Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 9.160,32 (darin S 1.526,72 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu bezahlen.
Text
Begründung
Am 3. 2. 1980 verschuldete der Beklagte einen Schiunfall, bei dem der Kläger verletzt wurde. Im Verfahren des Landesgerichts Feldkirch zu AZ 7 Cg 4212/81 begehrte der Kläger Schadenersatz. In diesem Rechtsstreit führte er aus, es könne noch nicht endgültig beurteilt werden, ob der Unfall zu Spät- oder Dauerfolgen führen werde, weshalb er sich die Erhebung eines Feststellungsbegehrens ausdrücklich vorbehalte. Im Urteil vom 14. 7. 1982 stellte das Landesgericht Feldkirch fest, beim Kläger bestehe eine ausgedehnte Narbe im Bereich des linken Beins und eine leichte Instabilität des Kniegelenks, das linke Bein sei gegenüber dem rechten um 1 cm verkürzt, und es könne nicht ausgeschlossen werden, dass als Unfallfolge in Zukunft noch eine Verbiegung des Unterschenkels mit einem nach vorne offenen Winkel eintreten werde; ebenso könne noch nicht abschließend beurteilt werden, ob Spätfolgen eintreten würden bzw ob sich die Beinlängendifferenz ausgleichen oder verstärken werde. Diesen Feststellungen lag das Gutachten eines gerichtsärztlichen Sachverständigen zu Grunde, in dem ausgeführt worden war, dass es sowohl zu einem beschleunigten Längenwachstum wie auch zu einer Verzögerung des Längenwachstums kommen könne; es sei nicht mit Sicherheit beurteilbar, ob der vordere Anteil der Wachstumsfuge nicht vorzeitig verlötet sei. Dies könne dazu führen, dass das Wachstum im vorderen Anteil der Wachstumsfuge des linken Schienbeins verzögert stattfinde. Wenn das Wachstum im hinteren Teil normal weiterginge, würde dies zu einer Verbiegung des Unterschenkels mit einem nach vorn offenen Winkel führen. Die Instabilität des linken Kniegelenks sei so gering, dass sie funktionell kaum ins Gewicht fallen werde und kompensiert werden könne. Eine kleine Wundheilungsstörung sei folgenlos ausgeheilt. Es könne erst nach Ablauf eines weiteren Jahres darüber Auskunft gegeben werden, ob sich die Beinlängendifferenz ausgleichen oder verstärken werde, erst dann könnten Spätfolgen beurteilt werden. Die im Gutachten angeführte Möglichkeit des Eintritts einer Störung der Achsenausrichtung des Unterschenkels ist in der Folge eingetreten und hat Beschwerden verursacht, die sich heute als Knorpelschädigung an der Kniescheibenrückfläche manifestieren. Ab Beginn 1998 sind verstärkt Beschwerden aufgetreten, die davor aufgetretenen Beschwerden äußerten sich "noch nicht im wesentlichen Umfang". Die Schmerzen des Klägers stehen in ursächlichem Zusammenhang mit den beim Schiunfall vom 3. 2. 1980 erlittenen Verletzungen. Es ist nicht auszuschließen, dass sich das Beschwerdebild verschlimmert, allenfalls ist eine operative Korrektur nötig. Vor 1998 lagen die Schmerzen im vernachlässigbaren Bereich.
Der Kläger begehrte zuletzt die Zahlung von S 203.485,16 sA und die Feststellung der Haftung des Beklagten für alle zukünftigen Schäden und Folgen aus dem Unfall vom 3. 1. 1980 (richtig wohl: 3. 2. 1980). Es seien erst im Laufe des Jahres 1998 Spät- und Dauerfolgen aufgetreten, die auf den Unfall vom 3. 2. 1980 zurückzuführen seien.
Der Beklagte wendete Verjährung der Klagsforderung ein, weil dem Kläger bereits im Jahre 1981 objektiv bekannt gewesen sei, dass Dauerfolgen bestünden.
Das Erstgericht erkannte den Beklagten schuldig, dem Kläger S 90.000 sA zu zahlen, gab dem Feststellungsbegehren statt und wies das Mehrbegehren von S 113.485,16 sA unangefochten ab. Die Möglichkeit, erst im Jahr 1998 sei erkennbar gewesen, dass beim Kläger als Unfallsfolge weitere Beschwerden auftreten, die über die mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 14. 7. 1982 festgestellten Schmerzen hinausgehen, könne nicht ausgeschlossen werden. Diese Schmerzen rechtfertigten ein Schmerzengeld von S 90.000. Da sich das Beschwerdebild verschlimmern könne, bestehe ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung. Die Klagsforderung sei nicht verjährt, weil der Beklagte den ihm obliegenden Beweis, es sei für den Kläger schon vor dem Jahre 1998 erkennbar gewesen, dass Dauerschäden wahrscheinlich seien, nicht erbracht habe.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands S 52.000, nicht aber S 260.000 übersteige; die Revision sei zulässig. Ob und unter welchen Voraussetzungen zur Vermeidung der Verjährung von Schadenersatzansprüchen für künftige Schäden eine Feststellungsklage zu erheben sei, sei auf Grund der Rechtsprechung zum Zeitpunkt des Einbringens der Schadenersatzklage im Jahre 1981 zu beurteilen. Die Verjährung beginne danach für die vorhersehbaren Folgeschäden in dem Zeitpunkt zu laufen, in dem dem Ersatzberechtigten die Rechtsgutbeeinträchtigung bekannt werde. Die Frist für die Klagserhebung könne aber nicht beginnen, ehe feststehe oder wahrscheinlich sei, dass unfallbedingte Spätfolgen auftreten könnten. Eine solche Wahrscheinlichkeit liege hier nicht vor. Der im Vorverfahren zugezogene Sachverständige habe wegen allfälliger Folgen der Unfallverletzung des Klägers nur Mutmaßungen anstellen können. Allenfalls in Zukunft auftretende Folgeschäden seien damit für den Kläger nicht voraussehbar gewesen. Die vor 1998 aufgetretenen Beschwerden seien unwesentlich gewesen und hätten vom Kläger nicht notwendigerweise mit dem Schiunfall in Zusammenhang gebracht werden mussten. Dem Beklagten sei der ihm obliegende Beweis des Eintritts unfallskausaler Folgeschäden bereits vor dem Jahre 1998 nicht gelungen.
Die Revision des Beklagten ist unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
Klagen auf Feststellung der Ersatzpflicht bei künftigen Schäden sind dann zulässig, wenn durch das (potentiell) schädigende Ereignis noch kein Schaden verursacht wurde, aber künftig die bloße Möglichkeit eines Schadenseintritts besteht (1 Ob 124/01v uva). Das bedeutet aber nicht, dass in jedem Fall auf Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden geklagt werden müsse, denn die Verjährungsfrist beginnt bei Ansprüchen auf Ersatz von Folgeschäden nur dann schon mit der Kenntnis des Erstschadens zu laufen, wenn solche Folgeschäden vorhersehbar sind. Bei nicht vorhersehbaren neuen schädigenden Wirkungen eines Schadensfalls wird die Verjährungsfrist erst vom Zeitpunkt deren Kenntnisnahme in Gang gesetzt (1 Ob 82/00s; 2 Ob 188/00m; ZVR 2000/15; ZVR 1999/21; JBl 1997, 43; SZ 69/55; SZ 68/238). In diesem Sinn judizierte der Oberste Gerichtshof auch schon in früherer Zeit: Der Lauf der Verjährungsfrist beginne erst mit dem tatsächlichen Eintritt des Schadens, sofern nicht abzusehen sei, ob in Zukunft tatsächlich ein Schaden eintreten werde; lediglich dem Grad der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts wurde unterschiedliche Bedeutung beigemessen (AnwBl 1991, 116; ZVR 1988/83; 6 Ob 511/86; 7 Ob 605/84; ZVR 1982/269; ZVR 1980/238; 6 Ob 803/80; SZ 48/27 uva).
Die Frage nach der Vorhersehbarkeit künftiger Schäden ist stets nach den Gegebenheiten des Einzelfalls zu lösen und dabei ist auf die objektive Vorhersehbarkeit abzustellen (1 Ob 82/00s mwN). Soweit die Vorinstanzen die Vorhersehbarkeit in Hinkunft auftretender Folgeschäden verneinten, liegt darin jedenfalls keine krasse Fehlbeurteilung, konnten doch im Vorprozess weder das Gericht noch der beigezogene Sachverständige verlässliche Feststellungen über allenfalls auftretende Folgeschäden treffen; vielmehr wurden nur Möglichkeiten aufgezeigt, deren Eintritt aber weder als besonders wahrscheinlich noch als besonders unwahrscheinlich hingestellt wurde. Der vorliegende Fall eignet sich somit nicht für grundsätzliche Ausführungen über die Notwendigkeit des Einbringens einer Feststellungsklage, sondern es ist vielmehr die Frage der Vorhersehbarkeit von Folgeschäden einer nicht zu verallgemeinernden Beurteilung zu unterziehen.
Der Beklagte zeigt daher keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung (gemäß § 502 Abs 1 ZPO) auf; solche liegen auch nicht vor, weshalb die Revision zurückzuweisen ist. An den gegenteiligen Ausspruch des Berufungsgerichts ist der Oberste Gerichtshof gemäß § 508a ZPO nicht gebunden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Die klagende Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Zur Höhe der Kosten ist zu bemerken, dass von einem Revisionsstreitwert von lediglich S 120.000 auszugehen ist.
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