Spruch:
Beiden Revisionen wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, den Klägern zu Handen ihrer Vertreter binnen vierzehn Tagen die mit EUR 1.080,82 (hierin enthalten EUR 180,13 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 4. 9. 2002 ereignete sich gegen 21.50 Uhr auf der Inntal-Autobahn A 12 in Fahrtrichtung Innsbruck bei Kilometer 2,5 im Gemeindegebiet von Kufstein ein Verkehrsunfall, an dem der Innsbrucker Rechtsanwalt Dr. Karl A***** als Lenker und Halter eines Pkw sowie der Erstbeklagte mit einem von ihm gelenkten und gehaltenen Lkw mit deutschem Zulassungskennzeichen beteiligt waren. Dr. Karl A***** erlitt dabei tödliche Verletzungen. Bei seinem Pkw handelte es sich um einen silbergrauen Toyota Lexus; bei einer Fahrzeugbreite von 1,82 m und einer Fahrzeuglänge von 5,01 m betrug das Leergewicht dieses Fahrzeuges 1.785 kg. Beim Beklagtenfahrzeug handelte es sich um einen Lkw der Marke Daimler Chrysler Atego; bei einer Fahrzeugbreite von 2,30 m und einer Fahrzeuglänge von 9,66 m wog dieses unbeladen 4.430 kg; das höchstzulässige Gesamtgewicht betrug 7.490 kg. Zum Unfallszeitpunkt war der Lkw zu ca zwei Drittel beladen.
Mit Urteil des Bezirksgerichtes Kufstein vom 8. 6. 2005 wurde der Erstbeklagte rechtskräftig wegen des Vergehens der fahrlässigen Tötung nach § 80 StGB zu einer Geldstrafe sowie zur Zahlung von Schmerzengeldteilbeträgen von je EUR 500 an die Privatbeteiligten Maria, Judith und Lorenz A***** (die nunmehrigen drei Kläger) verurteilt.
Zum Unfallszeitpunkt regnete es sehr stark. Es war dunkel, die Fahrbahn war nass, es herrschten schlechte Sichtverhältnisse. Eine Straßenbeleuchtung war nicht vorhanden. Die A 12 weist im Unfallbereich zwei je 3,75 m breite Richtungsfahrstreifen und einen 3,65 m breiten Pannenstreifen auf. Beidseitig ist die Fahrbahn durch Leitschienen begrenzt. Es waren Spurrinnen vorhanden, die sich aufgrund des starken Regens mit Wasser gefüllt hatten. Bei Kilometer 2 befand sich ein Vorschriftszeichen „100 km/h. Bei Regen oder Schneefall". Bei Kilometer 2,5 ereigneten sich allein in den ersten acht Monaten des Jahres 2002 bei stärkerem Regen vier Unfälle.
Dr. A***** fuhr mit einer Geschwindigkeit von ca 90 km/h in westliche Richtung. Aufgrund eines Aquaplaningeffektes geriet sein Fahrzeug ins Schleudern, drehte sich im Uhrzeigersinn und prallte zunächst mit der rechten Frontseite, dann mit der linken Frontseite und anschließend mit der rechten Heckseite gegen einen bei der Außenleitschiene befindlichen Betonsockel. Während dieses Schleudervorgangs waren die Scheinwerfer des Pkw noch solange in Betrieb, dass sie einmal in östliche Richtung strahlten. Als der Pkw des Dr. A***** nach dem Schleudervorgang zum Stillstand kam, waren die Scheinwerfer nicht mehr in Betrieb. Sein Fahrzeug kam, mit der Front in Richtung linken Richtungsfahrstreifen zeigend, in etwa quer auf dem rechten Richtungsfahrstreifen zum Stillstand. Durch den dreimaligen Kontakt des schleudernden Pkw mit der Außenleitschiene erfuhr das Fahrzeug einen kollisionsbedingten Geschwindigkeitsabbau von insgesamt 30 km/h, verteilt auf die drei Kollisionsereignisse. In etwa hat jede dieser drei Kollisionen eine Geschwindigkeitsreduktion am Fahrzeug von ca 10 km/h nach sich gezogen. Schon bei der ersten Kollision mit der Außenleitschiene löste sich die vordere Stoßstange vom Pkw und blieb auf der Fahrbahn liegen. Dr. A***** saß nach diesen Kollisionen am Fahrersitz seines Fahrzeugs und hatte bei diesen drei Kollisionen mit der Leitschiene noch keine tödlichen Verletzungen erlitten. Er betätigte den Öffnungsmechanismus bei der Fahrertür und öffnete diese ein kleines Stück.
Einer nachfolgenden Fahrzeuglenkerin gelang es, an seinem Fahrzeug vorbeizufahren und ihren Pkw ein Stück weiter westlich am Pannenstreifen anzuhalten. Sie schaltete die Warnblinkanlage an ihrem Fahrzeug ein. Sodann näherte sich der Erstbeklagte der Unfallstelle. Er fuhr mit seinem Lkw mit einer Geschwindigkeit von ca 83 km/h auf der rechten Fahrspur der A 12 ebenfalls in westliche Richtung. Er hatte das Abblendlicht eingeschaltet. Die Sicht reichte nicht aus, um bei einer Geschwindigkeit von 80 km/h - mit eingeschaltetem Abblendlicht - Hindernissen kontrolliert auszuweichen oder vor diesen anzuhalten. Er nahm vor sich einen Pkw mit eingeschalteter Warnblinkanlage wahr und dachte sich, dass es sich dabei um einen ortsunkundigen Lenker handle. Auf den letzten 68 m vor der Kollision „beschleunigte" er noch von 83 auf 84 km/h, als er plötzlich vor sich auf seiner Richtungsfahrbahn einen Gegenstand wahrnahm, bei dem es sich um die vordere Stoßstange des Pkws des Dr. A***** handelte. Erst als er über die Stoßstange fuhr, leitete er eine Vollbremsung ein. Er war zu diesem Zeitpunkt nur noch 39 m von der späteren Kollisionsstelle entfernt. Erst in einer Entfernung von 15 bis 20 m vom Fahrzeug des Dr. A***** nahm der Erstbeklagte dieses erstmals wahr. Trotz der Bremsung prallte das Beklagtenfahrzeug mit einer Kollisionsgeschwindigkeit von 68 km/h frontal gegen die Fahrertür des Pkw des Dr. A*****, wodurch dieser auf über 60 km/h beschleunigt wurde. Durch diesen Zusammenstoß, wodurch am Fahrzeug des Dr. A***** Totalschaden eintrat, wurde dieser getötet.
Wäre der Erstbeklagte mit einer Geschwindigkeit von maximal 53 km/h gefahren, so hätte er bei den gegebenen Sicht- und Fahrbahnverhältnissen entweder noch vor dem querstehenden Fahrzeug des Dr. A***** anhalten oder diesem kontrolliert ausweichen können. Fährt man bei Nacht und ohne Regen mit Abblendlicht, so ist es bei einer Geschwindigkeit von ca 90 km/h nicht mehr möglich, Hindernissen auf der Autobahn kontrolliert auszuweichen oder vor diesen anzuhalten. Die genaue Sichtweite, die Dr. A***** und dem Erstbeklagten in Anbetracht des starken Regens zur Verfügung stand, kann nicht festgestellt werden.
Der Nachlass nach Dr. A***** wurde der Erstklägerin als Alleinerbin eingeantwortet.
Mit Bescheiden der Tiroler Rechtsanwaltskammer vom 17. 10. und 7. 11. 2002 wurde der Erstklägerin eine jährliche Bruttopension von EUR 24.036,60 sowie EUR 283,47 zuerkannt. Für den Zeitraum vom 1. 10. 2002 bis 30. 9. 2005 ergab sich daraus für die Erstklägerin eine monatliche Nettopension von EUR 1.372,06 (12 x jährlich). Im Mai 2006 erhielt die Erstklägerin für diesen Zeitraum eine Pensionsnachzahlung in Höhe von netto EUR 18.071,12. Seit 1. 10. 2005 erhält sie eine monatliche Nettowitwenrente von EUR 1.665,98, 12 x jährlich. Mit Bescheiden der Tiroler Rechtsanwaltskammer vom 7. 10. und 7. 11. 2002 erhielt die Zweitklägerin ab 1. 10. 2002 eine monatliche Waisenpension von EUR 743,37 netto, die sich ab 1. 10. 2005 auf monatlich netto EUR 981,22 erhöhte. Der Drittkläger erhielt von derselben Rechtsanwaltskammer vom 1. 10. 2002 bis 30. 9. 2005 eine monatliche Waisenrente in Höhe von EUR 743,37 netto, vom 1. 10. 2005 bis 31. 12. 2005 erhielt er keine Waisenpension (während dieser Zeit und darüber hinaus war er Zivildiener).
Die Satzung der Versorgungseinrichtung Teil A der Tiroler Rechtsanwaltskammer lautet auszugsweise wie folgt:
„§ 2 Zweck
(1) Die Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer hat den Zweck, durch Gewährung der satzungsgemäßen Leistungen zur Versorgung alter oder berufsunfähiger Rechtsanwälte und deren Witwen und Waisen beizutragen ...
§ 9 Waisenrente
...
(4) Der Anspruch auf Waisenrente ruht für die Dauer einer vorübergehenden Selbsterhaltungsfähigkeit, insbesondere für die Dauer der Ableistung von Präsenz- oder Zivildienst."
Weder die Satzung der Versorgungseinrichtung Teil A noch die Satzung der Versorgungseinrichtung der Tiroler Rechtsanwaltskammer Teil B (Zusatzpension) enthält Bestimmungen über eine Legalzession zugunsten der Tiroler Rechtsanwaltskammer.
Mit der am 5. 5. 2004 eingebrachten Klage stellten die drei Kläger (die Witwe und die beiden Kinder des Dr. A*****) unter ausdrücklicher Anrechnung eines Drittel-Mitverschuldens ihres verstorbenen Gatten bzw Vaters das Begehren, dass festgestellt werde, dass die beklagten Parteien ihnen gegenüber zu zwei Drittel für alle künftigen Schäden aus dem Unfall vom 4. 9. 2002 zur ungeteilten Hand haften. Sämtliche Kläger stellten darüber hinaus im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens mehrfach ausgedehnte und eingeschränkte Leistungsbegehren, und zwar zuletzt in Höhe von EUR 62.727,05 sA (Erstklägerin) sowie EUR 15.504,46 sA (Zweitklägerin) und EUR 14.267,70 sA (Drittkläger). Soweit für das Revisionsverfahren noch von Wesentlichkeit brachten sie hiezu (zusammengefasst) vor:
Die Verurteilung des Erstbeklagten im Strafverfahren sei bindend. Ihn treffe das überwiegende Verschulden deshalb, da er nicht nur eine absolut und zufolge der widrigen Witterungsverhältnisse auch relativ überhöhte Geschwindigkeit eingehalten habe, sondern sogar trotz Bemerkens eines Pkw mit eingeschalteter Warnblinkanlage nicht gebremst, sondern sogar beschleunigt habe. Erschwerend sei auch, dass er die Überholspur benützt habe, was überhaupt eine erhöhte Sorgfalt erfordere. Die Behauptung, Dr. A***** sei schon durch seinen Primärunfall tödlich verletzt worden, beruhe auf unbewiesenen Mutmaßungen.
Die beklagten Parteien bestritten das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach. Selbst dann, wenn die Kollision des Lkw mit dem Klagsfahrzeug ursächlich für den Tod des Dr. A***** gewesen sein sollte, treffe den Erstbeklagten hieran kein Verschulden. "Unter Berücksichtigung von Toleranzen von ± 3 km/h" ergebe sich, dass das Beklagtenfahrzeug nicht schneller als mit den erlaubten 80 km/h unterwegs gewesen sei. Zum Unfallszeitpunkt habe nicht mehr starker Gewitterregen geherrscht. Da die Scheinwerfer bei einem Lkw wesentlich höher angebracht seien als bei einem Pkw, sei auch die Reichweite seines Abblendlichts größer gewesen. Der Grundsatz des Fahrens auf Sicht auf Autobahnen sei eingeschränkt. Er habe auch sofort durch Vollbremsung reagiert. Zufolge Einhaltung einer seinerseits weit überhöhten Geschwindigkeit treffe Dr. A***** das Alleinverschulden und sei dieser bereits durch den äußerst massiven Primäranprall tödlich verletzt worden, wobei nicht ausgeschlossen werden könne, dass sogar ein akutes Krankheitsgeschehen aufgetreten sei, welches seinerseits kausal den Unfall ausgelöst habe und auch ohne die gegenständliche Kollision tödlich verlaufen wäre. Eine Haftung der Zweitbeklagten komme nur bis zur Höhe der vorhandenen Versicherungssumme in Betracht. Die Kläger müssten darüber hinaus das Quotenvorrecht der Versorgungseinrichtung der Tiroler Rechtsanwaltskammer berücksichtigen.
Schließlich wendeten die Beklagten auch noch den eigenen Fahrzeugschaden in Höhe von EUR 11.068,97 als Gegenforderung ein.
Das Erstgericht stellte die Klagsforderung der Erstklägerin mit EUR 7.992,28 und die Gegenforderung mit EUR 3.689,66 als zu Recht bestehend fest; es sprach der Erstklägerin daher EUR 4.302,62 sA zu; das Mehrbegehren von EUR 59.079,55 samt Zinsenmehrbegehren wurde abgewiesen. Die Klagsforderung der Zweitklägerin stellte das Erstgericht mit EUR 15.504,46 und die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend fest; der Zweitklägerin sprach es daher EUR 15.504,46 sA zu, ein Zinsenmehrbegehren wurde abgewiesen. Die Klagsforderung des Drittklägers schließlich stellte das Erstgericht mit EUR 14.267,70 und die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend fest; es sprach daher dem Drittkläger EUR 14.267,70 sA zu; ein Zinsenmehrbegehren wurde abgewiesen. Weiters gab das Erstgericht dem Begehren auf Feststellung der Haftung für zwei Drittel der künftigen Schäden gegenüber der erstbeklagten Partei zur Gänze, gegenüber der zweitbeklagten Partei mit der Einschränkung statt, dass ihr gegenüber das Feststellungsmehrbegehren, wonach sie unbeschränkt für zwei Drittel der künftigen Unfallschäden zu haften habe, abgewiesen wurde.
Rechtlich folgerte das Erstgericht (soweit für das Revisionsverfahren noch wesentlich), dass schon dann, wenn man nur davon ausgehe, dass Dr. A***** eine relativ überhöhte Geschwindigkeit, der Erstbeklagte hingegen eine relativ und absolut (§ 58 Abs 1 Z 1 lit a KDV) überhöhte Geschwindigkeit eingehalten habe, sich ein überwiegendes Verschulden des Letztgenannten ergebe, welches in Form einer Verschuldensteilung im Verhältnis 1 : 2 zu Lasten des Erstbeklagten Ausdruck zu finden habe.
Hinsichtlich der Berechnung der Höhe der Ansprüche der einzelnen Kläger sowie des compensando eingewendeten Fahrzeugschadens am Lkw des Erstbeklagten kann - da im Revisionsverfahren (mit Ausnahme des Quotenvorrechts der Rechtsanwaltskammer) der Höhe nach im Übrigen nicht (mehr) strittig - auf die diesbezüglichen ausführlichen Feststellungen des Erstgerichtes Seite 46 ff des Ersturteils verwiesen werden (§ 510 Abs 3 erster Satz ZPO). Zur eingewendeten Legalzession führte das Erstgericht aus, dass den Beklagten zwar darin beizupflichten sei, dass dann, wenn die zuständige Rechtsanwaltskammer wegen der Tötung eines Rechtsanwalts zur Zahlung einer Hinterbliebenenrente verpflichtet sei, dieser Schaden, den der Hinterbliebene durch die Tötung des Anwalts erlitten habe, auf die Kammer überwälzt werde; die Hinterbliebenenrente sei in Ansehung der Ansprüche des Hinterbliebenen gegen den Schädiger im Rahmen der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen. Eine Legalzession iSd § 332 ASVG sehe jedoch weder § 50 RAO vor noch sei eine solche in den Satzungen der Rechtsanwaltskammer enthalten. In Anlehnung an die Entscheidung 2 Ob 184/99v sei daher zu unterstellen, dass die Bestimmung des § 332 ASVG nicht analog zur Anwendung komme. Ein allfälliges Quotenvorrecht sei damit nicht zu berücksichtigen. Da nur die Erstklägerin Rechtsnachfolgerin des verstorbenen Dr. A***** geworden sei, sei auch nur sie passivlegitimiert hinsichtlich der eingewendeten und mit einem Drittel zu Recht bestehenden Gegenforderung.
Das von den beklagten Parteien sowie von der Erstklägerin (allerdings nur hinsichtlich eines abgewiesenen Betrages von EUR 9.597,01 sA) angerufene Berufungsgericht gab der Berufung der Erstklägerin nicht, jener der Beklagten jedoch Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, dass es - ausgehend von einer gleichteiligen Verschuldensteilung beider Unfalllenker - hinsichtlich der Erstklägerin die Klagsforderung als mit EUR 5.869,22 und die Gegenforderung mit EUR 5.534,39 zu Recht bestehend erachtete, und die Beklagten demgemäß zur ungeteilten Hand schuldig erkannte, der Erstklägerin EUR 334,83 sA zu bezahlen; das Mehrbegehren von EUR 62.362,22 sA wurde abgewiesen. Hinsichtlich der Zweit- und Drittkläger sprach es aus, dass die Klageforderungen mit EUR 13.290 bzw EUR 14.267,70 zu Recht, die Gegenforderungen ihnen gegenüber jedoch nicht zu Recht bestünden, und verpflichtete die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand demgemäß zur Zahlung dieser Beträge jeweils sA; die Mehrbegehren von EUR 2.214,46 sA (Zweitklägerin) bzw Zinsenmehrbegehren (Drittkläger) wurden abgewiesen. Darüber hinaus stellte das Berufungsgericht fest, dass die beklagten Parteien den klagenden Parteien zur Hälfte für alle ihnen künftig entstehenden kausalen Schäden aus dem Verkehrsunfall zur ungeteilten Hand haften, wobei die Haftung der zweitbeklagten Partei mit der Versicherungssumme des Lkw-Fahrzeugs des Erstbeklagten zum Unfallszeitpunkt beschränkt sei; das auf Feststellung der Haftung der Beklagten zu einem weiteren Sechstel (insgesamt zu zwei Drittel) gerichtete Mehrbegehren sowie das auf Feststellung der unbeschränkten Haftung der Zweitbeklagten für die Hälfte der künftigen Unfallschäden gerichtete Feststellungsmehrbegehren wurden abgewiesen.
Schließlich sprach das Berufungsgericht aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes für jede klagende Partei insgesamt EUR 20.000 übersteigt und die ordentliche Revision zulässig sei.
Das Berufungsgericht übernahm - soweit noch für das Revisionsverfahren von Wesentlichkeit - die erstgerichtlichen Feststellungen zum Unfallhergang und zur Höhe der Waisenpension der Zweitklägerin, und führte in rechtlicher Hinsicht (zusammengefasst) aus:
Das Erstgericht habe den Unterhaltsentgang der Erstklägerin der ständigen Rechtsprechung folgend richtig berechnet, sodass ihrer hiegegen ankämpfenden Revision ein Erfolg zu versagen sei.
Zu Recht wendeten sich die Beklagten in ihrer Rechtsrüge jedoch gegen die vom Erstgericht vorgenommene Verschuldensteilung. Entgegen ihrer Auffassung sei zwar keine Verschuldensteilung im Verhältnis 1 : 2 zugunsten des Erstbeklagten angebracht. Selbst wenn man die Überschreitung der absolut zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h durch den Erstbeklagten für geringfügig erachte, so habe er dennoch eine für die zum Unfallszeitpunkt herrschenden Verhältnisse (starker Regen, Dunkelheit, schlechte Sicht, Aquaplaninggefahr) deutlich überhöhte Geschwindigkeit eingehalten und sei nicht auf Sicht gefahren. Mag auch der Grundsatz des Fahrens auf Sicht auf mehrspurigen Autobahnen unter Umständen nicht völlig eingeschränkt gelten, so sei dem Erstbeklagten dennoch ein Verstoß gegen § 20 Abs 1 StVO vorzuwerfen, weil er unter Berücksichtigung der äußerst ungünstigen Verhältnisse zum Unfallszeitpunkt und auch der Größe und Schwere seines Fahrzeugs verpflichtet gewesen wäre, eine wesentlich geringere Geschwindigkeit einzuhalten, die es ihm ermöglicht hätte, sein Fahrzeug vor dem verunfallten Pkw zum Stillstand zu bringen oder diesem auszuweichen. Andererseits könne nicht übersehen werden, dass der Getötete selbst durch sein eigenes Fehlverhalten, nämlich die Einhaltung einer überhöhten Geschwindigkeit, die das Aquaplaning ausgelöst habe, den Unfall eingeleitet habe. Durch das Blockieren eines Fahrstreifens der Autobahn bei Dunkelheit und starkem Regen sei eine besonders gefährliche Situation geschaffen worden, was ein erhebliches Mitverschulden des Getöteten selbst begründe. Dass das Gewicht des Fehlverhaltens eines der beiden beteiligten Lenker das des anderen übertreffe, sei nach den Umständen des vorliegenden Falls nicht erkennbar, sondern eine Verschuldensteilung im Verhältnis 1 : 1 angemessen.
Nicht beizupflichten sei allerdings der Berufung der Beklagten darin, dass der Tiroler Rechtsanwaltskammer nach den von ihr erbrachten Versorgungsleistungen ein Quotenvorrecht zukäme. Bereits das Erstgericht habe darauf hingewiesen, dass eine Legalzession iSd § 332 ASVG weder im § 50 RAO noch in den Satzungen der Tiroler Rechtsanwaltskammer vorgesehen sei. Ein Quotenvorrecht der Rechtsanwaltskammer ergebe sich aber auch nicht aus der Entscheidung 2 Ob 366/99h, auf die sich die Beklagten beriefen, weil sich dort die Frage nach einem Mitverschulden des Getöteten gar nicht gestellt habe. Nach dieser Entscheidung werde dann, wenn die zuständige Rechtsanwaltskammer gemäß § 50 Abs 1 RAO wegen der Tötung eines Rechtsanwalts zur Zahlung einer Hinterbliebenenrente verpflichtet sei, der Schaden, den der Hinterbliebene durch die Tötung des Rechtsanwalts erlitten habe, auf die Kammer überwälzt; die Schadenersatzforderung des Hinterbliebenen gegen den Schädiger gehe - im Rahmen des Deckungsfonds - auf die Kammer über, soweit den Ansprüchen des Hinterbliebenen kongruente Forderungen „beglichen werden" (gemeint wohl: gegenüberstünden). Der Oberste Gerichtshof habe dazu ausgesprochen, dass es dadurch deshalb nicht zu einer Doppelbelastung des Schädigers komme, weil die Hinterbliebenenrente in Ansehung der Ansprüche des Hinterbliebenen gegen den Schädiger im Rahmen der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen sei. Wenn Legalzession eintrete, stelle sich hinsichtlich der davon betroffenen Ansprüche die Problematik der Vorteilsanrechnung nicht mehr. Wenn daher zugunsten der Tiroler Rechtsanwaltskammer keine Legalzession stattfinde, so sei ihr gegenüber auch nicht das Quotenvorrecht zu wahren, sodass das Erstgericht richtig zuerst die Versorgungsleistungen abgezogen und erst dann den Schaden um die Mitverschuldensquote des Getöteten gekürzt, nicht aber den Ersatzanspruch der Kläger unter Berücksichtigung eines Quotenvorrechts berechnet habe. Allerdings gebühre den drei Klägern unter Berücksichtigung des hälfteteiligen Mitverschuldens des Getöteten nur der Ersatz der Hälfte ihres Unterhaltsentgangs und nicht von zwei Dritteln, sodass die der Erst- und Zweitklägerin zugesprochenen Beträge entsprechend zu reduzieren wären. Die Gegenforderung gegenüber der Erstbeklagten andererseits sei auf die Hälfte zu erhöhen gewesen.
Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt, weil die Argumentation der Beklagten, der Tiroler Rechtsanwaltskammer komme in Hinblick auf eine analoge Anwendung von § 332 ASVG wie in der Entscheidung 2 Ob 366/99h und im Gegensatz zur Entscheidung 2 Ob 184/99v das Quotenvorrecht zu, nicht gänzlich von der Hand zu weisen sei.
Gegen diese Entscheidung richten sich die jeweils auf unrichtige rechtliche Beurteilung gestützten Revisionen sämtlicher Kläger sowie der beklagten Parteien mit den Anträgen, das bekämpfte Urteil im Sinne einer Wiederherstellung des Ersturteils (so die Kläger) bzw Abweisung der Leistungsbegehren sämtlicher Kläger und Bejahung des Feststellungsbegehrens derselben nur hinsichtlich der Haftung zu einem Drittel für zukünftige Schäden, „wobei die Haftung hinsichtlich zukünftiger Schäden betreffend Unterhalt nur insoweit besteht, als die um die Mitverschuldensquote gekürzte Bemessungsgrundlage nicht durch die Zahlungen der Tiroler Rechtsanwaltskammer und sonstigen Einkünfte gedeckt ist", abzuändern (so die Beklagten). Von den Parteien wurden auch Revisionsbeantwortungen erstattet, in denen wechselseitig beantragt wird, die jeweils gegnerische Rechtsmittelschrift mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen zurückzuweisen bzw diesen keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionen sind zulässig, jedoch nicht berechtigt.
Unstrittig sind die Vorinstanzen von der Anwendung österreichischen Rechts ausgegangen; dies wird auch im Revisionsverfahren von keiner der Parteien thematisiert (siehe Haager Straßenübereinkommen BGBl 1975/387; Neumayr in KBB, ABGB² Rz 10 zu § 48 IPRG).
Zur Verschuldensteilung:
Während die Kläger eine solche (so wie im Urteil des Erstgerichts) von 2 : 1 zu Lasten der beklagten Parteien anstreben, erachten diese umgekehrt eine solche von 2 : 1 zu Lasten der Kläger für berechtigt.
Bei der Verschuldensteilung entscheidet das Gewicht des Verschuldens, vor allem die Größe und Wahrscheinlichkeit der durch das schuldhafte Verhalten bewirkten Gefahr für die Sicherheit des Verkehrs (RIS-Justiz RS0026861; RS0027389). Eine rein zahlenmäßige Gegenüberstellung der jedem an einem Unfall Beteiligten anzulastenden Verstöße gegen Verkehrsvorschriften ist keine brauchbare Grundlage für die Verschuldensteilung; vielmehr sind dabei auch das Ausmaß des Verschuldens und die Bedeutung maßgebend, die den verletzten Vorschriften für die Abwicklung eines geregelten Straßenverkehrs sowohl im Allgemeinen als auch im konkreten Fall zukommt (RIS-Justiz RS0027237).
Zu berücksichtigen ist insbesondere, dass der auf Aquaplaning (und überhöhter Geschwindigkeit) beruhende Erstunfall des getöteten Dr. A*****, dessen Verschulden sich gemäß § 1327 ABGB, § 7 Abs 2 EKHG auch die Kläger als dessen (unterhaltsberechtigte) Hinterbliebene anzurechnen haben, Auslöser für die nachfolgende Kollision des Beklagtenfahrzeugs war, und dass dem erstbeklagten Lkw-Lenker relativ und absolut überhöhte Geschwindigkeit vorzuwerfen ist (vgl hiezu etwa 2 Ob 67/89, worin der Oberste Gerichtshof das Verschulden zwischen einem auf der Autobahn bei Dunkelheit anhaltenden und einem mit überhöhter Geschwindigkeit - 84 statt 70 km/h - nachfolgenden und auffahrenden Lenker ebenfalls 1 : 1 geteilt hatte). Die vom Berufungsgericht, auf dessen Begründung insoweit verwiesen wird, in Berücksichtigung aller Umstände gleichteilig vorgenommene Verschuldensteilung ist daher nicht zu beanstanden (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO).
Zum Quotenvorrecht der Rechtsanwaltskammer:
Es ist unstrittig, dass die maßgeblichen einschlägigen Bestimmungen (§ 50 Abs 1 RAO einerseits, Satzung der Tiroler Rechtsanwaltskammer andererseits) keine Regelung über einen Forderungsübergang im Sinne einer Legalzession und über ein Quotenvorrecht enthalten.
Zu 2 Ob 184/99v (ZVR 2001/35 = RIS-Justiz RS0114008) wurde ausgesprochen, dass der Bund, der einem Geschädigten wegen unfallbedingter Verletzungen eine Berufsunfähigkeitspension zahlt, nicht im Wege der Legalzession die Verdienstentgangsansprüche des Verletzten erwerbe und ihm gegenüber daher auch nicht das Quotenvorrecht zu wahren sei; dort war jedoch vom geschädigten Kläger ohnedies nur die Differenz zwischen der tatsächlich bezahlten Pension (nach dem Pensionsgesetz 1965 idgF) und dem nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Einkommen begehrt worden, sodass ein nach den Lohnfortzahlungsfällen zu beurteilender Sachverhalt gar nicht vorlag.
In der Entscheidung 2 Ob 366/99h (SZ 73/4 = ZVR 2000/71) hat der erkennende Senat - dort im Zusammenhang mit der Leistung einer Waisenversorgung nach dem Tod eines unterhaltspflichtigen Rechtsanwalts durch die Vorarlberger Rechtsanwaltskammer bei gleichlautendem Satzungsinhalt (Tades/Hoffmann, RAO8 Anm 1a zu § 50) - unter Hinweis auf die Grundsatzentscheidung 2 Ob 21/94 (SZ 67/52) zur Lohnfortzahlung hingegen ausgesprochen, dass, wenn eine solche Legalzessionsnorm nicht vorgesehen ist, eine Regelungslücke vorliege, die in Analogie zu § 1358 ABGB und § 67 VersVG geschlossen werden könne; das bedeute, dass der Schaden des Unterhaltsentgangs dann, wenn eine Rechtsanwaltskammer gemäß § 50 Abs 1 RAO zur Zahlung einer Hinterbliebenenversorgung verpflichtet ist, auf diese überwälzt werde, also auf diese übergehe und (zur Vermeidung einer Doppelbelastung des Schädigers) deren Leistungen beim Anspruch des Unterhaltsberechtigten nach dem Tod des Verunglückten zu berücksichtigen seien, und zwar im Rahmen der Vorteilsausgleichung - nach nunmehr hA: fehlende Aktivlegitimation wegen Legalzession (RIS-Justiz RS0035295; RS0035237) - durch Anrechnung der erbrachten Renten auf den in Substituierung der vormaligen Unterhaltsleistungen des Getöteten nunmehr gegenüber dem Schädiger bestehenden Schadenersatzanspruch. Dies wurde auch in der denselben Schadensfall betreffenden Folgeentscheidung 2 Ob 157/00b (ZVR 2001/23) fortgeschrieben (vgl auch Neumayr in Schwimann, ABGB³ Rz 5 lit b aE zu § 332 ASVG).
An der Bejahung einer mangels Legalzessionsnorm schließungsfähigen Lücke ist weiterhin festzuhalten; der erkennende Senat sieht keinen Anlass, hievon abzugehen. Daraus folgt jedoch noch nicht - wovon offenbar die beklagten Parteien ausgehen - gleichsam automatisch ein Quotenvorrecht der Rechtsanwaltskammer analog einem Sozialversicherungsträger (hiezu ausführlich Neumayr aaO Rz 76 ff), ist doch das in Österreich fest verankerte Quotenvorrecht des Sozialversicherungsträgers nur eines der denkbaren Modelle (vgl nochmals Neumayr aaO Rz 76) und hat sich etwa der deutsche Gesetzgeber in § 116 SGB X (entgegen der früheren Rechtslage zu § 1542 RVO) gegen ein solches Lösungsmodell entschieden (Neumayr aaO Rz 79 mwN). Zu beachten ist die unterschiedliche Interessenslage: Während es in der Legalzessionsfrage im Anschluss an die sich auf § 1358 ABGB, § 67 VersVG stützende Lohnfortzahlungsjudikatur vor allem um die Vermeidung einer Entlastung des Schädigers geht, steht in der Quotenvorrechtsfrage das Verhältnis zwischen dem Geschädigten und dem Sozialversicherungsträger im Vordergrund. Nach Auffassung des erkennenden Senates liegt hier insoweit keine Gesetzeslücke vor. Der mit einer (weiteren) Analogie zu § 332 ASVG argumentierenden Revision der beklagten Parteien ist damit nicht zu folgen. Vielmehr ist auch in diesem Punkt die Entscheidung des Berufungsgerichtes nicht zu beanstanden.
Daraus folgt, dass beiden Revisionen nicht Folge zu geben ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die Parteien haben wechselseitig die Kosten ihrer erfolglosen Rechtsmittel selbst zu tragen, jedoch dem jeweiligen Prozessgegner dessen Revisionsbeantwortungskosten zu ersetzen, wobei eine Saldierung den aus dem Spruch ersichtlichen Zuspruch an die Kläger ergibt.
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