OGH 3Ob100/19f

OGH3Ob100/19f29.8.2019

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Priv.-Doz. Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei A*****, Italien, vertreten durch Dr. Barbara Pesce-Cihlar, Rechtsanwältin in Wien, wider die verpflichtete Partei R***** KG, *****, vertreten durch Mag. Ulrike Kargl, Rechtsanwältin in Wien, wegen 36.562,29 EUR sA, aus Anlass des außerordentlichen Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau als Rekursgericht vom 29. März 2019, GZ 1 R 31/19t-15, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Krems an der Donau vom 7. Jänner 2019, GZ 4 E 5053/18g‑2, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0030OB00100.19F.0829.000

 

Spruch:

Aus Anlass des Revisionsrekurses der betreibenden Partei wird der Beschluss des Rekursgerichts, mit dem über den Rekurs der betreibenden Partei meritorisch entschieden wurde, als nichtig aufgehoben, und dem Erstgericht aufgetragen, den Schriftsatz der verpflichteten Partei vom 21. Jänner 2018 als Einspruch nach § 54c Abs 1 EO zu behandeln und darüber das gesetzmäßige Verfahren einzuleiten.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Mit ihrem nach Auftrag (vgl den Beschluss vom 3. Dezember 2018, mit dem ua die „Vorlage der in der Übersetzung genannten Bestätigung gem. Art 54 und 58 der EuGVVO“ verlangt wurde) verbesserten Exekutionsantrag beantragte die Betreibende zuletzt mit dem verbesserten, handschriftlichen und außerhalb des ERV eingebrachten Exekutionsantrag vom 19. Dezember 2018, ihr wider die Verpflichtete aufgrund des Zahlungsbefehls des Tribunale Civile Di Arezzo vom 16. August 2016, Aktenzeichen 1181/2016, und der Vollstreckbarkeitsbestätigung vom 28. Februar 2017 zur Hereinbringung von 36.562,29 EUR (ohne Zinsen) und der Kosten von 1.305 EUR und 286 EUR sowie der Kosten des Exekutionsantrags die Fahrnisexekution und die Forderungsexekution nach § 294 EO zu bewilligen. Dazu lagen dem Erstgericht ua folgende Urkunden vor: Der Zahlungsbefehl im elektronischen Rechtsverkehr (Decreto ingiuntivo telematico) des Landesgerichts Arezzo vom 16. (bzw auch 17.) August 2016, Nummer 1181/2016, Register Nummer 3163/2016, samt einer Übersetzung in die deutsche Sprache, und eine von dem italienischen Gericht stammende (so die bloß beschreibende Übersetzung ins Deutsche) „Bestätigung über die Rechtskraft mit Wirkung vom 05. 01. 2017 vom 28. 02. 2017 [...] und Vollstreckbarkeitserklärung vom 28. 02. 2017 [...]“ sowie anderen Urkunden (je als bereits mit dem einleitenden Exekutionsantrag vorgelegte PDF-Anhänge). In der Übersetzung wird auch eine „Bestätigung gemäß Art 54 und 58 des Europäischen Vollstreckungsübereinkommens in italienischer Sprache [...]“ vom 21. Juni 2018 erwähnt, die erst nachträglich (über Auftrag) in Kopie vorgelegt wurde.

Das Erstgericht bewilligte die Exekution antragsgemäß.

Die Verpflichtete brachte zunächst einen sowohl am ERV-Deckblatt als auch im Rubrum als „Rekurs“, im Text jedoch als „Impugnationsgesuch in eventu Rekurs“ bezeichneten Schriftsatz vom 21. Jänner 2018 mit den Anträgen ein, die Exekution (zunächst) aufzuschieben und die Exekutionsbewilligung aufzuheben. Am ERV-Deckblatt ist ein Amtsvermerk des Erstgerichts ersichtlich, wonach ein Aufschiebungsantrag folgen und (offensichtlich von Verpflichtetenseite) ersucht werde, „sowohl Impugnationsgesuch als auch Rekurs gleichzeitig“ zu behandeln. Kurz darauf folgte ein Aufschiebungsantrag, dem das Erstgericht nach Äußerung der Betreibenden (nur) zur Fahrnisexekution gegen Sicherheitsleistung stattgab (ON 10), um den Akt im Anschluss mit Rekurs vorzulegen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluss in eine Abweisung des Exekutionsantrags ab. Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ es nicht zu, weil Rechtsfragen iSd § 528 Abs 1 ZPO nicht zu lösen gewesen seien.

Es ging davon aus, dass auf den Exekutionstitel die EuGVVO 2012 anzuwenden sei und über den gegenständlichen Exekutionsantrag zwingend im vereinfachten Verfahren nach § 54b EO zu entscheiden gewesen wäre, weshalb das Fehlen von Originalurkunden nicht schade. Für die Vollstreckung einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Entscheidung habe die Partei eine Ausfertigung der Entscheidung und die nach Art 53 EuGVVO 2012 ausgestellte Bescheinigung vorzulegen. Im vereinfachten Verfahren seien die im § 54 EO geforderten Angaben über die Entscheidung vorzubringen und das Datum der Ausstellung der Bescheinigung anzugeben. Mit dem Exekutionsantrag sei eine (nationale) Vollstreckbarkeitsbestätigung vom 28. Februar 2017 vorgelegt worden, die (wohl) wie für eine Vollstreckung in Italien ausgestellt sei. Eine Bescheinigung iSd EuGVVO 2012 (Anhang I zu Art 53 EuGVVO) mit dem Datum 28. Februar 2017 sei weder vorgelegt noch deren Existenz behauptet worden. Auf die vorgelegte Bescheinigung entsprechend Anhang V zu den Art 54 und 58 der EuGVVO 2000 vom 21. Juni 2018 habe sich die Betreibende im Antragsvorbringen nicht berufen; sie könne auch nicht Grundlage einer Vollstreckung nach der EuGVVO 2012 sein, woran der dennoch erteilte Vorlageauftrag des Erstgerichts nichts zu ändern vermöge. Damit liege zwar eine im Geltungsbereich der EuGVVO zu vollstreckende Entscheidung vor, von der aber nicht behauptet werde, dass sie eine Bescheinigung nach Anhang I zu Art 53 EuGVVO (wann immer) erhalten habe. Dabei handle es sich um keinen verbesserungsfähigen Mangel, weil es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass eine solche Bescheinigung bereits vorhanden sei, weshalb der Exekutionsantrag ohne Verbesserungsverfahren abzuweisen sei.

Mit ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs bekämpft die Betreibende die Rekursentscheidung zur Gänze wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und strebt die Abänderung dahin an, dass ihr ein Verbesserungsauftrag nach § 54 Abs 3 EO, in eventu nach § 54b Abs 2 Z 3 EO erteilt werde. Erhebliche Rechtsfragen lägen darin, ob ein Wahlrecht zur Anwendung des ordentlichen oder vereinfachten Bewilligungsverfahrens existiere, wie ein Rekursgericht vorzugehen habe, wenn unzulässig nicht im vereinfachten Bewilligungsverfahren entschieden worden sei, welche Angaben zum Tag der Bestätigung der Vollstreckbarkeit in einem Exekutionsantrag, der sich auf einen der EuGVVO 2012 unterliegenden Exekutionstitel stütze, zu machen seien und welche Folgen ein Auftrag des Erstgerichts zur Vorlage einer falschen Bestätigung habe. Inhaltlich vertritt die Betreibende ua die Auffassung, dass ihr das Rekursgericht im vereinfachten Bewilligungsverfahren wegen Zweifeln an deren Existenz die Vorlage einer Bescheinigung gemäß Art 53 EuGVVO 2012 nach § 54b Abs 2 Z 3 EO auftragen hätte müssen; der Betreibenden könne nicht zum Nachteil gereichen, wenn sie dem Auftrag des Erstgerichts zur Vorlage einer falschen Bestätigung nachgekommen sei. Da die EuGVVO 2012 den Begriff „Vollstreckbarkeitsbestätigung“ nicht kenne, könne es kein Fehler sein, wenn im Exekutionsantrag das Datum der Vollstreckbarerklärung laut Punkt 4.4.1 des Formblattes Anhang I zu Art 53 EuGVVO 2012 und nicht das Datum der Ausstellung dieser Bestätigung angegeben werde. Schließlich verlange § 54b Abs 2 Z 1 EO die Nennung des Tages, „an dem die Bestätigung der Vollstreckbarkeit erteilt wurde“. Auf diesen Tag sei abzustellen, sofern man nicht beide Varianten als zulässig ansehen wolle.

Die Verpflichtete erstattete (ohne Freistellung) eine Revisionsrekursbeantwortung .

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlass des Revisionsrekurses der Betreibenden ist ein dem Beschluss des Rekursgerichts anhaftender Verstoß gegen die funktionale Zuständigkeit aufzugreifen.

1.  Vorweg ist klarzustellen:

1.1.  Die Anwendung der EuGVVO 2012 auf den hier betriebenen italienischen Exekutionstitel ist zwischen den Parteien unstrittig und begegnet keinen Bedenken. Der Zahlungsbefehl bedurfte daher keiner gesonderten Vollstreckbarerklärung, vielmehr kann in Österreich – wie sich aus § 2 Abs 2 EO ergibt – unmittelbar ein Antrag auf Exekutionsbewilligung gestellt werden (Art 41 EuGVVO 2012; Neumayr in Mayr in EuZVR [2017] Rz 3.920).

1.2.  Da § 54b Abs 1 Z 4 EO auch die einem inländischen „gleichgestellten (§ 2 EO)“ Exekutionstitel erwähnt, ist über den Exekutionsantrag nach herrschender Ansicht im vereinfachten Bewilligungsverfahren zu entscheiden, auch wenn die Bestätigung der Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels oder die nach ua der EuGVVO 2012 erforderliche (Vollstreckbarkeits-)Bescheinigung in einer gesonderten Urkunde erteilt wurde ( Kloiber in Deixler‑Hübner § 54b EO [2019] Rz 10 mwN; Jakusch in Angst/Oberhammer EO³ [2015] § 54b EO Rz 8; Mohr Neues im internationalen Exekutionsrecht – die Neufassung der EuGVVO [Brüssel-I VO] in ÖRPfl 2013, 32 [33]).

1.3.  Sofern die Voraussetzungen des § 54b Abs 1 Z 1 bis 5 EO erfüllt sind, „hat“ das Gericht über einen Exekutionsantrag im vereinfachten Bewilligungsverfahren zu entscheiden, also zwingend danach vorzugehen; ein Wahlrecht steht weder dem betreibenden Gläubiger noch dem Gericht zu ( Kloiber in Deixler-Hübner § 54b EO Rz 3 mwN; Jakusch in Angst/Oberhammer EO³ § 54b EO, Rz 2; Neumayr/Nunner‑Krautgasser Exekutionsrecht 4 100). Die Regelungen der §§ 54b ff EO sind daher nicht nur auf das Verfahren bis zur Exekutionsbewilligung anzuwenden, sondern auch danach, selbst wenn sie bisher unbeachtet geblieben sein sollten.

1.4.  § 54b Abs 2 EO legt die Antragserfordernisse des vereinfachten Bewilligungsverfahrens fest.

1.4.1.  Zunächst wird das neben dem in § 54 Abs 1 EO vorgeschriebenen Inhalt eines Exekutionsantrags erforderliche Vorbringen genannt. Im gegebenen Zusammenhang betrifft das die Nennung des Tages, an dem die Bestätigung der Vollstreckbarkeit erteilt wurde (Z 1). Somit genügt die Angabe eines Datums, es ist aber nicht gefordert, jene Urkunde anzuführen, der dieses Datum zu entnehmen ist. Die Betreibende war daher nicht gehalten, im Antragsvorbringen eine Bescheinigung nach Art 53 EuGVVO 2012 zu erwähnen, zumal dies auch nicht von § 54 Abs 1 EO gefordert ist.

1.4.2.  Andererseits wird normiert, dass – anders als nach § 54 Abs 2 EO – keine Ausfertigung des Exekutionstitels angeschlossen werden muss (Z 2). Davon erfasst sind auch eine allenfalls in einer gesonderten Urkunde erteilte Bestätigung der Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels, aber auch die rechtskräftige Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Titels und vergleichbare Urkunden nach den unterschiedlichen Rechtsakten der Europäischen Union ( Kloiber in Deixler-Hübner § 54b EO Rz 22 mwN; Jakusch in Angst/Oberhammer EO³ § 54b EO, Rz 8 und 14). Für den vorliegenden Exekutionsantrag bestand somit keine Verpflichtung zur Vorlage des Exekutionstitels und der Bescheinigung nach Art 53 EuGVVO 2012.

2.  Das Rekursgericht erblickte im Schriftsatz der Verpflichteten vom 21. Jänner 2018 einen Rekurs gegen die Exekutionsbewilligung. Dem ist nicht zu folgen:

2.1. Die zwingend vorgesehene Anwendung des vereinfachten Bewilligungsverfahrens bedingt, dass § 54c EO auch auf das Verfahren nach Erlassung der Exekutionsbewilligung anzuwenden ist, wonach dem Verpflichteten die Möglichkeit der Erhebung eines Einspruchs innerhalb von 14 Tagen ab Zustellung der Exekutionsbewilligung zusteht. Mit diesem kann nur geltend gemacht werden, dass ein die bewilligte Exekution deckender Exekutionstitel samt Bestätigung der Vollstreckbarkeit fehlt oder dass der Exekutionstitel nicht mit den im Exekutionsantrag enthaltenen Angaben darüber übereinstimmt. Rechtsbehelfe und Rechtsmittel, mit denen diese Mängel innerhalb der Einspruchsfrist geltend gemacht werden, sind als Einspruch zu behandeln (§ 54c Abs 1 EO). Die Aufzählung dieser Einspruchsgründe ist abschließend (3 Ob 228/06k mwN).

2.2.  Der Einspruchsgrund des Fehlens eines die bewilligte Exekution deckenden Exekutionstitels erfasst auch den Einwand, dass dem Exekutionstitel die behauptete Vollstreckbarkeitsbestätigung fehlt ( Kloiber in Deixler‑Hübner § 54c EO Rz 11; Jakusch in Angst/Oberhammer EO³ § 54c EO, Rz 1).

2.3.  Besondere Formerfordernisse sind für den Einspruch nicht vorgesehen, er muss auch kein bestimmtes Begehren enthalten; es genügt, wenn der Einspruchsgrund ohne nähere Konkretisierung bloß abstrakt benannt ist. Wird im Rahmen eines anderen Rechtsbehelfs oder Rechtsmittels innerhalb der Einspruchsfrist (auch) das Vorliegen eines Einspruchsgrundes behauptet, ist dieses Vorbringen ungeachtet des sonstigen Inhalts der Eingabe und ihrer Bezeichnung diesbezüglich als Einspruch zu werten und zu behandeln. Werden sowohl Einspruchs- als auch Rekursgründe geltend gemacht, so ist mangels Reihung der Erledigung durch den Verpflichteten zuerst über den Einspruch als einfacheren und rascheren Rechtsbehelf zu entscheiden ( Kloiber in Deixler‑Hübner § 54c EO Rz 4 und 6; Jakusch in Angst/Oberhammer EO³ § 54c EO, Rz 4 f und 8).

Entscheidet das Erstgericht – unrichtigerweise – nicht über den als Rekurs bezeichneten Einspruch, sondern legt ihn dem Rekursgericht vor, so hat das Rekursgericht auszusprechen, dass dieser Schriftsatz als Einspruch zu behandeln ist und dem Erstgericht die Entscheidung hierüber aufzutragen ( Kloiber in Deixler-Hübner § 54c EO Rz 6 mwN).

3.  Für den als „Rekurs“ bzw „Impugnationsgesuch in eventu Rekurs“ bezeichneten Schriftsatz der Verpflichteten vom 21. Jänner 2018, der innerhalb der 14-tägigen Einspruchsfrist erstattet wurde, bedeutet dies Folgendes:

3.1.  Er beinhaltet ganz überwiegend Tatsachenvorbringen zur angeblich fehlenden Berechtigung der betriebenen Forderung und zur behaupteten Zustellung des betriebenen, nicht ins Deutsche übersetzten und von einer falschen Rechtsmittelbelehrung begleiteten Titels an die Verpflichtete und deren Annahmeverweigerung. Damit werden wegen des im Rekursverfahren herrschenden Neuerungsverbots keine tauglichen Rekursgründe vorgetragen.

3.2.  Ob im weiteren Hinweis, die Vorgehensweise widerspreche jeder Rechtsstaatlichkeit und dem ordre public, weil der Verpflichteten kein rechtliches Gehör gewährt worden sei, die Geltendmachung eines Vollstreckungsversagungsgrundes iSd Art 46 EuGVVO 2012 erblickt werden könnte, kann dahingestellt bleiben: Ist doch (auch) die Geltendmachung von Versagungsgründen mit Rekurs wegen des Neuerungsverbots ausgeschlossen ( Neumayr in Mayr in EuZVR Rz 3.940; Garber in Angst/Oberhammer EO³ Vor § 79 EO Rz 222; Garber in Burgstaller/Neumayr/Geroldinger/Schmaranzer IZVR [2015] Art 46 EuGVVO 2012 Rz 13).

3.3.  Schließlich heißt es am Ende des Schriftsatzes: „Es liegt weder ein rechtskräftiger Titel noch eine Vollstreckbarkeitsbestätigung vor.“ Zwar ist Voraussetzung der Vollstreckbarkeit nach Art 39 EuGVVO 2012 nicht die Rechtskraft der Entscheidung im Erststaat, sondern deren Vollstreckbarkeit im Erststaat ( Neumayr in Mayr in EuZVR Rz 3.926); in der Behauptung des Fehlens einer Vollstreckbarkeitsbestätigung liegt aber die Geltendmachung eines Einspruchsgrundes nach § 54c Abs 1 1. Fall EO.

Da im Schriftsatz der Verpflichteten weder taugliche Impugnationsgründe vorgetragen werden noch die Unzulässigerklärung der bewilligten Exekution begehrt wird, stellt die Behauptung des Fehlens einer Vollstreckbarkeitsbestätigung das einzige relevante Vorbringen darin dar (§ 78 EO iVm § 84 Abs 2 Satz 2 ZPO).

4.  Dem Rekursgericht war somit eine inhaltliche Behandlung des Schriftsatzes als Rekurs und eine Entscheidung in der Sache verwehrt. Über den Rechtsbehelf des Einspruchs hat also ein funktionell unzuständiges Gericht entschieden, weil über den Einspruch als nicht aufsteigender Rechtsbehelf das Exekutionsgericht zu entscheiden hat ( Kloiber in Deixler-Hübner § 54c EO Rz 2). Dieser Mangel der funktionellen Zuständigkeit des Rekursgerichts ist vom Obersten Gerichtshof aus Anlass des gegen eine unzulässige Sachentscheidung erhobenen Revisionsrekurses als Verfahrensmangel, der immer eine erhebliche Rechtsfrage aufwirft, wahrzunehmen; als Folge dessen ist der unzulässige Rekurs gegen den Beschluss erster Instanz zurückzuweisen (RIS-Justiz RS0115201 [T4, T5], RS0042059 [T9, T10]).

Da ein Rekurs der Verpflichteten gar nicht vorliegt, kommt hier dessen Zurückweisung naturgemäß nicht in Betracht. Unter einem war aber dem Erstgericht aufzutragen, den Schriftsatz der Verpflichteten vom 21. Jänner 2018 als Einspruch im vereinfachten Bewilligungsverfahren nach § 54c Abs 1 EO zu behandeln und darüber das gesetzmäßige Verfahren einzuleiten.

5.  Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht der Betreibenden (primär) gemäß § 54d Abs 1 EO aufzutragen haben, eine Ausfertigung des Exekutionstitels samt der Bescheinigung nach Art 53 EuGVVO 2012, jeweils im Original ( Kloiber in Deixler-Hübner § 54e EO Rz 4; Jakusch in Angst/Oberhammer EO³ § 54d EO Rz 4), binnen 5 Tagen vorzulegen. Dabei handelt es sich um jene Urkunden, die nach Art 42 Abs 1 EuGVVO 2012 mit dem Antrag auf Vollstreckung im Zweitstaat vorzulegen sind.

6.  Da im Fall rechtzeitiger Vorlage zu prüfen sein wird, ob die vorgelegten Urkunden mit sämtlichen im Exekutionsantrag darüber enthaltenen Angaben übereinstimmen (§ 54e Abs 1 Z 2 EO; Jakusch in Angst/Oberhammer EO³ § 54e EO Rz 6), ist in der vorliegenden Konstellation auch der nach § 54b Abs 2 Z 1 EO zu nennende Tag, „an dem die Bestätigung der Vollstreckbarkeit erteilt wurde“ zu klären.

6.1.  Nach Kloiber (in Deixler-Hübner § 54b EO Rz 21a) trete bei einem ausländischen Exekutionstitel, der einer Vollstreckbarkeitserklärung bedarf, an die Stelle des Datums der Vollstreckbarkeitsbestätigung das Datum des Beschlusses über die Vollstreckbarerklärung und das Datum der Rechtskraftbestätigung dieses Beschlusses. Bei einem Titel nach der EuVTVO sei das Datum der Ausstellung der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel anzuführen. Gleiches gelte für sonstige ausländische Titel, die einer derartigen Bestätigung bedürften.

6.2.  Auch Jakusch (in Angst/Oberhammer EO³ § 54b EO Rz 13/1) vertritt, dass im Exekutionsantrag dann, wenn ihm ein rechtskräftig für vollstreckbar erklärter ausländischer Exekutionstitel zugrunde liegt, sowohl das Datum des Beschlusses über die Vollstreckbarerklärung als auch jenes der Bestätigung seiner Rechtskraft anzugeben sei. Handle es sich aber um einen Europäischen Vollstreckungstitel oder um einen Europäischen Zahlungsbefehl, sei das Datum der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel iSd Art 6 EuVTVO bzw die Vollstreckbarerklärung des Europäischen Zahlungsbefehls iSd Art 18 EuMahnVO anzugeben.

6.3.  Die Bescheinigung nach Art 53 EuGVVO (laut Anhang I zur EuGVVO 2012) gibt ua den Unterpunkt 4.4.1 vor, der mit „Ja“ beantwortet werden kann und folgenden Zusatz enthält: „(bitte gegebenenfalls das Datum [TT/MM/JJJJ] angeben, zu dem die Entscheidung für vollstreckbar erklärt wurde)“.

6.4.  Die Formulierung im Unterpunkt 4.4.1 entspricht zwar inhaltlich der Textierung des § 54b Abs 2 Z 1 EO (Tag, an dem die Bestätigung der Vollstreckbarkeit erteilt wurde), die nicht auf das Datum der Bescheinigung nach Art 53 EuGVVO (oder einer anderen Bestätigung/Bescheinigung nach einem anderen Rechtsakt der Europäischen Union) abstellt, obwohl den inländischen gleichgestellte Exekutionstitel ausdrücklich in § 54b Abs 1 Z 4 EO genannt sind und dem Gesetzgeber daher bewusst sein musste, dass diesfalls auch solche Urkunden im Zusammenhang mit der Vollstreckbarkeit vorzulegen sind.

Die Einschränkung des Ersuchens um Angabe des Datums, zu dem die Entscheidung für vollstreckbar erklärt wurde, durch den Beisatz „gegebenenfalls“ zeigt, dass die Nennung dieses Datums nicht in jeder Bescheinigung nach Art 53 EuGVVO 2012 zu finden sein muss. Dieser Umstand schließt es aber aus, das Datum der nationalen Vollstreckbarerklärung als nach § 54b Abs 2 Z 1 EO relevant anzusehen, wenn man bedenkt, dass neben der Titelausfertigung und der Bescheinigung nach Art 53 EuGVVO 2012 keine weiteren Urkunden vorzulegen sind; im Unterschied zum EuGVÜ/LGVÜ 1988 ist daher etwa eine gesonderte Bestätigung der Vollstreckbarkeit nicht mehr erforderlich (Garber in Burgstaller/Neumayr/Geroldinger/ Schmaranzer IZVR Art 53 EuGVVO 2012 Rz 1).

6.5. Daraus ist abzuleiten, dass jedenfalls für Exekutionstitel, die der EuGVVO 2012 unterliegen, im Exekutionsantrag für das vereinfachte Bewilligungsverfahren nach § 54b Abs 2 Z 1 EO das Datum der Bescheinigung nach Art 53 EuGVVO 2012 anzugeben ist.

7.  Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO iVm § 52 Abs 1 ZPO, da nur die Entscheidung des Rekursgerichts als nichtig aufgehoben wurde (RS0035870; RS0123067).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte