Spruch:
Dem Rekurs und dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts über das Feststellungsbegehren (Ia des Ersturteils) wird aufgehoben und dem Berufungsgericht insoweit die neuerliche Entscheidung über die Berufung der klagenden Partei unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen über das Entfernungs- und Unterlassungsbegehren (II und IIa des Ersturteils) werden aufgehoben und dem Erstgericht wird insoweit die neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung
Die Streitteile sind jeweils - benachbarte - Eigentümer von landwirtschaftlich genutzten Grundstücken. Auf jenem des Beklagten entspringt eine Quelle. Anlässlich einer am 23. Juli 1946 und am 29. Mai 1947 vor der zuständigen Bezirkshauptmannschaft als Wasserrechtsbehörde durchgeführten und letztlich bescheidmäßig abgeschlossenen Wasserrechtsverhandlung über das Ansuchen der Rechtsvorgänger der Streitteile um Bewilligung der Errichtung einer Wasserversorgungsanlage vereinbarten diese die gleichteilige Kostentragung und Arbeitsleistung für den Bau und die Erhaltung der gemeinsamen Wasserleitung bis zum Punkt der Abzweigung der Quelle in den Hof des Rechtsvorgängers des Klägers. Dazu erhielt dieser das Recht, das Wasser kostenlos zu beziehen. Über die Anzahl der „Pipen", welche er anschließen dürfe, wurde „keine Bestimmung getroffen", jedoch verpflichtete er sich, diese bei Nichtgebrauch immer verschlossen zu halten; ausgenommen blieben „Frosthähne". Von dem genannten Abzweigungspunkt an sollte jeder für seine Leitung selbst verantwortlich sein. Dieses Übereinkommen wurde im Bescheid der Wasserrechtsbehörde vom 29. Mai 1947, mit welchem sie den Bau der Wasserleitung gemäß § 9 Abs 2 WRG bewilligte, beurkundet.
Das Haus des Klägers ist seit Juli 2003 an die öffentliche Wasserleitung angeschlossen. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde seine Liegenschaft ausschließlich aus der streitgegenständlichen Quelle versorgt. Bereits in den Siebzigerjahren kam es - unabhängig von der Jahreszeit - zu tageweisen Unterbrechungen der Wasserversorgung. In der Zeit von Juni bis Mitte Juli 2002 und Mitte Februar bis Mitte März 2004 war der Kläger längere Zeit ohne Wasser. Der Beklagte hielt den Quellschacht und die Brunnstube mit Bogenschlössern versperrt, welche er im Laufe dieses Verfahrens entfernte.
Der Kläger begehrte - mit dem Vorbringen, der Beklagte habe zwecks Ausschließung des Klägers vom Wasserbezugsrecht an der im Miteigentum der Streitteile stehenden Wasserversorgungsanlage durch eigenmächtige Erweiterungen und durch Anbringung von Schlössern manipuliert - die Feststellung seines Wasserbezugsrechts und Wasserleitungsrechts, die Einwilligung des Beklagten in die bücherliche Einverleibung dieser Dienstbarkeit, die Entfernung sämtlicher Vorrichtungen an der Wasserversorgungsanlage, die das Ableiten von Wasser aus der gemeinsamen Wasserleitung bewirkten, die Unterlassung von Störungen, die Entfernung der Bogenschlösser an der Quellfassung und am Hochbehälter, die Unterlassung des Verschlossenhaltens, und in eventu die Herausgabe von Schlüsseln zu den Bogenschlössern. Letztlich schränkte er das Klagebegehren um das Entfernungs- bzw Herausgabebegehren hinsichtlich der Bogenschlösser (Schlüssel) ein.
Der Beklagte anerkannte das Wasserbezugsrecht des Klägers und erhob im Übrigen unter anderem die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs.
Das Erstgericht erkannte - unter Einschluss des verkündeten Teilanerkenntnisurteils, womit festgestellt wurde, dass dem Kläger und den jeweiligen Eigentümern der ihm gehörigen Liegenschaft das Wasserbezugsrecht aus der von der Quelle und dem Hochbehälter auf dem Grundstück des Beklagten zur Liegenschaft des Klägers führenden Wasserleitung zusteht, - den Beklagten schuldig, in die Einverleibung des Wasserbezugsrechts und des Wasserleitungsrechts einzuwilligen, wies das restliche Feststellungsbegehren mangels Feststellungsinteresses ab und das Entfernungs- und Unterlassungsbegehren wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs (erkennbar) zurück.
Das Berufungsgericht hob aus Anlass der (hinsichtlich der Anfechtung der Klagszurückweisung als Rekurs zu qualifizierenden) Berufung des Klägers die Entscheidung des Erstgerichts - abgesehen von den in Rechtskraft erwachsenen Punkten (Feststellung des Wasserbezugsrechts und Einwilligung in die grundbücherliche Einverleibung der Dienstbarkeit des Wasserbezugsrechts und des Wasserleitungsrechts) - als nichtig auf, gab der vom Beklagten erhobenen Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs statt und wies die Klage „im übrigen Umfang" zurück. Der Klagsanspruch werde aus einem öffentlich‑rechtlichen Titel abgeleitet, weil die zwischen den Rechtsvorgängern der Streitteile geschlossene Vereinbarung durch deren Beurkundung im Bescheid der Wasserrechtsbehörde ihre Eigenschaft als privatrechtlicher Vertrag verloren habe.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen vom Kläger erhobene (als Revisionsrekurs bezeichnete) Rekurs und Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.
1. Hebt das Berufungsgericht das Ersturteil und das diesem vorangegangene Verfahren als nichtig auf und weist die Klage zurück, ist der Rekurs des Klägers gegen diesen Beschluss gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO zulässig, und zwar unabhängig davon, ob eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 ZPO releviert wird oder der Streitwert 4.000 EUR übersteigt (5 Ob 115/06g mwN). Dies gilt aber nur dann, wenn das Berufungsgericht erstmals - auf Nichtigkeitsrüge oder von Amts wegen - den Zurückweisungsgrund wahrnimmt. Im vorliegenden Fall gilt dies somit nur für das Feststellungsbegehren. Dort, wo das Berufungsgericht über einen schon vom Erstgericht behandelten Zurückweisungsgrund abspricht, ist ein Rekurs (hier in Bezug auf das Entfernungs- und Unterlassungsbegehren: Revisionsrekurs gegen die bestätigende Entscheidung des Rekursgerichts) nur unter den - hier gegebenen - Voraussetzungen des § 528 ZPO als zulässig anzusehen (4 Ob 512/96 mwN, Kodek in Rechberger, ZPO3 § 519 Rz 14 und 16 mwN).
2. Gemäß § 111 Abs 3 WRG sind alle im Zuge eines wasserrechtlichen Verfahrens getroffenen Übereinkommen auf Antrag der Beteiligten mit Bescheid zu beurkunden. Bilden den Gegenstand des Übereinkommens Rechtsverhältnisse, zu deren Regelung im Entscheidungswege die Wasserrechtsbehörde in Ermangelung eines Übereinkommens zuständig gewesen wäre, findet bei Streitigkeiten über die Auslegung und Rechtswirkungen eines solchen Übereinkommens § 117 WRG sinngemäß Anwendung.
Ein Übereinkommen im Sinne des § 111 Abs 3 WRG muss nicht während des Wasserrechtsverfahrens, auch nicht vor bzw unter Mitwirkung der Wasserrechtsbehörde, sondern nur im Zusammenhang mit dem Gegenstand der wasserrechtlichen Bewilligung geschlossen worden sein. Streitigkeiten über Rechtsverhältnisse, über die die Wasserrechtsbehörde nur deshalb nicht entschied, weil die Parteien sie im Übereinkommen regelten, und die durch Beurkundung zum Inhalt des Bescheids gemacht wurden, gehören daher nicht in die Kompetenz der Gerichte. Durch die Beurkundung im Bescheid hat die Wasserrechtsbehörde abschließend und damit durch ein Gericht nachträglich nicht überprüfbar festgestellt, dass sie das Übereinkommen als im Zug ihres Verfahrens getroffen ansah (RIS‑Justiz RS0045920).
Soweit in Übereinkommen zivilrechtliche Rechtsverhältnisse berührt werden, das heißt solche Fragen, die im Fall der Nichteinigung von der Wasserrechtsbehörde ‑ mangels Entscheidungskompetenz - gemäß § 113 WRG auf den Zivilrechtsweg zu verweisen wären, weil sie Rechtsbeziehungen „der Bürger untereinander" betreffen, ist im Streitfall nach § 1 JN die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gegeben, weil dieser Fragenkreis von § 111 Abs 3 zweiter Satz WRG nicht erfasst wird. Soweit in Übereinkommen zivilrechtliche Rechte (Eigentum, Dienstbarkeiten etc) „freiwillig" eingeräumt werden, die sonst grundsätzlich von der Behörde auch zwangsweise eingeräumt werden oder die als kraft Gesetzes eingeräumt gelten könnten (§§ 72, 111 Abs 4 WRG), entscheidet über Umfang und Inhalt der eingeräumten Rechte - nicht der allenfalls in diesem Zusammenhang vereinbarten Entschädigungen etc - die Wasserrechtsbehörde und im Rahmen der „sukzessiven Zuständigkeit" nach § 117 Abs 4 und Abs 6 WRG das Gericht (RIS‑Justiz RS0045814; Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht § 111 WRG Rz 14).
Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs ist in erster Linie der Wortlaut des Klagebegehrens und darüber hinaus der Klagssachverhalt (die Klagsbehauptungen) maßgebend. Maßgeblich ist die Natur, das Wesen des geltend gemachten Anspruchs, ohne Einfluss ist es hingegen, was der Beklagte einwendet. Dies gilt auch dann, wenn dem erhobenen Anspruch eine Einwendung, die sich auf einen öffentlich‑rechtlichen Titel stützt, entgegen gehalten wird. Soweit nicht das Wasserrechtsgesetz anderes verfügt, sind für seine wasserrechtlichen Bestimmungen die Wasserrechtsbehörden und für seine anderen Bestimmungen die Gerichte bzw. die nach den einschlägigen Bestimmungen berufenen Behörden zuständig. Für die gerichtliche Zuständigkeit kommt es darauf an, dass der Kläger seinen Anspruch auf einen Privatrechtstitel stützt. Als Privatrechtstitel kommt insbesondere das Recht des Wasserbezugs in Betracht; darüber, ob und in welchem Umfang ein solches Recht besteht, zu entscheiden, ist allein Sache der Gerichte. Die Kompetenz der Verwaltungsbehörden ist nur dann zu bejahen, wenn es sich um nach dem Wasserrechtsgesetz entstandene und zu beurteilende Wasserrechte handelt. Die Wasserrechtsbehörde wäre etwa zuständig, wenn es um Wasserbezugsrechte ginge, die im Zuge eines wasserrechtlichen Verfahrens nach den Vorschriften des Wasserrechtsgesetzes entstanden oder durch Vergleich vor der Wasserrechtsbehörde begründet worden waren, nicht aber dann, wenn es um das Bestehen eines vertraglich eingeräumten Rechts und die sich daraus ergebenden Konsequenzen geht (1 Ob 13/93 = SZ 66/98 mwN).
3. Die zwischen den Rechtsvorgängern der Streitteile abgeschlossene und im Bescheid vom 29. Mai 1947 (Beilage ./A) beurkundete Vereinbarung betrifft im Kern die ‑ freiwillige - Einräumung von Wasserbezug aus einer privaten Quelle gegen Arbeits- und Kostenbeteiligung. Dass dieser Wasserbezug sonst von der Behörde auch zwangsweise eingeräumt werden oder als kraft Gesetzes eingeräumt gelten könnte, ist weder dem Parteienvorbringen noch dem von den Vorinstanzen festgestellten Sachverhalt zu entnehmen. Gemäß § 64 Abs 1 lit a WRG 1959 (so im Wesentlichen auch § 51 Abs 1 lit a WRG 1934) kann zwar die Wasserrechtsbehörde zu den „im Eingange des § 63 bezeichneten Zwecken" (um die nutzbringende Verwendung der Gewässer zu fördern, um ihren schädlichen Wirkungen zu begegnen, zur geordneten Beseitigung von Abwässern und zum Schutz der Gewässer) in dem Maß als erforderlich die Benutzung eines Privatgewässers, insoweit es für den Nutzungsberechtigten (§ 5 Abs 2 WRG) entbehrlich ist, einem anderen einräumen oder eine Verlegung oder Beseitigung gestatten. Allerdings hat der Beklagte nicht dargelegt, welche konkreten Umstände im gegebenen Fall die - theoretische - Einräumung eines Zwangsrechts durch die Wasserrechtsbehörde ermöglicht hätten. Dies wäre aber erforderlich gewesen, um das gegenständliche Übereinkommen als solches qualifizieren zu können, welches (bloß) einen sonst stattgehabten behördlichen Ausspruch über die Einräumung eines Zwangsrechts ersetzte (siehe Oberleitner, WRG2 § 111 Rz 19). In Ermangelung dessen ist davon auszugehen, dass die im Bescheid Beilage ./A beurkundete Vereinbarung ausschließlich privatrechtliche Rechtsverhältnisse der Rechtsvorgänger der Parteien regelte.
Die vom Beklagten zur Begründung des Einwands der Unzulässigkeit des Rechtswegs herangezogene Bestimmung des § 138 WRG vermag ebenfalls nicht die öffentlichrechtliche Natur des Anspruchs des Klägers zu begründen, zumal die genannte Bestimmung die Übertretung von „Bestimmungen dieses Bundesgesetzes" als Voraussetzung für die „Herstellung des gesetzmäßigen Zustands" verlangt, wobei aber im Dunkeln bleibt, welche Verletzungen des WRG hier von Relevanz sein sollen.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das hier vorliegende Übereinkommen ausschließlich zivilrechtliche Rechtsverhältnisse berührt und der Kläger seinen Anspruch auf einen Privatrechtstitel stützt, sodass die Zulässigkeit des Rechtswegs gegeben ist. Die Zurückweisungsbeschlüsse der Vorinstanzen sind daher aufzuheben.
Der Kostenenvorbehalt gründet auf § 52 ZPO.
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