Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 dritter Satz AußStrG).
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Stellt ein volljähriger Noterbe einen Antrag auf Inventarisierung und Schätzung des Nachlasses, ist das Inventar zu errichten (§ 165 Abs 1 Z 6 AußStrG), wobei der Wert des Nachlassvermögens am Todestag des Erblassers einzusetzen ist (2 Ob 85/10d; RIS-Justiz RS0007898). Im vorliegenden Fall hat das Erstgericht die beantragte (bloße) Schätzung bestimmter Vermögenswerte mit der Begründung abgelehnt, dass diese nicht zum Nachlass gehörten und deshalb nicht in das Inventar aufzunehmen seien.
In der Entscheidung 6 Ob 140/08v wurde (insoweit obiter) die Ansicht vertreten, dass alle im Zuge des der Einantwortung vorgelagerten Verfahrens ergehenden Entscheidungen schon begrifflich verfahrensleitende Entscheidungen seien, die nur nach Maßgabe des § 45 AußStrG angefochten werden könnten. Der hier erkennende Senat hat diese Auffassung - in Anlehnung an Schrammel (Zum Rekurs gegen verfahrensleitende Beschlüsse im neuen Außerstreitverfahren, ÖJZ 2009/14, 142) - im Falle eines Beschlusses über einen Antrag auf Errichtung eines Inventars bereits dahin relativiert, dass ein derartiger Beschluss nicht bloß der zweckmäßigen Gestaltung des Verfahrens diene und daher auch nicht der Rechtsmittelbeschränkung des § 45 Satz 2 AußStrG unterliegt (2 Ob 229/09d = RIS-Justiz RS0120910 [T5]). Auch Beschlüsse gemäß § 166 Abs 2 AußStrG, mit denen darüber entschieden wurde, ob eine Sache in das Inventar aufgenommen oder ausgeschieden wird (RIS-Justiz RS0121985), werden als selbständig anfechtbar angesehen (vgl 7 Ob 17/07m; 5 Ob 140/10i). Nichts anderes kann für den Beschluss über einen Antrag auf (bloße) Schätzung gelten, der wegen fehlender Nachlasszugehörigkeit der von ihm erfassten Vermögensgegenstände abgewiesen wird.
Dieser Beschluss ist entgegen der Ansicht des Rekursgerichts somit zwar selbständig anfechtbar. Daraus ist für die Rechtsmittelwerberin aber nichts gewonnen:
2. Hat das Rekursgericht zu Unrecht einen Rekurs aus formellen Gründen zurückgewiesen, dann kann der Oberste Gerichtshof im Hinblick auf § 3 JN nicht in der Sache selbst entscheiden, es sei denn, dass die formelle Zurückweisung und die sachliche Abweisung inhaltlich übereinstimmen oder wenn das Rekursgericht trotz formeller Ablehnung einer Entscheidung in den Gründen die Sache meritorisch behandelt hat (3 Ob 67/08m; 3 Ob 168/10t; RIS-Justiz RS0007037 [T10]; E. Kodek in Rechberger, ZPO³ § 526 Rz 1). In diesem Fall wäre die Zurückverweisung der Rechtssache an die zweite Instanz nur eine überflüssige Formalität (RIS-Justiz RS0007060 [T1 und T5]; Zechner in Fasching/Konecny² § 526 Rz 21).
Letzteres trifft hier zu, weil das Rekursgericht den Rekurs der Rechtsmittelwerberin auch meritorisch behandelt und ausführlich begründet hat, weshalb es die Rechtsansicht des Erstgerichts teilt. Die im Revisionsrekurs dagegen vorgetragenen Argumente sind daher zwar einer inhaltlichen Prüfung zugänglich, eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG wird mit ihnen aber nicht aufgezeigt.
3. Im Abhandlungsverfahren erfolgt die Schätzung des Nachlassvermögens (nur) im Zuge der Errichtung eines Inventars (§§ 165 ff AußStrG; ebenso bereits §§ 92 ff AußStrG aF; Eccher in Schwimann, ABGB³ III § 784 Rz 2 und § 802 Rz 12 ff). Gegenstand der Bewertung nach § 167 Abs 1 und 2 AußStrG sind daher nur solche bewegliche und unbewegliche Sachen, die in das Inventar aufzunehmen sind. Gemäß § 166 Abs 1 AußStrG dient das Inventar als vollständiges Verzeichnis der Verlassenschaft (§ 531 ABGB), nämlich aller körperlicher Sachen und aller vererblichen Rechte und Verbindlichkeiten des Verstorbenen und ihres Wertes im Zeitpunkt seines Todes. Maßgeblich für die Aufnahme in das Inventar sind in erster Linie die Besitzverhältnisse am Todestag des Erblassers (§ 166 Abs 2 AußStrG; 2 Ob 153/07z; Eccher aaO § 802 Rz 17).
Wie der Oberste Gerichtshof bereits zur - insoweit unveränderten - Rechtslage vor dem Inkrafttreten des neuen Außerstreitgesetzes vertreten hat, gehören zu Lebzeiten des Erblassers verschenkte Sachen, etwa Liegenschaften, nicht zum Nachlass und sind somit nicht zu inventarisieren. Das gilt um so mehr, wenn das Eigentumsrecht des Übernehmers zum Zeitpunkt des Todes des Übergebers bereits verbüchert war (vgl 2 Ob 192/98v; 2 Ob 153/07z; 7 Ob 244/07v; 5 Ob 85/10a; RIS-Justiz RS0007793, RS0007869, RS0007872; Eccher aaO § 531 Rz 14; Apathy in KBB³ § 785 Rz 1). Im Abhandlungsverfahren findet demnach auch die Schätzung verschenkter Sachen grundsätzlich nicht statt; ihre Bewertung muss vielmehr im streitigen Verfahren erfolgen (2 Ob 153/07z; vgl auch RIS-Justiz RS0008284; Eccher aaO § 531 Rz 21 und § 785 Rz 7).
4. Die eine Schätzung der zu Lebzeiten des Erblassers an seinen Sohn und seine Ehefrau übergebenen Vermögenswerte (insbesondere Liegenschaften, Gesellschaftsanteile, Rechtsanwaltskanzlei) ablehnenden Entscheidungen der Vorinstanzen halten sich im Rahmen der erörterten höchstgerichtlichen Judikatur. Aus den im Rechtsmittel zitierten Entscheidungen 7 Ob 292/06a und 1 Ob 190/10p sind keine den gegenteiligen Standpunkt der Rechtsmittelwerberin stützende Erkenntnisse ableitbar; auch dort wurde jeweils auf den Besitz zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers abgestellt.
Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG ist der außerordentliche Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen.
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