European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0010OB00004.15T.0122.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Die behaupteten sekundären Feststellungs-mängel zum Maisanbau auf der Liegenschaft der Beklagten liegen nicht vor, traf doch das Erstgericht dazu Feststellungen. Wurden aber zu einem bestimmten Thema Tatsachenfeststellungen getroffen, mögen diese auch von den Vorstellungen der Rechtsmittelwerberin abweichen, können diesbezüglich keine rechtlichen Feststellungsmängel erfolgreich geltend gemacht werden (RIS‑Justiz RS0053317 [T1]; vgl RS0043320 [T16, T18]; RS0043480 [T15]).
2. Die Behauptung der Klägerin, wäre auf der höher gelegenen Liegenschaft der Beklagten kein Mais angebaut worden, wäre ihre Liegenschaft nicht verschlammt worden, geht nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Nach den getroffenen Feststellungen kam es bereits zuvor bei einer geringeren Niederschlagsmenge als nunmehr im Juni 2012 zu einer Überflutung der Liegenschaft der Klägerin, ohne dass die Beklagte damals Mais angebaut gehabt hätte. Beim Starkregen am 12. 6. 2012 hätte die Art der landwirtschaftlichen Bodenbearbeitung bei erosions-gefährdeten Kulturen die Gefahr der Erosion zwar minimieren, aber nicht verhindern können. Bei Anbau von Weizen oder einem vergleichbaren anderen Getreide wäre es ebenfalls zu einer Verschlammung gekommen, wenn auch nicht zu einer derart starken. Wenn diese Getreidesorten erst kurz vor dem Starkregen angesät worden wären, wäre die Verschlammung ähnlich wie beim Anbau von Mais gewesen.
Von den Feststellungen entfernt sich die Klägerin auch, wenn sie von einer ordnungswidrigen Bebauung der Ackerfläche der Beklagten ausgeht, steht doch fest, dass die landwirtschaftliche Bearbeitung sowohl aus pflanzenbaulicher als auch aus ökonomischer Sicht richtig erfolgte. Insoweit ist die Rechtsrüge daher nicht gesetzmäßig ausgeführt (RIS‑Justiz RS0043312).
3. Mit Veränderungen der natürlichen Abflussverhältnisse durch Maßnahmen im Zuge der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung hat sich der Oberste Gerichtshof bereits befasst (1 Ob 190/05f; 1 Ob 11/06h; 1 Ob 29/08h). Gemäß § 39 Abs 1 WRG darf der Eigentümer eines Grundstücks den natürlichen Abfluss der sich darauf ansammelnden oder darüber fließenden Gewässer zum Nachteil des unteren Grundstücks nicht willkürlich ändern. Dieses an sich verwaltungsrechtliche Verbot der Privatwillkür konkretisiert nachbarrechtliche Rücksichtnahmepflichten zum Schutz des Unterliegers (RIS‑Justiz RS0082597). Ausgangspunkt der Lösung der nachbarrechtlichen Konfliktsituation ist stets der natürliche (ungeregelte Zustand) eines Gewässers. Die mit dem von der Natur vorgesehenen Wasserlauf verbundenen Nachteile treffen grundsätzlich jenen, in dessen Vermögen sie sich ereignen (RIS‑Justiz RS0117583). Das Abfließen von Schlamm auf ein Nachbargrundstück infolge von Bodenerosion oder Murenabgängen kann daher nur dann eine unzulässige Einwirkung im Sinn des § 364 Abs 2 ABGB sein, wenn ein Verstoß gegen § 39 Abs 1 WRG vorliegt. Dabei ist insbesondere auch die Ausnahmebestimmung des § 39 Abs 3 WRG zu beachten. Eine Änderung der Ablaufverhältnisse mit ihren Konsequenzen ist demnach zulässig, soweit sie durch die „ordnungsgemäße Bearbeitung“ eines landwirtschaftlichen Grundstücks „notwendigerweise bewirkt“ wird (1 Ob 190/05f). Um eine Haftung zu begründen, kommt es darauf an, ob das Risiko einer Verschlammung durch die ordnungswidrige Bewirtschaftung des Grundstücks unzulässig erhöht wurde (1 Ob 11/06h = RIS‑Justiz RS0120623).
Nach den Feststellungen spielt der Maisanbau im Gebiet, in dem sich die Liegenschaften befinden, eine große Rolle und ist ortsüblich. Im Juni 2012 kam es innerhalb kurzer Zeit an drei Tagen zu heftigen Regenfällen. Bei einem Starkregen wie am 12. 6. 2012, der zur Überflutung der Liegenschaft der Klägerin führte, könnte die Art der landwirtschaftlichen Bodenbearbeitung bei erosions-gefährdeten Kulturen die Gefahr der Erosion zwar minimieren, aber nicht verhindern. Der Maisanbau auf dem Acker der Beklagten erfolgte (nach landwirtschaftlichen Grundsätzen) ordnungsgemäß. Dabei wurde eine konservierende Bodenbearbeitung angewendet und in Richtung der Liegenschaft der Klägerin vor der Straße ein Dauergrünland angelegt, was dazu beiträgt, dass die Erosion minimiert wird und möglichst wenig Bodenfraktionen außerhalb der landwirtschaftlichen Nutzfläche gelangen. Aus landwirtschaftlicher Sicht war in der konkreten Situation an diesem Ort von einem Landwirt kein anderer Anbau zu fordern.
Die Liegenschaft der Beklagten wurde daher ortsüblich und in einer ordnungsgemäßen, den Grundsätzen landwirtschaftlicher Betriebsführung entsprechenden, sachgerechten Art und Weise bestellt. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass damit keine unzulässige Einwirkung im Sinn des § 364 Abs 2 ABGB vorliege, wenn es bei besonders ungünstigen Wetterverhältnissen (insbesondere Starkregenereignissen) zum Eindringen erheblicher Wasser- und Schlammmengen auf die Liegenschaft der Klägerin kommt, ist nicht zu beanstanden. Dass die den Grundsätzen landwirtschaftlicher Betriebsführung entsprechende Bestellung eines Feldes zu Bodenzuständen führt, die bei starken Regenfällen den Abfluss von Oberflächenwasser und Schlamm auf das unterliegende Grundstück begünstigen, ist regelmäßig keine unmittelbare Zuleitung im Sinn des § 364 Abs 2 Satz 2 ABGB (1 Ob 190/05f). Mit dem Vorliegen einer unzulässigen Immission nach § 364 Abs 2 Satz 1 ABGB argumentiert die Klägerin nicht (als Konsequenz der Rechtsprechung einen diesbezüglichen Unterlassungsanspruch verneinend Kerschner/E. Wagner in Fenyves/Kerschner/ Vonkilch, Klang³ § 364a ABGB Rz 352: Maßnahmen der ordnungsgemäßen Landwirtschaft gelten nicht als Beeinträchtigung der Gewässer, § 32 Abs 1 WRG). Erfolgte die landwirtschaftliche Nutzung (wie hier) sachgerecht und hatte ‑ im Hinblick auf den außergewöhnlichen Starkregen ‑ nur unmaßgebliche Auswirkungen auf die Erhöhung des Risikos der Bodenerosion und in der Folge der Verschlammung des Abfließens des Wassers, besteht weder ein Anspruch im Sinn des § 364 Abs 2 ABGB noch nach § 39 WRG (1 Ob 29/08f).
Abgesehen davon, dass die Klägerin nach der Formulierung des Unterlassungsbegehrens gar nicht verlangt, die Beklagte müsste die Bebauung ihres Grundstücks mit Mais generell unterlassen, führt sie dafür auch keine rechtliche Begründung an. Zum Zahlungs‑ und Feststellungsbegehren, das sie auf Schadenersatz stützt, erfolgen keine näheren Darlegungen.
4. Die außerordentliche Revision ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
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