OGH 3Ob136/24g

OGH3Ob136/24g28.10.2024

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache der Antragsteller 1. D*, 4. Be*, 5. E*, 10. V*, 11. M*, 12. Bi*, 13. K*, 14. W*, 15. A*, 17. Ma*, sämtliche vertreten durch Dr. Christopher Kempf, Rechtsanwalt in Spittal an der Drau, gegen den Antragsgegner S*, vertreten durch Dr. Franz P. Oberlercher & Mag. Gustav H. Ortner RechtsanwaltsGmbH in Spittal an der Drau, wegen Einräumung eines Notwegs, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 13. Juni 2024, GZ 3 R 100/24g‑87, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0030OB00136.24G.1028.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Der Antrag des Antragsgegners auf Zuspruch der Kosten seiner Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.

 

Begründung:

[1] Gegenstand des Verfahrens ist ein – im ersten Rechtsgang zu 3 Ob 50/22g behandelter – Antrag mehrerer Eigentümer von Liegenschaften mit Ferienhäusern in einem auf rund 1.600 m Seehöhe gelegenen Dorf auf Einräumung eines Notwegs über ein Grundstück des Antragsgegners, und zwar für die Winterzeit (jeweils zwischen 15. Dezember und 30. April).

[2] Das Erstgericht wies den Notwegeantrag (auch im zweiten Rechtsgang) ab. Die Ferienhäuser der Antragsteller seien durch einen Beitritt zum Verein (als außerordentliches Mitglied) und damit durch eine den Antragstellern zumutbare Maßnahme der Selbstvorsorge auch im Winter erreichbar.

[3] Das Rekursgericht gab dem dagegen von den Antragstellern erhobenen Rekurs nicht Folge. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt und der ordentlichen Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

[4] Der Bewertungsausspruch ist – entgegen der Ansicht des Antragsgegners in seiner (nicht freigestellten) Revisionsrekursbeantwortung – im vorliegenden Fall bindend, weil dabei vom Rekursgericht keine zwingenden Bewertungsvorschriften verletzt (RS0042385 [T8]), der vom Gesetzgeber eingeräumte Ermessensspielraum nicht überschritten (RS0042385 [T22]; RS0042515 [T8]) und keine offenkundige Überbewertung vorgenommen wurde (RS0109332 [T1]).

Rechtliche Beurteilung

[5] Die Antragsteller zeigen in ihrem – entgegen der Meinung des Antragsgegners – nicht jedenfalls unzulässigen, sondern außerordentlichen Revisionsrekurs keine erhebliche Rechtsfrage auf.

[6] 1. Die Antragsteller geben zunächst auf etwa 30 Seiten wortwörtlich ihre Rekursausführungen wieder, ohne dabei einen konkreten Zusammenhang mit den Argumenten des Rekursgerichts herzustellen, weshalb das Rechtsmittel insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt ist (vgl RS0043603 [T9, T15, T16]).

[7] 2. Der erkennende Senat hat im ersten Rechtsgang zu 3 Ob 50/22g die ergänzende Klärung aufgetragen, „ob der Vereinsbeitritt ein den Antragstellern zumutbarer Akt der Selbstvorsorge ist. Dies erfordert konkrete und aussagekräftige Feststellungen zu den mit dem Vereinsbeitritt verbundenen derzeitigen und künftigen Kosten sowie zur damit vermittelten Rechtsposition, also den nach einem Vereinsbeitritt gebührenden Nutzungsmöglichkeiten.“

[8] 3. Nunmehr steht fest: Die Beiträge für eine vom Verein angebotene Personen- und Transportmitgliedschaft, die eine Verbindung der Ferienhäuser über die von den Antragstellern als Notweg beantragten Strecke durch einen Transportdienst sicherstellt, lagen zuletzt bei 480 EUR jährlich. In diesen Jahresbetrag sind neben den Kosten für die Fahrzeuge und deren Betrieb auch solche für Haftpflichtversicherungen eingepreist; der Verein ist nicht auf Gewinn gerichtet. Der flexibel eingerichtete Transportdienst, der zusätzlich saisonal angepasst wird, funktioniert ohne Schwierigkeiten, sämtliche dem Verein beigetretene Dorfbewohner sind damit sehr zufrieden. Die Antragsteller sind dem Verein als weitere außerordentliche Mitglieder willkommen, lehnen aber einen Beitritt ab, weil ihnen „das Vereinsmodell nicht gefällt“. Von Seiten des Vereins bestünde auch die Bereitschaft, bei Bedarf die Mitgliedschaft auf einen bloßen (Güter-)Transport (für jährlich 200 EUR) oder auf das ganzjährige Gehen (für jährlich 30 EUR) über den als Notweg beantragten Zugang beschränkt anzubieten.

[9] 4. Das Rekursgericht ist auf der Basis dieser Feststellungen zum Ergebnis gelangt, dass den Antragstellern ein Beitritt zu diesem Verein, der ihnen die ganzjährige Anbindung ihrer Liegenschaften (Ferienhäuser) an das öffentliche Wegenetz sicherstellt, zumutbar und ihr Begehren auf Einräumung des Notwegs daher nicht berechtigt sei. Darin ist angesichts der geringen und je nach Bedarf abgestuften jährlichen Kosten des Vereinsbeitritts keine aufzugreifende Fehlbeurteilung der Grundsätze zumutbarer Selbstvorsorge zu erkennen. Daran ändert auch die von den Antragstellern ins Treffen geführte (geringe) Wertminderung des Grundstücks des Antragsgegners im Fall einer Einräumung des begehrten Notwegs nichts, ist doch nach § 4 Abs 1 NWG darauf Rücksicht zu nehmen, dass die fremde Liegenschaft möglichst wenig belastet sowie deren Eigentümer möglichst wenig belästigt wird und die Fälle der Bewilligung einer Weganlage möglichst einzuschränken sind. Auch mit diesen Grundsätzen steht die Entscheidung des Rekursgerichts in Einklang.

[10] 5. Soweit die Antragsteller behaupten, sie dürften deshalb nicht auf einen Beitritt zum Verein verwiesen werden, weil es für eine bloße Fußgängermitgliedschaft bisher noch keinen Vereinsbeschluss gebe und kein Rechtsanspruch auf eine Vereinsmitgliedschaft fest stehe, entfernen sie sich insoweit vom festgestellten Sachverhalt, als dafür die Bereitschaft des Vereins festgestellt ist.

[11] 6. Damit zeigen die Antragsteller insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage auf, weshalb sich ihr Rechtsmittel als nicht zulässig erweist.

[12] 7. Die Revisionsrekursbeantwortung war nicht freigestellt, zur Rechtsverfolgung nicht notwendig und daher – auch im Rahmen des § 25 Abs 1 NWG – nicht zu honorieren (vgl RS0121741; 6 Ob 77/24b).

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