European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0010OB00231.18D.0527.000
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.253,88 EUR (darin 208,98 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist Eigentümer einer (Stammsitz‑)Liegenschaft, mit der ein 41stel Anteil am Gemeinschaftsbesitz einer Agrargemeinschaft verbunden ist. Diese ist (nach § 1 Abs 1 der Verwaltungssatzung, auf die sich auch die im Weiteren genannten Paragraphen beziehen) als eine Körperschaft des öffentlichen Rechts eingerichtet und wird von ihrem Obmann vertreten (§ 22 Abs 2 Z 1). Der Obmann wird (als erstgenanntes Mitglied des Ausschusses) von der Vollversammlung, der er auch verantwortlich ist (§ 15 Abs 1), gewählt (§ 21) oder seiner Funktion enthoben (§ 8 Z 13). Sämtliche Einnahmen der Gemeinschaft fließen in die Gemeinschaftskasse, aus der alle von der Gemeinschaft zu entrichtenden Steuern, Abgaben und sonstigen Ausgaben und Lasten in erster Linie zu bestreiten sind. Soweit dieselben aus der Kasse nicht gedeckt werden können, sind sie aus „Umlagen“ zu bestreiten. Diese werden allen Mitgliedern nach der Größe ihrer Anteile auferlegt. Reinerträgnisse sind, falls die Mitgliederversammlung bzw im Ermächtigungsfalle der Ausschuss deren Aufteilung beschließt, nach Maßgabe der Anteilsrechte aufzuteilen (§ 4). Der Vollversammlung obliegt unter anderem die Beschlussfassung über die Veräußerung, Belastung und Verpachtung des Gemeinschaftsgutes und gemeinschaftlicher Rechte sowie auch die Einbringung von gerichtlichen Klagen (§ 8). Verträge, durch die der Gemeinschaft Verbindlichkeiten auferlegt oder Rechte eingeräumt werden, sind bei sonstiger Rechtsunwirksamkeit vom Obmann gemeinsam mit dem Schriftführer zu fertigen (§ 22 Abs 1). „Alle sonstigen Urkunden und Schriftstücke“ sind vom Obmann allein zu zeichnen (§ 22 Abs 2), wobei die Zeichnungsbefugnis gegenüber Gerichten, Behörden, Ämtern und sonstigen öffentlichen Stellen durch eine Bescheinigung der Aufsichtsbehörde nachgewiesen wird (§ 22 Abs 4).
Im Jahr 2004 wurde in einer außerordentlichen Vollversammlung das Projekt der Errichtung von Windkraftanlagen auf dem Gemeinschaftsgut vorgestellt und die Zustimmung zur Errichtung von drei Windkraftanlagen einstimmig beschlossen. Es wurden in der Folge Options‑ und Nutzungsverträge (in den Jahren 2004 und 2006; im Jahr 2013 nur ein Nutzungsvertrag) abgeschlossen, die die Errichtung von Windkraftanlagen (mit der zukünftigen Betreiberin) zum Gegenstand haben. In den Nutzungsverträgen (2004, 2006 und 2013) wurde der (jeweiligen) Betreiberin die Dienstbarkeit der Errichtung der Windkraftanlagen, der Kabelverlegung und des Gehens und Fahrens sowie ein Vorkaufsrecht eingeräumt und ihr die Schad- und Klagloshaltung der Agrargemeinschaft hinsichtlich aller Ansprüche auferlegt, die sich aus Errichtung und Betrieb des Windparks (einschließlich Verfahrenskosten und Abgaben, welcher Art auch immer) ergeben, sowie der Abschluss einer angemessenen Betriebshaftpflichtversicherung, die „gewährleistet, dass alle Schäden, die der Agrargemeinschaft durch den Ein- und Ausbau oder den Betrieb der Anlage“ entstehen, ersetzt werden. Die Betreiberin hat vereinbarungsgemäß nach der Errichtung der Windkraftanlagen nicht nur die damit im Zusammenhang stehenden Kosten für Wegsanierung und Flurschäden zu tragen, sondern es sollten von ihr auch die Erhaltungskosten jener Weganlagen, die für die Errichtung und Wartung der Windkraftanlagen genutzt werden, zu 70 % (und zu 30 % von der Agrargemeinschaft) getragen werden. Zum Nutzungsvertrag 2013 wurde (am 23. 10./4. 11. 2013) eine Aufsandungsurkunde errichtet.
Die Agrarbezirksbehörde bestätigte mit Amtsbestätigung vom 13. 11. 2013, dass [...] als Obmann der Agrargemeinschaft und [...] als Schriftführer berechtigt waren, diese Dienstbarkeitsvereinbarung sowie die Aufsandungsurkunde für die Agrargemeinschaft rechtsverbindlich zu unterfertigen. Nachdem die Betreiberin zum Nutzungsvertrag 2013 auf die Ausübung und Geltendmachung sowie die grundbücherliche Sicherstellung des vereinbarten Vorkaufsrechts verzichtete, „genehmigte“ die Agrarbezirksbehörde im Mai 2014 „agrarbehördlich“ (ausdrücklich nur) die in der Aufsandungsurkunde genannten Dienstbarkeiten „gemäß den Bestimmungen der §§ 5 Abs 1 und 6 Abs 1 des Stmk Agrargemeinschaftengesetzes“.
Der Kläger macht Ersatzansprüche nach dem Amtshaftungsgesetz geltend. Er begehrt die Zahlung von Verdienstentgang und die Feststellung der Haftung für „sämtliche kausale, zukünftige, derzeit noch nicht bekannte Schäden einschließlich Gewinnentgang aufgrund der Verkürzung über die Hälfte (laesio enormis) beim Pachtzins, Haftungen (Durchgriffshaftungen) und der Wegemiterhaltungspflicht, die aus der Genehmigung mittels Amtsbestätigung AZ: 2 F 8/196‑2013 vom 13. 11. 2013 zur Einverleibung der Verträge, Dienstbarkeiten aus Nutzungsvertrag vom 23. 10. 2013/04. 11. 2013 Beilage ./CA als auch der Aufsandungsurkunde vom 23. 10. 2013 Beilage ./D resultieren“.
Dazu brachte er im Wesentlichen vor, es seien der Options‑ und der Nutzungsvertrag 2006 den Mitgliedern nicht vorgelegt, von der Vollversammlung nicht genehmigt und damit rechtswidrig vom Obmann unterfertigt worden. Der Optionsvertrag 2006 sei überdies nicht vom Schriftführer unterschrieben worden. Die in den Verträgen enthaltene Pacht sei viel zu gering vereinbart worden und das letztlich tatsächlich ausgeführte Projekt von den bei der Vollversammlung im Jahr 2004 beschlossenen Rahmenbedingungen grundlegend abgewichen, so etwa zur Wegemiterhaltungspflicht. Der Nutzungsvertrag 2013 (samt der Aufsandungserklärung) sei von der Vollversammlung abgelehnt worden. Trotz dieser Umstände und entgegen der Willensbildung der Vollversammlung habe die Agrarbezirksbehörde in Vollziehung der Gesetze – rechtswidrig und schuldhaft – diesem Vertrag (2013) die agrarbehördliche Genehmigung erteilt und die Amtsbestätigung ausgestellt. Den mit seinem Zahlungsbegehren geltend gemachten Schaden an Verdienstentgang für die letzten vier Jahre in Höhe von 13.308 EUR ermittelte er dadurch, dass er den (nach seinen Behauptungen) als marktüblich zu erzielenden jährlichen Pachterlös der Agrargemeinschaft (147.420 EUR) dem nach den bestehenden Nutzungsverträgen vereinbarten jährlichen Pachtzins (11.001 EUR) gegenüberstellte und aus dem Differenzbetrag (seinem Anteil an der Agrargemeinschaft entsprechend) ein 41stel forderte. Er trug dazu vor, es sei ihm als Mitglied der Agrargemeinschaft durch die zu niedrige Vereinbarung des Pachtzinses anteilig ein Vermögensschaden durch Gewinnentgang entstanden. Einnahmen der Gemeinschaft seien immer ihm entsprechend seinem Anteil „zuzurechnen“, auch wenn sie nicht ausgeschüttet werden, sondern im Gemeinschaftsvermögen verbleiben. Zu seinem Feststellungsbegehren brachte er vor, es treffe ihn als Mitglied für den Fall, dass die Agrargemeinschaft ihren Verbindlichkeiten nicht nachkomme, eine Nachschusspflicht. Da sich aus den Verträgen kein genereller Haftungsausschluss gegenüber Dritten ergebe, bestehe die Gefahr einer „Durchgriffshaftung“ auf sein Privatvermögen, woraus wiederum „eine permanente Existenzbedrohung“ „bei gleichzeitiger wirtschaftlicher Ausbeutung der rechtswidrig genutzten Flächen der Agrargemeinschaft“ durch den Windparkbetreiber erfolge. Sein rechtliches Interesse an der Feststellung der Haftung für zukünftige Schäden begründete er (nur) damit, dass auch in Zukunft ein Schaden durch „verlorene Pacht“ eintreten werde, deren Höhe aufgrund der dynamischen Änderungsprozesse der Elektrizitätsbranche nicht absehbar sei.
Das beklagte Land erwiderte, es könne dem Kläger kein – geschweige denn ein von seinen Organen rechtswidrig und schuldhaft zugefügter – Schaden entstanden sein, weil sämtliche Einnahmen nach der Verwaltungssatzung ausschließlich der mit Rechtspersönlichkeit ausgestatteten Agrargemeinschaft, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zufließen, weswegen es dem Kläger auch an einem [unmittelbaren] Schaden fehle. Etwaige Ansprüche und damit einhergehend die Berechtigung der Rechtsdurchsetzung stünden nur der Agrargemeinschaft, nicht aber deren einzelnen Mitgliedern zu. Das Steiermärkische Agrargemeinschaftengesetz 1985 (StAgrGG 1985) diene ausschließlich dem Schutz des öffentlichen Interesses an der Erhaltung einer leistungsfähigen Landwirtschaft sowie der Pflege des ländlichen Kulturraums, nicht aber dem Schutz vermögensrechtlicher Ansprüche einzelner Mitglieder von Agrargemeinschaften. Diese hätten auch keinen Rechtsanspruch auf die Ausübung des Aufsichtsrechts oder aufsichtsbehördliche Maßnahmen. Der geltend gemachte Anspruch stehe jedenfalls nur der Agrargemeinschaft zu, keinesfalls aber dem Kläger. Es trete auch kein wie immer gearteter rechtswidriger Zugriff Dritter auf ein Privatvermögen des Klägers ein. Den Verträgen sei der Grundsatzbeschluss aus dem Jahr 2004 als legitimierende Maßnahme zugrunde gelegen und auf das Vorkaufsrecht habe die Windanlagenbetreiberin verzichtet. Eine Genehmigung sei gar nicht erforderlich gewesen, weil eine solche nur bei Veräußerung oder hypothekarischer Belastung vorgesehen sei. Für den Fall, dass eine materielle Genehmigung doch notwendig gewesen sein sollte, wäre sie nur dann zu versagen gewesen, wenn durch das Rechtsgeschäft der Wirtschaftsbetrieb gefährdet gewesen wäre oder Allgemeininteressen der Landeskultur dagegen gesprochen hätten. Das Vorgehen der Agrarbezirksbehörde und deren Entscheidung seien jedenfalls vertretbar gewesen. Beim Feststellungsbegehren bemängelte das Land das Fehlen eines rechtlichen Interesses.
Das Erstgericht wies sowohl das Leistungs‑ als auch das Feststellungsbegehren mit der Begründung, dem Kläger fehle die Aktivlegitimation zur Geltendmachung der von ihm verfolgten Ansprüche, ab. Es sei nach herrschender Rechtsprechung die Agrargemeinschaft eine Sachgemeinschaft, die aber keine schlichte Eigentumsgemeinschaft nach bürgerlichem Recht sei, weshalb auch die Regeln der §§ 825 ff ABGB auf sie nicht dem Sinne nach angewendet werden könnten. Werde die Vertretung der Gemeinschaft nach außen und damit die Wahrung des Gemeinschaftsinteresses gegenüber Dritten besonderen Organen übertragen, dann sei der Annahme eines selbständigen Klagerechts eines einzelnen Teilnehmers von vornherein der Boden entzogen.
Das Berufungsgericht übernahm die vom Kläger bekämpfte Feststellung, wonach dem Nutzungsvertrag 2013 nur in Bezug auf das darin enthaltene Vorkaufsrecht nicht zugestimmt worden sei (sehr wohl aber dem Dienstbarkeitsvertrag ohne Vorkaufsrecht) nicht. Es teilte die Auffassung des Erstgerichts, dass dem Kläger zur Einklagung des Verdienstentgangs die Aktivlegitimation fehle. Auch wenn Schadenersatzforderungen grundsätzlich teilbar seien, verkenne er, dass die Agrargemeinschaft und nicht er als deren Mitglied der [allenfalls] unmittelbar Geschädigte sei. Nur diesem stehe aber der Ersatz eines „Verdienstentgangs“ zu. Es sei die vorliegende Konstellation damit vergleichbar, dass Nachteile im Vermögen der Gesellschafter, die lediglich den Schaden der Gesellschaft reflektierten, nicht als ersatzfähiger Schaden anzusehen seien. Auch das Feststellungsbegehren habe das Erstgericht zu Recht abgewiesen, weil ein solches auch im Amtshaftungsverfahren (nur) unter den Voraussetzungen des § 228 ZPO zulässig sei. Damit gelte aber das generelle Verbot der hypothetischen Klageerhebung. Das rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung sei nur dann gegeben, wenn ein aktueller Anlass bestehe, der zur Hintanhaltung einer nicht bloß vermeintlichen, sondern tatsächlichen und ernstlichen Gefährdung der Rechtslage des Klägers eine ehestbaldige gerichtliche Entscheidung notwendig mache. Solange sich der rechtserzeugende Sachverhalt nicht vollständig konkretisiert habe, sei eine Feststellungsklage dagegen nicht gerechtfertigt. Es hätte daher in der Klage aufgezeigt werden müssen, welcher Art die zu erwartenden Schäden seien, wofür rein hypothetische Befürchtungen nicht ausreichten. Ein von ihm geforderter vertraglich festgeschriebener Haftungsausschluss gegenüber geschädigten Dritten hätte gar nicht wirksam vereinbart werden können. Dass angesichts der dem Betreiber auferlegten Pflicht zum Abschluss einer umfassenden Haftpflichtversicherung und der Schadloshaltung der Agrargemeinschaft Schäden in Form einer den Mitgliedern aufzuerlegenden Umlage auch nur drohen würden oder absehbar seien, die zudem weder vom Betreiber einbringlich gemacht oder von der Betriebshaftpflichtversicherung des Betreibers gedeckt noch aus der Gemeinschaftskasse der Agrargemeinschaft bestritten werden könnten, habe der Kläger nicht vorgebracht; dies sei auch nicht ersichtlich. Gleiches gelte für das befürchtete Überwälzen der Kosten der Wegerhaltung, zu der ohnedies fraglich erscheine, ob die Nutzungsverträge überhaupt vom Beschluss der Vollversammlung im Jahr 2004 abgewichen seien. Es fehle damit dem Kläger das notwendige rechtliche Interesse an einer präventiven Klärung. Sonstige das Feststellungsinteresse rechtfertigende Gründe, wie etwa Beweisschwierigkeiten oder drohende Verjährung oder eine Verschlechterung seiner rechtlichen Position bei einer Verweisung auf ein erst später mögliches gerichtliches Vorgehen, seien nicht ersichtlich.
Das Berufungsgericht sprach aus, die ordentliche Revision sei zulässig, weil sich der Oberste Gerichtshof mit der Frage, ob ein Mitglied einer Agrargemeinschaft im Fall der aufsichtsbehördlichen Genehmigung eines für die Agrargemeinschaft (behauptetermaßen) nachteiligen, mit einem Verdienstentgang verbundenen Rechtsgeschäfts als unmittelbar Geschädigter anzusehen sei, bislang noch nicht befasst habe.
Rechtliche Beurteilung
Die vom beklagten Land beantwortete Revision des Klägers ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.
1.1. In der Revision wiederholt der Kläger seinen Standpunkt, er sei in seiner Eigenschaft als Mitglied einer Agrargemeinschaft aktiv zur Klagsführung legitimiert, um so ihm entstandene oder drohende Vermögensnachteile abwehren zu können. Er kritisiert zwar, dass das Berufungsgericht nicht aufgeklärt habe, warum – obwohl die Mitglieder der Agrargemeinschaft „schlussendlich“ unbeschränkt persönlich haftend einzustehen hätten – auf diese Konstellation die zu Gesellschaften mit beschränkter Haftung ergangene Judikatur zu übertragen sei, kann aber nicht darlegen, warum er als unmittelbar Geschädigter anzusehen sein sollte.
1.2. Eine Agrargemeinschaft ist die Gesamtheit der jeweiligen Eigentümer der sogenannten Stammsitzliegenschaften, an deren Eigentum ein Anteilsrecht an agrargemeinschaftlichen Grundstücken gebunden ist, sowie allfälliger weiterer Personen, denen persönliche (walzende) Anteilsrechte zustehen (9 Ob 35/11d mwN; Bachler/Haunold in Norer, Handbuch des Agrarrechts², Bodenreformrecht 559 [589]). Ihr liegt historisch ein deutsch-rechtliches Nutzungsrecht zugrunde, das nicht einzelnen Personen, sondern bestimmten Höfen zugute kommen soll (9 Ob 35/11d). Die Agrargemeinschaft ist kein gewöhnliches Miteigentumsverhältnis iSd §§ 825 ff ABGB (idS 1 Ob 196/51; siehe auch RIS‑Jusitz RS0013176; RS0013177), sondern eine Sachgemeinschaft (bzw „Gesamthandgemeinschaft“ [H. Böhm in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.01 § 825 Rz 19]), welche dadurch gekennzeichnet ist, dass der jeweilige Eigentümer eines Hofs nutzungsberechtigt wird und die Anteile am Gemeinschaftsgut mit dieser „Stammsitz-“ („Rücksitz-“)Liegenschaft realrechtlich verbunden sind (vgl RS0013176). Anders als bei der Miteigentumsgemeinschaft kommt ihre Verwaltung nicht (wie nach § 833 Satz 1 ABGB) „allen Teilhabern insgesamt“ zu, sondern sie ist in der Regel – wie auch hier – Organen (Vollversammlung, Ausschuss, Obmann) übertragen, die die Agrargemeinschaft auch nach außen vertreten (9 Ob 35/11d). Die Agrargemeinschaft ist somit eine die freie Verfügung der einzelnen Mitglieder über ihre Anteilsrechte weitgehend ausschließende realrechtliche zweckgebundene Gemeinschaft, welche durch ihre vom Gesetz bestimmten Organe (selbständig einen eigenen Willen bildet [Bachler/Haunold aaO 590]) handelt und insoweit einer juristischen Person zumindest nahekommt (RS0013172 [T1]).
Es gibt sowohl Agrargemeinschaften mit Rechtspersönlichkeit wie auch solche ohne Rechtsfähigkeit (RS0009177). Dass die hier betroffene – als Körperschaft des öffentlichen Rechts eingerichtete – Agrargemeinschaft selbst Rechtspersönlichkeit besitzt, unterliegt keinem Zweifel. Sie ist also selbst Träger von Rechten und Pflichten und damit auch prozessual parteifähig. Ihr Vermögen ist von dem der Gesellschafter getrennt und nur ihr selbst stünde aufgrund eines von ihr abgeschlossenen günstigeren Vertrags ein etwaiger höherer Pachtzins zu.
1.3. Der Kläger übersieht bei seiner Argumentation, dass das Amtshaftungsrecht bloß in Teilbereichen ein besonderes Schadenersatzrecht ist (vgl 1 Ob 151/98g; 6 Ob 3/15g) und ganz allgemein (also gemäß § 1 Abs 1 AHG auch im Bereich des Amtshaftungsrechts: Schragel, AHG³ Rz 130; 1 Ob 81/18w) nur dem unmittelbar Geschädigten – also dem von der verletzten Rechtsnorm direkt Geschützten – Schadenersatz zu leisten ist (vgl nur Wagner in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 1293 Rz 20). Trotz des weiten Wortlauts des § 1295 ABGB („jedermann“) sind in der Regel nur unmittelbare Schäden zu ersetzen, nicht hingegen bloße Drittschäden (vgl RS0022638; RS0021473 [T4]; RS0022462 [bes T4]; Karner in KBB5, § 1295 Rz 13, 17; Kodek in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.03 § 1295 Rz 39, 45; ders in Rummel/Lukas, ABGB4 § 6 Rz 87; Wittwer in Schwimann, ABGB‑Takom² § 1293 Rz 15), was mit einem Gegenschluss aus § 1327 ABGB und der Gefahr der uferlosen Ausweitung des Schadenersatzes begründet wird. Bloß mittelbare Schäden sind also nicht zu ersetzen (zum Amtshaftungsanspruch vgl 1 Ob 27/87 = SZ 60/156 = RS0049911). Dies wird nur im Fall der bloßen Schadensverlagerung anders gesehen (vgl dazu zuletzt 1 Ob 220/18m mwN), die dann vorliegt, wenn im Vermögen des rechtlich unmittelbar Geschädigten wirtschaftlich kein Nachteil entstanden – oder verblieben – ist (6 Ob 244/97v).
Bestehen mehrere (juristische oder natürliche) Personen, sind diese also „rechtlich verschieden“, und wirkt sich ein vom Schädiger (hier: im Vermögen) der einen Person verursachter Schaden in der Folge (auch) nachteilig auf das Vermögen einer anderen Person aus, besteht also kein gemeinsames Vermögen, ist der Schluss des Berufungsgerichts, dass nur jenem Rechtssubjekt Ersatz zu leisten ist, bei dem der Schaden unmittelbar eingetreten ist (10 Ob 4/03s), nicht aber demjenigen, in dessen Vermögen dieser Schaden reflektiert wird (vgl RS0059432 [T2, T3, T4]), zutreffend. So wurde in der Rechtsprechung etwa auch der durch den Erwerbsausfall eines (in seinem absolut geschützten Recht auf körperliche Unversehrtheit) verletzten Gesellschafters einer Personengesellschaft verursachte Gewinnausfall der anderen Gesellschafter bloß als mittelbarer Schaden beurteilt (RS0022525); ebenso der einer Kapitalgesellschaft durch die Verletzung des Alleingesellschafters entstandene Schaden (Harrer/Wagner in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 1325 Rz 29 [unter Verweis auf 2 Ob 160/82 = JBl 1984, 262 und 1 Ob 42/87 = SZ 61/178]; 2 Ob 156/06i) und [umgekehrt] auch die durch die Schädigung einer GmbH bedingte Entwertung des Gesellschaftsanteils eines Gesellschafters (1 Ob 81/18w mwN). Nur die unmittelbar geschädigte Gesellschaft selbst ist Ersatzberechtigte, und zwar auch dann, wenn ein Gesellschafter oder Geschäftsführer aufgrund vertraglich begründeter (oder – etwa in § 67 Abs 10 ASVG – gesetzlich angeordneter) persönlicher Haftungen gegenüber Gläubigern der GmbH für deren Schulden einzustehen hat (1 Ob 126/01p; 1 Ob 81/18w) oder sich die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag zu Nachschüssen verpflichtet haben.
Ganz grundsätzlich kann Wiedergutmachung nur dort verlangt werden, wo der Schaden entstanden ist, bei einer geschädigten Gesellschaft also durch Leistung in das Gesellschaftsvermögen (1 Ob 617/91 mwN = SZ 64/160; 6 Ob 244/97v; zu Ersatzansprüchen nach dem AHG: 1 Ob 126/01p; 1 Ob 81/18w).
Die als Körperschaft öffentlichen Rechts organisierte Agrargemeinschaft und ihre einzelnen Mitglieder sind – insoweit durchaus vergleichbar mit der GmbH und ihren Gesellschaftern – „rechtlich verschieden“ und es besteht Vermögenstrennung zwischen dem Vermögen der Agrargemeinschaft und dem (jeweiligen) ihrer Mitglieder, weil das Vermögen der Agrargemeinschaft ihr allein gehört und nicht (zugleich) anteilig ihren Mitgliedern. Sie entscheidet (durch Willensbildung ihres dafür zuständigen Organs) auch selbst darüber, wie sie ihr Vermögen verwendet. Nur sie ist Vertragspartnerin der Verträge und Anspruchsberechtigte des Pachtzinses. Es träte daher der behauptete Schaden, ein reiner Vermögensschaden, unmittelbar (und direkt) bei der Agrargemeinschaft ein, wäre es doch deren Vermögen, das durch einen zu niedrig vereinbarten Pachtzins „geschmälert“ wäre. Ein solcher Schaden ist folglich (auch nur) durch Zahlung an sie (in die Gemeinschaftskasse) wieder gutzumachen, nicht aber durch (Teil‑)Zahlung an eines ihrer Mitglieder.
Der Kläger begehrt mit seiner Klage den Ersatz eines Schadens, der – abgeleitet aus einem „Verdienstentgang“ der Agrargemeinschaft – ihm selbst entstanden sein soll. Ein solcher bloß an den Schaden der Agrargemeinschaft anknüpfender (eigener) Schaden entstünde ihm überdies erst bei Vorliegen etlicher – von ihm im Verfahren erster Instanz teilweise gar nicht behaupteter – Voraussetzungen. Es bedürfte nicht bloß eines Vertragspartners, der bereit wäre, einen höheren Pachtzins zu zahlen, sondern auch der Willensbildung innerhalb der Agrargemeinschaft und der Beschlussfassung darüber, diese Mittel nicht für andere (Gemeinschafts‑)Zwecke zu verwenden, sondern sie an die einzelnen Mitglieder auszuzahlen.
Das Berufungsgericht hat daher in zutreffender Weise erkannt, dass der Kläger nicht unmittelbar Geschädigter ist und ihm für den geltend gemachten Anspruch auf Schadenersatz für seinen behaupteten Entgang von Ausschüttungen kein Ersatz zuzuerkennen ist.
2.1. Zur Abweisung seines Feststellungsbegehrens moniert er, es habe sich keinesfalls um rein hypothetische Befürchtungen gehandelt. Ohne, dass er einen derartigen Sachvortrag im Verfahren erster Instanz erstattet hätte, behauptet er nun in der Revision, es sei „Tatsache“, dass „Gewinne regelmäßig durch Beschlüsse der Agrargemeinschaft ausgeschüttet“ würden, und bemängelt, dass dazu keine Feststellungen getroffen worden seien. Seine Kritik, es liege deswegen ein rechtlicher Feststellungsmangel vor, weil erst bei „Treffen sämtlicher bezughabender Feststellungen, z.B. wann, wie oft etc derartige Verteilungsbeschlüsse gefasst werden“ eine abschließende rechtliche Beurteilung vorgenommen werden könne, scheitert schon daran, dass er es im Verfahren erster Instanz verabsäumt hat, solche Tatsachen vorzubringen. Darauf, ob dieser Umstand mit ihm hätte erörtert werden müssen, ist aber schon deshalb nicht einzugehen, weil ihm – wie schon zu Punkt 1. dargelegt – für Verdienstentgang (gleichgültig ob es sich um angeblich bereits entstandenen oder zukünftigen handelt) kein Ersatz zusteht.
Im Übrigen behauptet er bloß, es könne von ihm ein Vorbringen, dass ihm eine „Durchgriffshaftung“ auch nach Erschöpfung einer Haftpflichtsumme und nach Inanspruchnahme der Gemeinschaftskasse der Agrargemeinschaft drohe, nicht gefordert werden, zumal das Vorbringen eines ihn treffenden Haftungsrisikos wohl die vorherige Ausnützung jeglicher anderer Deckung „impliziere“ und sich nichts an seiner „finalen Haftung“ ändere. Damit vermag er (auch) in der Revision konkrete Umstände, die für denkbare zukünftige Schadenersatzansprüche von Bedeutung sein könnten und es objektiv zweckmäßig erscheinen lassen, sie (im Verhältnis zur Beklagten) schon vor Schadenseintritt zeitnah zu klären, etwa spätere Beweisschwierigkeiten (vgl 4 Ob 23/14g mwN; 1 Ob 210/14k; 1 Ob 181/15x) nicht aufzuzeigen. Auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts dazu kann gemäß § 510 Abs 3 ZPO verwiesen werden.
3. Der Revision ist aus den dargelegten Gründen ein Erfolg zu versagen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 50 Abs 1 iVm § 41 Abs 1 ZPO
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