OGH 1Ob63/12i

OGH1Ob63/12i26.4.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden und die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** T*****, ohne Beschäftigungsangabe, *****, vertreten durch Dr. Farhad Paya, Rechtsanwalt in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagten Parteien 1. Land Kärnten, vertreten durch Gheneff-Rami-Sommer Rechtsanwälte KG in Klagenfurt am Wörthersee, 2. R***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Ernst Maiditsch M.B.L. HSG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Klagenfurt am Wörthersee, wegen 6.830 EUR sA und Feststellung (5.000 EUR), über die Revisionsrekurse der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 26. Jänner 2012, GZ 5 R 245/11f-22, womit der Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 24. November 2011, GZ 25 Cg 84/11h-16, über Rekurs der klagenden Partei als nichtig aufgehoben und die Rekursbeantwortung der zweitbeklagten Partei zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

I. Die Revisionsrekurse der beklagten Parteien werden zurückgewiesen.

II. Die Revisionsrekursbeantwortungen der klagenden Partei werden zurückgewiesen.

Text

Begründung

Über Antrag der Erstbeklagten trug das Erstgericht dem Kläger eine Prozesskostensicherheit von 9.000 EUR auf. Über dessen Rekurs hob das Rekursgericht diesen Beschluss als nichtig auf, trug dem Erstgericht die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über den Antrag der Erstbeklagten auf (Spruchpunkt I.) und wies die Rekursbeantwortung der Zweitbeklagten zurück (Spruchpunkt II.). Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Frage, ob ein Streitgenosse, der keinen Antrag auf Leistung der aktorischen Kaution gestellt habe, am Rekursverfahren betreffend den von der weiteren Partei auf Passivseite gestellten Antrag beteiligt sei, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.

Rechtliche Beurteilung

I. Die Rechtsmittel der beklagten Parteien sind unzulässig.

1. Die Erstbeklagte wendet sich in ihrem Rechtsmittel ausschließlich gegen Punkt I. des Spruchs des Rekursgerichts, mit dem der Beschluss des Erstgerichts für nichtig erklärt und diesem die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen wurde. Damit ist das als ordentlicher Revisionsrekurs bezeichnete Rechtsmittel als Rekurs zu behandeln; die Fehlbezeichnung schadet dabei nicht (RIS-Justiz RS0036258).

2. Nach § 527 Abs 2 ZPO ist der Rekurs gegen einen Beschluss, mit dem das Rekursgericht einen Beschluss des Gerichts erster Instanz aufgehoben und diesem eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen hat, nur zulässig, wenn das Rekursgericht dies ausgesprochen hat. Das ist hier aber nicht der Fall. Sowohl der ausdrückliche Ausspruch der Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses als auch die Stellung dieses Ausspruchs in der Systematik des Spruchs des Rekursgerichts und dessen Begründung für die Zulässigkeit eines weiteren Rechtszugs an den Obersten Gerichtshof machen deutlich, dass sich der Ausspruch des Rekursgerichts ausschließlich auf Punkt II. seines Spruchs bezieht. Da der Aufhebungsbeschluss des Rekursgerichts damit keinen Rechtsmittelzulässigkeitsausspruch enthält, ist er absolut unanfechtbar (RIS-Justiz RS0109580) und das Rechtsmittel der Erstbeklagten aus diesem Grund zurückzuweisen.

3.1 Die Zweitbeklagte bekämpft die in zweiter Instanz beschlossene Zurückweisung ihrer Rekursbeantwortung. Solche Beschlüsse der zweiten Instanz als Rekursgericht sind bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 528 ZPO anfechtbar (RIS-Justiz RS0113736 [T3]; 3 Ob 270/05k; 10 Ob 5/06t; 2 Ob 110/07a). Der Revisionsrekurs gegen den in zweiter Instanz ergangenen Zurückweisungsbeschluss ist somit nicht absolut unzulässig. Er ist aber mangels Beschwer zurückzuweisen.

3.2 Die Beschwer, also das Rechtsschutzinteresse des Rechtsmittelwerbers, muss bei Einlangen des Rechtsmittels gegeben sein und auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung darüber andauern. Sie fehlt, wenn der Entscheidung nur mehr theoretisch-abstrakte Bedeutung zukäme (RIS-Justiz RS0002495). Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass das Recht zur Erstattung einer Rechtsmittelbeantwortung nicht Selbstzweck ist (2 Ob 110/07a; 1 Ob 176/11f ua). Die Beschwer aufgrund der Zurückweisung einer Rechtsmittelbeantwortung ist daher nur dann gegeben, wenn der in zweiter Instanz unterlegenen Partei dadurch die Möglichkeit genommen wurde, den Erfolg des Rechtsmittels ihres Prozessgegners zu verhindern. Kann aber ein Rechtsmittelerfolg des Prozessgegners nicht mehr abgewehrt werden, dann fehlt die für die Anfechtung des Zurückweisungsbeschlusses notwendige Beschwer (RIS-Justiz RS0122282; RS0117039 [T2]).

3.3 Der Aufhebungsbeschluss des Rekursgerichts (Punkt I. seines Spruchs) ist mangels eines Ausspruchs, dass der Rekurs zulässig sei, in Rechtskraft erwachsen. Die Aufhebung des Beschlusses über die Zurückweisung der Rekursbeantwortung bliebe ohne Auswirkung auf diesen Beschluss. Einer inhaltlichen Behandlung des Revisionsrekurses käme damit nur noch theoretisch-abstrakte Bedeutung zu. Da auch das Interesse an einer günstigeren Kostenentscheidung zweiter Instanz nach ständiger Rechtsprechung die Beschwer als Voraussetzung für die Rechtsmittelzulässigkeit nicht zu begründen vermag (RIS-Justiz RS0002396), ist der Revisionsrekurs der Zweitbeklagten zurückzuweisen.

II. Der Kläger hat zu den Rechtsmitteln der Beklagten jeweils Revisionsrekursbeantwortungen erstattet. Die nach Zustellung der Rechtsmittelschriften am 22. 2. 2012 bzw 23. 2. 2012 jeweils am 12. 3. 2012, also nach Ablauf der vierzehntägigen Frist des § 521 Abs 1 ZPO, eingebrachten Rechtsmittelbeantwortungen sind verspätet und daher ebenfalls zurückzuweisen.

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