European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E126977
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Erstantragstellerin ist schuldig, dem Zweitantragsteller und dem Drittantragsteller die mit jeweils 2.457,92 EUR (darin enthalten 409,65 EUR USt) bestimmten Kosten der jeweiligen Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Der Erblasser hinterließ seine Witwe, die Erstantragstellerin, und vier volljährige Söhne, darunter den Zweit‑ und den Drittantragsteller. Am 6. 10. 2017 hatte der Erblasser eine auf Computer geschriebene fremdhändige letztwillige Verfügung errichtet, in der er seine Ehegattin zur Erbin seines gesamten Vermögens einsetzte; Ersatzerbe sollte ein nicht streitbeteiligter Sohn sein. Seinem Enkel vermachte er seine Liegenschaft samt Wohnhaus, wobei er ein Veräußerungs‑ und Belastungsverbot zugunsten der Ehegattin und den Ersatzerben anordnete. Der Ehegattin vermachte er darüber hinaus ein lebenslanges unentgeltliches und höchstpersönliches Wohnungsgebrauchsrecht an im Erdgeschoss des Wohnhauses gelegenen Räumlichkeiten.
Das Testament bestand aus zwei losen, in der Fußzeile mit Seitenzahlen („Seite 1 von 3“ usw) versehenen Blättern. Auf dem ersten Blatt befand sich auf der Vorder- und Rückseite der Text des Testaments. Das zweite Blatt enthielt den Ort und das Datum, die handschriftliche nuncupatio mit den Worten „Das ist mein letzter Wille“ sowie die Unterschriften des Erblassers und der drei Zeugen. Letztere wurden mit Anführung des Geburtsdatums und dem Zusatz „als ersuchte Testamentszeugen“ unterhalb der vorgedruckten Bestätigung angebracht, wonach „der Testator in unserer gleichzeitigen und ununterbrochenen Gegenwart dieses Testament eigenhändig unterfertigt und mit dem eigenhändig geschriebenen Zusatz versehen hat, dass diese Urkunde seinen letzten Willen enthält“. Die Blätter wurden lose in einem offenen Kuvert mit der Aufschrift „J* N* geb. * TESTAMENT“ in der Kanzlei des Vertreters der Erstantragstellerin verwahrt.
Die Witwe und die streitbeteiligten Söhne gaben jeweils bedingte Erbantrittserklärungen zum gesamten Nachlass ab, die Witwe aufgrund des Testaments vom 6. 10. 2017, die Söhne aufgrund des Gesetzes.
Mangels Einigung zwischen den Hinterbliebenen beantragte die Witwe, ihr Erbrecht aufgrund des Testaments vom 6. 10. 2017 festzustellen und die von den Söhnen abgegebenen Erbantrittserklärungen abzuweisen. Es liege eine formgültige letztwillige Verfügung vor, die Einheit der Urkunde werde durch den Hinweis auf den Gesamtumfang des Dokuments und den jeweiligen Seitenverweis in der Fußzeile bekundet.
Die erbantrittserklärten Söhne wandten ein, das Testament sei nicht formgültig zustande gekommen, weil sich die Unterschriften des Testators und der Zeugen nicht auf der letztwilligen Verfügung selbst befänden und keine einheitliche Urkunde vorliege. Überdies sei das Schriftstück in einem offenen Kuvert übergeben worden.
Das Erstgericht stellte das Erbrecht der Witwe aufgrund des Testaments fest und wies die Erbantrittserklärungen der Söhne ab. Es erachtete das Testament als formgültig, weil ein klarer räumlicher und inhaltlicher Zusammenhang zwischen den beiden losen Blättern bestehe. Die Unterfertigung durch Testator und Zeugen auf dem Blatt mit dem Text der letztwilligen Verfügung wäre nicht möglich gewesen, weil dessen beide Seiten vollgeschrieben gewesen seien. Die Fußzeilennummerierung einerseits und das Schriftbild andererseits – die mit Computer geschriebenen Teile des einen und des anderen Blattes seien optisch identisch – bestätigten die Einheit der Urkunde. Auch die Aufschrift auf dem Kuvert, in welches die beiden losen Blätter gesteckt worden seien, sei eindeutig.
Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung dahingehend ab, dass es die Erbantrittserklärung der Witwe abwies und das Erbrecht des Zweit- und des Drittantragstellers aus dem Titel des Gesetzes feststellte. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Nach Erörterung der Entscheidung 2 Ob 192/17z und dazu vorliegender Stimmen in der Literatur gelangte das Rekursgericht zu dem Ergebnis, dass das Testament vom 6. 10. 2017 formungültig sei. Der auf dem zweiten Blatt als einzigem Textteil befindlichen handschriftlichen nuncupatio „Das ist mein letzter Wille“ sei nicht zu entnehmen, worauf sich dieser Passus beziehe. Der einzige deutbare Zusammenhang mit dem ersten Blatt sei der Seitenhinweis in der Fußzeile. Mangels Verbindung der Blätter erscheine dies nicht ausreichend, weil ein Austausch allzu leicht möglich wäre. Im Übrigen sei auch noch das Kuvert, in welchem die Blätter verwahrt worden seien, unverschlossen gewesen.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei mangels eindeutiger Judikatur und infolge unterschiedlicher Stellungnahmen in der Lehre zur Frage der Formgültigkeit bei Vorliegen der Unterschriften von Testator und Zeugen auf einem losen zweiten Blatt ohne Text zulässig.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Witwe mit dem Abänderungsantrag, ihr Erbrecht festzustellen und die Erbantrittserklärungen der Söhne abzuweisen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Söhne beantragen in ihren Revisionsrekursbeantwortungen jeweils, den Revisionsrekurs zurückzuweisen; in eventu, ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Erstantragstellerin ist im Sinne der Ausführungen des Rekursgerichts zulässig, er ist aber nicht berechtigt.
Die Erstantragstellerin macht geltend, der in der Entscheidung 2 Ob 192/17z beurteilte Fall sei mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Auf dem zweiten Blatt befänden sich nämlich neben den Unterschriften des Erblassers und der Zeugen auch der Ort und das Datum der Testamentserrichtung, wobei es sich um die letzte Zeile des fremdhändig verfassten Urkundeninhalts handle. Weiters enthalte das zweite Blatt eine Willensäußerung des Erblassers, nämlich den Bekräftigungszusatz „Das ist mein letzter Wille“. Ebenso schaffe die auf jeder Seite vorhandene Fußzeile einen unmissverständlichen inhaltlichen Zusammenhang. Der räumliche Zusammenhang ergebe sich aus der Verwahrung der beiden Blätter in einem – wenn auch unverschlossenen – Kuvert, das unmittelbar nach der Errichtung der Urkunde im Kanzleitresor des Rechtsvertreters der Erstantragstellerin hinterlegt worden sei.
Hiezu wurde erwogen:
1. Aufgrund des Errichtungszeitpunkts der zu beurteilenden letztwilligen Verfügung (6. 10. 2017) ist die Rechtslage nach dem ErbRÄG 2015 anzuwenden (§ 1503 Abs 7 Z 5 ABGB).
2. Danach muss gemäß § 579 Abs 1 ABGB eine fremdhändige letztwillige Verfügung vom Verfügenden in Gegenwart dreier gleichzeitig anwesender Zeugen eigenhändig unterschrieben und mit einem eigenhändig geschriebenen Zusatz versehen werden, dass die Urkunde seinen letzten Willen enthält. Nach Abs 2 dieser Bestimmung haben die Zeugen, deren Identität aus der Urkunde hervorgehen muss, die aber den Inhalt der letztwilligen Verfügung nicht kennen müssen, auf der Urkunde mit einem auf ihre Eigenschaft als Zeugen hinweisenden und eigenhändig geschriebenen Zusatz zu unterschreiben.
3. Mit der Novellierung des § 579 ABGB wurden die Anforderungen an die Form eines fremdhändigen Testaments verschärft (Apathy/Neumayr in KBB5 § 579 Rz 2). Die Änderungen betreffen die Verschriftlichung der Willensbekräftigung des Erblassers (nuncupatio) sowie erhöhte Anforderungen an die Zeugenbeteiligung (gleichzeitige Anwesenheit; eigenhändiger Zeugenzusatz; aus der Urkunde erschließbare Identität der Zeugen), womit der Gesetzgeber, wie die Materialien zum ErbRÄG 2015 mehrfach betonen, die Fälschungssicherheit erhöhen wollte (ErläutRV 688 BlgNR 25. GP 1 und 10; dazu krit A. Tschugguel, Die Testamentszeugen im neuen Erbrecht. Ratio, quo vadebas? FS Bittner [2018], 711; ausführlich zur Neuregelung ders in Klang³ § 579 Rz 16 ff). Für die im vorliegenden Fall zu lösende Rechtsfrage sind die – unstrittig eingehaltenen – neuen Formvorschriften aber nicht von entscheidender Bedeutung. Denn für die Beurteilung der Frage, wo der letztwillig Verfügende und die Zeugen ihre Unterschriften leisten müssen, hat sich die Rechtslage nicht geändert (so auch A. Tschugguel und Welser in Rabl/A. Tschugguel/Welser, Formunwirksamkeit des Testaments, weil die Zeugen auf einem gesonderten Blatt unterschrieben haben. Ein juristischer Trialog, NZ 2018/108, 321 [326]; Umlauft, Das Spannungsverhältnis zwischen dem favor testamenti und den Formvorschriften für letztwillige Verfügungen im Lichte der jüngsten OGH-Judikatur, EF‑Z 2019/137, 244 [246]).
4. Einen dem vorliegenden ähnlichen Sachverhalt hatte der erkennende Senat in der zur Rechtslage vor dem ErbRÄG 2015 ergangenen Entscheidung 2 Ob 192/17z EF‑Z 2018/111, 230 (Welser) = iFamZ 2018/180, 308 (Gruber) = JBl 2019, 98 (Mayrhofer) = ecolex 2018/463, 1075(Schoditsch) zu beurteilen, die in der Literatur vielfach kommentiert worden ist (vgl neben den erwähnten Glossatoren auch Rabl/A. Tschugguel/Welser, Trialog, NZ 2018/108; Umlauft, Spannungsverhältnis, EF-Z 2019/137; Webhofer, Die Zeugenunterschrift auf einer letztwilligen Verfügung,Zak 2019/227). Im damaligen Anlassfall hatten die Testamentszeugen eine aus zwei losen Blättern bestehende fremdhändige letztwillige Verfügung auf dem zweiten Blatt unterschrieben, auf dem sich weder der Text der Verfügung noch die Unterschrift des Erblassers befand. Der Senat führte dazu aus, für die Formgültigkeit einer solchen letztwilligen Verfügung sei jedenfalls zu fordern, dass ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen den mehreren losen Blättern zum Ausdruck komme, wie er in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bei Verwendung mehrerer loser Blätter für die Gültigkeit eines eigenhändigen Testaments als notwendig erachtet wird. Da diese Voraussetzung im konkreten Fall nicht vorlag, wurde das Testament als formungültig beurteilt.
An diesen Erwägungen, an denen der erkennende Senat festhält, ist im Folgenden anzuknüpfen.
5. Allerdings unterscheidet sich das hier zu beurteilende Testament vom damaligen dadurch, dass sich die Angabe von Ort und Datum der Verfügung, die handschriftliche nuncupatio sowie die Unterschrift des Erblassers auf dem zweiten losen Blatt befinden, auf dem auch die Testamentszeugen mit den erforderlichen Zusätzen unterschrieben haben. Die Fußzeile des zweiten Blattes enthält überdies eine Seitenangabe mit Bezug auf den Gesamtumfang der Verfügung („Seite 3 von 3“). Diese Umstände geben einen Hinweis darauf, dass es ein erstes Blatt als Träger des Inhalts des letzten Willens geben muss.
Es ist daher zu prüfen, ob diese Tatumstände eine andere Beurteilung der Formgültigkeit des Testaments rechtfertigen, als in dem der Entscheidung 2 Ob 192/17z zugrunde gelegenen Fall.
6. Wie aus der genannten Entscheidung hervorgeht, ist es bei einer letztwilligen fremdhändigen Verfügung, die aus mehreren losen Blättern besteht, von denen nur das letzte unterschrieben ist, für die Formgültigkeit der letztwilligen Verfügung erforderlich, dass ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen den losen Blättern besteht, sodass von einem einheitlichen Schriftstück (im Sinn einer inneren Urkundeneinheit) gesprochen werden kann. Das gilt nicht nur dann, wenn sich bloß die Unterschrift der Testamentszeugen auf dem letzten Blatt befindet, sondern auch, wenn dort der Erblasser unterschrieben hat (vgl 4 Ob 29/04z; RS0018303; Umlauft, Spannungsverhältnis, EF-Z 2019/137, 247).
Wurde hingegen zwischen den einzelnen Blättern ohnehin bereits die äußere Urkundeneinheit hergestellt (dazu Näheres sogleich), bedarf es nicht auch noch eines zusätzlichen inhaltlichen Zusammenhangs. In diesem Fall ist die letztwillige Verfügung auch dann formgültig, wenn sich die Unterschriften des Erblassers und/oder von allen oder auch nur einzelnen Zeugen (mit den gesetzlich gebotenen Zusätzen) auf dem letzten, sonst keinen Text aufweisenden Blatt der Verfügung befinden (idS auch Umlauft, Spannungsverhältnis, EF-Z 2019/137, 249).
Beim gegenständlichen Testament besteht jedoch weder äußere noch innere Urkundeneinheit:
6.1 Keine äußere Urkundeneinheit:
(a) An eine allein aus dem äußeren Zusammenhang konstituierte einheitliche Urkunde muss die Anforderung gestellt werden, dass sie Kriterien entspricht, die typischerweise eine äußere Urkundeneinheit herbeiführen. Davon kann ausgegangen werden, wenn die einzelnen Bestandteile der Urkunde (die losen Blätter) so fest miteinander verbunden werden, dass die Verbindung nur mit Zerstörung oder Beschädigung der Urkunde gelöst werden kann, wie zB beim Binden, Kleben oder Nähen der Urkundenteile.
(b) Diese Verbindung muss entweder bereits zum Zeitpunkt der Leistung der Unterschriften durch Erblasser und Zeugen vorhanden sein oder während des Testiervorgangs (das heißt uno actu mit diesem) hergestellt werden. Sollte diese Voraussetzung bei einer äußerlich der Form entsprechenden letztwilligen Verfügung in einem Verfahren über das Erbrecht bestritten werden, so träfe die Beweislast für den Formmangel jene Partei, die ihn behauptet (vgl 5 Ob 552/86 SZ 59/175; 2 Ob 86/15h SZ 2016/34).
(c) Den an die äußere Urkundeneinheit zu stellenden Anforderungen entspricht aber weder das Zusammenfügen der mehreren Blätter mittels einer Büroklammer (vgl 2 Ob 192/17z) noch – wie hier geschehen – die Aufbewahrung der losen Blätter in einem Kuvert, selbst wenn dieses verschlossen gewesen wäre. Auch das Aufbewahren der losen Blätter im Tresor eines Rechtsanwalts reicht zur Herstellung der äußeren Urkundeneinheit nicht aus (vgl den in 2 Ob 192/17z wiedergegeben Sachverhalt). Diese ist im vorliegenden Fall daher nicht gegeben.
6.2 Auch keine innere Urkundeneinheit:
(a) Wie der erkennende Senat bereits in der Entscheidung 2 Ob 192/17z ausgeführt hat, könnte für die Herstellung eines inhaltlichen Zusammenhangs zwischen den mehreren losen Blättern neben der Fortsetzung des Textes auch ein – vom Testator unterfertigter – Vermerk auf dem zusätzlichen Blatt mit Bezugnahme auf seine letztwillige Verfügung ausreichend sein (vgl 5 Ob 52/04i). Diese Bezugnahme muss inhaltlicher Natur sein, das heißt es muss erkennbar sein, auf welche inhaltliche Anordnung sich der Vermerk bezieht. Der Zusammenhang muss so deutlich sein, dass er einer tatsächlichen Verbindung der Blätter nahe kommt (vgl A. Tschugguel in Klang³ § 578 Rz 13).
(b) Die Anführung des Orts und des Datums der letztwilligen Verfügung stellen keinen inhaltlichen Bezug zum Verfügten her. Das gilt aber auch für die schriftliche nuncupatio des Erblassers, die zwar eines der gesetzlich statuierten Formerfordernisse (§ 579 Abs 1 ABGB) erfüllt, aber keine dem mit ihr bekräftigten Text der letztwilligen Verfügung zugehörige oder auf deren Inhalt Bezug nehmende Willensäußerung des Erblassers zum Ausdruck bringt. Auch eine formgerechte mündliche nuncupatio, wie sie im alten Recht vorgesehen war, hätte nichts daran geändert, dass bei losen Blättern zur Wahrung der Formgültigkeit auch die innere Urkundeneinheit hergestellt werden muss.
(c) Auch aus dem Argument, dass erst die Unterschrift des Erblassers die Urkunde beende und erzeuge (so etwa Rabl in Rabl/A. Tschugguel/Welser, Trialog, NZ 2018/108, 323; Umlauft, Spannungsverhältnis, EF‑Z 2019/137, 246), ist der geforderte inhaltliche Zusammenhang zwischen den beiden losen Blättern nicht ableitbar.
Zwar ist die Unterschrift des Erblassers bei einem eigenhändigen Testament begrifflich der Vollendungsakt und es kommt ihr abschließende Wirkung zu. Bereits in der Entscheidung 1 Ob 38/68 SZ 41/23 hat der Oberste Gerichtshof – ebenfalls zum eigenhändigen Testament, das aber insoweit nicht anders zu beurteilen ist wie ein fremdhändiges – allerdings ausgesprochen, dass die Unterschrift am Schluss der letztwilligen Anordnung oder doch in einem solchen räumlichen Verhältnis zum Text der Erklärung stehen muss, dass sie als deren Abschluss und nach der Verkehrsauffassung die letztwillige Anordnung deckend angesehen werden kann (vgl auch 2 Ob 528/78 SZ 51/85; RS0012464). Aus dieser Rechtsprechung wurde allgemein der Schluss gezogen, dass die Unterschrift den Text grundsätzlich räumlich abschließen muss, um einem (gesetzlichen oder vereinbarten) Schriftlichkeitsgebot zu genügen (Dullinger in Rummel/Lukas 4§ 886 Rz 8; so auch bereits Rummel in Rummel³ § 886 Rz 1). Schriftlichkeit setzt demnach die eigenhändige Unterschrift unter dem von wem auch immer verfassten Text voraus. Die Unterschrift deckt grundsätzlich nur den über (oberhalb von) ihr stehenden Text (Riedler in Schwimann/Kodek 4 § 886 Rz 1).
Oberhalb der Unterschrift des Erblassers befinden sich hier aber nur die Angabe des Orts und des Datums sowie die nuncupatio, die weder für sich noch gemeinsam einen inhaltlichen Zusammenhang mit der im anderen Blatt enthaltenen letztwilligen Verfügung herstellen können (siehe oben lit b). Die Unterschrift steht daher in keiner räumlichen Verbindung zum Text der Willensäußerung, weshalb sie diesen auch nicht deckt.
(d) Schließlich vermag auch die Seitennummerierung in der Fußzeile des zweiten Blattes die innere Urkundeneinheit nicht zu begründen, ergibt sich doch auch daraus kein inhaltlicher Bezug zum Text der letztwilligen Verfügung auf dem ersten Blatt (aA offenbar Umlauft, Spannungsverhältnis, EF-Z 2019/137, 247 f; vgl auch Webhofer, Zak 2019/227, 129, der bei einer bestimmten – hier nicht vorliegenden – Gestaltung einer Kopf- oder Fußzeile den inhaltlichen Zusammenhang bejaht).
7. Das fremdhändige Testament des Erblassers erweist sich somit schon deshalb als formungültig (§ 601 ABGB), weil das Blatt mit der Unterschrift des Erblassers weder in einem äußeren noch in einem inhaltlichen Zusammenhang mit dem Blatt, auf dem sich der Text der letztwilligen Verfügung befindet, steht. Auf die Bewertung der Unterschriften der Testamentszeugen kommt es nicht mehr an.
8. Die zu dieser Beurteilung führenden Erwägungen können wie folgt zusammengefasst werden:
Ein fremdhändiges Testament ist formungültig, wenn der Erblasser auf einem losen Blatt unterschrieben hat, ohne dass ein äußerer oder inhaltlicher Zusammenhang mit dem Blatt, auf dem sich der Text der letztwilligen Verfügung befindet, besteht. Ein äußerer Zusammenhang wäre nur dann zu bejahen, wenn entweder vor der Leistung der Unterschriften von Erblasser und Zeugen oder während des Testiervorgangs (das heißt uno actu mit diesem) die äußere Urkundeneinheit hergestellt wurde, indem die einzelnen Bestandteile der Urkunde (die losen Blätter) so fest miteinander verbunden wurden, dass die Verbindung nur mit Zerstörung oder Beschädigung der Urkunde gelöst werden kann, wie zB beim Binden, Kleben oder Nähen der Urkundenteile. Für die Herstellung eines inhaltlichen Zusammenhangs zwischen den mehreren losen Blättern kann neben der Fortsetzung des Textes auch ein – vom Testator unterfertigter – Vermerk auf dem zusätzlichen Blatt mit Bezugnahme auf seine letztwillige Verfügung ausreichend sein. Diese Bezugnahme muss inhaltlicher Natur sein, das heißt es muss erkennbar sein, auf welche inhaltliche Anordnung sich der Vermerk bezieht (vgl auch die Entscheidung 2 Ob 145/19s vom heutigen Tag).
9. Dem Revisionsrekurs ist aus den angeführten Gründen der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 78, 185 AußStrG.
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