European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0020NC00025.23H.0406.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die vom * in der Rechtssache AZ * angezeigten Gründe sind nicht geeignet, die Besorgnis seiner Befangenheit zu begründen.
Begründung:
[1] Im vorliegenden Verfahren macht der Kläger – soweit Gegenstand des Revisionsverfahrens – ihm abgetretene Ansprüche einer Privatstiftung auf Rückzahlung von rechtsgrundlos an die Erstbeklagte geleistetem Anwaltshonorar geltend.
[2] Die außerordentliche Revision der Erstbeklagten ist beim * Senat des Obersten Gerichtshofs angefallen.
[3] * ist Mitglied des Senats. Er gibt bekannt, als Mitglied des dritten Senats des Oberlandesgerichts Wien im Berufungsverfahren im ersten Rechtsgang an einer mündlichen Berufungsverhandlung teilgenommen und an der Entscheidung über die Zulassung einer Nebenintervenientin sowie der Erledigung der Nichtigkeitsberufung beteiligt gewesen zu sein. Er fühle sich zwar nicht befangen, allerdings könne aufgrund seiner Mitwirkung im Berufungssenat der objektive Anschein entstehen, er könne durch diese Mitwirkung in unsachlicher Weise beeinflusst werden.
Rechtliche Beurteilung
[4] Die Befangenheitsanzeige ist unbegründet:
[5] 1. Ausgeschlossenheit gemäß § 20 Abs 1 Z 5 JN liegt mangels Beteiligung des * an der angefochtenen Entscheidung (RS0045973) oder an einer Vorentscheidung, die gleichzeitig mit der angefochtenen Entscheidung der Beurteilung des Rechtsmittelgerichts unterliegt oder welche die Grundlage für die angefochtene Entscheidung bildet (RS0045973 [T2, T4]), nicht vor.
[6] 2. Ein zureichender Grund, die Unbefangenheit eines Richters iSv § 19 Z 2 JN in Zweifel zu ziehen, liegt zwar nach ständiger Rechtsprechung schon dann vor, wenn bei objektiver Betrachtungsweise der äußere Anschein der Voreingenommenheit – also der Hemmung einer unparteiischen Entschließung durch unsachliche Motive (RS0045975) – entstehen könnte (RS0046052 [T2, T10]; RS0045949 [T2, T6]), dies auch dann, wenn der Richter tatsächlich (subjektiv) unbefangen sein sollte (RS0045949 [T5]). Ein solcher Anschein kann durch eine eindeutige Nahebeziehung des Richters zu einer Verfahrenspartei, zu einer Person, die ihrerseits eine Nahebeziehung zu einer Verfahrenspartei aufweist, aber auch durch eine besondere Nahebeziehung zur Rechtssache begründet werden (8 Nc 22/17b mwN). Dabei ist zur Wahrung des Vertrauens in die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Rechtsprechung ein strenger Maßstab anzuwenden (vgl RS0045949). Zu beachten ist jedoch, dass die Vermutung für die Unparteilichkeit des Richters spricht, solange nicht Sachverhalte dargetan werden, die das Gegenteil annehmen lassen (RS0046129 [T1, T2]).
[7] 3. Die bloße Teilnahme des * an der Tagsatzung des Berufungsgerichts, in der lediglich über die Zulässigkeit einer im Zuge des Berufungsverfahrens erklärten Nebenintervention verhandelt wurde, sowie seine Mitwirkung am anschließend gefassten Beschluss über die Zurückweisung der Nebenintervention und der ebenfalls bloß verfahrensrechtlichen – insoweit nicht als Kausalsenat mit einem fachmännischen Laienrichter aus dem Handelsstand zu erledigenden (§ 473 Abs 1 ZPO) – Entscheidung über die Nichtigkeitsberufung der Beklagten im ersten Rechtsgang ist auch bei Anlegung eines strengen Maßstabs nicht geeignet, den objektiven Anschein zu begründen, er könne sich von unsachlichen Motiven leiten lassen. Weder ist auch nur mittelbar die Richtigkeit der unter Mitwirkung des* ergangenen Entscheidungen zu prüfen (vgl 2 Nc 32/19g), noch legen diese Umstände nahe, dass er sich bereits eine konkrete Meinung zum nun zu beurteilenden inhaltlichen Verfahrensgegenstand gebildet hätte (vgl 8 Nc 22/17b).
[8] Es war daher auszusprechen, dass die angezeigten Gründe nicht geeignet sind, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen (§ 22 Abs 3 GOG iVm § 19 Abs 2 JN).
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