OGH 2Ob60/24y

OGH2Ob60/24y15.10.2024

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende und die Hofräte MMag. Sloboda, Dr. Thunhart und Dr. Kikinger sowie die Hofrätin Mag. Fitz als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am * 2022 verstorbenen M*, wegen Feststellung des Erbrechts zwischen den Antragstellern 1. M*, vertreten durch Dr. Alexander Hofmann, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, 2. A*, 3. M*, vertreten durch Dr. Alexander Hofmann, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, 4. M* und 5. M*, beide vertreten durch Ferner Hornung & Partner Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, über den Revisionsrekurs der Viertantragstellerin und des Fünftantragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 10. Jänner 2024, GZ 21 R 138/23z (21 R 4/24w)‑35, womit infolge Rekurses der Erstantragstellerin und des Drittantragstellers der Beschluss des Bezirksgerichts Hallein vom 8. Mai 2023, GZ 35 A 111/22b‑22, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0020OB00060.24Y.1015.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Erbrecht und Verlassenschaftsverfahren

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung über den Rekurs der Erstantragstellerin und des Drittantragstellers aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

[1] Der 2022 verstorbene Erblasser verfasste am 1. Dezember 1987 (in der Folge: Testament 1987) eine unstrittig gültige eigenhändige letztwillige Verfügung, in der er die Erst- bis Viertantragsteller(innen) zu Erben einsetzte.

[2] Am 26. August 1996 verfasste der Erblasser eine weitere eigenhändige letztwillige Verfügung (in der Folge: Testament 1996), in der er die Viertantragstellerin und den Fünftantragsteller zu Erben einsetzte. Den mit „Mein Wille!!“ übertitelten Text schrieb der Erblasser auf die (umgedrehte [also mit nach oben zeigender Spitze der Lasche]) Rückseite eines Briefkuverts, wobei er wegen Platzmangels auch die Lasche beschrieb. Danach setzte der Erblasser in die linke untere Ecke der Kuvertlasche ein „Verweisungszeichen“ (%) und zeichnete daneben einen Unterstrich. Dann wiederholte er rechts neben den Worten „Mein Wille!!“ das „Verweisungszeichen“ (%), setzte seine Unterschrift und unterstrich diese mit einer Linie.

[3] Nach den Feststellungen des Erstgerichts war es der Wille des Erblassers, am 26. August 1996 ein gültiges Testament zu errichten.

[4] Die Erstantragstellerin und der Drittantragsteller gaben unbedingte Erbantrittserklärungen zu je einem Viertel des Nachlasses aufgrund des Testaments 1987 ab. Im Verfahren über das Erbrecht brachten sie vor, dass das Testament 1996 formungültig sei, weil die Unterschrift des Erblassers den Text der letztwilligen Verfügung nicht decke. Außerdem habe es dem Erblasser am erforderlichen Testierwillen gefehlt.

[5] Die Zweitantragstellerin gab eine bedingte Erbantrittserklärung zu einem Viertel des Nachlasses aufgrund des Testaments 1987 ab. Sie ließ die Abweisung dieser Erbantrittserklärung durch das Erstgericht unbekämpft in Rechtskraft erwachsen.

[6] Die Viertantragstellerin und der Fünftantragsteller gaben unbedingte Erbantrittserklärungen je zum halben Nachlass aufgrund des Testaments 1996 ab. Im Verfahren über das Erbrecht brachten sie vor, dass sich die Unterschrift nicht zwingend unterhalb des Textes befinden müsse. Es reiche aus, dass nach der Verkehrsauffassung der erforderliche räumliche Zusammenhang zwischen Unterschrift und Text vorhanden sei.

[7] Das Erstgericht stellte das Erbrecht der Viertantragstellerin und des Fünftantragstellers je zum halben Nachlass aufgrund des Testaments 1996 fest und wies die Erbantrittserklärungen der Erst- bis Drittantragsteller ab. Das Testament 1996 erfülle die Formerfordernisse des § 578 ABGB.

[8] Das nur von der Erstantragstellerin und dem Drittantragsteller angerufene Rekursgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass es das Erbrecht der Erstantragstellerin und des Drittantragstellers je zu einem Viertel des Nachlasses aufgrund des Testaments 1987 feststellte und die Erbantrittserklärungen der Viertantragstellerin und des Fünftantragstellers abwies. Es ließ eine Beweisrüge gegen die Feststellung des Erstgerichts zur Testierabsicht des Erblassers unbehandelt. In rechtlicher Hinsicht erwog das Rekursgericht, dass das Testament 1996 die Formerfordernisse des § 578 ABGB aF nicht erfülle. Entscheidend sei, dass die Unterschrift nach der Verkehrsauffassung den Text der letztwilligen Verfügung insgesamt decken und abschließen müsse. Das sei hier nicht der Fall, weil das „%“‑Zeichen und der Unterstrich die notwendige Verbindung zwischen Text und Unterschrift nicht herstellen könnten.

[9] Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur über den Einzelfall hinaus bedeutsamen, zuletzt in einem Festschriftbeitrag von Welser behandelten Frage vorliege, ob das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift auch durch Unterfertigung am Beginn des Textes der Verfügung unter Verwendung je eines Verweisungszeichens sowohl neben der Unterschrift als auch am Ende des Textes erfüllt sein könne.

[10] Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Viertantragstellerin und des Fünftantragstellers mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn einer Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

[11] Die Erstantragstellerin und der Drittantragsteller beantragen, den Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise, ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[12] Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig und im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags berechtigt.

[13] 1. Einziger Streitpunkt im Revisionsrekursverfahren ist die Frage, ob das Testament 1996 den Formvorschriften des (nach § 1503 Abs 7 Z 5 ABGB aufgrund des Errichtungszeitpunkts der letztwilligen Verfügung noch anzuwendenden) § 578 ABGB aF entsprochen hat.

[14] 2. Nach § 578 ABGB aF muss, wer schriftlich und ohne Zeugen testieren will, das Testament oder Kodizill eigenhändig schreiben, und eigenhändig mit seinem Namen unterfertigen.

[15] 2.1. Zweck des § 578 ABGB ist es, die Feststellung der Identität des Verfassers zu ermöglichen (RS0012462). Auch soll das Erfordernis des eigenhändigen Schreibens und Unterschreibens eine Garantie gegen die Verfälschung des Testaments bieten (2 Ob 216/22m Rz 7). Die Unterschrift des Erblassers stellt bei einem eigenhändigen Testament begrifflich den Vollendungsakt dar, sodass ihr abschließende Wirkung zukommt (2 Ob 143/19x Punkt 6.). Es kommt der Unterschrift letztlich auch die Bedeutung der Solennisierung bei (so bereits GlU 3.301).

[16] 2.2. Vor diesem Hintergrund entspricht es seit Jahrzehnten gefestigter Rechtsprechung, dass die Unterschrift am Schluss der letztwilligen Erklärung oder doch in einer solchen räumlichen Verbindung zum Text stehen muss, dass sie als Abschluss der letztwilligen Verfügung und nach der Verkehrsauffassung diese deckend angesehen werden kann (RS0012464). Zu diesem Rechtssatz sind – soweit für den hier zu beurteilenden Fall von Relevanz – folgende Entscheidungen indiziert:

[17] 2.2.1. In der Entscheidung 1 Ob 38/68 SZ 41/23 sah der Oberste Gerichtshof eine über einen Zeitraum von mehreren Jahren mehrfach ergänzte, auf Vorder- und Rückseite eines Schriftstücks verfasste und ganz am Ende (nur) auf der Rückseite unterfertigte letztwillige Verfügung als gültig an, wobei er zwischen der am Ende der Vorderseite stehenden Verfügung und der zu einem späteren Zeitpunkt gemachten, letztlich aber wieder gestrichenen Anordnung am Beginn der Rückseite einen räumlichen (und inhaltlichen) Zusammenhang annahm.

[18] 2.2.2. In der (unveröffentlichten) Entscheidung 1 Ob 27/72 ging der Oberste Gerichtshof von der äußeren Formgültigkeit eines Testaments aus, das nach der Erbseinsetzung und den Worten „Das ist mein letzter Wille“ die Unterschrift des Erblassers trug.

[19] 2.2.3. Die Entscheidung 6 Ob 540/77 sah den Umstand, dass die Unterschrift 6 cm unterhalb des Textendes gesetzt wurde, als unschädlich an (RS0012464 [T1]).

[20] 2.2.4. In 2 Ob 538/78 SZ 51/85 hatte der Senat eine aus zwei Seiten bestehende letztwillige Verfügung zu beurteilen. Auf der ersten Seite ordnete der Erblasser am linken Blattrand vertikal zum fortlaufenden Text von unten nach oben den Ausschluss seiner Ehefrau vom Erbe an und unterschrieb am unteren Blattrand neben den Worten „Siehe nächste Seite“. Auf der zweiten Seite setzte der Erblasser mit am linken Rand von oben nach unten (also erneut vertikal zum fortlaufenden Text) geschriebenem Text seine Schwester zur Alleinerbin ein, am rechten Rand – wo noch freier Raum geblieben war – schloss er die Verfügung mit einem weiteren Satz ab und setzte letztlich am rechten Blattrand oben unmittelbar nach dem letzten Satz seine Unterschrift. Der Senat sah diese Verfügung als der äußeren Form nach gültig an, weil die Unterschrift zwar nicht am unteren Rand des Schriftstücks, wohl aber am Schluss des Aufsatzes stehe und daher das Schriftstück im räumlichen Sinn abschließe, auch wenn zuletzt die Richtung um 90 Grad geändert worden sei. Es entspreche gerade bei handschriftlicher Privatkorrespondenz den Schreibgewohnheiten, einen zunächst freigelassenen seitlichen Rand eines Blattes bei Platzmangel zu beschreiben.

[21] 2.2.5. In den Entscheidungen 4 Ob 29/04z und 5 Ob 52/04i war jeweils die selbe letztwillige Verfügung zu beurteilen. Die Erblasserin hatte auf einem nicht unterfertigten Blatt Papier letztwillige Anordnungen getroffen, dieses in ein Kuvert gegeben und verschlossen, wobei sich am Kuvert selbst noch die Anordnung fand, dass für den Fall, dass mit der zur Legatarin bestimmten Person „etwas sein“ sollte, eine andere Person das Sparbuch zu erhalten berechtigt sei. Unterhalb dieser Anordnung setzte die Erblasserin auf dem Kuvert ihre Unterschrift. Der Oberste Gerichtshof ging von der Gültigkeit dieser letztwilligen Anordnung aus. Zwar müsse sich die Unterschrift grundsätzlich auf der Urkunde selbst und nicht auf einem Kuvert befinden. Habe die Unterschrift auf dem verschlossenen Kuvert aber keine selbstständige Bedeutung (etwa als bloßer Absendervermerk) und stehe sie mit dem Text auf dem einliegenden Blatt in einem so engen inneren Zusammenhang, dass sie sich nach dem Willen des Erblassers und der Verkehrsauffassung als äußere Fortsetzung und Abschluss der einliegenden Erklärung darstelle, sei der Umschlag Teil der Gesamturkunde (RS0118757).

[22] 2.2.6. In der Entscheidung 2 Ob 112/21s ging der Senat von der Gültigkeit einer letztwilligen Verfügung aus, bei der die Unterschrift „in einem gewissen Abstand“ unterhalb des Textes angebracht ist, solange der erforderliche räumliche Zusammenhang gegeben ist.

[23] 3. In der Literatur wird die soeben dargestellte Judikatur im Wesentlichen zustimmend wiedergegeben. Zur Platzierung der Unterschrift an anderen Stellen als unterhalb des Textes finden sich folgende Überlegungen:

[24] 3.1. Zur „Unterschrift am Rande“ führt Tschugguel (in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 578 ABGB Rz 12) aus, dass im Einzelfall zu prüfen sei, ob die Unterschrift den Text abschließe, dies werde in der Regel nur durch eine Unterschrift am Ende des Textes erreicht, wobei sich das Ende freilich nach der Schriftrichtung bestimme. Die Unterschrift müsse daher nicht zwangsläufig unter dem Text angebracht sein, sie könne den Text auch in seiner letzten Zeile abschließen. Nur ausnahmsweise könne sich aus der Urkundengestaltung anderes ergeben – etwa wenn die Unterschrift aus Platzmangel nicht am Ende, sondern am Rand gesetzt werde. Die Unterschrift müsse dann aber in einer Analyse der Urkunde einen logischen Abschluss derselben ergeben (so bereits Kralik, Erbrecht³ 132).

[25] Nach Hampton (in Ferrari/Likar-Peer, Erbrecht² Rz 5.66) ist entscheidend, dass nach der Verkehrsauffassung der Text als von der Unterschrift gedeckt erscheint. Die Unterschrift müsse sich aber nicht unbedingt unterhalb des Textes befinden. Sei unterhalb des Textes kein Platz mehr frei, könne die Unterschrift auch seitlich neben den Text gesetzt und unter Umständen sogar auf der Rückseite unterschrieben werden.

[26] 3.2. Hingegen gehen Mondel/Knechtel (in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.05 § 578 Rz 7) davon aus, dass eine (alleinstehende) Unterschrift am Rand quer zum Text der Verfügung grundsätzlich nicht ausreichend ist, es letztlich aber bei der Beurteilung dieser Frage auf die Verkehrsauffassung ankommt.

[27] Gruber/Sprohar-Heimlich/Scheuba (in Gruber/Kalss/Müller/Schauer, Erbrecht und Vermögensnachfolge² § 17 Rz 58) betonen, dass es ein „absolutes Muss“ sei, dass die Unterschrift unmittelbar am Ende des Aufsatzes folgen sollte. Sie müsse in einer derart räumlichen Verbindung zum Text stehen, so dass sie den Abschluss desselben bilde.

[28] 3.3. Inzwischen haben sich auch mehrere Beiträge mit dem hier konkret zu beurteilenden Sachverhalt – nämlich der Verwendung eines Verweisungszeichens im Zusammenhalt mit der Positionierung der Unterschrift – befasst.

[29] 3.3.1. Welser betont in einem Festschriftbeitrag (Eigenhändiges Testament: Überschrift als Unterschrift ? In FS Neumayr II [2023] 2151), dass eine Unterschrift am Beginn der letztwilligen Verfügung jedenfalls ungültig sein müsse. Die Verwendung des Zeichens „%“ durch den Erblasser könne daran nichts ändern. Das Zeichen selbst sei keine Unterschrift, habe keinen inhaltlichen Bezug zur Verfügung und ermögliche keine sichere Zuordnung zum Erblasser. Somit sei ein bloßer „Verweis“ nicht ausreichend, um die Position einer vor dem Text stehenden Unterschrift gleichsam zu verändern. Anderenfalls wäre es für Fälscher leicht, durch Anfügung solcher „Verweiszeichen“ die (Un‑)Gültigkeit der letztwilligen Verfügung herbeizuführen.

[30] Dieser Ansicht tritt Tschugguel (Zur Platzierung der Unterschrift beim eigenhändigen Testament, EF‑Z 2024/44) bei. Die Unterschrift müsse in einer Weise platziert werden, die ihrer Bekräftigungs-, Abschluss- und Deckungsfunktion gerecht werde. Das sei nur dann der Fall, wenn die Unterschrift so gesetzt sei, dass eine von ihr inhaltlich losgelöste Fortführung des Textes vermieden werde. Dabei sei nicht nur an die fälschende (fremde), sondern auch die eigene Textfortsetzung zu denken, weil immer fraglich bleiben würde, inwieweit der nachfolgende Teil von der Unterschrift noch gedeckt sei. Entscheidend sei die Einhaltung der Abschluss- und Deckungsfunktion der Unterschrift, die den logischen Abschluss des Testamentstextes bilden müsse. Das Verweisungszeichen, das dem Testator nicht gesichert zuordenbar sei, sei für die Frage der Formgültigkeit auszublenden.

[31] 3.3.2. Hingegen plädiert Heindler (Verweisungs- und Versetzungszeichen in letztwilligen Verfügungen, EF‑Z 2024/67) für eine differenzierte Sichtweise. Im Zusammenhang mit der Frage der Platzierung der Unterschrift sei entscheidend, ob sie in einer solchen räumlichen Verbindung zum Text stehe, dass sie als dessen „Abschluss“ angesehen werden könne und diesen nach der Verkehrsauffassung decke. Ob ein Verweisungs- und Versetzungszeichen geeignet sei, den Text zu decken und abzuschließen, sei nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen und könne weder pauschal bejaht noch verneint werden. Im Ausgangsfall bezeuge die Unterschrift die Beendigung des Geschäfts, dokumentiere den Entschluss des Erblassers, letztwillig zu verfügen, und sei diesem auch zuordenbar.

4. Der Fachsenat hat erwogen:

[32] Grundsätzlich deckt die Unterschrift nur den über (oberhalb von) ihr stehenden Text (2 Ob 143/19x Punkt 6.; so bereits GlU 563, GlU 3.301 und EvBl 1964/160). Allerdings lässt es die Rechtsprechung im Einzelfall genügen, dass die Unterschrift in einer solchen räumlichen Verbindung zum Text steht, dass sie als Abschluss der letztwilligen Verfügung und nach der Verkehrsauffassung diese deckend angesehen werden kann. Entscheidend ist insoweit – wie Tschugguel (EF‑Z 2024/44) zutreffend betont – die Abschluss- und Deckungsfunktion der Unterschrift.

[33] In der bisherigen Rechtsprechung waren – wie eine Analyse der zu Punkt 2. dargestellten Judikatur zeigt – überwiegend Fälle zu beurteilen, in denen sich die Unterschrift ohnehin (wenn auch teils in gewissem Abstand) unterhalb des Textes befand. Der Fall 2 Ob 538/78 SZ 51/85 war hingegen dadurch gekennzeichnet, dass der Erblasser die Schreibrichtung geändert und seine Unterschrift an das Ende der letzten Zeile des Aufsatzes (wenn auch im Ergebnis in die rechte obere Ecke des Blattes) gesetzt hatte. Auch in diesem– dem vorliegenden auf Sachverhaltsebene nicht ganz vergleichbaren – Fall sah der Senat die Abschluss- und Deckungsfunktion der Unterschrift als erfüllt an.

[34] Im hier zu beurteilenden Einzelfall ist nach Ansicht des Senats, der insoweit die Argumentation Heindlers (EF‑Z 2024/67) teilt, unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Abschluss- und Deckungsfunktion der Unterschrift ebenfalls als erfüllt anzusehen. Der Erblasser hat die letztwillige Verfügung nach den Feststellungen in einem (nicht erforderlichen: RS0012466) zeitlich einheitlichen Testierakt verfasst und danach aus Platzmangel mit eigener Hand das als allgemein verständlich anzusehende Zeichen „%“ an das Ende des Textes und seine Unterschrift in die rechte obere Ecke der Kuvertrückseite gesetzt. Daraus folgt insgesamt, dass die Unterschrift im vorliegenden Fall in einer solchen räumlichen Verbindung zum Text steht, dass sie als Abschluss der letztwilligen Verfügung und nach der Verkehrsauffassung diese deckend angesehen werden kann. Die Unterschrift kann damit bei der konkret zu beurteilenden Urkundengestaltung trotz ihrer Platzierung in Verbindung mit den vom Erblasser selbst gesetzten Verweisungszeichen als logischer Abschluss des Testamentstextes angesehen werden, wobei auch eine inhaltlich losgelöste Fortführung des Textes nach Setzung der Unterschrift auf Basis der Feststellungen ausgeschlossen werden kann (vgl Tschugguel, EF‑Z 2024/44).

[35] 5. Damit kommt es entscheidend auf die im Rekurs bekämpfte Feststellung zur Testierabsicht des Erblassers an.

[36] Unterbleibt die Behandlung einer Beweisrüge, mit der eine entscheidungswesentliche Feststellung bekämpft wurde, aus rechtlichen Gründen, liegt mangels gesicherter Tatsachengrundlage ein Feststellungsmangel vor, der im Rahmen der Behandlung der Rechtsrüge in dritter Instanz wahrzunehmen ist. Dem Revisionsrekurs ist daher Folge zu geben, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Rekursgericht zurückzuverweisen (vgl 2 Ob 170/22x Rz 28 mwN).

[37] 6. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 78 Abs 1 iVm § 185 AußStrG.

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