OGH 1Ob315/97y

OGH1Ob315/97y24.3.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in der Rechtssache der klagenden Partei Ing.Harald G*, vertreten durch Dr.Karl Friedrich Strobl, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien 1., Singerstraße 17‑19, wegen 3,091.072,58 S sA und Rente (Streitwert 2,677.068 S) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 3,906.250,10 S) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgerichts vom 23.Juni 1997, GZ 3 R 114/97y‑66, womit infolge Berufung beider Parteien das Endurteil des Landesgerichts Salzburg vom 21.März 1997, GZ 8 Cg 14/94s‑58, abgeändert wurde,

I. durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter am 15.Dezember 1997 den

Beschluß

gefaßt:

Es liegen die Voraussetzungen des § 8 Abs 1 OGHG vor; zur Entscheidung über die Revision ist deshalb ein verstärkter Senat berufen;

II. durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden, durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Hofmann, durch die Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Kropfitsch, Dr.Maier, Dr.Petrag, Dr.Bauer und Dr.Kodek sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1998:E49480

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Verstärkter Senat

 

Spruch:

Die Revision wird, soweit mit ihr Nichtigkeit geltend gemacht wird, zurückgewiesen; im übrigen wird der Revision teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Endurteil ‑ einschließlich seiner bereits rechtskräftigen und bestätigten Teile ‑ insgesamt wie folgt zu lauten hat:

„1. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei

a) den Betrag von 184.290,48 S samt 8,875 % Zinsen seit 20.November 1996 binnen 14 Tagen und

b) eine Rente von 46.600 S monatlich vom 1.November 1996 bis 31.Dezember 2003 zu bezahlen, und zwar die bereits fälligen Rentenbeträge binnen 14 Tagen, die künftig fällig werdenden Beträge jeweils am ersten eines jeden Monats im vorhinein.

2. Dagegen wird das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei

a) 2,906.782,10 S samt 8,875 % Zinsen seit 20.November 1996 binnen 14 Tagen und

b) eine weitere Rente von 27.763 S monatlich vom 1.November 1996 bis 31.Dezember 2003 und eine Rente von 74.363 S monatlich ab 1.Jänner 2004

zu bezahlen, abgewiesen.

3. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 3.074,45 S (Barauslagen) an Verfahrenskosten erster Instanz binnen 14 Tagen zu bezahlen.“

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 65.168,54 S bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.

 

Entscheidungsgründe:

 

Der am 22.Jänner 1963 geborene Kläger wurde am 12.September 1985 bei einem Verkehrsunfall, an dem ein LKW des österreichischen Bundesheers beteiligt war, schwer verletzt. Die beklagte Partei haftet dem Kläger für alle Schäden aus diesem Ereignis. Dieser arbeitete vor dem Unfall als Inbetriebnahmeingenieur auf ausländischen Baustellen. Nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge hätte er diesen Beruf, wäre der Unfall vom 12.September 1985 unterblieben, bis Ende 2003 ausgeübt. Wegen der Unfalldauerfolgen kann er nicht mehr als Inbetriebnahmeingenieur arbeiten. Die üblichen Gehälter für Auslandsmontage‑ und Inbetriebnahmeingenieure betragen 35.000 S bis 70.000 S monatlich brutto zuzüglich Auslandsauslösen bzw Tag‑ und Nachtgelder, die ‑ im Falle eines österreichischen Arbeitgebers - üblicherweise nach dem „Bundesschema“ berechnet werden. Das im Ausland erzielte Bruttoeinkommen wird häufig netto ausgezahlt, weil dafür in Österreich keine Steuern zu entrichten sind und es die jeweiligen Unternehmer ihren Mitarbeitern überlassen, den Bezug im jeweils in Betracht kommenden Auslandsstaat zu versteuern. Das Monatseinkommen des Klägers hätte, wäre das Schadensereignis unterblieben, 40.000 S bis 60.000 S „brutto für netto“ durchschnittlich sechs bis acht Monate je Jahr zuzüglich Tag‑ und Nachtgelder betragen. Inbetriebnahmeingenieure sind also gewöhnlich nicht ganzjährig im Auslandseinsatz. Der Bedarf an derartigen Fachkräften, die in der Lage und willens sind, auch unter erschwerten Bedingungen im Ausland zu arbeiten, ist nach wie vor gegeben. Solche werden nicht nur von österreichischen, sondern auch von „internationalen Unternehmen für internationale Einsätze gesucht“. Auch wenn ein konkreter Arbeitgeber seinen Mitarbeitern die Auslandsunterkunft zur Verfügung stellt, sind Personen in leitender Position bestrebt, sich eine Unterkunft selbst zu besorgen. Eine solche Stellung hatte auch der Kläger. Seit 1.März 1990 ist der Kläger EDV‑Leiter in einem Salzburger Unternehmen. Er hat dort wegen seiner Behinderung keine Aufstiegsmöglichkeiten. Dieses Beschäftigungsverhältnis wurde, weil der Kläger zunehmend unter unfallkausalen Schmerzen leidet, schließlich auf eine Anzahl von 30 Arbeitsstunden wöchentlich umgestellt.

Die Ersatzansprüche wegen Verdienstentgangs bis Ende Februar 1990 sind bereinigt. Am 12.Oktober 1995 zahlte die beklagte Partei dem Kläger für den Zeitraum 1.März 1990 bis 31.März 1995 1,623.121,30 S an Verdienstentgang und 124.879,76 S an Zinsen. Dieser Kapitalbetrag entspricht jenem, der dem Kläger aufgrund des rechtskräftigen Teilurteils des Oberlandesgerichts Linz vom 6.Dezember 1995 im nachhinein zuerkannt wurde. Der Kläger versteuerte davon 1,658.241 S. Unter Einschluß weiterer Einkünfte aus der Veräußerung von Wertpapieren (183.484 S) und dem Arbeitsverhältnis (298.027 S) wurden ihm 891.905,83 S an Einkommensteuer vorgeschrieben. Ohne die Leistung der beklagten Partei hätte die Einkommensteuer für 1995 lediglich 98.111 S betragen.

Der Nettoverdienstentgang des Klägers vom 1.April 1995 bis 31.Oktober 1996 beträgt 884.290,48 S. Im November 1996 leistete die beklagte Partei weitere 647.586 S und widmete diese Zahlung „Ansprüche(n) seit dem 1.4.1995 ‑ Akontozahlung“. Im Begleitschreiben an den Klagevertreter wurde erläutert, daß die Akontozahlung insgesamt 700.000 S betrage, wovon aufgrund des Kostenzuspruchs an den Bund im rechtskräftigen Teilurteil des Oberlandesgerichts Linz vom 6.Dezember 1995 52.414 S (Kosten des Berufungsverfahrens) abgezogen worden seien. Der Klagevertreter bestätigte den Zahlungseingang am 19.November 1996. Er widersprach jedoch der Zahlungswidmung des Bundes mit dem Hinweis, daß damit die gesetzliche Tilgungsreihenfolge gemäß §§ 1415 f ABGB einzutreten habe. Der Kläger hat diesen Entschädigungsbetrag im Kalenderjahr 1996 zu versteuern. Unter Hinzurechnung seines Einkommens aus unselbständiger Arbeit von 317.572 S brutto wird der Kläger für 1996 insgesamt 355.660 S an Einkommensteuer zu bezahlen haben. Davon sind 69.652,06 S an bereits entrichteter Lohnsteuer abzuziehen, sodaß sich eine restliche Steuerschuld von 286.007,94 S ergibt.

Wäre der offene Differenzbetrag im Kalenderjahr 1997 getilgt worden, so ergäbe sich für den Zeitraum vom 1.März 1990 bis 31.März 1995 an zu finanzierenden Steuern ein Bruttobetrag von 1,043.952 S, damit dem Kläger unter Berücksichtigung bereits geleisteter Zahlungen und der davon zu entrichtenden Einkommensteuer 1,623.121,30 S netto an Kapital und 124.879,76 S netto an Zinsen verbleiben.

Soll dem Kläger der Nettoverdienstentgang von 884.290,48 S vom 1.April 1995 bis 31.Oktober 1996 verbleiben, so muß ihm 1997 ein Bruttobetrag von 1,719.002,24 S ausbezahlt werden. Eine Abzinsung von Steuern, die 1997 in Verdienstentgangszahlungen enthalten sind, mittels eines Zinsfußes von 2,5 % bis zum Zeitpunkt der möglichen Fälligkeit der Einkommensteuerschuld (31.Mai) ergibt für 153 Tage 13.834,84 S. Dieser Berechnung liegt der restliche Verdienstentgang für 1.März 1990 bis 31.März 1995 von 1,043.952 S, der Bruttoverdienstentgang für 1.April 1995 bis 31.Oktober 1996 von 1,719.002,24 S und das voraussichtliche Arbeitseinkommen des Klägers von 379.324,43 S brutto zugrunde.

Hätte die beklagte Partei früher bezahlt, hätte der Kläger „die Gelder in einer Bundesanleihe der Republik Österreich 91 bis 2001/1 zu einem Zinssatz von 8,875 % angelegt“.

Die beklagte Partei wurde mit rechtskräftigem Teilurteil des Oberlandesgerichts Linz vom 6.Dezember 1995 zur Bezahlung von 1,623.121,30 S samt 4 % Zinsen aus 1,378.121,30 S vom 1.August 1993 bis 9.Mai 1995 und aus 1,623.121,30 S ab 10.Mai 1995 verurteilt. Das Klagemehrbegehren von 1,581.396,47 S samt 8,875 % Zinsen seit 5.Mai 1995, 8,875 % Zinsen aus 245.000 S vom 5.Mai bis 9.Mai 1995 sowie weiteren 4,875 % Zinsen aus 1,378.121,30 S vom 1.August 1993 bis 9.Mai 1995 und aus 1,623.121,30 S seit 10.Mai 1995 wurde abgewiesen. Dieser Zuspruch bezieht sich auf den Bruttoverdienstentgang, der wegen des Auszahlungsmodus brutto = netto als Nettoverdienstentgang bezeichnet wurde. Die Abweisung des Zinsenmehrbegehrens wurde damit begründet, es habe nicht festgestellt werden können, daß der Kläger eine „frühere Schadenersatzzahlung ... aus dem Titel des Verdienstentgangs ... in Wertpapieren angelegt und dabei einen Zinssatz von 8,875 % per annum lukriert“ hätte.

Der Kläger begehrte - nach einer Klageeinschränkung am 12.März 1997 (ON 56 Seite 2) aufgrund einer Zahlung von 647.586 S - zuletzt noch den Betrag von 3,091.072,58 S samt 8,875 % Zinsen seit 20.November 1996 sowie eine Monatsrente von 74.363 S ab 1.November 1996 und brachte dazu vor, daß er ohne unfallkausale Beeinträchtigungen weiterhin im Ausland als Inbetriebnahmeingenieur gearbeitet und dabei ein monatliches Einkommen von 74.363 S netto erzielt hätte. Der restliche Kapitalbetrag ergebe sich aus folgender Rechnung:

Verdienstentgang vom 1.April 1995

bis 31.Oktober 1996

(74.363 S x 19) 1,412.897,00 S

Steuern für Verdienstengangs-

zahlungen vom 1.März 1990

bis 31.Oktober 1996 2,294.036,50 S

Zwischensumme 3,706.933,50 S

abzüglich Teilzahlung der beklag-

ten Partei vom 19. November 1996 615.860,92 S

Differenz 3,091.072,58 S.

Die Schadenersatzleistungen seien in Österreich zu versteuern. Dafür sei ein Betrag in der begehrten Höhe aufzuwenden. Die beklagte Partei habe die Steuerleistung zu ersetzen, weil ihm der Schadenersatz netto verbleiben müsse. Wäre die beklagte Partei nicht in Verzug geraten, hätte er Wertpapiere angeschafft, sich zum „Ankauf der Bundesanleihe ... 91‑2001/1“ entschlossen und „dafür einen Zinssatz von 8,875 % p.a. lukriert“.

Die beklagte Partei wendete ein, der Kläger hätte die als Verdienstentgang geltend gemachten Bruttobeträge auch im Ausland versteuern müssen. Nicht von Bedeutung sei, ob der Kläger im Ausland tatsächlich Steuern bezahlt habe oder hätte, maßgeblich sei vielmehr nur, ob der Kläger nach den jeweiligen Steuergesetzen zur Versteuerung seiner Einkünfte verpflichtet gewesen wäre. Dieser habe bzw hätte im Ausland mindestens gleich viel Einkommensteuer wie in Österreich bezahlen müssen. Der Anspruch auf Ersatz von Steuerbeträgen bestehe daher schon dem Grunde nach nicht zu Recht. Wäre dagegen der Anspruchsgrund - wider Erwarten - zu bejahen, stünde dem Kläger nur „die Differenz ... zwischen dem kongruenten (kausalen) Steuerbetrag“, den er „in Österreich zu zahlen“ habe, und jenem Betrag, den er „im Ausland zu zahlen gehabt hätte“, zu.

Das Erstgericht gab dem restlichen Klagebegehren mit dem Endurteil vom 21.März 1997 mit 2,550.000 S samt 8,875 % Zinsen seit 20.November 1996 sowie dem Zuspruch einer Monatsrente von 35.000 S vom 1.November 1996 bis 1.Dezember 2003 statt und wies das Mehrbegehren ab. Es führte in rechtlicher Hinsicht aus, der Verdienstentgang des Klägers sei in zwei Berechnungsschritten zu ermitteln. Zuerst sei der Nettoschaden aufgrund des Nettoeinkommens vor dem Unfall zu klären. Danach seien die Abgaben zu berechnen, die von der Schadenersatzleistung zu entrichten seien. Insgesamt sei der Ersatzbetrag dann so zu bemessen, daß er unter Berücksichtigung der dadurch bewirkten gesetzlichen Abzüge dem Nettoschaden entspreche. Unzutreffend und unverständlich sei daher der Prozeßstandpunkt der beklagten Partei, dem Kläger sei der „Steueranteil nicht zu ersetzen“. Der Widerspruch des Klägers gegen die Widmung der Teilzahlung von 647.586 S sei beachtlich. Diese Leistung sei daher zunächst auf Zinsen und erst dann auf Kapital anzurechnen. Die in den Teilleistungen der beklagten Partei enthaltenen Steuerbeträge seien abzuzinsen. Das ergebe insgesamt einen restlichen Kapitalzuspruch von 2,550.000 S. Das Mehrbegehren sei dagegen abzuweisen. Der Nettoverdienstentgang des Klägers betrage unter Berücksichtigung seines Arbeitseinkommens 35.000 S monatlich. Dem Rentenbegehren sei daher nur in dieser Höhe stattzugeben.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, daß es dem Kläger bloß 184.290,48 S samt 4 % Zinsen seit 20.November 1996, jedoch eine Rente von 46.600 S monatlich vom 1.November 1996 bis 31.Dezember 2003 zuerkannte und das Mehrbegehren von 2,906.782,10 S samt 8,75 % (richtig 8,875 %) Zinsen seit 20.November 1996 und weiteren 4,75 % (richtig 4,875 %) Zinsen aus 184.290,48 S seit 20.November 1996 und auf Zahlung einer weitere Monatsrente von 27.763 S vom 1.November 1996 bis 31.Dezember 2003 und von 74.363 S ab 1.Jänner 2004 abwies. Im übrigen sprach es aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei, und erwog in rechtlicher Hinsicht, daß der Rentenanspruch des Klägers zu niedrig bemessen worden sei. Dessen Verdienstentgang habe vom 1.April 1995 bis 31.Oktober 1996 884.290,48 S betragen. Das entspreche 46.541,60 S monatlich, weil der Kläger „sein derzeitiges Beschäftigungsausmaß wegen der Unfallfolgen auf 30 Wochenstunden herabgesetzt“ habe. Für eine Verringerung dieses Verdienstentgangs in absehbarer Zeit bestehe kein Anhaltspunkt, sodaß eine angemessene Monatsrente von 46.600 S (§ 273 ZPO) zuzusprechen sei. Dagegen habe der Kläger den Anspruch auf Ersatz von Steuerleistungen nicht bewiesen. Der Oberste Gerichtshof habe bereits in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Vorprozessen (Streitgegenstand: Leistung und Feststellung) ausgesprochen, daß die Schadenersatzleistung unter Berücksichtigung der erst durch sie entstehenden gesetzlichen Abzüge dem Nettoschaden entsprechen müsse (1 Ob 25, 26, 30 bis 33/90). Der Kläger habe unversteuerte Beträge begehrt und zugesprochen erhalten. Diese Bruttobeträge wären ihm bei einer weiteren Berufstätigkeit im Ausland nur dann netto verblieben, wenn er dort keine oder weniger Abgaben als „für die in Österreich zu versteuernden Schadenersatzleistungen“ hätte entrichten müssen. Ob er sein Bruttoeinkommen im Ausland tatsächlich versteuert oder die Steuer hinterzogen hätte, sei aufgrund der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im Vorprozeß belanglos, weil es nur darauf ankomme, wie hoch der Nettobezug unter Befolgung steuerlicher Vorschriften gewesen wäre. Der Kläger hätte demnach seine mutmaßlichen Einsatzgebiete angeben und darlegen müssen, daß für das Arbeitseinkommen „dort keine oder eine geringere Einkommensteuerpflicht“ als in Österreich für die Schadenersatzleistung bestanden oder die Steuerschuld ein anderer aufgrund einer vertraglichen Verpflichtung bezahlt hätte. Dazu habe der Kläger ungeachtet der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im Vorprozeß und - darauf gestützter - fundierter Einwendungen der beklagten Partei keinerlei Vorbringen erstattet. Ein Urteil dürfe nicht deshalb aufgehoben werden, um den Parteien die Nachholung versäumten Vorbringens oder ein Anbot neuer Beweise zu ermöglichen. Eine Ausnahme bestehe nur dann, wenn das Berufungsgericht die Parteien mit einer bestimmten Rechtsansicht überrasche. Davon könne hier keine Rede sein, weil aus den Rechtsausführungen des Obersten Gerichtshofs im Vorprozeß und dem Vorbringen der beklagten Partei „ganz klar“ hervorgegangen sei, was der Kläger zu behaupten und zu beweisen gehabt hätte. Der Kläger habe jedoch nicht bewiesen, daß „ihm bei Bezug eines Arbeitseinkommens im Ausland mehr verblieben wäre als beim Empfang von Verdienstentgang‑Schadenersatzleistungen in Österreich“. Demnach sei das gesamte Steuerersatzbegehren - in teilweiser Stattgebung der Berufung der beklagten Partei - abzuweisen. Dies habe zur Folge, daß der Kläger 31.725,08 S der Teilzahlung vom 19.November 1996 auf eine nicht bestehende Forderung angerechnet habe. Diese Leistung sei daher zur Gänze mit dem zu Recht bestehenden Verdienstentgang zu verrechnen. Anzurechnen seien 700.000 S, weil die beklagte Partei mittels Einbehaltung von 52.414 S ihre Kostenersatzforderung aus dem Berufungsverfahren des ersten Rechtsgangs durch Aufrechnung getilgt habe. Somit betrage der restliche Verdienstentgang für den Zeitraum vom 1.April 1995 bis 31.Oktober 1996 bloß 184.290,48 S. Das den gesetzlichen Zinsfuß übersteigende Zinsenbegehren sei abzuweisen, weil sich die beklagte Partei nicht grob fahrlässig in Zahlungsverzug befinde.

Rechtliche Beurteilung

Zu I.

Der Plenarbeschluß des Obersten Gerichtshofs vom 8.März 1923, Praes 830/22 (= SZ 5/53), ist nach wie vor die Grundlage der Rechtsprechung zur Ersatzfähigkeit von Verzugszinsen. Dessen Grundsätze wurden bis heute einerseits als Dogma fortgeschrieben, andererseits beschritt die Praxis Wege, die der ratio dieses Gutachtens nicht mehr entsprechen, ohne diese Konsequenz jemals klarzustellen. Diese Entwicklung führte, wie noch unten (II. 2.) im einzelnen darzulegen sein wird, zu Divergenzen in der Rechtsprechung in einer für die Abwicklung rechtsgeschäftlicher und gesetzlicher Schuldverhältnisse bedeutsamen Rechtsfrage. Die dogmatischen Schwächen dieser Judikatur sind eine nicht versiegende Quelle für Kritik im Schrifttum. Die Problemlösung erfordert eine grundsätzliche Erörterung des Regelungsgehalts des § 1333 ABGB im System des bürgerlichen Rechts. Das wird besonders deutlich, wenn ‑ wie hier - die Ersatzfähigkeit von Geldanlagezinsen, die dem Geschädigten wegen des Schuldnerverzugs entgehen, zu beantworten ist. Das Erfordernis, Grundsatzfragen der Ersatzfähigkeit von Verzugszinsen im Interesse einer Vereinheitlichung der Rechtsprechung zu klären, bewogen den erkennenden Senat, gemäß § 8 Abs 1 OGHG seine Verstärkung zu beschließen.

Zu II.

1. Der Kläger macht als Nichtigkeit geltend, daß ihm das Gericht zweiter Instanz im rechtskräftigen Teilurteil vom 6.Dezember 1995 einen „Nettoverdienstentgang“ von 1,623.121,30 S sA zuerkannt, das darin aber noch unerledigt gebliebene Steuerersatzbegehren im angefochtenen Endurteil abgewiesen habe. Damit habe das Berufungsgericht „gegen die Rechtskraft des Teilurteils verstoßen“, weil darin sein fiktiver Bezug im Ausland „endgültig festgestellt“ worden sei.

Der Oberste Gerichtshof sprach bereits zu 1 Ob 25, 26, 30 bis 33/90 (ON 59 in 4 Cg 17/92 des LG Salzburg) aus, wie der Verdienstentgang des Klägers zu berechnen ist. Danach sind zwei Berechnungsschritte erforderlich, deren erster den Teilurteilen der Gerichte erster und zweiter Instanz (ON 22 und 30) zugrundeliegt. Ermittelt wurde der Bruttoverdienstentgang, der hier nur deshalb dem Nettoverdienstentgang entspricht, weil dem Kläger sein Bezug brutto = netto ausbezahlt wurde. Demnach ist unter dem Begriff „Nettoverdienstentgang“ im Teilurteil vom 6.Dezember 1995 nicht der Verdienst, der dem Kläger nach Abführung der gesetzlichen Abgaben verblieben wäre, sondern das Einkommen inklusive solcher Abgaben zu verstehen, die der Kläger nach den gesetzlichen Vorschriften der jeweils in Betracht kommenden Auslandsstaaten zu entrichten gehabt hätte. Das bleibt in der Revision unbeachtet. Der Kläger versucht vielmehr den ‑ unzutreffenden - Eindruck zu erwecken, der „Nettoverdienstentgang“ entsprechend dem Teilurteil vom 6.Dezember 1995 beziehe sich auf das entgangene Einkommen nach allen gesetzlichen Abzügen. Daher trifft es zwar zu, daß „der fiktive Bezug des Klägers im Ausland endgültig festgestellt“ wurde, doch wurde damit nur geklärt, welchen Auszahlungsbetrag der Kläger erhalten hätte, nicht aber, welches Einkommen ihm nach Abführung der gesetzlichen Abgaben verblieben wäre. Der angefochtenen Abweisung des Steuerersatzbegehrens steht somit die Rechtskraft des Teilurteils vom 6.Dezember 1995 nicht entgegen.

Die Revision ist daher, soweit mit ihr Nichtigkeit geltend gemacht wird, zurückzuweisen.

2. Im übrigen ist das Rechtsmittel, wie sich aus I. ergibt, zulässig und es ist teilweise auch berechtigt.

Soweit der Kläger einen angeblichen Verfahrensmangel erster Instanz (Unterlassung einer zur Ermittlung seines Bruttoverdienstentgangs beantragten Zeugenvernehmung) rügt, der vom Gericht zweiter Instanz in sachlicher Erledigung der Berufungsgründe verneint wurde, ist ihm zu entgegnen, daß unter dieser Voraussetzung eine Wiederholung der Mängelrüge in der Revision unzulässig ist (Kodek in Rechberger, Kommentar zur ZPO Rz 3 zu § 503 mN aus der Rsp).

In seinen weiteren Revisionsausführungen wendet sich der Kläger gegen die Abweisung des Steuerersatzbegehrens von 2,906.782,10 S sA und des auf eine um 27.763 S höhere Monatsrente bezogenen Teils des Klagebegehrens und bekämpft ferner auch die Befristung der zuerkannten Monatsrente bis zum 31.Dezember 2003.

Wie schon erörtert wurde, mißversteht der Kläger den Begriff „Nettoverdienstentgang“ im Teilurteil vom 6.Dezember 1995. Bereits zu 1 Ob 25, 26, 30 bis 33/90 wurde ausgesprochen, daß für die Berufstätigkeit des Klägers im Ausland nur maßgeblich ist, wie hoch sein Nettobezug „bei Befolgung steuerlicher Vorschriften“ gewesen wäre. Das zugesprochene Bruttoeinkommen enthält dagegen auch jene Steuern, die der Kläger in Beachtung steuerlicher Vorschriften im jeweiligen Auslandsstaat zu entrichten gehabt hätte.

Die beklagte Partei brachte nach Rechtskraft des Teilurteils vom 6.Dezember 1995 im Schriftsatz vom 4.November 1996 (ON 44) ausdrücklich und konkret vor, daß der Kläger keinen Anspruch auf Ersatz der Einkommensteuer vom errechneten Bruttoverdienstentgang habe, weil seine Bezüge auch im Ausland zu versteuern gewesen wären und höchstens ein Differenzanspruch zu Recht bestehen könne. Dieser ergebe sich aus der Gegenüberstellung jener Steuern, die der Kläger im Ausland hätte zahlen müssen, und den (allenfalls höheren) Abgaben für die Schadenersatzleistung in Österreich. Diesen Prozeßstandpunkt wiederholte die beklagte Partei im Schriftsatz vom 14.Februar 1997 (ON 52).Der Kläger begnügte sich, diese Prozeßbehauptungen - ohne konkrete Replik - ganz allgemein zu bestreiten (ON 56 Seite 2). Es wäre jedoch seine Sache gewesen, substantiiert vorzubringen, weshalb er für seine entgangenen Bezüge in den einzelnen, nach seiner Ansicht in Betracht kommenden Auslandsstaaten entweder weniger Einkommensteuer als für die Schadenersatzleistung in Österreich oder allenfalls gar keine Abgaben hätte abführen müssen. Erst aufgrund solcher Prozeßbehauptungen wären die jeweiligen ausländischen Steuervorschriften im Sinne der Entscheidung 1 Ob 25, 26, 30 bis 33/90 von Amts wegen zu ermitteln gewesen. Der Kläger wendet sich auch gar nicht der Sache nach gegen diese zutreffende Ansicht des Berufungsgerichts, sondern er begehrt - allein unter Zugrundelegung seines fehlerhaften Verständnisses des Begriffs „Nettoverdienstentgang“ im Teilurteil vom 6.Dezember 1995 ‑ auch noch den Zuspruch der gesamten Einkommensteuer für die Ersatzleistung in Österreich. Demnach nimmt er einerseits den infolge des Schadensereignisses entgangenen und auch zuerkannten Bruttoverdienst in Anspruch, ohne dem Vorbringen der beklagten Partei zur Steuerpflicht im Ausland im Verfahren erster Instanz jemals konkret entgegengetreten zu sein, andererseits strebt er aber auch noch den Ersatz jener Einkommensteuer an, die er in Österreich für den Verdienstentgang als Schadenersatz zu entrichten hat. Damit wäre er besser gestellt als ohne das Schadensereignis, rechtfertigen doch die Verfahrensergebnisse nicht die Annahme, daß er sein Einkommen im Ausland (brutto = netto) dort nicht hätte versteuern müssen. Soweit sich der Kläger auf sein Vorbringen in Pkt.8.1 des Schriftsatzes vom 4.Mai 1995 (ON 19) beruft, ist daraus für seinen Prozeßstandpunkt nichts zu gewinnen, weil er auch dort nur vorbrachte, daß die „Einkünfte in Belgien brutto erzielt“ worden wären. Daß er diesen Bezug aus bestimmten Gründen nicht hätte versteuern müssen, ist dieser Behauptung unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens gerade nicht zu entnehmen. Den schließlich „nach Abzug sämtlicher steuerlicher Belastungen“ ermittelten Nettobeträgen liegt vielmehr die Ansicht einer Steuerpflicht in Österreich zugrunde, wie auch die Revisionsausführungen zu Pkt 2.3. unter Bezugnahme auf das Privatgutachten vom 3.Mai 1995 (Beilage ./5) verdeutlichen. Dem Kläger ist überdies zu entgegnen, daß die Steuerersatzfrage nicht „Einkünfte“ in Belgien zum Gegenstand haben könnte. Die Berechnung des fiktiven Einkommens des Klägers als Inbetriebnahmeingenieur bezieht sich weder im Teilurteil vom 6.Dezember 1995 noch im Endurteil vom 21.März 1997 auf Auslandsprojekte in Belgien. Letztlich entscheidend ist jedoch, daß die Prozeßbehauptungen des Klägers über die Höhe seines Verdienstentgangs unbewiesen blieben, der zuerkannte „Nettoverdienstentgang“ - entgegen dem Prozeßstandpunkt des Klägers ‑ in Wahrheit dem auf Auslandseinsätze bezogenen Bruttoverdienstentgang entspricht und der Kläger den Einwendungen der beklagten Partei nach Rechtskraft des Teilurteils vom 6.Dezember 1995 zur Steuerpflicht des Einkommens, das er im Ausland erzielt hätte, nicht konkret entgegentrat. Das Steuerersatzbegehren wurde daher vom Gericht zweiter Instanz ohne Rechtsirrtum abgewiesen. Demzufolge erweist sich auch die vom Berufungsgericht vorgenommene Anrechnung der Teilzahlung von 700.000 S als zutreffend.

Soweit der Kläger auch den Zuspruch des im angefochtenen Urteil abgewiesenen Teils des Rentenbegehrens und die Beseitigung der Befristung der zuerkannten Monatsrente anstrebt, läßt die Revision jedwede Begründung vermissen. Dem Revisionsantrag konnte insoweit auch aufgrund der dafür maßgeblichen Tatsachenfeststellungen nicht entsprochen werden. Zum einen legte das Berufungsgericht der Ermittlung des Rentenanspruchs die realistische Einkommensvariante als Inbetriebnahmeingenieur zugrunde, zum anderen wäre der Kläger - nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge - „nach Ablauf des Jahres 2003 nicht mehr als Auslandsinbetriebnahmeingenieur tätig gewesen“.

Die Revision weist jedoch zutreffend darauf hin, daß der erkennende als einfacher Senat nicht mehr dem seit dem PlB SZ 5/53 judizierten Dogma folgt, (auch) entgangene Geldanlagezinsen seien nur dann in einem den gesetzlichen Zinsfuß übersteigenden Ausmaß ersatzfähig, wenn der Schuldnerverzug zumindest grob fahrlässig war (1 Ob 538/93ÖBA 1994, 236 = RdW 1994, 45 = ÖZW1995, 55 [Lukas, ÖZW 1995, 40 (47)]; 1 Ob 15/92 = SZ 65/94 = JBl 1993, 399 = RdW 1993, 41 = ARD 4443/22/93; 1 Ob 128/73 = SZ 46/81), obgleich die Rechtsprechung einen derartigen Nutzungsausfall sonst zwar als positiven Schaden qualifiziert, dessen Ersatz jedoch für den Fall bloß leicht fahrlässiger Schädigung gemäß § 1333 ABGB auf gesetzliche Zinsen beschränkt (8 Ob 14/94 = JBl 1995, 248[Apathy] = MietSlg 46.177 = ecolex 1995, 25 = ARD 4613/53/94; 1 Ob 20/94 = SZ 68/189 [soweit referierend] = ÖBA 1996, 549 [Rebhahn] = ecolex 1996, 168 [Graf]). Dabei ist der eingangs zitierten Rechtsprechungslinie des 1.Senats ‑ entgegen 8 Ob 14/94 - nicht zu entnehmen, daß der Ersatz eines solchen positiven Schadens die gesetzlichen Zinsen jedenfalls nicht übersteigen dürfe. Die behandelten entgangenen Geldanlagezinsen werden dort vielmehr in ihrer tatsächlichen Höhe als ersatzfähiger positiver Schaden angesehen. Die Lehre verweist daher zu Recht auf eine inhaltliche Divergenz der Ansichten des 1. und 8.Senats (Graf, ecolex 1996, 168 f [Glosse]; Rebhahn, ÖBA 1996, 556 ff [Glosse]; Lukas, Novation zugunsten des Bürgen?, ÖZW 1995, 40 [47]). Die unterschiedliche Beantwortung dieser für die Abwicklung rechtsgeschäftlicher und gesetzlicher Schuldverhältnisse wesentlichen Rechtsfrage zwingt zur Überprüfung der hier bedeutsamen Positionen des PlB SZ 5/53, die eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit § 1333 ABGB, einer Bestimmung, die nach dem Hofdekret JGS 1842/592 (abgedruckt in Dittrich/Tades, ABGB34 zu § 1333) auf alle Forderungen in Geld - demnach auch auf Vergütungszinsen - anzuwenden ist, erfordert (8 Ob 14/94; 1 Ob 15/92; 4 Ob 584/87 = SZ 60/213 = JBl 1990, 377 = EvBl 1988/81 = WoBl 1989, 90). Daran übt Graf (Zinsen, Bereicherung und Verjährung, JBl 1990, 350 [359 f]) Kritik: Zum einen könnten „keineswegs alle Vergütungszinsen 'Zinsen aus einer fälligen, zu erstattenden Geldsumme'“ sein, weil der redliche Bereicherungsschuldner „erst mit Mahnung“ in Verzug gerate, zum anderen lasse der Oberste Gerichtshof dem Hofdekret „eine Überinterpretation angedeihen“. Nach diesem seien nicht alle gesetzlichen Zinsen als Verzugszinsen im Sinne des § 1333 ABGB zu behandeln, sondern dieses ordne bloß „eine Verzinsungspflicht für alle auf Geld gerichteten Forderungen“ an, weil es „eine Zinspflicht für nicht in Geld bestehende Darlehen“ ausgeschlossen habe.

Das überzeugt im Ergebnis nicht. Das Hofdekret hat, was zwanglos aus seinem Wortlaut, aber auch aus seinem Zweck folgt, eine der Regelung des § 1333 ABGB entsprechende Verzinsung aller Geldforderungen - aus welchem Rechtstitel immer - zum Gegenstand. Danach soll jeder Zinsenanspruch aus einer Geldschuld durch die gesetzlichen Zinsen abgegolten werden, solange eine solche Zinsenbegrenzung nicht kraft anderer Regelungen des bürgerlichen Rechts ausscheidet. Das trifft nicht minder auf Vergütungszinsen zu (JBl 1998, 49 [hier allerdings unter Fortschreibung der ständigen Rechtsprechung zur Beschränkung auf gesetzliche Zinsen]; Ertl, Inflation, Privatrecht und Wertsicherung [1980] 155), was sich im besonderen auch daraus ergibt, daß die bzw zumindest eine Wurzel des § 1333 ABGB im Bereicherungsrecht zu finden ist (SZ 54/4 = JBl 1982, 431 = EvBl 1982/38; Apathy, Aufwendungen zur Schadensbeseitigung [1979] 70 f; ders, JBl 1995, 250 [Glosse]; Ertl aaO 159; Gitschthaler, Verzugsschaden und Verzugsbereicherung, ÖJZ 1984, 233 [235]; Jud, Marginalien zum Ersatz aufgewendeter oder entgangener Zinsen, in FS Ostheim [1990] 113 [115]; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht I3 Rz 15/6; Koziol/Welser, Grundriß I10 233; Ostheim, Marginalien zum Ersatz entgangenen Gewinns im bürgerlichen Recht, Handelsrecht, gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, in GS Schönherr [1986] 367 [373 FN 32]; Wilburg, Zur Lehre von der Vorteilsausgleichung, JherJB 82, 147 f; aM etwa Graf, JBl 1990, 356 ff; Gschnitzer/Faistenberger/Barta/Eccher, Schuldrecht AT2 66; Harrer in Schwimann, ABGB2 Rz 2 zu § 1333). Graf (aaO) wendet im kritisierten Einzelfall allerdings zutreffend ein, der redliche Bereicherungsschuldner eines zu erstattenden Geldbetrags befinde sich nicht schon vor Zugang einer Mahnung im Verzug. Fehlt es jedoch an einer Gegenleistung des - wenngleich redlichen - Bereicherungsschuldners, hat dieser die Nutzungen unabhängig vom Zeitpunkt des Eintritts des Verzugs herauszugeben (JBl 1998, 49; SZ 64/47 = JBl 1992, 199 = EvBl 1991/138 = Arb 10.922 = ecolex 1991, 557; SZ 60/6 = JBl 1987, 513 = EvBl 1987/116 = RdW 1987, 325; Honsell/Mader in Schwimann aaO Rz 11 und 13 zu § 1437; Spielbüchler in Rummel, ABGB2 Rz 1 zu § 330; Rummel in Rummel aaO Rz 11 zu § 1437; Wilburg in Klang 2 VI 474 f), und zwar im Falle eines zu erstattenden Geldbetrags als Vergütungszinsen nach der bisherigen Rechtsprechung (zumindest) in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes (SZ 64/47). Soweit gebühren derartige Zinsen daher - und in diesem Sinn ist auch die Entscheidung 4 Ob 584/87 [„aus einer fälligen zu erstattenden Geldsumme“] zu verstehen - nicht erst ab Eintritt des Verzugs bei Erstattung einer Bereicherungsschuld. Die Bestimmung des § 1333 ABGB ist also, wie zusammenfassend festzuhalten ist, sowohl für Verzugs- als auch für Vergütungszinsen - für letztere selbst für den Zeitraum vor Verzugseintritt - maßgeblich.

Das Problem, mit dem sich der PlB SZ 5/53 in seinem hier maßgeblichen Teil konfrontiert sah, stellte sich in seiner schadenersatzrechtlichen Dimension bereits im klassischen römischen Recht. Noch Vertreter der Pandektistik beriefen sich zur Begründung der Ersatzfähigkeit von Vermögensfolgeschäden wegen Verzugs bei der Tilgung einer Geldschuld auf einschlägige Digestenstellen und den Reichsdeputationsabschied des Jahres 1600 (Näheres dazu bei Honsell, Der Verzugsschaden bei der Geldschuld, in FS H.Lange [1992] 509 [517 f - samt dem Wortlaut der maßgeblichen Digestenstellen]). Darauf wird einleitend auch im PlB SZ 5/53, der sein Ergebnis am Beispiel rechtsgeschäftlicher Verbindlichkeiten entwickelt, hingewiesen; daran anschließend handelt der Oberste Gerichtshof die Entstehungsgeschichte des § 1333 ABGB ab, vergleicht deren Ergebnis mit anderen Kodifikationen des bürgerlichen Rechts und zieht daraus den Schluß, der - schon für den Code civil und das Preußische Allgemeine Landrecht richtungweisende - deutsch‑rechtliche Regelungsansatz, der den Schuldner nicht von vornherein für unabsehbare Säumnisfolgen und Schäden verantwortlich mache, sondern auf eine Vereinbarung der Parteien des Schuldverhältnisses abstelle, habe sich durchgesetzt. Nach Darstellung der weiteren Rechtsentwicklung unter Einbeziehung des geltenden schweizerischen und deutschen Rechts und Gegenüberstellung einander widerstreitender Ansichten der Lehre zur Auslegung des § 1333 ABGB findet der Oberste Gerichtshof „die Wahrheit in der Mitte“ und beantwortet die vorgelegten ‑ auch hier bedeutsamen - Fragen wie folgt:

„I. Der Gläubiger einer fälligen, nicht bezahlten Geldschuld hat nach Handelsrecht Anspruch auf den Ersatz jenes die gesetzlichen Verzugszinsen übersteigenden wirklichen Schadens und entgangenen Gewinnes, der aus dem Verschulden des säumigen Schuldners entstanden ist (Artikel 283 HGB., § 1295 ABGB.). Dem säumigen Schuldner, welcher vorgibt, an der Erfüllung einer vertragsmäßigen oder gesetzlichen Verbindlichkeit ohne Verschulden verhindert worden zu sein, obliegt der Beweis (§ 1298 ABGB.).

II. Nach bürgerlichem Recht hat der Gläubiger diesen Anspruch nur im Falle der von ihm zu beweisenden bösen Absicht oder auffallenden Sorglosigkeit des Schuldners (§ 1324 ABGB.), insbesondere auch im Falle einer auf Verzögerungsabsicht zurückgehenden Prozeßführung (siehe auch § 408 ZPO.).

III. ... (betrifft den Ersatzanspruch im Falle einer Minderung der wirtschaftlichen Kaufkraft des geschuldeten Geldbetrags während des Verzugs) ...“.

Die unter I. und II. zusammengefaßten Ergebnisse sollen ihre Rechtfertigung darin finden, daß der Wortlaut des § 1333 ABGB „nicht annehmen“ lasse, der Gesetzgeber habe damit eine Ausnahme von § 1324 ABGB, wonach volle Genugtuung (nur) für einen aufgrund böser Absicht bzw auffallender Sorglosigkeit verursachten Schaden zu leisten sei, regeln und den Gläubiger somit auf einen Anspruch auf Ersatz (gesetzlicher) Verzugszinsen beschränken wollen. Das „Wort Schaden im § 1333 ABGB“ lasse vielmehr darauf schließen, es sei „nur an die eigentliche Schadloshaltung im Sinne des zweiten Satzes des § 1324 ABGB gedacht“ worden. Nur wenn der Zahlungsverzug „auf eine leichte Sorglosigkeit des Schuldners zurückzuführen“ sei und der Geschädigte demnach bloß Schadloshaltung im Sinne der §§ 1324 zweiter Satz und 1332 ABGB fordern könne, sei der Anspruch des Gläubigers ‑ wie überdies auch im Falle objektiven Verzugs - auf (gesetzliche) Verzugszinsen beschränkt. Die III.Teilnovelle zum ABGB habe daran nichts geändert. Begehre der Gläubiger nur (gesetzliche) Verzugszinsen, sei er gemäß § 1298 ABGB nicht verpflichtet, „den Beweis eines Verschuldens zu erbringen; die Nichterfüllung einer vertragsmäßigen Verpflichtung“ sei „selbst ein Verschulden“. Grobes Verschulden bzw böse Absicht des säumigen Schuldners sei dagegen als Voraussetzung eines die (gesetzlichen) Verzugszinsen übersteigenden Schadenersatzes vom Gläubiger zu beweisen. Ein solches Verschulden werde vor allem bei mutwilliger Prozeßführung des Schuldners anzunehmen sein. Das Handelsrecht unterscheide sich im erörterten Punkt vom bürgerlichen Recht, weil Art 283 AHGB den Ersatz des wirklichen Schadens und des entgangenen Gewinns schon bei leicht fahrlässiger Schädigung vorsehe. Die Nichterfüllung einer solchen vertragsmäßigen oder gesetzlichen Verpflichtung sei ebenfalls „selbst ein Verschulden“, dem Schuldner bleibe jedoch gemäß § 1298 ABGB der Nachweis seiner Schuldlosigkeit vorbehalten. Vor allem Schadenersatzansprüche, die sich auf entgangenen Gewinn bezögen, seien mit großer Vorsicht zu behandeln. Bei Geld, „dessen Nutzbarmachung unabsehbar und unübersehbar“ sei, werde der Gläubiger - vorbehaltlich einer nach den besonderen Umständen des Einzelfalls erforderlichen anderen Beurteilung - nur „Schaden und Gewinnentgang geltend machen können, der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge erwartet werden kann“. Habe jedoch der Gläubiger den Schuldner „von seiner beabsichtigten Anschaffung und der beabsichtigten Verwertung des nicht eingegangenen Betrages“ verständigt, könne sich letzterer nicht damit verantworten, daß „ihm unübersehbare und unabsehbare Schadenersatzansprüche aufgebürdet“ würden.

Wahle (Das Valorisationsproblem in der Gesetzgebung und Rechtsprechung Mitteleuropas [1924] 189) hält die an den Wortlaut des § 1333 ABGB anknüpfende Begründung „für gekünstelt“. Ehrenzweig (System des österreichischen allgemeinen Privatrechts II/12 [1928] 303 f) bemerkt, der PlB SZ 5/53 biete dem Gläubiger „bei leichtem Verschulden ... zu wenig“ und verkenne die Funktion (gesetzlicher) Verzugszinsen als bloß durchschnittlichen Gewinns, den „der Gläubiger nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge hätte erzielen können“.Nach Ertl (aaO 151) steht das Gutachten „auf schwachen Beinen“, weil die dort dargestellten, einander jedoch widerstreitenden Ansichten zur Auslegung des § 1333 ABGB unwiderlegt geblieben seien und es an einer Erklärung fehle, weshalb der Begriff „Schade“ nicht etwa als solcher im Sinne des § 1293 ABGB, sondern als „eigentliche Schadloshaltung“ gemäß § 1324 ABGB zu verstehen sei. In diese Kerbe schlagen auch Apathy (aaO 69 FN 281), Reischauer (Der Entlastungsbeweis des Schuldners [1975] 141 FN 42 sowie in Rummel aaO Rz 5 zu § 1333) und Wolff (in Klang 2 VI 179). In der Lehre setzten sich daher auch dem PlB SZ 5/53 widersprechende Ansichten durch: Einerseits wird hervorgehoben, daß § 1333 ABGB nur auf Fälle objektiven Verzugs anwendbar sei (Jud in FS Ostheim 115; Koziol aaO; Reischauer in Rummel aaO; Wolff in Klang 2 aaO 178), andererseits wird der Zinsenanspruch nach § 1333 ABGB als Mindestersatz bezeichnet (Ertl aaO 157; Mayrhofer/Ehrenzweig, Schuldrecht AT3 372; Wahle aaO 195); ganz allgemein wird aber betont, eine die (gesetzlichen) Zinsen übersteigende Vermögenseinbuße sei unter der Prämisse ihrer Qualifikation als positiver Schaden nach allgemeinen Grundsätzen des Schadenersatzrechts bereits bei leicht fahrlässiger Schädigung ersatzfähig (Koziol/Welser aaO 223; Kramer in Straube, HGB I2 Rz 7a zu [§ 346] Art 8 Nr 2; Wolff in Klang 2 aaO 179). An den Ergebnissen des PlB SZ 5/53 halten praktisch nur mehr Harrer (in Schwimann aaO Rz 4 f zu § 1333) - dieser aber auch unter Ausklammerung jener Zinsen, die einen Aufwand zur Schadensbeseitigung darstellen, ‑ und Gschnitzer/Faistenberger/Barta/Eccher (aaO) - diese ohne Einschränkung - fest.

Als erstes Ergebnis ist demnach - im Einklang mit der herrschenden Lehre - festzuhalten, daß sich die schadenersatzrechtliche Zinsenbegrenzung durch den PlB SZ /53 für das allgemeine bürgerliche Recht weder aus dem Wortlaut des § 1333 ABGB noch aus dem systematischen Zusammenhang dieser Regelung mit anderen gesetzlichen Bestimmungen zureichend begründen läßt. Fehlt es aber an einer solchen Stütze, ist der PlB SZ 5/53 seiner einzigen wirklich tragenden Begründung beraubt. Die auf altdeutschem Recht fußende Überzeugung, die „Nutzbarmachung“ von Geld sei „unabsehbar und unübersehbar“, weshalb bei der Zuerkennung entgangenen Gewinns größte Vorsicht geboten sei, kann dem Zuspruch entgangener Zinsen vor dem Hintergrund der modernen Zivilrechtsdogmatik überhaupt nicht mehr als Korsett dienen, weil die Zurechnung der Folgen des schädigenden Verhaltens ohnehin durch die Rechtsinstitute der Adäquität und des auf den Normzweck bezogenen Rechtswidrigkeitszusammenhangs eingeschränkt und damit der Möglichkeit eines „unübersehbaren“ Schadenersatzes entgegengewirkt wird. Schon deshalb bedarf es keiner rein theoretischen, im einzelnen auch gar nicht näher faßbaren Reduktion des Ersatzes auf einen „Normalschaden“. Eine solche (diffuse) Reduktionsanleitung läßt sich dem Gesetz auch nicht entnehmen (F.Bydlinski, System und Prinzipien des Privatrechts [1996] 228). Darauf wird noch zurückzukommen sein.

Die Rechtsprechung hat sich vom PlB SZ 5/53 in einem für die Praxis der Schadensabwicklung höchst bedeutsamen Bereich - trotz gegenteiliger Beteuerungen ‑ inhaltlich längst abgewandt, seitdem sie den Ersatz des im Interesse des Ersatzpflichtigen für Maßnahmen der Schadensbehebung enstandenen Zinsenaufwands nicht mehr auf Verzugszinsen gemäß § 1333 ABGB beschränkt hat (SZ 45/63 = JBl 1973, 85 [F.Bydlinski] = ZVR 1972/193) und daran seither ständig festhält (2 Ob2422/96g = RZ 1998/4 [mzwN zur Judikaturkette]). Dabei soll es sich „um einen vom Verzug unabhängigen Schaden“ handeln (zuletzt RZ 1998/4). Daß diese Linie die Grundsätze des PlB SZ 5/53 beiseiteschob, belegen bereits Erörterungen F.Bydlinskis (JBl 1973, 87 [Glosse]; ders in Klang 2 IV/2, 347), an die Apathy (aaO 65 ff), Ertl (aaO 146) und Gitschthaler (ÖJZ 1984, 234) anknüpfen. Das wird in 2 Ob 2422/96g durch Aktzentuierungen in den Abgrenzungen noch weiter verdeutlicht:

Setzt der Geschädigte danach Kreditmittel ein, die konkret zur Finanzierung der Schadensbehebung aufgenommen wurden, soll dieser Aufwand schon an sich keinen Verzugsschaden im Sinne des § 1333 ABGB, sondern - wie bereits referiert - einen „vom Verzug unabhängigen Schaden“ repräsentieren. Der Geschädigte habe jedoch nur dann Anspruch auf Ersatz höherer als der gesetzlichen Zinsen, wenn er den Ersatzpflichtigen vor der Kreditaufnahme erfolglos aufgefordert habe, die Kosten der Schadensbehebung zu bevorschussen. Die bloße Einforderung von Kreditkosten - selbst im Wege einer Klageerweiterung - ersetze die vorherige Aufforderung zur Bevorschussung ebensowenig wie die Bestreitung des Klagebegehrens dem Grunde nach. Dagegen beziehe sich der Schaden, der im Vermögen des Geschädigten „infolge der Nichtzahlung der vom Schädiger geschuldeten Kosten eines schon vor der Schadensbehebung und ohne Zusammenhang mit ihr aufgenommenen Kredites“ entstehe, nicht auf Kosten der Schadensbehebung. Sei der Geschädigte in diesem Fall mangels Zahlung durch den Ersatzpflichtigen nicht in der Lage, den schon früher aufgenommenen Kredit zu tilgen, und deshalb „mit sonst nicht von ihm zu tragenden Kreditkosten belastet“, handle es sich um einen reinen Verzugsschaden gemäß § 1333 ABGB, dessen Ersatzfähigkeit ein grobes Verschulden des Ersatzpflichtigen am Zahlungsverzug voraussetze. Diese Argumentation überzeugt indes nicht:

In der Entscheidung 2 Ob 2422/96g werden die Rechtsfolgen zweier Sachverhaltsvarianten erörtert. Die eine bezieht sich auf einen Kredit, der gerade zur Finanzierung der Schadensbehebungskosten aufgenommen (bzw ausgeweitet) wurde, die andere betrifft den im Schädigungszeitpunkt bereits aushaftenden Kredit, der zwar nicht konkret der Schadensbehebung diente, jedoch infolge Zahlungsverzugs des Ersatzpflichtigen nicht getilgt werden kann. Im ersteren Fall wird zwar die Ersatzfähigkeit der Kreditkosten bejaht, diese aber ausdrücklich daran geknüpft, daß der Geschädigte den Ersatzpflichtigen vor der Kreditaufnahme zur Bevorschussung der Schadensbehebungskosten aufforderte. Ihre bloße Einforderung ‑ selbst durch Klage bzw Klageausdehnung - reiche nicht aus.

Der verstärkte Senat vermag keine Gründe zu erkennen, die die Annahme rechtfertigen könnten, daß sich die Rechtsnatur der Kosten eines zur Schadensbeseitigung aufgenommenen Kredits nur deshalb von einem „vom Verzug unabhängigen Schaden“ (offenbar) in einen reinen Verzugsschaden gemäß § 1333 ABGB verwandeln soll, weil der Geschädigte den Ersatzpflichtigen nicht bereits vor der Kreditaufnahme zur Bevorschussung der Kosten der Schadensbeseitigung aufforderte, obgleich der Ersatzpflichtige selbst nach Einbringung einer Klage, in der der konkrete Primärschaden und der für seine Beseitigung notwendige Aufwand samt den dafür eingesetzten Kreditmitteln schlüssig dargestellt wird, nach wie vor nicht leistet. Letzterer kann sich gerade auch aufgrund einer solchen Klage bzw Klageausdehnung ‑ nach der Diktion in 2 Ob 2422/96g - „ein Bild darüber machen ..., welche zur Schadensbehebung wirklich erforderlichen Ersatzanschaffungen aus dem angeforderten Vorschuß bestritten werden sollen“. In einem solchen Fall ist die unterlassene Aufforderung des Ersatzpflichtigen zur Bevorschussung der Kosten der Schadensbeseitigung für den Zahlungsverzug auch gar nicht kausal; dieser leistet vielmehr in der Regel (nur) deshalb nicht, weil er berechtigte Gründe zu haben glaubt, für den geltend gemachten Schaden dem Grunde nach nicht einstehen zu müssen. Die erörterte Aufforderung ist daher auch unter diesem Gesichtspunkt kein Abgrenzungskriterium, das eine Klärung des schadenersatzrechtlichen Wesens von Kreditmitteln, die zur Schadensbeseitigung aufgenommen und eingesetzt werden, zuließe. Leistet der Ersatzpflichtige auch nach Klageeinbringung nicht, so ist aus diesem Verhalten jedoch mit prozeßpraktischer Gewißheit der Schluß zu ziehen, daß er die Schadensbehebungskosten auch dann nicht bevorschußt hätte, wenn er dazu bereits vor der Kreditaufnahme aufgefordert worden wäre. Demnach kann in der Unterlassung einer solchen Aufforderung ‑ in einer derartigen Fallgestaltung - nicht einmal eine Verletzung der Schadenminderungspflicht erblickt werden. Die konkret zur Schadensbeseitigung aufgewendeten Kreditkosten sind daher selbst unter den in 2 Ob 2422/96g erörterten Gesichtspunkten in Wahrheit als Verzugsschaden zu qualifizieren, gleichviel ob der Ersatzpflichtige vor Kreditaufnahme zur Bevorschussung der Schadensbehebungskosten aufgefordert wurde oder nicht.

Ein Verzugsschaden liegt jedoch - so auch die Begründung in 2 Ob 2422/96g - dann vor, wenn der Geschädigte einen im Schädigungszeitpunkt bereits aushaftenden Kreditbetrag, der daher nicht konkret der Schadensbehebung diente, infolge Zahlungsverzugs des Ersatzpflichtigen nicht tilgen (oder verringern) kann.

Der verstärkte Senat vermag - abgesehen von den bereits erörterten Gründen - auch aus nachstehenden, im wesentlichen F.Bydlinski (Prinzipien) folgenden Erwägungen nicht mehr an der ratio des PlB SZ 5/53 festzuhalten:

Das Ausgleichsprinzip fordert als spezifische Rechtsfolge eines Schadensereignisses in quantitativer Hinsicht die Totalrestitution zurechenbarer Schäden („Alles‑oder‑nichts‑Prinzip“), soweit eine solche nicht besonderen, aus dem Gesetz ableitbaren Beschränkungen unterliegt. Ohne Schadensausgleich könnte jedermann eigenes rechtswidriges bzw erkennbar gefährliches Verhalten auf Kosten des Geschädigten setzen und die „daraus etwa entstehenden Vorteile entgegen der rechtlich vorgegebenen Vermögenszuordnung genießen“. Die Übernahme des Schadens durch den Ersatzpflichtigen ‑ im Rahmen bestehender Haftungsgründe - ist also die zentrale Folge ausgleichender Gerechtigkeit (aaO 187 f).

Das Verschuldensprinzip und die Rechtswidrigkeit des schädigenden Verhaltens als dessen notwendige Haftungsvoraussetzung führen zur abwägenden Einschränkung des Verantwortungsprinzips einer einfachen Zurechnung von Schadensfolgen im Interesse eines selbstverantwortlichen und freien Verhaltens sowie der wirtschaftlichen Effektivität und dienen überdies der Schadensprävention. In dieser Wirkung soll der erörterte Leitgedanke demnach als Sorgfaltsanreiz die an Fahrlässigkeit gebundene Ersatzpflicht von vornherein vermeiden helfen (aaO 189 f). Dabei bildet das Verschulden einen starken Zurechnungsgrund. Es muß sich nicht auf jede einzelne Schadensfolge, sondern auf die „Rechtsverletzung“ als solche beziehen. Deshalb erstreckt sich die Verschuldenshaftung auch auf Folgen, die vom Verschulden im einzelnen nicht mehr umfaßt sind, soll doch der Präventionsgedanke den schuldhaft handelnden Schädiger an einer vorausschauenden genaueren Kalkulation seiner äußersten Haftungsgrenze hindern, weil dieser schuldhaftes Verhalten doch überhaupt vermeiden soll (aaO 198 f). Für die Haftungsbegrenzung sorgen ‑ wie bereits erwähnt - das Adäquanzkriterium und - noch mehr ‑ der für die Zurechnung von Schadensfolgen erforderliche Rechtswidrigkeitszusammenhang. Diese Rechtsinstitute wirken nachhaltig ganz zufälligen und unabsehbaren Ersatzpflichten entgegen, ohne dem potentiellen Schädiger eine konkrete Kalkulationsmöglichkeit seines Haftungsumfangs zu eröffnen (aaO 199 f).

Dagegen bildet die Proportionalität von Schuld und Haftung keinen umfassenden Leitgedanken des geltenden Schadenersatzrechts. Das Prinzip der Totalrestitution ist jedoch im allgemeinen Schadenersatzrecht durch die Regelung relativiert, daß bei leichter Fahrlässigkeit des Schädigers nur der „wirkliche“ oder „positive“ Schaden zu ersetzen ist (aaO 225; zum Begriff des positiven Schadens etwa Harrer in Schwimann aaO Rz 10 ff zu § 1293; Koziol/Welser aaO 459; Reischauer in Rummel aaO Rz 3 und 8 zu § 1293).

Die Auslegung des § 1333 ABGB durch den PlB SZ 5/53 im Falle leicht fahrlässiger Schädigung außerhalb des Anwendungsbereichs des Handelsrechts steht demnach mit tragenden Leitgedanken des österreichischen Schadenersatzrechts in unlösbarem Widerspruch. Die erörterte gesetzliche Regelung schließt die Ersatzfähigkeit des positiven Verzugsschadens unter diesen Gesichtspunkten nicht etwa deshalb aus, weil der Schaden zwar rechtswidrig, aber bloß leicht fahrlässig herbeigeführt wurde.

Der 8.Senat, der in seiner Entscheidung 8 Ob 14/94 konsequent am PlB SZ 5/53 festhält, beruft sich dabei u.a. auch auf § 49a ASGG und die Gesetzesmaterialien zu dieser Bestimmung. Dem ist Apathy (JBl 1995, 250) mit dem zutreffenden Argument entgegengetreten, der Bericht des Justizausschusses zwinge nicht dazu, „künftige Gesetzgebungsakte abzuwarten, um sachgerechte Ergebnisse beim Ersatz von Verzugsschäden zu erzielen und Wertungswidersprüche zu vermeiden“.

Anlaß für die Einfügung des § 49a ASGG durch die ASGG‑Nov 1994 BGBl 624 war in der Tat die bisherige Rechtsprechung zu § 1333 ABGB. Die uneingeschränkte Beibehaltung deren Ergebnisse sei aber, so die Gesetzesmaterialien (RV 1654 BlgNR 18. GP , 34), jedenfalls für die Regelung arbeitsvertraglicher Beziehungen nicht mehr sachgerecht. Deshalb werde „die Anhebung und Dynamisierung der gesetzlichen Zinsen auch für andere Rechtsbereiche zu erwägen sein ..., wenn sich die vorgeschlagene Regelung im arbeitsrechtlichen Bereich“ bewähren sollte (AB 1849 BlgNR 18. GP , 3).

Damit wird das starre Festhalten am gesetzlichen Zinssatz bei leicht fahrlässigem Zahlungsverzug - und zwar auch für Verzugsschäden, die nach den Grundsätzen des allgemeinen Schadenersatzrechts geltend zu machen sind, ‑ in Wahrheit in Frage gestellt. Die im Gesetz für den vertretbaren Zahlungsverzug angeordnete Ermittlung des Zinsenschadens nach den „sonstigen Bestimmungen über die gesetzlichen Zinsen“ ist als Spezifikum arbeitsvertraglicher Rechtsverhältnisse anzusehen. Damit realisierte der Gesetzgeber offenbar den Grundsatz proportionaler Haftungsmilderung, der arbeitsvertraglichen Beziehungen auch sonst nicht fremd ist (F.Bydlinski aaO 232 f). Es besteht daher auch nach dem Arbeits‑ und Sozialgerichtsgesetz kein Hindernis, die „sonstigen Bestimmungen über die gesetzlichen Zinsen“ nach Kriterien des allgemeinen Schadenersatzrechts zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen anders als bisher auszulegen.

Hielte die Rechtsprechung am PlB SZ 5/53 in dessen Anwendung durch den 8.Senat („durch den Zahlungsverzug bewirkter Nutzungsentgang in Form aufgewendeter oder entgangener höherer Zinsen“) fest, wäre - in konsequenter Fortschreibung dieser Ansicht - nicht einmal der Kreditaufwand des illiquiden Geschädigten zur Finanzierung der Behebung des Primärschadens als ersatzfähiger positiver Schaden zu qualifizieren. Die Ersatzfähigkeit solcher Aufwendungen ist jedoch nach herrschender Ansicht jedenfalls nicht kraft § 1333 ABGB auf gesetzliche Zinsen beschränkt (2 Ob 2422/96g = RZ 1998/4 mzN aus der Rsp; SZ 45/63; Harrer in Schwimann aaO Rz 12 zu § 1323; Koziol aaO Rz 2/36 und 2/48, Kramer in Straube aaO; Rebhahn, ecolex 1993, 10 f; Reischauer in Rummel aaO Rz 5 zu § 1333 je mwN). Die Fragen, unter welchen Voraussetzungen die Rechtsprechung solche Kreditkosten bisher zuerkannte und ob diese Praxis mit dem PlB SZ 5/53 im Einklang steht, wurden im einzelnen bereits weiter oben erörtert.

Daher ist als weiteres Ergebnis festzuhalten, daß der Verzugsschaden nach § 1333 ABGB - sei er rechtsgeschäftlichen oder rein deliktischen Ursprungs - schadenersatzrechtlich als Mindestpauschale zu beurteilen ist (Ertl aaO 157; Mayrhofer/Ehrenzweig aaO 372; Wahle aaO 195), dessen Ersatz der Geschädigte - unabhängig vom Nachweis eines konkreten Schadens in dieser Höhe - jedenfalls verlangen kann. Der Geschädigte kann jedoch den ‑ durch § 1333 ABGB nicht begrenzten - Verzugsschaden als Folgewirkung des Primärschadens (Apathy aaO 73; Ertl aaO 158) schon dann geltend machen, wenn der Ersatzpflichtige infolge leichter Fahrlässigkeit des Schädigers für den positiven Schaden einzustehen hat. Es liegt dann an ihm, zu behaupten und zu beweisen, daß in seinem Vermögen ein die gesetzlichen Zinsen übersteigender Vermögensnachteil als positiver Schaden eingetreten ist.

Die Regelung des § 1333 ABGB wurzelt ‑ aus dogmatischer Sicht - im Schadenersatz- und im Bereicherungsrecht. Dieser Einordnung kommt jedoch für die hier zu lösende Streitfrage nur geringe Bedeutung zu. Wäre § 1333 ABGB eine im Regelungssystem unzutreffend eingeordnete „lex fugitiva“ (Apathy aaO 71; Jud in FS Ostheim 115), läge es auf der Hand, daß diese Bestimmung einen positiven Verzugsschaden nicht nach oben begrenzen könnte. Aber auch dann, wenn § 1333 ABGB - wie hier - als Norm qualifiziert wird, die auch schadenersatzrechtliche Elemente enthält, erfordert sie schon angesichts dieses schadenersatzrechtlichen Aspekts und dessen bereits erörterten Folgen keine Begrenzung eines positiven Verzugsschadens. Nichts anderes könnte schließlich gelten, wäre § 1333 ABGB ‑ der Ansicht Grafs (JBl 1990, 356 f) folgend - als rein schadenersatzrechtliche Bestimmung aufzufassen.

Schon einleitend wurde dargelegt, daß § 1333 ABGB aus bestimmten gesetzlichen Gründen nicht nur auf schadenersatzrechtliche Verzugs‑, sondern auch auf rein bereicherungsrechtliche Vergütungszinsen anzuwenden ist. Hier geht es indessen um die Lösung eines schadenersatzrechtlichen Problems. Rechtliche Details eines Anspruchs auf Vergütungszinsen sind daher nicht zu erörtern. Somit muß nicht weiter geprüft werden, ob § 1333 ABGB in seiner bereicherungsrechtlichen Funktion ohne weiteres eine taugliche Rechtsgrundlage für die Geltendmachung einer Mindestverzugsbereicherung sein kann oder ob der Schuldner im Falle objektiven Verzugs, wie Graf (JBl 1990, 350 ff) - allerdings von einem rein schadenersatzrechtlichen Verständnis der genannten Norm beeinflußt - zu begründen versucht, mit dem Einwand zu hören ist, daß im Einzelfall keine oder eine geringere Bereicherung eingetreten sei.

Zu begründen ist noch, ob entgangene Geldanlagezinsen als positiver Verzugsschaden zu beurteilen sind:

Der 8.Senat, der in seiner Entscheidung 8 Ob 14/94 ‑ wie bereits dargestellt ‑ konsequent am PlB SZ 5/53 festhält, schloß sich im übrigen der Ansicht des 1.Senats an, daß die Vernichtung bzw Minderung einer Gewinnmöglichkeit, deren Realisierung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eingetreten wäre (1 Ob 538/93; 1 Ob 15/92; 1 Ob 128/73SZ 46/81), positiver Schaden ist. Das entspricht der Lehre Juds (in FS Ostheim 124 ff). Daß positiver Schaden ‑ entgegen der aus dem PlB SZ 5/53 abzuleitenden Wertung ‑ nicht „durch § 1333 ABGB für den Fall bloß leichter Fahrlässigkeit mit der Höhe der gesetzlichen Zinsen begrenzt“ sein kann, folgt bereits aus den bisher angestellten Erwägungen.

Schlösse sich die Rechtsprechung nicht der Ansicht des 1.Senats an, daß ein entgangener und die gesetzlichen Zinsen übersteigender Kapitalgewinn nach den schon bisher judizierten Kriterien ein ersatzfähiger positiver Schaden ist, müßten die im folgenden aufzuzeigenden Wertungswidersprüche in Kauf genommen werden:

1. Weshalb soll der Zinsenaufwand des illiquiden Geschädigten für einen Kredit zur Schadensbehebung jedenfalls positiver Schaden sein, dessen Ersatzfähigkeit nicht auf die gesetzlichen Zinsen beschränkt ist, wenn der Eigenkapitalaufwand des liquiden Geschädigten zur Schadensbehebung im Interesse des Ersatzpflichtigen - in Konsequenz dessen - auch dann kein ersatzfähiger positiver Schaden sein könnte, wenn jenem dadurch ein über den gesetzlichen Zinsen liegender Anlagegewinn entginge, den jedermann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im marktüblichen Ausmaß hätte erzielen können?

Setzt der Geschädigte Eigenkapital zur Schadensbehebung ein, liegt darin sogar eine Maßnahme zur Schadensminderung, soweit die Anlagezinsen ‑ wie üblich - niedriger als die Kreditzinsen sind. Deshalb billigt die herrschende Lehre dem Geschädigten in Umsetzung eines „Prinzips wirtschaftlicher Effektivität“ (F.Bydlinski aaO 195 FN 195; Huber, Fragen der Schadensberechnung [1993] 194 f [grundlegend]; Koziol aaO Rz 2/48) auch den Ersatz des Zinsenverlusts als positiven Schadens zu, der „mit dem Einsatz eigenen Kapitals zur Schadensbehebung oder Schadensminderung verbunden ist“ (Koziol aaO Rz 2/48; vgl dazu im übrigen Jud in FS Ostheim 116 ff). Dann aber wäre es inkonsequent, würde man dem bloßen „Entgang von Zivilfrüchten eines Kapitals“ - entgegen der Ansicht des 1.Senats (dazu Koziol aaO Rz 2/46 und 2/47) - die Qualifikation als positiver Schaden absprechen.

Der Rechtsordnung ist keine Rechtspflicht des liquiden Geschädigten zu entnehmen, Eigenkapital zur Schadensbehebung einzusetzen (Harrer in Schwimann aaO Rz 12 zu § 1323; Reischauer in Rummel aaO Rz 13 zu § 1323 je mN aus der Rsp). Gegenteiliges ist auch nicht auf dem Boden des Prinzips wirtschaftlicher Effektivität begründbar. Der Geschädigte ist nicht verpflichtet, eigene Vermögensinteressen zum Nutzen des Ersatzpflichtigen aufzuopfern. Demnach könnte er die Schadensbehebung im Einklang mit schadenersatzrechtlichen Leitgedanken, jedenfalls wenn ihm andernfalls eine praktisch sichere marktübliche Gewinnchance entginge, auf Kosten des Ersatzpflichtigen mit Kredit finanzieren und sein Eigenkapital gewinnbringend anlegen. Weshalb dementgegen derjenige, dem etwa - wie hier - Verdienstentgang als positiver Primärschaden zu ersetzen ist und der eine zu dessen Beseitigung erhaltene Geldleistung, wäre sie nach Eintritt ihrer Fälligkeit erbracht worden, nicht zur Behebung eines bestimmten anderen Schadens eingesetzt, sondern bloß eine praktisch sichere marktübliche Gewinnchance lukriert hätte, diesen Zinsenentgang nach Koziol (aaO Rz 2/46 und 2/47) nicht als positiven Schaden ersetzt bekommen soll, ist nicht einsichtig. Nicht zu Unrecht bemerkt daher Rebhahn (ecolex 1993, 12), daß die Ansicht des 1.Senats zur Ersatzfähigkeit entgangener Zinsen „im Lichte des allgemeinen Schadenersatzrechts ... wohl zwangsläufig aus der Judikatur zu den aufgewendeten höheren Zinsen“ folge.

2. Weshalb soll gerade der Ersatzpflichtige eine Gewinnchance nach Pkt 1. als Verzugsbelohnung in Förderung eigener Vermögensinteressen erhalten, die auf seiner Seite nur solange entstehen kann, als sie im Vermögen des Geschädigten nicht als positiver Schaden qualifiziert wird?

Für die Rechtfertigung einer solchen Konsequenz vermag der verstärkte Senat keine Gründe zu finden.

Verlor daher der Geschädigte durch den Zahlungsverzug eine Gewinnchance, die er nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens wahrgenommen hätte und deren Realisierung entsprechend den Marktverhältnissen praktisch gewiß war, muß auch darin ein positiver Schaden erblickt werden.

Marktübliche entgangene und aufgewendete Zinsen, die den gesetzlichen Zinsfuß übersteigen, können daher als im Vermögen des Geschädigten adäquat verursachte und verschuldete Verzugsschäden nicht ohne Wertungswidersprüche verschieden behandelt werden.

Wird § 1333 ABGB ‑ wie hier - als Regelung verstanden, die dem Geschädigten ein Mindestpauschale als Verzugsschaden sichern soll, wird in diesem Punkt auch die erstrebenswerte Harmonisierung des bürgerlichen Rechts mit dem Handelsrecht verwirklicht (Jud in FS Ostheim 117 f; Kramer in Straube aaO; Ostheim in GS Schönherr 373 FN 32). Überdies sei angemerkt, daß die österreichische Rechtslage durch diese Auslegung des § 1333 ABGB im großen und ganzen der einschlägigen deutschen Regelung in den §§ 286 Abs 1 und 288 Abs 1 und 2 BGB entspricht, obgleich dort der Verlust von Anlagezinsen rechtstechnisch als entgangener Gewinn qualifiziert wird. In der deutschen Rechtsprechung kristallisierten sich in der Beurteilung des Verzugsschadens gewisse Unterschiede im Detail heraus, je nachdem, ob der Geschädigte ein Privatgläubiger, eine Bank oder ein sonstiger Kaufmann ist (zuletzt dazu ausführlich Kindler, Die neuere höchstrichterliche Rechtsprechung zum Ersatz entgangener Anlagezinsen im Verzug, WM 1997, 2017 [2018 ff]; vgl im übrigen Thode in MünchKomm, BGB3 [1994] Rz 17 und 18 zu § 288). Diesen Differenzierungen, denen besonders Fragen der Behauptungs- und Beweislast sowie der (abstrakten bzw konkreten) Schadensberechnung zugrundeliegen (Kindler, WM 1997, 2018 ff; Thode aaO Rz 14 ff zu § 288), muß hier jedoch nicht näher nachgegangen zu werden.

Der verstärkte Senat formuliert daher folgenden Rechtssatz:

Der Verzugsschaden gemäß § 1333 ABGB ist ‑ sei er nun rechtsgeschäftlichen oder rein deliktischen Ursprungs - schadenersatzrechtlich als Mindestpauschale zu qualifizieren, dessen Leistung der Geschädigte ‑ unabhängig vom Nachweis eines konkreten Schadens in dieser Höhe ‑ jedenfalls verlangen kann. Der Geschädigte kann jedoch den ‑ durch § 1333 ABGB nicht begrenzten - Verzugsschaden als Folgewirkung des Primärschadens schon dann geltend machen, wenn der Ersatzpflichtige infolge leichter Fahrlässigkeit des Schädigers für den positiven Schaden einzustehen hat. Es liegt dann an ihm, zu behaupten und zu beweisen, daß in seinem Vermögen ein die gesetzlichen Zinsen übersteigender Vermögensnachteil als positiver Schaden eingetreten ist.

Der infolge Zahlungsverzugs entgangene Geldanlagegewinn ist positiver Schaden, soweit der Geschädigte als Folge des Zahlungsverzugs eine Gewinnchance, die er wahrgenommen hätte und deren Realisierung nach typischen Marktverhältnissen praktisch gewiß gewesen wäre, verlor.

Aufgrund dieser Rechtslage ist dem Kläger in Abänderung der angefochtenen Entscheidung der im Verfahren erster Instanz behauptete und von den Vorinstanzen festgestellte entgangene Geldanlagegewinn als Verzugsschaden zuzuerkennen, weil dieser bei Erwerb der bezeichneten festverzinslichen Bundesanleihe einen Geldanlageertrag unter Voraussetzungen erzielt hätte, die dessen Entgang - unter Zugrundelegung der erörterten Kriterien - als positiven Schaden qualifizieren.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 43 Abs 1 und § 50 ZPO. Der Kläger obsiegte im Revisionsverfahren nur im Rahmen seines Nebengebührenanspruchs, also mit einem geringfügigen Teil seines Anspruchs, dessen Geltendmachung überdies keine besonderen Kosten veranlaßte. Der beklagten Partei sind daher die Kosten der Revisionsbeantwortung ungekürzt zuzusprechen.

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