlossen, dass in ihr etwa der Zutritt zum Fitnessstudio, die Möglichkeit, sich an Trainer zu wenden oder die eine oder andere Gerätschaft, die Getränkebar oder das Solarium zu benützen, beschränkt wird. Der Beklagten käme bei – im Verbandsverfahren vorzunehmender (RS0016590) – kundenfeindlichster Auslegung der Klausel im Ergebnis ein uneingeschränktes Recht zu, einseitig die von ihr zu erbringenden Leistungen einem Kunden gegenüber abzuändern, ohne dass diese Änderung – besonders weil sie geringfügig oder sachlich gerechtfertigt ist – zumutbar sein müsste (vgl 7 Ob 78/06f [Klausel 27]). Die Klausel verstößt deshalb, wie bereits vom Berufungsgericht erkannt, gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG.
[27] Der Frage einer allfälligen Verletzung weiterer Gesetzesbestimmungen kommt keine Entscheidungsrelevanz zu.
Zur Klausel 2:
„Die Mitgliedschaftsvereinbarung kann sowohl vom Mitglied wie auch von dem Anbieter jeweils unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zu jedem Monatsletzten schriftlich gekündigt werden. Für die ersten zwölf Monate ab Beginn des Vertragsverhältnisses verzichtet das Mitglied auf das Recht zur ordentlichen Kündigung der Mitgliedschaftsvereinbarung (Mindestvertragsdauer).“
[28] Der Kläger beanstandete in erster Instanz die Klausel unter anderem als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG, weil unklar sei, ob das Mitglied die Kündigung in der Zeit des Kündigungsverzichts wirksam aussprechen könne, und als Verletzung des § 6 Abs 1 Z 1 KSchG aufgrund einer zu langen Bindungsdauer.
[29] Die Beklagte bestritt die behaupteten Rechtsverstöße.
[30] Das Erstgericht bejahte sowohl eine Verletzung des § 6 Abs 3 KSchG als auch des § 6 Abs 1 Z 1 KSchG, letzteres mit der Begründung, selbst eine bloß einjährige Vertragsdauer wäre in Anbetracht der jährlichen Gesamtbelastung von rund 560 EUR bei der günstigsten und rund 800 EUR bei der teuersten Mitgliedschaft für den Kunden unangemessen lang.
[31] Das Berufungsgericht pflichtete dem Erstgericht bei, dass unklar bleibe, wie lange der Verbraucher an den Vertrag gebunden sei. Allerdings enthalte die Klausel mehrere materiell eigenständige Regelungsbereiche, die isoliert voneinander wahrgenommen werden könnten. Der erste Satz regle allgemein die Kündigung, der zweite die Mindestvertragsdauer. Da sich der Kläger nur gegen die zweite, nicht aber gegen die erste Regelung wende, sei das Klagebegehren hinsichtlich des ersten Satzes der Klausel abzuweisen.
[32] In der Revision des Klägers wird in Abrede gestellt, dass die Klausel teilbar sei; die Intransparenz ergäbe sich nämlich aus der Kombination beider Sätze. Zudem wird der Vorwurf, die Beklagte verletze mit der Klausel § 6 Abs 1 Z 1 KSchG, aufrechterhalten.
[33] In der Revision der Beklagten wird die Ansicht aufrechterhalten, dass die Klausel klar und – dies auch im Lichte der Entscheidung 5 Ob 205/13b – die vorgesehene Mindestvertragsdauer nicht zu beanstanden sei.
[34] Die Revision des Klägers ist insofern berechtigt, die Revision der Beklagten hingegen nicht berechtigt.
[35] Der Oberste Gerichtshof hat jüngst mit Urteil vom 18. 10. 2022, 4 Ob 59/22p, eine praktisch idente Klausel (dort Klausel 1) in einem gegen eine andere Fitnesscenterbetreiberin der „C*“-Gruppe geführten Verbandsprozess für unzulässig erkannt. Der 4. Senat begründete seine Entscheidung wie folgt:
„2.1.1. Nach § 6 Abs 1 Z 1 zweiter Fall KSchG sind für den Verbraucher Vertragsbestimmungen iSd § 879 ABGB jedenfalls nicht verbindlich, nach denen er während einer unangemessen langen Frist an den Vertrag gebunden ist. Diese Norm bietet daher auch für Dauerschuldverhältnisse wie den hier zu beurteilenden Vertrag mit einem Fitness‑Studio einen im Einzelfall anhand einer Interessenabwägung auszufüllenden Orientierungsrahmen (10 Ob 34/05f). Bei der Prüfung, ob eine unangemessen lange Vertragsbindung gemäß § 6 Abs 1 Z 1 zweiter Fall KSchG bzw gemäß § 879 Abs 3 ABGB vorliegt, ist eine Gesamtwertung aller einschlägigen Vertragsumstände vorzunehmen (9 Ob 68/08b; RS0121007). Die Interessen des Unternehmers auf Durchführung des Vertrags sind gegen die Interessen des Verbrauchers auf angemessene und feststellbare Erfüllungszeit abzuwägen. Die Angemessenheit der Frist richtet sich nach der Art des Geschäfts und den von redlichen Vertragsparteien üblicherweise vereinbarten Fristen. Die sachliche Rechtfertigung einer längeren Bindung des Verbrauchers an den Vertrag kann sich etwa auch aus dem Interesse des Unternehmers ergeben, aufgrund des Umfangs seiner Investitionen und dem damit verbundenen wirtschaftlichen Risiko für länger klare Verhältnisse zu schaffen. Bei der Beurteilung der Angemessenheit der Bindungsfrist ist auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen (9 Ob 69/11d [3.1.] mwN).
2.1.2. Wie bereits die Vorinstanzen zutreffend dargelegt haben, unterscheidet sich der Sachverhalt von dem zu 5 Ob 205/13b entschiedenen dadurch, dass dort der Unternehmer eine entsprechende Personalvorsorge zu treffen hatte, um die vertragsgemäßen personenbezogenen Leistungen erbringen zu können. Demgegenüber steht hier fest, dass das Training bei der Beklagten grundsätzlich ohne Trainer erfolgt, einer der anwesenden Trainer aber für kleinere Anliegen oder Fragen zur Verfügung steht. Die Beklagte bietet auch im Hinblick auf die von ihr getätigten Investitionen dem Kunden keine vertragliche Alternative an, bei deren Wahl die Übernahme eines höheren wirtschaftlichen Risikos durch den Anbieter mit einem höheren Preis oder eine längere Vertragsdauer mit einem entsprechenden Preisnachlass abgegolten würden (vgl 3 Ob 121/06z mwN; 4 Ob 91/08y); insofern ist der von der Revision argumentierte Zusammenhang zwischen Bindung und Leistungsangebot nicht nachvollziehbar. Vor diesem Hintergrund ist insgesamt die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass die Bindungsdauer unzulässig lang ist, nicht zu beanstanden.
2.1.3. Jedenfalls zutreffend ist auch die Ansicht der Vorinstanzen, dass die hier in ihrer Gesamtheit zu beurteilende Klausel intransparent ist. Der Verzicht auf eine Kündigungserklärung für eine bestimmte Zeit ist entgegen der Formulierung der Klausel gerade nicht eine 'Mindestvertragsdauer', welche sich erst im Zusammenhalt mit den weiteren Bestimmungen ergibt, sodass dem Verbraucher ein unklares Bild seiner vertraglichen Verpflichtung vermittelt wird. Dies erhellt im Übrigen auch aus dem Umstand, dass auch in der 'Mitgliedschaftsvereinbarung' an prominenter Stelle (in Blg ./C oberhalb der Klausel 5) von einem 'Beginn der 12‑monatigen Vertragslaufzeit' die Rede ist.“
[36] Der zu 4 Ob 59/22p beurteilte Sachverhalt entspricht im Wesentlichen dem hier festgestellten. Es ist kein Grund ersichtlich, warum anders als zu 4 Ob 59/22p die auch hier jedenfalls einzuhaltende 12‑monatige Vertragsdauer nicht als unangemessen lange iSd § 6 Abs 1 Z 1 zweiter Fall KSchG zu qualifizieren wäre.
[37] Anders als in dem zu 4 Ob 59/22p behandelten Vertragsformular, wo von einem „Beginn der 12‑monatigen Vertragslaufzeit: _____“ die Rede war, heißt zwar das im hier verwendeten Vertragsformular auszufüllende Feld bloß „Beginn der Vertragslaufzeit: _____“. Diesem Unterschied kommt aber keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu, zumal (auch) das im vorliegenden Fall verwendete Vertragsformular die wortgleiche inkriminierte Klausel enthält. Diese ist in sich unklar, wird doch einerseits dem Kunden durch einen ersten Satz suggeriert, er könne „unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zu jedem Monatsletzten schriftlich“ kündigen, andererseits aber durch einen zweiten Satz mitgeteilt, er verzichte „für“ die ersten 12 Monate auf das Kündigungsrecht, ohne zu verdeutlichen, ob der Kunde auch während oder erst nach den ersten 12 Monaten seine Kündigungserklärung abgeben kann.
[38] Dem 4. Senat ist auch darin beizupflichten, dass die „Klausel in ihrer Gesamtheit“ zu beurteilen ist:
[39] Nach der Rechtsprechung ist für die Qualifikation einer Klausel als eigenständig iSd § 6 KSchG nicht die Gliederung des Klauselwerks maßgeblich; es können vielmehr auch zwei unabhängige Regelungen in einem Punkt oder sogar in einem Satz der AGB enthalten sein. Es kommt darauf an, ob ein materiell eigenständiger Regelungsbereich vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn die Bestimmungen isoliert voneinander wahrgenommen werden können (RS0121187 [T1]). Eine Teilbarkeit einer Klausel in zwei Regelungen setzt weiters voraus, dass jede der beiden für sich allein verständlich ist (3 Ob 216/21t [Rz 20 mwH]). Ergibt die Zusammenschau mehrerer Sätze die Intransparenz, so sind diese als Einheit zu beurteilen (8 Ob 108/21x [Rz 21 mwH]). Letzteres ist hier der Fall. Die Klausel ist damit nicht teilbar.
Zur Klausel 3:
„Im Fall einer ärztlich bestätigten Krankheit bzw Verletzung, die eine Dauer von vier Wochen überschreitet, oder einer Schwangerschaft oder ähnlichen schwerwiegenden Gründen kann im Einvernehmen zwischen dem Mitglied und dem Anbieter für einen im Voraus definierten Zeitraum die Mitgliedschaft einmalig ruhend gestellt werden. Für die Dauer der Ruhendstellung ist das Mitglied von der Zahlung des Mitgliedsbeitrages befreit. Für den Fall, dass die Ruhendstellung innerhalb der ersten zwölf Monate ab Vertragsschluss erfolgt, verlängert sich die Mindestvertragslaufzeit gemäß Punkt 6.1. um die Dauer der vereinbarten Ruhendstellung.“
[40] Der Kläger beanstandete in erster Instanz die Klausel als gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB, weil sie eine Verschlechterung der rechtlichen Möglichkeiten der Verbraucherseite bei Auflösung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund mit sich bringe, zumal eine Schwangerschaft ein Grund für die außerordentliche Kündigung und nicht bloß die Ruhendstellung eines Fitnessstudiovertrags sei. Die Klausel sei auch in mehrerer Hinsicht intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG, weil sie die tatsächliche Rechtslage verschleiere und unklar bleibe, welche Möglichkeiten das Mitglied habe, wenn kein Einvernehmen hergestellt werden könne.
[41] Die Beklagte bestritt das Vorliegen der behaupteten Rechtsverstöße.
[42] Das Erstgericht beurteilte die Klausel als intransparent, weil sie insbesondere im Zusammenhalt mit den anderen Regelungen unter Punkt 6. der AGB den Eindruck vermittle, dass dem Mitglied in den von ihr umfassten Fällen eine vorzeitige einseitige Vertragsauflösung verwehrt sei. Die Klausel sei jedoch nicht gröblich benachteiligend; ohne sie wäre in den von ihr abgedeckten Fällen weiterhin das Entgelt fällig, es sei denn, es lägen Gründe von solchem Gewicht vor, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigten.
[43] Das Berufungsgericht teilte die Klausel in zwei materiell eigenständige Regelungsbereiche: Satz 3 sei aufgrund seines Verweises auf die unzulässige „Klausel 2[b]“ (= der vom Berufungsgericht als eigenständige Klausel qualifizierte Satz 2 der Klausel 2) zwingend unzulässig. Demgegenüber seien die Sätze 1 und 2 weder intransparent noch gröblich benachteiligend.
[44] In der Revision des Klägers wird die Ansicht vertreten, die Klausel stelle eine Einheit dar, sie sei mit anderen Worten nicht teilbar. Darüber hinaus hält der Kläger seine Ansicht, die gesamte Klausel sei intransparent und gröblich benachteiligend, aufrecht.
[45] In der Revision der Beklagtenwird der Unzulässigerklärung des Satzes 3 der Klausel durch das Berufungsgericht entgegengehalten, dass die Beklagte dem Kunden entgegenkomme, weil er während der Ruhendstellung keine Kosten zu tragen habe, und dass es „daher nur recht und billig ist, die Dauer der Unterbrechung nicht bei den frühestmöglichen Kündigungsfristen zu beachten“. Für die Beklagte sei die Bestimmung nachteilig, während der Kunde aus ihr nur Vorteile habe. Ohne die Bestimmung müsste der Kunde kündigen.
[46] Die Revision des Klägers ist insofern berechtigt, die Revision der Beklagten hingegen nicht berechtigt.
[47] Für die Voraussetzungen der Qualifikation einer Klausel als eigenständig iSd § 6 KSchG ist auf die obigen Ausführungen zur Klausel 2 zu verweisen. Anders als das Erstgericht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Klausel 3 aus zwei eigenständigen Klauseln bestehe, nämlich zum einen aus den im ersten und zweiten Satz enthaltenen Regelungen zu den Voraussetzungen der Ruhendstellung und der dabei eintretenden Entgeltbefreiung und zum anderen aus der im dritten Satz enthaltenen Regelung zur allfälligen Verlängerung der Mindestvertragsdauer.
[48] Diese Beurteilung ist zu korrigieren. Es kann nämlich der dritte Satz nicht isoliert von den ersten beiden Sätzen wahrgenommen werden, weil er sich auf „die Ruhendstellung“ bezieht und für sich genommen nicht verständlich wäre, was damit gemeint sein sollte. Klausel 3 ist damit nicht teilbar. Es handelt sich um eine als Ganzes zu kontrollierende Klausel, in der eine (dispositivrechtlich nicht vorgesehene) Ruhendstellung des Fitnessstudiovertrags mit Tatbestand und Rechtsfolge(n) geregelt wird.
[49] Die Klausel 3 verweist auf die „Mindestvertragslaufzeit gemäß Punkt 6.1.“, somit auf die unzulässige Klausel 2. Die Unzulässigkeit einer Bestimmung, auf die verwiesen wird, führt zwingend zur Unzulässigkeit der verweisenden Bestimmung (RS012040 [T31]).
Zur Klausel 4:
„Zu Beginn der Mitgliedschaft wird eine einmalige Pauschale von 19,90 EUR für die Verwaltung erhoben. Das Eintrittsmedium […] wird ebenfalls mit einer Gebühr von 19,90 EUR berechnet. Halbjährlich wird eine Servicepauschale in Höhe von 19,90 EUR erhoben. […]“
[50] Der Kläger beanstandete in erster Instanz die Klausel nach § 864a ABGB, weil ein Konsument nicht damit rechnen könne, dass ihm für die Verwendung des Fitnesscenters eine Vielzahl unterschiedlicher zusätzlicher Gebühren verrechnet würden. Die Klausel sei auch gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB, unter anderem weil sie keine aliquote Rückerstattung bei vorzeitiger Kündigung vorsehe und der Kunde für die Mitgliedskarte zahlen müsse, um die – bereits anderweitig der Beklagten vergütete – Hauptleistung des Fitnessstudios in Anspruch nehmen zu können. Die Klausel sei zudem intransparent, dies unter anderem weil nicht ersichtlich sei, welche Leistungen die Servicepauschale decke. Weiters verletze die Klausel § 5a Abs 1 Z 3 KSchG. Bei im Fernabsatz oder außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers abgeschlossenen Verträgen liege zudem ein Verstoß gegen § 4 Abs 1 Z 4 und Z 5 FAGG vor. Die Klausel verstoße überdies gegen die von § 6c KSchG geforderte (Gesamt-)Preistransparenz.
[51] Die Beklagte bestritt das Vorliegen der behaupteten Rechtsverstöße.
[52] Das Erstgericht beurteilte die Klausel aus mehreren Gründen als unzulässig.
[53] Das Berufungsgericht sah kein Problem der Geltungskontrolle (§ 864a ABGB), weil die Regelung eines zusätzlichen Entgelts neben dem monatlichen Mitgliedsbeitrag zwar nachteilig, aber aufgrund ihrer Einordnung in das Gesamtgefüge des Textes nicht überrumpelnd sei. Bei der anschließenden Inhaltskontrolle hielt das Berufungsgericht fest, dass die Klausel „in drei Bestandteile, nämlich Verwaltungspauschale, Chipgebühr und Servicepauschale, teilbar“ sei. Bei den Regelungen zur Verwaltungspauschale und zur Chipgebühr bestehe von vornherein nicht die von der Rechtsprechung als ratio für die Kontrollunterworfenheit nach § 879 Abs 3 ABGB hervorgehobene Gefahr, dass das eigentliche Leistungsversprechen eingeschränkt, verändert oder ausgehöhlt werden könnte. Anderes gelte für die Servicepauschale, die periodisch erst im Erfüllungsstadium anfalle und nach den Behauptungen der Beklagten Zusatzleistungen wie das Erstellen von Trainings- und Ernährungsplänen und die individuelle Beratung abdecken solle. Da diese Leistungen nach den Feststellungen aber bereits in der Mitgliedschaft enthalten seien, werde das Leistungsversprechen der Beklagten durch die Einhebung eines zusätzlichen Entgelts, mit dem idente Leistungen ein zweites Mal abgegolten würden, im Sinne der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs eingeschränkt und ausgehöhlt, sodass insofern ein Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB vorliege. Mithin sei das erstgerichtliche Urteil nur hinsichtlich der Servicepauschale zu bestätigen, im Übrigen aber im klageabweisenden Sinn abzuändern, weil die Klausel zur Verwaltungspauschale und zur Chipgebühr einerseits schon nicht der Kontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB unterliege und andererseits weder intransparent sei noch gegen § 5a Abs 1 Z 3 KSchG, § 6c KSchG oder § 4 Abs 1 Z 4 und 5 FAGG verstoße.
[54] In der Revision des Klägers wird die Ansicht aufrechterhalten, dass die Klausel insgesamt unzulässig sei.
[55] In der Revision der Beklagten wird argumentiert, dass die Entgelte in einer „leicht lesbaren und leserlichen Schrift“ auf der ersten Seite vereinbart würden und die Kunden wüssten, dass sie neben der monatlichen Gebühr halbjährlich eine Servicepauschale von 19,90 EUR, also monatlich gerade einmal 3,30 EUR, bezahlen müssen.
[56] Die Revision des Klägers ist insofern berechtigt, die Revision der Beklagten hingegen nicht berechtigt.
[57] Der Oberste Gerichtshof hat jüngst mit Urteil vom 18. 10. 2022, 4 Ob 59/22p, in dem schon genannten, gegen eine andere Fitnesscenterbetreiberin der „C*“‑Gruppe geführten Verbandsprozess eine praktisch identische Klausel zur Gänze für unzulässig erkannt. Der 4. Senat begründete seine Entscheidung wie folgt:
„2.5.1. Der Behandlung der Revisionen ist zur Klarstellung vorauszuschicken, dass für die Qualifikation einer Klausel als eigenständig iSd § 6 KSchG nicht die Gliederung des Klauselwerks maßgeblich ist; es können vielmehr auch zwei unabhängige Regelungen in einem Punkt oder sogar in einem Satz der AGB enthalten sein. Es kommt darauf an, ob ein materiell eigenständiger Regelungsbereich vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn die Bestimmungen isoliert voneinander wahrgenommen werden können (RS0121187 [insb T1]; vgl 8 Ob 108/21x Rz 20 mwN).
In diesem Lichte ist die Ansicht des Berufungsgerichts zutreffend, dass die Klausel 5 mehrere Klauseln enthält, die eigenständige Regelungsbereiche enthalten und einer isolierten Wahrnehmung zugänglich sind. Die gesonderte Beurteilung der voneinander abzugrenzenden Klauseln ist daher zulässig und geboten [...]. Dem Satz 4 der Klausel 5 kommt hingegen im vorliegenden Zusammenhang kein eigenständiger Regelungsgehalt zu, sodass er hier vernachlässigt werden kann.
Fragen der geltungserhaltenden Reduktion […] stellen sich insgesamt nicht.
2.5.2. Ebenso ist vorab allgemein zu beiden Revisionen festzuhalten, dass in AGB enthaltene Entgeltklauseln, die ein Zusatzentgelt nicht zur Abgeltung einer nur aufgrund von Besonderheiten im Einzelfall erforderlichen Mehrleistung, sondern zur Abgeltung einer im Regelfall mit der Erfüllung der vertraglichen Pflichten verbundenen Leistung vorsehen, das eigentliche Leistungsversprechen einschränken, es verändern oder aushöhlen und damit der Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB unterliegen (RS0016908 [T5, T6; vgl auch T8, T16, T32]).
Nach der jüngeren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (C‑224/19 , C‑259/19 , Caixabank SA ua) kann eine in einem Darlehensvertrag zwischen einem Verbraucher und einem Finanzinstitut enthaltene Klausel, nach der der Verbraucher eine Bereitstellungsprovision zu zahlen hat, entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursachen, wenn das Finanzinstitut nicht nachweist, dass diese Provision tatsächlich erbrachten Dienstleistungen und ihm entstandenen Kosten entspricht, was vom nationalen Richter zu beurteilen ist.
Die vor dieser Entscheidung ergangene Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, wonach alles, was der Kreditnehmer über die Rückgabe der Valuta hinaus für den Erhalt der Leistung des Kreditgebers zu geben hat, und daher auch laufzeitunabhängige „Bearbeitungs‑“ oder „Manipulationsgebühren“ Entgelt und daher nicht kontrollunterworfen sei (vgl RS0130662), ist daher in unionsrechtlichem Lichte neu zu bewerten.
Vor diesem Hintergrund ist nicht nur für einen Vertrag zwischen Verbraucher und Kreditunternehmung, für den vielfältige sonstige rechtliche Rahmenbedingungen bestehen (vgl 6 Ob 13/16d), sondern umso mehr für einen Vertrag über die Benützung eines Fitnessstudios ein konkreter Konnex zwischen dem ausgewiesenen Sonderentgelt und den tatsächlich erbrachten Dienstleistungen und dem Unternehmer entstandenen Kosten gefordert. Wenn auch eine Pauschalierung von Entgelten nicht von vornherein unzulässig ist, solange damit die konkreten Kosten nicht grob überschritten werden (vgl RS0123253), ist die Verrechnung von Entgelten ohne konkrete Zusatzleistung und ohne konkrete Kosten als unzulässig anzusehen.
2.5.3. Die Revision der Beklagten wendet sich gegen die Stattgebung in Ansehung von Satz 3 der Klausel 5 und sieht eine unrichtige rechtliche Beurteilung darin, dass sich die Klausel 5 „nicht nur“ in den AGB, sondern „zusätzlich“ auch in Blg ./C finde, wo ausdrücklich auf jede einzelne streitgegenständliche Gebühr hingewiesen werde; mit „Blg ./C und den Folgen“ hätten sich die Vorinstanzen nicht auseinandergesetzt und diese nicht „analysiert“, weil sonst das Begehren abzuweisen gewesen wäre. Die Kunden wüssten ganz genau, dass sie neben der monatlichen Gebühr halbjährlich eine Servicepauschale in Höhe von 19,90 EUR, also monatlich gerade einmal 3,30 EUR bezahlen müssten; das sei auch in Blg ./C so vereinbart, sodass die Kunden daran gebunden seien. Die Servicepauschale sei ebenso wie die Einschreibegebühr und die Chipgebühr, die das Berufungsgericht als zulässig ansehe, eine Hauptleistungspflicht, sodass § 879 Abs 3 ABGB nicht anwendbar sei.
Die Revision ist insofern nicht berechtigt.
Nach den Feststellungen ist die „Servicepauschale“ ebenso unabhängig von den dem Kunden mit der Mitgliedschaft zur Verfügung stehenden Angeboten wie von den von ihm tatsächlich konkret konsumierten Leistungen. Dem Berufungsgericht ist daher dahin zuzustimmen, dass diese Klausel mit dem „All in“‑Konzept nicht vereinbar und insofern gröblich benachteiligend ist. Warum sie eine Hauptleistungspflicht umschreiben sollte, ist nicht nachvollziehbar, zumal wie dargelegt Klauseln, die ein Zusatzentgelt nicht zur Abgeltung einer nur aufgrund von Besonderheiten im Einzelfall erforderlichen Mehrleistung, sondern zur Abgeltung einer im Regelfall mit der Erfüllung der vertraglichen Pflichten verbundenen Leistung vorsehen, als Nebenleistungen gröblich benachteiligend sind. Bereits die Vorinstanzen haben zutreffend darauf verwiesen, dass der Verbraucher keinerlei über die vertragliche Hauptleistung hinausgehende „Service“‑Leistungen erhält, sondern nach den AGB Zusatzleistungen – welcher Art immer diese sein mögen – nochmals gesondert entgolten werden müssten. Konkrete Umstände im Sinn der erwähnten Rechtsprechung des EuGH, dass die Servicepauschale darüber hinaus tatsächlich erbrachten Dienstleistungen und konkret entstandenen Kosten entspricht, sind von der Beklagten weder vorgebracht worden noch ersichtlich. Die „Pauschalierung“ ohne konkrete Kosten oder Leistungen ist daher unzulässig.
Die Ausführungen der Revision zum Übergehen von Blg ./C sind unverständlich, ist die Klausel doch in dieser „Mitgliedschaftsvereinbarung“ enthalten, und nicht in den – auch auf der Rückseite von Blg ./C abgedruckten – AGB wie in Blg ./B; die Vorinstanzen haben (nur) eben jene Klausel behandelt.
2.5.3. Die Revision der Klägerin wendet sich gegen die Abweisung des Begehrens in Ansehung der Sätze 1 und 2 der Klausel 5; sie macht Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend.
Sie führt rechtlich zusammengefasst ins Treffen, dass auch „Verwaltungspauschale“ und Chipgebühr keine Haupt‑, sondern Nebenleistungen seien. Es sei nicht ersichtlich, welcher Aufwand mit einer Verwaltungspauschale abzudecken wäre. Es gebe keine Feststellungen, dass der Aufwand über den normalen und mit jeder Vertragsbegründung verbundenen Aufwand hinausgehen würde; der Verbraucher erhalte für die zusätzliche Gebühr keine konkrete Gegenleistung. Die Einhebung einer eigenen Gebühr für Eintrittsmedien, die den automatisierten Zutritt ermöglichen würden, sei vollkommen unüblich, die Kosten hierfür seien in der Regel im Preis für die Dienstleistung enthalten. Die Pflicht zur Ermöglichung des Zugangs zum Fitnessstudio ergebe sich auch schon aus der Mitgliedsvereinbarung selbst, ohne dass dafür ein gesonderter Aufwand verrechnet werden dürfte. Zudem seien die Kosten für den Chip und der Aufwand für dessen Aktivierung so gering, dass sie eine Gebühr von 19,90 EUR nicht rechtfertigten.
Die Revision der Klägerin ist berechtigt.
Generell ist der Ansicht des Erstgerichts und der Revision beizutreten, dass aus den oben grundsätzlich in Pkt 2.5.2. sowie konkret zur Servicegebühr erläuterten Gründen keine Hauptleistungen vorliegen, sondern im Regelfall mit der Erfüllung der vertraglichen Pflichten verbundene Leistungen, für die eine gesonderte Abgeltung verlangt wird; sie schränken damit das eigentliche Leistungsversprechen ein, verändern es und höhlen es aus, sodass sie der Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB unterliegen.
Der Verwaltungspauschale entsprechen keine konkreten Aufwendungen oder Leistungen, die nach den Feststellungen über das übliche, mit jeder Vertragsbegründung entstehende Maß hinausgehen. Insbesondere hat die Beklagte weder vorgebracht noch ist festgestellt oder sonst im Verfahren hervorgekommen, dass sie den im Zusammenhang mit der Vertragsanbahnung entstehenden Aufwand nicht durch die in den Fitnessstudios ohnehin anwesenden Trainer erledigen würde, oder ihr ein konkret bezifferbarer (oder auch nur plausibel pauschalierbarer) Mehraufwand entstünde, der durch die von ihr sonst eingesetzten Trainer nicht bewältigbar wäre. Die Klausel ist daher im Lichte des eingangs Gesagten gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB.
Dies gilt umso mehr für die Chipgebühr, da – wie die Klägerin zutreffend aufzeigt – die Ermöglichung des Zutritts zu den Fitnessstudios zu den Vertragspflichten der Beklagten gehört und schon aus diesem Grund nicht nachvollziehbar ist, warum ihre Kunden dafür ein zusätzliches Entgelt bzw für den dafür geforderten Erwerb eines Chips einen zusätzlichen Kaufpreis leisten sollten. Im Übrigen steht nach den Feststellungen die Gebühr in keinem nachvollziehbaren Verhältnis zu den Kosten und dem der Beklagten entstehenden Aufwand hierfür, wie sie mit ihren Darlegungen zum damit verfolgten Ziel, die Kunden zu einem sorgfältigen Umgang mit den Chips anzuhalten, selbst belegt: Gerade sorgfältige Kunden werden dadurch gröblich benachteiligt, weil sie – anders als etwa bei einem Pfandsystem, das nur die von der Beklagten so gefürchteten schlampigen, die Chips laufend verlierenden oder vergessenden Mitglieder belasten würde – die Kosten des für sie ansonsten zudem völlig nutzlosen Chips jedenfalls zu tragen haben. Die Kaufverpflichtung ist somit für die Erreichung des behaupteten Ziels, die Kunden zu sorgfältigem Umgang mit den Zutrittskarten zu erziehen, nicht geeignet. Auch diese Klausel hat im Lichte des § 879 Abs 3 ABGB keinen Bestand.
Da bereits eine gröbliche Benachteiligung nach § 879 Abs 3 ZPO durch die Sätze 1 und 2 der Klausel 5 zu bejahen ist, muss die Frage einer Intransparenz der Klauseln nicht mehr erörtert werden.“
[58] Der zu 4 Ob 59/22p beurteilte Sachverhalt entspricht im Wesentlichen jenem der auch hier strittigen Nebenleistungen, sodass die Beurteilung des 4. Senats, der sich der erkennende Senat anschließt, auf den gegenständlichen Fall übertragbar ist. Die Klausel ist aus dem vom 4. Senat genannten Gründen unzulässig.
Zur Urteilsveröffentlichung:
[59] Die Beklagte bekämpft mit ihrer Revision die von den Vorinstanzen erteilte Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung in einer Samstagsausgabe des redaktionellen Teils der „Kronen Zeitung“, Regionalausgaben für Wien, Niederösterreich, Burgenland und die Steiermark, als überschießend. Die maßgeblichen Verkehrskreise seien ihre Vertragspartner und Interessenten. Darüber hinaus bestehe kein Aufklärungsbedarf.
[60] Der Revision der Beklagten ist auch insofern nicht berechtigt.
[61] Zweck der Urteilsveröffentlichung ist, über die Rechtsverletzung aufzuklären und den beteiligten Verkehrskreisen Gelegenheit zu geben, sich entsprechend zu informieren, um vor Nachteilen geschützt zu sein (RS0121963 [T2]). In der Regel ist die Urteilsveröffentlichung in einem solchen Umfang zuzusprechen, dass die Verkehrskreise, denen gegenüber die Rechtsverletzung wirksam geworden ist, über den wahren Sachverhalt bzw den Gesetzesverstoß aufgeklärt werden (RS0121963 [T9]). Eine bloße mediale Berichterstattung wird dem Bedürfnis der Öffentlichkeit nach Aufklärung über die Verwendung bestimmter gesetzwidriger Vertragsbestandteile nicht gerecht. Das gleiche gilt für die Bereitstellung einschlägiger Informationen auf der Website des Klägers oder der Beklagten (RS0121963 [T10, T15]).
[62] Davon abzugehen bietet das Rechtsmittel der Beklagten keinen Anlass. Wieso es nicht notwendig sein sollte, die Entscheidung den Lesern der auf den örtlichen Tätigkeitsbereich der Beklagten eingegrenzten Regionalausgaben der Samstags-Ausgabe der auflagenstärksten österreichweit vertriebenen Zeitung zur Kenntnis zu bringen, vermag die Beklagte nicht darzulegen.
Zur Kostenentscheidung:
[63] Aufgrund der Wiederherstellung des der Klage zur Gänze stattgebenden Ersturteils hat die Beklagte dem Kläger die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen (§§ 41, 50 ZPO).
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