European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0030OB00135.20D.0120.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 939,24 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin enthalten 156,54 EUR an USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] Die Vorinstanzen wiesen die auf Arzthaftung gestützte Klage ab, die (zuletzt nur) mit auf unterlassener Aufklärung vor einer Schmerzmittelinfiltration durch den beklagten Arzt, die zu einem Pneumothorax bei der Klägerin führte, begründet wurde. Es steht fest, dass die Klägerin, wäre sie vom Beklagten bei einem früheren Anlass oder unmittelbar vor der gegenständlichen Behandlung zu deren jeweils detailliert angeführten Risken und Alternativen aufgeklärt worden, der Schmerzmittelinfiltration dennoch zugestimmt hätte.
[2] Da die Revision der Klägerin mit ihren gegen diese Annahme gerichteten Argumenten keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzeigt, ist sie – ungeachtet des nicht bindenden Zulässigkeitsausspruchs des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) – als nicht zulässig zurückzuweisen. Das ist wie folgt kurz zu begründen (§ 510 Abs 3 ZPO):
[3] 1. Selbst bei Bejahung einer Verletzung der Aufklärungspflicht kann sich der Arzt von der Haftung durch den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens (Einwilligung des Patienten auch bei ordnungsgemäßer Risikoaufklärung) befreien. In einem solchen Fall trifft den beklagten Arzt die Behauptungs‑ und Beweislast dafür, dass der Patient auch bei ausreichender Aufklärung die Zustimmung zur ärztlichen Maßnahme erteilt hätte (RIS‑Justiz RS0038485; RS0111528 [T1 und T8]; RS0108185).
[4] 2. Die Auslegung des Vorbringens des Beklagten dahin, er habe ua behauptet, die Klägerin hätte auch bei erstmaliger ordnungsgemäßer Aufklärung der Behandlung zugestimmt, ist nicht korrekturbedürftig und wirft keine erhebliche Rechtsfrage auf (RS0042828). Die Feststellung zum rechtmäßigen Alternativverhalten ist daher durch ausreichendes Vorbringen des Beklagten gedeckt, also nicht überschießend.
[5] 3. Ob der Patient bei ausreichender Aufklärung seine Zustimmung zum Eingriff erteilt hätte, ist eine Tatfrage (RS0038485 [T16]). Davon, dass sich das Berufungsgericht mit der Beweisrüge gegen die dazu getroffene Feststellung nur so mangelhaft befasst hat, dass keine nachvollziehbaren Überlegungen zur Beweiswürdigung angestellt und im Urteil festgehalten sind, kann keine Rede sein. Vielmehr hat es den wesentlichen Argumenten der Beweisrüge eigene, logisch nachvollziehbare Überlegungen, die mit jenen des Erstgerichts identisch sind, entgegengesetzt, was einer mängelfreien Erledigung der Beweisrüge entspricht (3 Ob 211/19d mwN).
[6] Soweit die Argumentation der Klägerin (auch an anderen Stellen der Revision) inhaltlich einer Beweisrüge entspricht, genügt der Hinweis, dass dies in dritter Instanz unzulässig ist (RS0042903; RS0069246). Damit ist diese Tatfrage von den Vorinstanzen für den Obersten Gerichtshof bindend zu Gunsten des Beklagten beantwortet worden.
[7] 4. Die Begründung des Berufungsgerichts für die Verneinung eines sekundären Feststellungsmangels zu einer erstmals in der Berufung behaupteten Zusicherung der Gefahrlosigkeit der streitgegenständlichen Behandlung vor deren Beginn ist aktenkonform. Aussagen der Klägerin als Partei können Prozessbehauptungen nämlich nicht ersetzen (RS0038037).
[8] 5. Die Rechtsrüge enthält keine Argumente auf Basis des festgestellten Sachverhalts und ist deshalb nicht weiter zu behandeln (RS0043312).
[9] 6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41 und 50 ZPO. Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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