Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die erstbeklagte und die zweitbeklagte Partei haben die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Kläger begehrte nach einem Verkehrsunfall von den beklagten Parteien Schadenersatz und brachte unter näherer Darstellung des Unfallherganges vor, der Erstbeklagte habe als Lenker eines vom Zweitbeklagten gehaltenen und bei der drittbeklagten Partei haftpflichtversicherten PKWs seinen Vorrang verletzt. Der Erstbeklagte und der Zweitbeklagte beantragten Klagsabweisung, gestanden jedoch zu, dass der Unfall tatsächlich vom Erstbeklagten verschuldet worden sei. Die Abgabe eines Anerkenntnisses sei ihnen aber nicht möglich, weil die drittbeklagte Partei keine Versicherungsdeckung gewähre. Die Überprüfung der Höhe des Klagebegehrens sei ihnen ohnedies verwehrt.
Die drittbeklagte Partei bestritt das Klagebegehren und wandte (sinngemäß) ein, es bestehe der Verdacht, dass der behauptete Unfall, sofern er überhaupt stattgefunden habe, manipuliert, gestellt oder bestellt worden sei. In der Tagsatzung vom 5. 11. 2004 brachte sie ergänzend vor, der Kläger habe mittlerweile zugegeben, dass der Unfall absichtlich herbeigeführt worden sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte unter anderem fest, dass der Unfall von den beiden beteiligten Lenkern absichtlich herbeigeführt worden sei und vertrat dazu die Rechtsansicht, die Schädigung des Klägers sei aufgrund seiner Einwilligung nicht rechtswidrig erfolgt. Da kein Unfall iSd § 1 EKHG vorliege, komme auch eine Gefährdungshaftung der beklagten Parteien nicht in Betracht.
In der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung bekämpfte der Kläger mit Beweisrüge die Feststellung über die absichtliche Herbeiführung des Verkehrsunfalles. In seiner Rechtsrüge meinte er, die von der Außerstreitstellung des Erstbeklagten und des Zweitbeklagten abweichende Feststellung könne sich nur auf das Verfahren gegen die drittbeklagte Partei beziehen. Dem Klagebegehren gegen den Erstbeklagten und den Zweitbeklagten sei daher jedenfalls stattzugeben.
Während die drittbeklagte Partei den Berufungsausführungen entgegentrat, pflichteten der Erstbeklagte und der Zweitbeklagte in ihrer gemeinsamen Berufungsbeantwortung der Beweisrüge des Klägers „durchaus" bei. Vom Berufungsgericht zur Verbesserung der Berufungsbeantwortung durch Stellung eines konkreten Antrages aufgefordert, beantragten sie in der mündlichen Berufungsverhandlung, der Berufung Folge zu geben.
Das Berufungsgericht bestätigte hinsichtlich aller drei beklagten Parteien die erstinstanzliche Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Zur Begründung des Zulassungsausspruches führte es aus, es bestehe keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu der über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Frage, ob der auf die Stattgebung der Berufung gerichtete Antrag des Berufungsgegners als eine das Berufungsgericht bindende Sachdispositionserklärung zu beurteilen sei.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Kläger erhobene Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes wegen des Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Eine solche wird auch nicht dadurch begründet, dass der Oberste Gerichtshof einen völlig gleichgelagerten Fall bisher noch nicht entschieden hat (RIS-Justiz RS0107773). Aber auch in der Revision werden keine erheblichen Rechtsfragen dargetan.
Halter, Lenker und Versicherer bilden nach ständiger Rechtsprechung insoweit eine einheitliche Streitpartei, als der gegen sie vorgebrachte Haftungsgrund identisch ist und es zur Verwirklichung der in § 28 KHVG vorgesehenen Erstreckungswirkung eines das Schadenersatzbegehren rechtskräftig aberkennenden Urteiles erforderlich ist (2 Ob 83/98i = ZVR 1998/132; 2 Ob 248/98d; vgl RIS-Justiz RS0035547, RS0035489). Darüber hinaus bleibt die den Parteien zustehende Dispositionsbefugnis aber bestehen (SZ 48/82; ZVR 1990/108 uva; RIS-Justiz RS035489; Schubert in Fasching/Konecny² II/1 § 14 ZPO Rz 19).
Nach Ansicht des Klägers hätten der Erstbeklagte und der Zweitbeklagte im Berufungsverfahren durch bindenden Sachantrag, allenfalls durch ein prozessuales Anerkenntnis über den Anspruch des Klägers disponiert; zumindest ein Tatsachengeständnis liege vor.
1. Zum Sachantrag:
Es trifft zwar zu, dass der Grundsatz des § 405 ZPO nicht nur in erster Instanz, sondern auch im Rechtsmittelverfahren gilt und das Rechtsmittelgericht an die Rechtsmittelanträge gebunden ist (6 Ob 25/04a mwN; RIS-Justiz RS0041059, RS0041170; Fucik in Fasching/Konecny² III § 405 ZPO Rz 60). Die Grenzen der Überprüfungsbefugnis des Berufungsgerichtes werden gemäß § 462 Abs 1 ZPO aber nur durch die Berufungsanträge bestimmt; für die Berufungsbeantwortung sieht das Gesetz hingegen nicht einmal einen - hier ohnedies nicht gestellten - Rechtsmittelgegenantrag als Inhaltserfordernis vor (vgl § 468 Abs 3 ZPO, der lediglich auf § 467 Z 4 und 5 [nicht aber auf Z 3] verweist; vgl weiters die Ausführungen Zechners zur Revisionsbeantwortung in Fasching/Konecny² IV/1 § 507 ZPO Rz 20 und 21). Dem Berufungsgericht ist daher, wie sich schon aus dieser eindeutigen Gesetzeslage ergibt, keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung unterlaufen, wenn es sich durch den zu prüfenden Antrag in seiner Entscheidungsbefugnis nicht gehindert sah.
2. Zum Anerkenntnis:
Das prozessuale Anerkenntnis ist eine nur den Regeln des Prozessrechts unterworfene Prozesshandlung, die dem Gericht die Möglichkeit nimmt, die materielle Rechtslage zu prüfen (1 Ob 264/02h; RIS-Justiz RS0040792), und auf die Gestaltung des Prozessrechtsverhältnisses gerichtet ist (3 Ob 255/04b). Es liegt vor, wenn sich der Beklagte dem Klagebegehren vorbehaltlos unterwirft und seine Erklärung nicht zwingendem materiellem Recht widerspricht (RIS-Justiz RS0040854). Der in einer Berufungsbeantwortung gestellte Antrag, der Berufung des Prozessgegners Folge zu geben, könnte daher als prozessuales Anerkenntnis zu verstehen sein.
Prozesshandlungen einer Partei sind ausschließlich nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen. Es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Prozesszwecks und der dem Gericht und Gegner bekannten Prozess- und Aktenlage objektiv verstanden werden muss (8 Ob 264/00g mwN; RIS-Justiz RS0017881, RS0037416). Die Auslegung von Prozesserklärungen ist aber nur dann revisibel, wenn sie mit den Sprachregeln unvereinbar ist oder gegen die Denkgesetze verstößt, also von einer krassen Fehlbeurteilung ausgegangen werden müsste (3 Ob 77/03z; RIS-Justiz RS0044273 [T53 und 56]).
Im vorliegenden Fall haben der Erstbeklagte und der Zweitbeklagte schon in erster Instanz die Unfallsdarstellung des Klägers nicht bestritten, zugleich aber ausdrücklich deponiert, dass ihnen ihrer Ansicht nach die Abgabe eines prozessualen Anerkenntnisses nicht möglich sei. Diesem aktenkundigen und dem Kläger bekannten Prozessstandpunkt entsprach auch der Inhalt ihrer Berufungsbeantwortung, der auf die Beseitigung der als belastend empfundenen Feststellungen gerichtet war.
Die Auffassung des Berufungsgerichtes, ein prozessuales Anerkenntnis liege nicht vor, hält sich unter Berücksichtigung dieser von den besonderen Umständen des Einzelfalles geprägten Interessenlage im Rahmen der zitierten Auslegungskriterien.
3. Zum Tatsachengeständnis:
Dem Kläger ist beizupflichten, dass der Erstbeklagte und der Zweitbeklagte das von ihm behauptete Unfallgeschehen sowohl in erster als auch in zweiter Instanz als richtig zugestanden haben. Ein solches Tatsachengeständnis bindet das Gericht grundsätzlich an die zugestandenen Tatsachen und schafft bezüglich dieser Tatsachen ein Beweisthemenverbot (RIS-Justiz RS0039949). Ob dies auch dann gelten kann, wenn ein weiterer (materieller) Streitgenosse (die drittbeklagte Partei) gegenteiliges Vorbringen erstattete, bedarf hier keiner Erörterung. Die Rüge eines allfälligen Verstoßes der Vorinstanzen gegen die Bestimmung des § 266 ZPO muss nämlich im Revisionsverfahren schon deshalb erfolglos bleiben, weil die Aufnahme von Beweisen über die von einer Partei zugestandenen Tatsachen nach ständiger Rechtsprechung keinen Mangel des Verfahrens iSd § 503 Z 2 ZPO begründet (10 ObS 319/01m mwN; RIS-Justiz RS0040119 [T1]). Da es somit der Lösung von Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht bedurfte, war die Revision des Klägers zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40 und 50 ZPO. Der Erstbeklagte und der Zweitbeklagte haben in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels nicht hingewiesen.
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