Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Der mj Antragsteller ist das uneheliche Kind von Janina B***** und dem Antragsgegner und wird seit Aufhebung der Lebensgemeinschaft der Eltern im Jahr 2008 im Haushalt der Mutter betreut.
Das Kind begehrte von seinem Vater zuletzt die Zahlung von bestimmt bezifferten Unterhaltsbeiträgen für die Zeit ab 1. 9. 2008.
Der Vater erhält laut Bescheid der Studienbeihilfenbehörde zehnmal jährlich 746 EUR an Studienbeihilfe.
Im Revisionsrekursverfahren ist nur mehr strittig, ob diese Studienbeihilfe in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen ist.
Das Erstgericht verpflichtete den Vater zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbeitrags von 97 EUR für den Zeitraum September bis einschließlich Jänner 2009, 148 EUR für Februar 2009 und 150 EUR ab März 2009 bis auf weiteres. Rechtlich führte das Erstgericht aus, die Studienbeihilfe stehe dem Studierenden zur Verfügung und sei nicht in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen.
Rechtliche Beurteilung
Das von beiden Seiten angerufene Rekursgericht wies den Rekurs des Vaters als verspätet zurück, gab hingegen dem Rekurs des Kindes Folge und verpflichtete den Vater zur Zahlung eines restlichen monatlichen Unterhaltsbeitrags für September bis einschließlich Jänner 2009 von 184 EUR und ab 1. 2. 2009 von je 235 EUR. In rechtlicher Hinsicht führte es aus:
Gemäß § 1 Abs 3 StudFG 1992 berühre die Gewährung einer Studienförderung einen Anspruch auf Unterhalt weder dem Grunde noch der Höhe nach. Die Studienbeihilfe sei daher aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung grundsätzlich kein den Unterhaltsanspruch minderndes Eigeneinkommen des unterhaltsberechtigten Kindes iSd § 140 Abs 3 ABGB (8 Ob 634/91; 8 Ob 1612/93; vgl RIS-Justiz RS0047498; Gitschthaler, Unterhaltsrecht2 Rz 343; Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht4, 119, je mwN). Daraus könne aber keineswegs zwingend abgeleitet werden, dass in gleicher Weise auch eine vom Unterhaltspflichtigen bezogene Studienbeihilfe nicht in die Unterhaltsbemessungsgrundlage falle. Die Judikatur der zweitinstanzlichen Gerichte zu dieser Rechtsfrage sei uneinheitlich. Nach den Entscheidungen des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien in EFSlg 37.909 und 47.915 sei die Studienbeihilfe nicht in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen. Demgegenüber sei in den Entscheidungen des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien in EFSlg 56.321 (Stipendium) und des Landesgerichts Linz in EFSlg 99.496 der Standpunkt vertreten worden, eine Studienbeihilfe des Unterhaltspflichtigen sei sehr wohl in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen. Diese Auffassung werde auch von Neuhauser in Schwimann, ABGB3 § 140 Rz 54 und 60 geteilt. In der Entscheidung 7 Ob 249/00v sei darauf hingewiesen worden, dass dem Vater wegen seiner Unterhaltsverpflichtungen von seinem Einkommen aus der Studienbeihilfe von knapp 9.000 ATS nicht einmal 4.000 ATS verblieben und er daher, um seinen eigenen Lebensunterhalt notdürftig fristen zu können, ohnehin gezwungen sein werde, die eine oder andere Nebeneinkommensmöglichkeit wahrzunehmen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fielen auch öffentlich-rechtliche Leistungen, die für den Allgemeinbedarf des Empfängers zur Verfügung stehen, unabhängig von einer Zweckbestimmung in die Unterhaltsbemessungsgrundlage (RIS-Justiz RS0047456; RS0080395; zuletzt etwa 10 Ob 7/09s). Anderes gelte dagegen für Einkünfte, die nach gesetzlichen Bestimmungen außer Betracht zu bleiben hätten bzw dem Ausgleich eines bestimmten Mehraufwands dienten (1 Ob 49/02s; 10 Ob 96/05y; RIS-Justiz RS0080395). Demzufolge werde von der Rechtsprechung auch bezüglich der Einkommenswirksamkeit anderer öffentlich-rechtlicher Leistungen eine unterschiedliche Behandlung hinsichtlich des Unterhaltsberechtigten einerseits und des Unterhaltspflichtigen andererseits vorgenommen. So sei etwa nach der Entscheidung 3 Ob 160/08p eine vom Unterhaltspflichtigen bezogene Ausgleichszulage als Einkommen in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen, wogegen eine vom unterhaltsberechtigten Ehegatten bezogene Ausgleichszulage wegen ihres subsidiären sozialhilfeähnlichen Charakters nicht als unterhaltsminderndes Eigeneinkommen zu berücksichtigen sei. In gleicher Weise sei nach der Entscheidung 6 Ob 89/01h die von der unterhaltspflichtigen Mutter aufgrund eines Eigenanspruchs bezogene Familienbeihilfe Bestandteil der Unterhaltsbemessungsgrundlage. Nach den Entscheidungen 10 Ob 112/08f, 10 Ob 8/09p und 10 Ob 7/09s sei das vom Unterhaltspflichtigen bezogene Kinderbetreuungsgeld ungeachtet der Bestimmung des § 42 KBGG, wonach das Kinderbetreuungsgeld und der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld weder als eigenes Einkommen des Kindes noch des beziehenden Elternteils gelten und nicht deren Unterhaltsansprüche mindern, in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen. Nichts anderes könne aber für eine vom Unterhaltspflichtigen bezogene Höchststudienbeihilfe für Selbsterhalter gemäß § 27 StudFG 1992 gelten, zumal sich § 1 Abs 3 StudFG 1992 (nur) auf Unterhaltsansprüche - und nicht (auch) auf Unterhaltspflichten - beziehe und eine solche Studienbeihilfe auch nicht etwa, wie zB das Pflegegeld, der Abdeckung eines bestimmten Sonderbedarfs des Empfängers, sondern dessen Allgemeinbedarf dienen solle.
Voraussetzung für die Gewährung der Höchststudienbeihilfe für Selbsterhalter sei, dass sich diese vor der ersten Zuerkennung von Studienbeihilfe durch Einkünfte im Sinne des StudFG 1992 mindestens vier Jahre zur Gänze selbst erhalten hätten, wobei nach § 30 Abs 3 StudFG 1992 für Selbsterhalter die Höchststudienbeihilfe nicht um die zumutbare Unterhaltsleistung der Eltern zu vermindern sei. Es sei daher nicht gerechtfertigt, die als öffentliche Sozialleistung dem Unterhaltspflichtigen gewährte Höchststudienbeihilfe für Selbsterhalter aus der Unterhaltsbemessungsgrundlage auszuscheiden.
Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs zu, weil zur Frage, ob eine vom Unterhaltspflichtigen bezogene Höchststudienbeihilfe für Selbsterhalter in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen ist, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege und die Judikatur der zweitinstanzlichen Gerichte zur Frage, ob sich § 1 Abs 3 StudFG 1992 auch auf Unterhaltspflichten bezieht, uneinheitlich sei.
Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters mit dem Antrag, den Beschluss des Erstgerichts wiederherzustellen.
Das Kind beantragt in der Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.
Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht aufgezeigten Gründen zulässig, er ist aber nicht berechtigt.
Der Oberste Gerichtshof erachtet die Begründung des angefochtenen Beschlusses für zutreffend, sodass es ausreicht, den Rechtsmittelwerber darauf zu verweisen (§ 71 Abs 3 Satz 2 AußStrG).
Gegen diese Rechtsausführungen des Rekursgerichts vermag der Vater nichts Stichhaltiges ins Treffen zu führen, begnügt er sich doch mit der Zitierung der schon vom Rekursgericht angeführten beiden zweitinstanzlichen Entscheidungen, wonach die Studienbeihilfe nicht in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen sei. Weitere Argumente, mit denen sich der Oberste Gerichtshof auseinandersetzen müsste, bringt der Revisionsrekurswerber nicht.
Die rekursgerichtlichen Ausführungen sind lediglich um Folgendes zu ergänzen: Den vom Rekursgericht zitierten Entscheidungen des 10. Senats zu § 42 KBGG entspricht mittlerweile die ständige und - nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs G 9/09 - auch gefestigte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (4 Ob 133/09a; 10 Ob 40/09v; 10 Ob 76/09p; 2 Ob 230/09a; 7 Ob 227/09x; 8 Ob 8/09y; vgl RIS-Justiz RS0124356; RS0124595).
Zusammenfassend ist festzuhalten: § 1 Abs 3 StudFG 1992, wonach die Gewährung einer Studienförderung einen Anspruch auf Unterhalt weder dem Grunde noch der Höhe nach berührt, bezieht sich nicht auf Unterhaltspflichten; eine Studienbeihilfe nach diesem Gesetz ist daher in die Unterhaltsbemessungsgrundlage miteinzubeziehen.
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