OGH 1Ob180/21h

OGH1Ob180/21h12.10.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. H***** F*****, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 7.586,26 EUR sA und Feststellung, hier wegen Ablehnung, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 23. August 2021, GZ 11 Nc 19/21k‑2, mit dem die von der klagenden Partei erklärte Ablehnung eines Rekurssenats zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0010OB00180.21H.1012.000

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten des Rekurses selbst zu tragen.

 

Begründung:

[1] Der Kläger – ein Rechtsanwalt – begehrt im Wege der Amtshaftung den Ersatz von 7.586,26 EUR sowie die Feststellung der Haftung des Bundes für sämtliche künftige Schäden aus der Zurückweisung seiner Revision durch den Verwaltungsgerichtshof in einem Verfahren über seine Beitragspflicht zur anwaltlichen Zusatzpension.

[2] Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts, mit dem die Abweisung seiner Klage durch das Erstgericht bestätigt worden war, erhob er das Rechtsmittel der außerordentlichen Revision und lehnte zugleich mit Schriftsatz vom 8. 4. 2021 die drei Mitglieder des Berufungssenats und sämtliche Richterinnen und Richter des Oberlandesgerichts Wien in Bezug auf die Entscheidung über diese Ablehnung als befangen ab.

[3] Die Ablehnung des „Oberlandesgerichts Wien“ „in eventu: sämtlicher RichterInnen des Oberlandesgerichts Wien“ zur Entscheidung über die Ablehnung der drei Mitglieder des Berufungssenats wurde vom erkennenden Senat mit dem zu 1 Nc 14/21f ergangenen Beschluss vom 21. 4. 2021 zurückgewiesen.

[4] Mit Beschluss vom 22. 6. 2021 zu AZ 13 Nc 10/21a wies das Oberlandesgericht Wien die gegen die drei Mitglieder des Senats 14 („Berufungssenat“) gerichtete Ablehnung zurück.

[5] Am 29. 7. 2021 erhob der Kläger gegen diesen Beschluss Rekurs und lehnte mit Schriftsatz vom selben Tag die drei Richter, die diesen Beschluss gefasst hatten („Ablehnungssenat 1“), als befangen ab.

[6] Die Ablehnung des Ablehnungssenats 1 wies der Senat 11 des Oberlandesgerichts (Ablehnungssenat 2) mit dem angefochtenen Beschluss zurück. Er führte aus, die vom Kläger in anderen Verfahren erklärte Ablehnung habe den (Ablehnungs-)Senat (1) nicht an der Beschlussfassung in dem hier zu beurteilenden Fall hindern können. Da für die Strafbarkeit des Verhaltens der hier in Rede stehenden Rechtsprechungsorgane nicht der geringste Anhaltspunkt bestehe, „schlage“ die Argumentation des Klägers, ein Richter sei „in einer Sache ausgeschlossen …, von deren Entscheidung unter Umständen seine eigene Strafbarkeit abhängt, … Solche Umstände lagen in Ansehung von zweien der abgelehnten RichterInnen vor“ schon allein aus diesem Grund „nicht durch“. Selbst wenn man unterstellte, dass die abgelehnten Richter in ihrer Entscheidung den Inhalt des Ablehnungsantrags teilweise nicht korrekt wiedergegeben hätten, habe es sich dabei nicht um einen Gerichtsfehler gehandelt, der so schwerwiegend wäre, dass daraus eine Voreingenommenheit abgeleitet werden könnte. Der Vorwurf, es bestehe der „Anschein des Amtsmissbrauches sowie der Entscheidung wider besseres Wissen zur Unterstützung einer rechtsstaatsfeindlichen Verbindung“ sei nicht einmal ansatzweise nachvollziehbar und die Ablehnung damit mangels der in § 19 Z 2 JN normierten Voraussetzungen zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

[7] Der dagegen erhobene Rekurs des Ablehnungswerbers ist zulässig (§ 24 Abs 2 JN), aber nicht berechtigt:

[8] 1. Weder die behauptete Nichtigkeit, noch die behaupteten Verfahrensmängel liegen vor:

[9] Zu seiner seit Jahren vertretenen Rechtsansicht zu § 183 Geo kann der Antragsteller (zum wiederholten Mal) auf die (gegenteilige) ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS‑Justiz RS0132677; jüngst 1 Ob 37/21d; 8 Ob 51/21i) verwiesen werden. Gleiches gilt für seine Ausführungen zu § 429 ZPO, § 121 Abs 5 Geo, und die von ihm daraus abgeleitete vermeintliche Nichtigkeit. Die Urschrift des angefochtenen Beschlusses wurde unzweifelhaft von allen drei im Kopf der Entscheidung als Senatsmitglieder angeführten Richtern eigenhändig unterfertigt. Entgegen der (zitatlosen) Behauptung des Rekurswerbers existiert keine Judikatur des Obersten Gerichtshofs, wonach die Gültigkeit der Entscheidung die Beisetzung des Datums der Unterfertigung durch jedes einzelne Senatsmitglied voraussetzt (gegenteilig vielmehr 8 Ob 91/19v; 3 Ob 172/19v).

[10] In seinen weiteren Ausführungen geht der Ablehnungswerber davon aus, dass der Ablehnungssenat 2 nicht hätte entscheiden dürfen, solange über seine eigene Ablehnung (angeblich mit Antrag vom 9. 7. 2021) noch nicht entschieden worden ist. Tatsächlich betraf die von ihm genannte Ablehnung ein (von ihm auch konkret benanntes) anderes Verfahren. Aus der in einem Exekutionsverfahren eingebrachten Ablehnung enthaltenen Formulierung: „Da sich die geltend gemachten Befangenheitsgründe auf die rechtsberufliche Tätigkeit des Antragstellers in eigener Sache beziehen, wirken sie nach Auffassung des Antragstellers in sämtlichen Verfahren, in denen der Antragsteller als Partei fungiert“, schließt er offenbar, dass er damit den Ablehnungssenat 2 auch in diesem (damals noch gar nicht anhängig gewesenen Ablehnungs-)Verfahren bereits abgelehnt hätte und darüber eine Entscheidung noch ausständig wäre. Eine Pauschalablehnung pro futuro ist aber den Verfahrensgesetzen fremd. Die behauptete Befangenheit ist in Bezug auf die konkrete Sache zu prüfen (RS0045933 [T1, T4]; 8 Ob 51/21i). In dem hier zu beurteilenden Verfahren hat der Antragsteller den Ablehnungssenat 2 bisher nicht abgelehnt, womit auch keine Entscheidung darüber fehlen kann. Alle daran anknüpfenden Erwägungen (seine Unterstellungen zu strafrechtlich relevantem Verhalten durch die Entscheidung trotz von ihm unterstellter anhängiger Ablehnung und die daraus abgeleitete angebliche Ausgeschlossenheit dieser Richter) gehen damit ins Leere.

[11] Der Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO läge nur vor, wenn die Fassung des Beschlusses so mangelhaft wäre, dass dessen Überprüfung nicht mit Sicherheit vorgenommen werden kann, wenn die Entscheidung mit sich selbst im Widerspruch ist oder keine Gründe angegeben sind, wogegen geringere Unklarheiten nicht ausreichen (RS0042206). Dies ist hier nicht der Fall.

[12] 2. Welche „Bestimmungen über die Paginierung“ nicht eingehalten worden seien oder welche konkreten Tatsachenfeststellungen fehlen sollten, erläutert der Rekurswerber nicht, sodass darauf nicht näher einzugehen ist.

[13] 3. Zusammengefasst begegnet die Zurückweisung der Ablehnung des Ablehnungssenats 1 durch den Ablehnungssenat 2 keinen Bedenken. Von der Einholung einer Rekursbeantwortung konnte daher abgesehen werden (vgl RS0126587 [T2]).

[14] 4. Der Rekurswerber hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels gemäß §§ 40, 50 ZPO selbst zu tragen.

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