OGH 1Ob289/99b

OGH1Ob289/99b28.4.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rosa M*****, vertreten durch Mag. Alexander Kodolitsch, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Römisch-Katholische Pfarre W*****, vertreten durch Dr. Norbert Scherbaum, Dr. Günther Schmied, Dr. Georg Seebacher und Dr. Werner Mecenovic, Rechtsanwälte in Graz, wegen Leistung (Streitwert 60.000 S) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgerichts vom 11. Mai 1999, GZ 6 R 109/99i-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Weiz vom 12. Februar 1999, GZ 2 C 941/98y-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 4.871,04 S (darin 811,84 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte römisch-katholische Pfarre war und ist nach dem Stmk LeichenbestattungsG Rechtsträgerin eines katholisch-konfessionellen Pfarrfriedhofs; der Klägerin steht auf Grund der Grabablösungsurkunde aus dem Jahr 1955 (Reservierung) sowie nachfolgender Ablösen das Nutzungsrecht am Familiengrab Nr 2-3 auf diesem Friedhof, einem Doppelgrab, zu. Die Klägerin hat das Familiengrab - nach dem Tod ihrer Mutter - am 31. März 1981, am 7. Oktober 1991 und zuletzt - nach dem Tod ihres Ehegatten - (1997), somit bis zum Jahr 2007, unter Entrichtung der "Nachlösegebühr" "abgelöst", ist somit bis dahin Grabnutzungsberechtigte.

Die erstmals 1962 von der beklagten Partei erlassene Friedhofsordnung (FriedhofsO 1962) wurde weder vom zuständigen Bischöflichen Ordinariat noch von der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde genehmigt, obwohl dies nach den kirchenrechtlichen Bestimmungen bzw nach dem Stmk LeichenbestattungsG notwendig gewesen wäre. Die Klägerin ließ die Grabstätte 1981 nach der Beisetzung ihrer Mutter nach deren Wünschen durch einen Steinmetz (durch ein festes Fundament im Ausmaß von etwa 3 x 3 m mit einer schwarzen, glatt polierten Granitabdeckung sowie einem ebensolchen Grabstein mit jeweils goldener Schrift) völlig neu gestalten, ohne vorher mit dem Pfarrer oder mit den für die Friedhofsangelegenheiten zuständigen Organen der beklagten Partei Rücksprache zu halten oder bei der beklagten Partei um eine Kommissionierung der Neugestaltung anzusuchen. Dies war damals auch gar nicht üblich. Es gab nach der Fertigstellung der Grabstätte keinerlei Kontrollen durch die Friedhofsverwaltung; die beklagte Partei beanstandete gegenüber der Klägerin auch niemals die Errichtung des neuen Grabmals. Das 1981 neu errichtete Grabmal entspricht weder in seinen Abmessungen noch in seiner Form den danach in den Jahren 1986 und 1997 erlassenen Friedhofsordnungen der beklagten Partei.

Am 1. September 1986 trat die vom Finanz- und Verwaltungsausschuss der beklagten Partei am 10. Juni 1986 einstimmig beschlossene sowie mit Bescheid der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde vom 16. Juli 1986 und Erlass des zuständigen Bischöflichen Ordinariats vom 5. September 1986 genehmigte Friedhofsordnung (im folgenden FriedhofsO 1986) in Kraft, die auch in Form einer Broschüre mit einer Auflage von 3.000 Stück gedruckt und jedem Grabberechtigten, der eine Grabeinlöseurkunde unterfertigte, in der Pfarrkanzlei ausgefolgt wurde. Eine solche Broschüre konnte überdies kostenlos von jedem Interessenten in der Pfarrkanzlei bezogen werden. Auszüge aus der FriedhofsO 1986 wurden immer wieder in den - am Friedhofsgelände aufgestellten - Schaukästen ausgehängt und auch im Pfarrblatt veröffentlicht. Deren hier wesentlichen Bestimmungen lauten:

"...

§ 3 Arten der Grabstellen

1.) Die Grabstellen werden eingeteilt in ... b) Eigen- oder Familiengräber ...

§ 4 Ausmaß der Grabsteine, Breite und Wege

1.) ... b) Eigen- oder Familiengräber sind ebenso mindestens 2 m lang und einstellig 1,10 m breit, zweistellig 2,20 m. ...

§ 6 Rechte am Grab

1.) Durch den Erwerb eines Grabes erhält der Berechtigte lediglich ein Benützungsrecht nach Maßgabe der jeweiligen Friedhofsordnung. ...

§ 14 Allgemeine Bestimmungen

1.) Die Eigen- und Familiengräber werden für 10 Jahren vergeben und können für jeweils 10 weitere Jahre abgelöst werden. ..."

1996 erhielt der Pfarrer der beklagten Partei von seinem zuständigen Ordinarius den Auftrag, die bis 1. Juli 1995 fällig gewesene, vorgeschriebene Anpassung der FriedhofsO nachzuholen. Dementsprechend erließ die beklagte Partei die mit Erlass des zuständigen Bischöflichen Ordinariats vom 17. Juni 1997 und mit Bescheid der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde vom 16. Juli 1997 genehmigte und am 16. Juli 1997 in Kraft getretene Friedhofsordnung (im folgenden FriedhofsO 1997). Deren hier wesentliche Bestimmungen lauten:

"...

§ 3 Arten der Grabstellen

1.) Die Grabstellen werden eingeteilt in ... b) Familiengräber ...

2.) ... b) Familiengräber sind Grabstätten, die von den Angehörigen nach Möglichkeit ausgesucht werden können und zur Bestattung des Erwerbers und seiner Angehörigen (siehe § 6 (4)) dienen. Eine Ablöse nach Ablauf der Verwesungszeit ist grundsätzlich vorgesehen (ausgenommen siehe § 8).

§ 4 Ausmaß der Grabsteine, Breite und Wege

1.) ... b) Familiengräber sind in der Regel 2 m lang und einstellig 1,10 m breit. Die Breite mehrstelliger Gräber ist von der Friedhofsverwaltung beim Erwerb des Grabes festzulegen und in die Grabkarte (§ 6 (6)) und in die Gräberkartei (§ 5 (2)) einzutragen. Die Breite ist jedenfalls so festzulegen, dass zwischen den Särgen eine Trennwand aus Erde erhalten bleibt. ...

...

3.) Die Breite der Wege ist von der Friedhofverwaltung festzulegen. Zwischen den Grabstellen muss ein lichter Zwischenraum von mindestens 25 cm verbleiben, in der Längsrichtung beträgt der Mindestabstand von Grab zu Grab 60 cm. Über die Gestaltung der Wege und Zwischenräume entscheidet die Friedhofsverwaltung. Die Breite der Wege zwischen den Grabreihen beträgt in der Regel mindestens 100 cm.

§ 6 Rechte am Grab

Erwerb eines Grabes

1.) Durch den Erwerb eines Grabes erhält der Berechtigte lediglich ein Benützungsrecht nach Maßgabe der jeweiligen Friedhofsordnung. ...

§ 7 Grabdenkmäler und Instandhaltung der Gräber

...

3.) Grabdenkmäler ... a) Wenn ein neuer Grabstein aufgestellt wird, soll er aus heimischem Naturstein verfertigt werden und darf nicht poliert werden. ... d) Einfriedungen: Wenn Einfriedungen aufgestellt werden, müssen diese in der Regel dem Friedhofsgelände angepaßt und ohne Fundament verlegt werden. Sie dürfen höchstens 8 cm aus dem Boden ragen und eine Gesamthöhe von 10 cm sowie eine Breite von 10 cm nicht überschreiten. Ausnahmen davon sind von der Friedhofsverwaltung nur dann zu gestatten, wenn das Gelände dies unbedingt erfordert. Die Ausmaße der Grabmäler und die Einfriedung werden bei der Kommissionierung von der Friedhofsverwaltung dem Friedhofsplan entsprechend vorgeschrieben. ...

4) Gestaltung des Grabes ... b) Eine Abdeckung mit Natursteinplatten kann von der Friedhofsverwaltung im Ausmaß bis zu einem Drittel der eingefriedeten Grabfläche genehmigt werden. ...

5.) Herstellung eines neuen bzw Änderung eines bestehenden Grabmales

a) Die Herstellung eines neuen Grabmales sowie jede Änderung eines bestehenden Grabmales bedarf der Kommissionierung durch die Friedhofsverwaltung. Dies gilt auch für die bloße Änderung der Grabinschrift. ... f) Sollte das bestehende Grab noch nicht den Vorschriften entsprechen, so tritt spätestens nach dem nächsten Sterbefall die Friedhofsordnung voll in Kraft und die Grabstätte muss den neuen Normen entsprechend kommissioniert werden."

Mit Beschluss des zuständigen Wirtschaftsrats der beklagten Partei vom 6. Oktober 1997 wurde § 7 Abs 5 lit f der FriedhofsO 1997 wie folgt geändert:

"Sollte das bestehende Grab noch nicht den Vorschriften entsprechen, so tritt spätestens nach dem nächsten Sterbefall die Friedhofsordnung in Kraft und die Grabstätte muss den neuen Normen entsprechend kommissioniert werden. Aus besonderen Gründen kann die Friedhofsverwaltung gestatten, die Grabeinfassung und das Grabdenkmal im gleichen Zustand wie vor dem Begräbnis zu errichten mit der Auflage, das Grab innerhalb der nächsten zehn Jahre den von der Friedhofsverwaltung geforderten Maßen anzupassen. Sollte dies nicht geschehen, erlischt das Recht an der Grabstätte".

Diese Änderung wurde mit Erlass des zuständigen Bischöflichen Ordinariats vom 29. Oktober 1997 genehmigt. Eine Genehmigung der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde steht noch aus. Seit Inkrafttreten der FriedhofsO 1997 wird grabeinlösende Personen ein Merkblatt über diese FriedhofsO ausgefolgt, das überdies in den Schaukästen, die derzeit in den Eingangsbereichen bzw an allen wesentlichen Punkten des Friedhofs aufgestellt sind, angeschlagen ist. Bis 1986 war es üblich und gängige Praxis, dass Personen, die eine Grabstätte anlegen oder erneuern wollten, keine Anfrage an die beklagte Partei richteten, sondern die konkrete Ausgestaltung des Grabmals mit dem beauftragten Steinmetz besprachen, der die Arbeiten sodann nach den Wünschen der Auftraggeber vornahm. Zu einer Überprüfung bzw Kommissionierung durch die beklagte Partei kam es regelmäßig nicht. Ab 1986 musste der Steinmetz Arbeiten an Grabstätten vor deren Durchführung der Friedhofsverwaltung melden; meist sprach er persönlich bei der beklagten Partei vor und erläuterte das aufgetragene Projekt, worauf es schriftlich genehmigt oder abgelehnt wurde. Eine Überprüfung bzw "Endkommissionierung" der durchgeführten Graberrichtungs- bzw -änderungsarbeiten durch die Friedhofsverwaltung war nicht üblich.

Anlässlich der Beerdigung des Ehegatten der Klägerin im Familiengrab am 17. Dezember 1997 veranlasste die beklagte Partei die vollständige Abtragung der Grabstätte samt dem Grabstein und verlangte vor deren Wiedererrichtung von der Klägerin - wie auch von allen anderen Grabnutzungsberechtigten in der gleichen Situation - die Abgabe folgender Verpflichtungserklärung:

"Sie haben für Arbeiten an der von Ihnen gemieteten Grabstätte angesucht. Laut Friedhofsordnung vom 2. 6. 1997 ... sind Sie verpflichtet, diese Arbeiten gemäß dieser Friedhofsordnung durchzuführen. Aus besonderen Gründen gestattet Ihnen die Friedhofsverwaltung, die Grabeinfassung wieder in den gleichen Zustand wie vor dem Begräbnis zu bringen und den Namen des (der) Verstorbenen auf dem Grabdenkmal zu schreiben. Diese Erlaubnis wird nur unter der Voraussetzung erteilt, dass Sie das Grabdenkmal samt Einfassung innerhalb der nächsten Jahre, spätestens jedoch bis 2007 den von der Friedhofsverwaltung geforderten Maßen anpassen.

Sollte dies nicht geschehen, erlischt Ihr Recht an der genannten Grabstätte.

Wir ersuchen Sie, diese Information mit Ihrer Unterschrift zur Kenntnis zu nehmen und der Friedhofsverwaltung zu übermitteln. Erst dann darf mit den Arbeiten an der Grabstätte begonnen werden.

Für die Friedhofsverwaltung

...

Kenntnisnahme des Grabberechtigten

..., am ... (Unterschrift des Grabberechtigten)"

Die Klägerin weigerte sich, eine derartige Verpflichtungserklärung zu fertigen, weil sie das Familiengrab auch in Zukunft in jenem Zustand (Größe und Ausgestaltung) erhalten will, wie es 1981 über Wunsch ihrer Mutter errichtet wurde. Die beklagte Partei lehnte es darauf ab, ihre Zustimmung zur Wiedererrichtung der anläßlich der Beerdigung entfernten Grabanlage und zur Eingravierung des Namens des Ehegatten der Klägerin zu geben.

Die Klägerin begehrte die Erteilung der Zustimmung durch die beklagte Partei zur Wiedererrichtung des näher bezeichneten Familiengrabs in der Gestalt, wie es von 1981 bis 1997 bestanden hatte, sowie zur Eintragung des Namens des verstorbenen Ehegatten der Klägerin auf dem Grabstein.

Die beklagte Partei wendete im Wesentlichen ein, dass seit 1997 eine neue FriedhofsO gelte, diese auch auf das Grabnutzungsrecht der Klägerin anzuwenden sei und die Klägerin dadurch nicht gröblich benachteiligt werde.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Zwar finde die jeweils geltende FriedhofsO, also auch die aus 1997, auf das vorliegende Grabnutzungsrecht Anwendung, weil die Klägerin aufgrund der mit der beklagten Partei getroffenen Verlängerungsvereinbarungen 1981 und 1991 die jeweiligen Friedhofsordnungen gegen sich gelten lassen müsse. Jedoch könne von der beklagten Partei die FriedhofsO, die als AGB in den Grabnutzungsvertrag aufgenommen worden sei, nur insoweit geändert werden, als der Grabnutzungsberechtigte damit habe rechnen müssen, diese keine ungewöhnliche Vertragsklausel darstelle und sie den Grabnutzungsberechtigten in seinen Rechten nicht ungerechtfertigt verkürze. Dies sei aber hier der Fall, weil § 7 Abs 5 lit a und f der FriedhofsO 1997 die Grabnutzungsberechtigten benachteiligten und einen massiven Eingriff in bestehende Rechte darstellten. Bei der Interessensabwägung müssten die wirtschaftlichen Interessen der beklagten Partei gegen jene der Klägerin abgewogen werden. Das Interesse eines Grabnutzungsberechtigten, überwiege jene Interessen der beklagten Partei, zumal Grabstätten "Kultusanstalten" und Denkmäler, mit welchen besondere Gefühle verbunden seien, seien. Daher sei die beklagte Partei verpflichtet, ihre Zustimmung zur Wiedererrichtung der Grabstätte als auch zur Namenseintragung des verstorbenen Ehegatten der Klägerin am Grabstein zu erteilen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erachtete die ordentliche Revision als zulässig. In rechtlicher Hinsicht vertrat es im Wesentlichen die Auffassung, Zweck einer FriedhofsO sei es zweifellos, einerseits dafür Sorge zu tragen, dass der Würde und dem Stellenwert eines Friedhofs entsprechende Verhaltens- und Gestaltungsregeln aufgestellt und eingehalten werden, und andererseits die Grabrechte und die wirtschaftliche Gebarung des Friedhofs zu regeln. Grabstätten hätten "seit jeher eine besondere Bedeutung für den Menschen sowohl zu Lebzeiten als auch für die Hinterbliebenen". Friedhöfe und Grabmäler hätten auch als "letzte Ruhestätten" eine "besondere gesellschaftliche Stellung, wobei der Gesetzgeber diesem Umstand durch § 126 Abs 1 Z 2 StGB Rechnung" trage. Es handle sich bei Friedhöfen um "Kultstätten und Denkmäler". Unter Bedachtnahme auf die dynamische Verweisung des § 6 FriedhofsO 1986, der sich die Klägerin unterworfen habe, und in analoger Anwendung des § 1056 ABGB sei hier das Interesse der Friedhofsverwaltung, den Ablauf von Aushubarbeiten aus Anlass von Beisetzungen neu zu organisieren bzw die Grabungsarbeiten zu erleichtern, mit den Interessen der Grabnutzungsberechtigten abzuwägen. "Das rein auf Wirtschaftlichkeit gestützte Interesse der Friedhofsverwaltung" habe "gegenüber der Interessen des Grabnutzungsberechtigten aus Pietätsgründen zurückzutreten". "Ein Grabnutzungsvertrag" sei "von keiner der Vertragsparteien auf Gewinnerzielung gerichtet, sodass die geltend gemachten wirtschaftlichen Interessen der Friedhofsverwaltung nur eine untergeordnete Rolle spielen" dürften. Dies gelte auch für die von der Friedhofsverwaltung gewünschte Neugestaltung des Grabmals, de facto den Weg zwischen gegenüberliegenden Gräbern zu verbreitern. Auf Grund des Grabnutzungsvertrags müsse aber die Friedhofsverwaltung dafür Sorge tragen, dass in die Rechte des Grabberechtigten von dritter Seite (Friedhofsbesucher) nicht eingegriffen werde. Dies sei aber bei einer "Wegverbreiterung" nicht mehr gewährleistet, weil für Friedhofsbesucher der zur Begehung gewidmete Weg nicht mehr erkennbar sei. Überdies lege die FriedhofsO 1997 in der geänderten Fassung in § 7 Abs 5 fest, dass die Beistellung eines neuen bzw die Änderung eines bestehenden Grabs der Kommissionierung bedürfe. Im vorliegenden Fall bestehe das Familiengrab seit 1981 in jener "Gestaltung", die die Klägerin nach der Beisetzung ihres verstorbenen Ehegatten "wiedererrichten" wolle. Die FriedhofsO 1997 enthalte aber keine Regelung, wonach die Wiedererrichtung des Grabmals - ohne Änderung - einer Kommissionierung bedürfe. Zwar sei das Hinzufügen des Namens des Verstorbenen eine Änderung der Grabinschrift, doch könne die Bestimmung nun dahingehend ausgelegt werden, dass der Würde des Friedhofs nicht entsprechende Inschriften verhindert werden sollen; "eine andere Auslegung, wie die Verhinderung, den Namen von Verstorbenen auf Grabsteine zu schreiben, wäre schikanöse Rechtsauslegung".

Die Revision der beklagten Partei ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Das Leichenbestattungs- und Friedhofswesen ist gemäß Art 15 Abs 1 B-VG in Gesetzgebung und Vollziehung Landessache. Zu unterscheiden sind Kommunal- oder Gemeindefriedhöfe und konfessionelle Friedhöfe. Dass die Rechtsbeziehungen zwischen dem Inhaber eines Friedhofs und dessen Benützern unterschiedlich geregelt sind, führte der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis VfSlg 7.801 aus: Sie sind bei kommunalen Friedhöfen öffentlich-rechtlicher, bei konfessionellen Friedhöfen dagegen privatrechtlicher Natur.

Die Vorinstanzen haben die Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin als Grabnutzungsberechtigten und somit an der Grabstelle auf dem konfessionellen Friedhof der beklagten römisch-katholischen Pfarre dinglich Berechtigten einerseits und der beklagten Partei andererseits in Übereinstimmung mit Art 15 StGG, nach dem jede gesetzlich anerkannte Kirche oder Religionsgemeinschaft ihre "inneren Angelegenheiten" selbständig ordnet und verwaltet, zutreffend als solche privatrechtlicher Natur beurteilt (SZ 32/119; SZ 47/40; 8 Ob 504/89 = SZ 63/51 = RdW 1991, 15 mwN). Die hier maßgeblichen Rechtsvorschriften enthält das Stmk LeichenbestattungsG 1952, LGBl 1952/32, und das Stmk LeichenbestattungsG 1992, LGBl 1992/45, nach welchen für jeden Friedhof vom Rechtsträger eine Friedhofsordnung zu erlassen ist, die der Genehmigung durch die Bezirksverwaltungsbehörde bedarf (§ 30 Abs 1 Stmk LeichenbestattungsG 1952 bzw § 35 Abs 1 Stmk LeichenbestattungsG 1992). Die von der beklagten Pfarre nach Art 15 StGG zulässigerweise erlassenen Friedhofsordnungen sind unbestrittenermaßen keine Verordnungen iSd Art 139 B-VG, sondern haben den Charakter einer "privaten Hausordnung", somit von allgemeinen Geschäftsbedingungen (im folgenden nur AGB; SZ 63/51 mwN).

Als die Klägerin im Jahr 1981 den Wünschen ihrer Mutter entsprechend die nun von der beklagten Partei beanstandete Grabstätte errichteten ließ, war für den Friedhof der beklagten Partei die weder vom zuständigen Bischöflichen Ordinariat noch von der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde genehmigte FriedhofsO 1962 erlassen, obwohl diese Genehmigungen unbestrittenermaßen sowohl nach kirchenrechtlichen Bestimmungen, auf die die zweite Instanz zutreffend verwies, wie auch nach dem damals in Geltung gestandenen Stmk LeichenbestattungsG 1952 notwendig gewesen wären. Ob die FriedhofsO 1962 dennoch privatrechtlich wirksam war, was die zweite Instanz verneinte, braucht hier nicht untersucht zu werden, weil von den Parteien aus dieser FriedhofsO keine Rechtsfolgen abgeleitet werden. Sollte die 1981 von der Klägerin errichtete Grabanlage den Bestimmungen der FriedhofsO 1962 widersprochen haben, so wurde deren Ausführung von der beklagten Partei, die auch noch nach Inkrafttreten der FriedhofsO 1986 bis 1997 dagegen niemals Einwendungen erhob, jedenfalls stillschweigend genehmigt (§ 863 ABGB). Als die Klägerin 1991 ihr Grabnutzungsrecht um weitere zehn Jahre verlängern ließ, das Recht also neuerlich "ablöste", stand bereits die unbestrittenermaßen vom Bischöflichen Ordinariat und von der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde genehmigte und somit jedenfalls wirksame FriedhofsO 1986 in Geltung, die in ihrem § 6 Abs 1 erster Satz ("Durch den Erwerb eines Grabes erhält der Berechtigte lediglich ein Benutzungsrecht nach Maßgabe der jeweiligen Friedhofsordnung") auf die jeweilige Friedhofsordnung verwies. Die Klägerin bestreitet auch gar nicht die Geltung dieser AGB ihr gegenüber, sodass sich Erwägungen darüber, wie sie Vertragsinhalt wurden, erübrigen.

Bei Dauerschuldverhältnissen können vertragsbestimmende AGB ohne besondere gesetzliche Regelung nur mit Zustimmung des Vertragspartners geändert werden, unterliegt doch das Wirksamwerden jeder Änderung solcher AGB den gleichen Grundsätzen wie der Vertragsschluss selbst (SZ 63/51 mwN). Änderungen der AGB berühren somit bereits vorher geschlossene Verträge nur, wenn dem der Vertragspartner vorweg zustimmte, dabei aber auch wusste, bei welchen Bestimmungen mit Änderungen zu rechnen ist (SZ 63/51; EvBl 1982/87 zu Allgemeinen Versicherungsbedingungen; Rummel in Rummel2, § 864a ABGB Rz 3; Gschnitzer in Klang2 IV/1, 59 f mwN; Apathy in Schwimann2, § 864a ABGB Rz 4). Eine Einbeziehung der neuen AGB in das Vertragsverhältnis kann somit durch eine entsprechende - hier aber gar nicht behauptete - Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien, durch die Ausübung eines - hier vorliegenden - vertraglichen Änderungsvorbehalts oder durch einen - hier gleichfalls nicht behaupteten - direkten behördlichen oder gesetzlichen Eingriff bewirkt werden (SZ 63/51).

Dass das Grabmal der Klägerin nicht der FriedhofsO 1997 entspricht, ist unbestritten, doch kann die beklagte Partei mangels Geltung dieser AGB der Klägerin gegenüber von dieser nicht eine dieser FriedhofsO konforme Herstellung des Familiengrabs verlangen: Die Ausübung des vertraglichen Änderungsvorbehalts scheitert nämlich daran, dass der Vertragspartner (dessen Rechtsverhältnis bisher durch die alten AGB des Verwenders geregelt war) mangels ausdrücklichen und unmissverständlichen Hinweises auf Änderungen in den neuen AGB, die eine ungewöhnliche und nicht vorhersehbare Pflichtenerweiterung des Vertragspartners des Verwenders von AGB im Vergleich zu dessen vorher verwendeten alten AGB einführen, regelmäßig nicht mit wesentlichen Änderungen in den neuen AGB rechnet (8 Ob 639/90 = JBl 1991, 442; RIS-Justiz RS0014601; Feil, Allgemeine Geschäftsbedingungen Rz 20.3).

Im vorliegenden Fall bedeuteten aber § 7 Abs 5 lit a und lit f der neuen FriedhofsO 1997 - als neuer AGB - eine ungewöhnliche und nicht vorhersehbare Erweiterung des Pflichtenkreises der Klägerin als Grabnutzungsberechtigten, wäre doch danach jede Änderung der Grabinschrift kommissionierungspflichtig und müsste die Klägerin nun ihre Grabanlage nicht unerheblich verkleinern, wenn dies auch im allgemeinen Wohl gelegen sein mag (besserer Zugang zu den Gräbern, Möglichkeit der vorübergehenden Ablagerung von Aushubmaterial, gewisse Vereinheitlichung der Grabstätten etc). Dass dies für die Klägerin nicht nur mit erheblichen finanziellen Aufwendungen verbunden wäre, sondern auch gefühlsmäßige Beeinträchtigungen nach sich zöge, haben schon die Vorinstanzen zutreffend hervorgehoben. Auf diese Ausführungen im Berufungsurteil kann verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO). Daher können die Bestimmungen des § 7 Abs 5 lit a und lit f FriedhofsO 1997 ungeachtet der Verweisung der FriedhofsO 1986 auf die jeweils gültige FriedhofsO die Klägerin aus dem Grunde des § 864a ABGB insoweit nicht binden. Ob sonstige Bestimmungen der neuen AGB den Pflichtenkreis der Grabnutzungsberechtigten erweitern, kann hier mangels Relevanz auf sich beruhen. Auf die Erwägungen der zweiten Instanz zur Anwendung des § 1056 ABGB auf den vorliegenden Rechtsfall muss nicht mehr eingegangen werden.

Erst nach Ablauf des derzeit gültigen Grabnutzungsvertrags im Jahr 2007 kann die beklagte Partei eine Vertragsverlängerung unter Vereinbarung der FriedhofsO 1997 (oder einer dann folgenden FriedhofsO) von der Herstellung eines dieser konformen Grabstätte abhängig machen. Dies entspricht im Übrigen schon jetzt dem nicht unbilligen Vorschlag der beklagten Partei, dass die Klägerin entsprechend § 7 Abs 5 lit f FriedhofsO 1997 in der nunmehrigen Fassung die wiederhergestellte Grabanlage innerhalb der nächsten zehn Jahre an den derzeit gültigen Standard anpasst.

Demnach kann der Revision kein Erfolg beschieden sein.

Die Kostenentscheidung fußt auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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