European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0010OB00145.15B.0827.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Oberster Grundsatz bei der Aufteilung der Vermögenswerte nach den §§ 81 ff EheG ist die Billigkeit (RIS‑Justiz RS0079235 [T1]). Ob die Aufteilung und eine von den Vorinstanzen auferlegte Ausgleichszahlung diesem Grundsatz entspricht, richtet sich stets nach den Umständen des Einzelfalls und begründet damit, außer bei grober Fehlbeurteilung, keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (vgl RIS‑Justiz RS0115637; RS0113732).
Die Verschuldensentscheidung im Eheverfahren ist nicht unter den bei der Aufteilung zu berücksichtigenden Gründen genannt. Es kann dahingestellt bleiben, ob sie bei der Billigkeitsentscheidung des § 83 EheG überhaupt zu berücksichtigen ist, jedenfalls kann ihr gegenüber den ausdrücklich genannten Umständen nur eine untergeordnete Bedeutung zukommen. Der Gesetzgeber wollte die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens nicht zu einem Instrument der Bestrafung beziehungsweise Belohnung für ehegerechtes oder ehewidriges Verhalten machen (RIS‑Justiz RS0057387). Der Aufteilungswunsch des völlig schuldlosen Teils kann daher nur dann Berücksichtigung finden, wenn nicht Umstände des Einzelfalls eine andere Regelung billig erscheinen lassen (vgl RIS‑Justiz RS0057753), das Verschulden an der Auflösung der Ehe ist nur dann ein Kriterium für die Billigkeitsentscheidung nach § 83 EheG, wenn es für die vermögensrechtliche Entwicklung während der Ehe im weitesten Sinn bedeutsam war, zum Beispiel Verschwendungssucht, eine kostenverursachende Vernachlässigung der Kindererziehung oder der Haushaltsführung oder Setzung von Scheidungsgründen in der Absicht, bei der Aufteilung „gerade jetzt“ besonders gut abzuschneiden (RIS‑Justiz RS0057630).
Umstände wie die zuletzt genannten stehen hier nicht fest. Die Entscheidung des Rekursgerichts lässt keine aufzugreifende Fehlbeurteilung erkennen:
Das dem Antragsgegner vom Rekursgericht zugewiesene jeweils im Hälfteeigentum der Parteien stehende Haus war wegen der bereits damals diagnostizierten Erkrankung des Antragsgegners an multipler Sklerose behindertengerecht bzw so errichtet worden, dass es leicht behindertengerecht umgebaut werden könnte. Dabei gingen die Streiteile davon aus, dass ihre Ehe aufrecht bleiben und sie gemeinsam im Haus alt werden würden. Sie nahmen generell Rücksicht auf mögliche zukünftige Beschwerlichkeiten im Alter, wobei dies auch im Zusammenhang damit stand, dass die Antragstellerin ebenfalls nicht ganz gesund war. Durch die multiple Sklerose ist der Antragsgegner schon jetzt leicht beeinträchtigt und gilt aufgrund seiner Erkrankung als invalid. Er ist jedoch ungeachtet seiner Krankheit derzeit in der Lage ua Marathonläufe zu bewältigen. Die medizinisch ebenfalls beeinträchtigte Antragsgegnerin ist aufgrund einer schweren Niereninsuffizienz zu 30 % invalid.
Das Rekursgericht ging, wie schon ‑ unbekämpft ‑ das Erstgericht, angesichts des höheren Einkommens des Antragsgegners, dem aber höhere zeitliche Leistungen der Antragstellerin bei Haushalt und Kinderbetreuung gegenüberstanden, von gleichteiligen Beiträgen der Ehepartner zur Schaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens aus. Es wies das Einfamilienhaus gegen eine Ausgleichszahlung dem Antragsgegner zu, weil bei ihm vorhersehbar sei, dass er angesichts der unstrittig fortschreitenden Erkrankung an multipler Sklerose in naher Zukunft auf ein behindertengerechtes Heim angewiesen sein werde, während es die Wahrscheinlichkeit, dass dies bei der Antragstellerin, die nicht einmal selbst behaupte, dass sie in naher Zukunft aufgrund einer Gehbehinderung ein rollstuhlgerechtes Haus benötigen werde, ungleich geringer einstufte. Wenn es den Bedarf des Antragsgegners am Verbleib im gemeinsam errichteten Haus deswegen wesentlich höher bewertete, als den der wohnversorgten Antragstellerin, ist in dieser Entscheidung keine Überschreitung des ihm eingeräumten Ermessensspielraums zu erblicken, zumal es eben nicht Aufgabe der nachehelichen Aufteilung ist, den allein an der Auflösung der Ehe schuldigen Ehegatten zu bestrafen (5 Ob 221/10a ua).
Angesichts der festgestellten Erkrankung des Antragsgegners entspricht es bei gleich gewichteten Beiträgen durchaus der Billigkeit, die Ehewohnung dem Antragsgegner als jenem Ehegatten zu überlassen, der darauf mehr angewiesen ist (vgl RIS‑Justiz RS0057733).
Die Antragstellerin geht nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, wenn sie zugrundelegt, sie sei wegen „eines anhaltenden Psychoterrors“ des Antragsgegners und seiner neuen Partnerin zum Auszug genötigt worden. Dass sie als Kindergartenpädagogin angesichts der von ihm allein getragenen Verminderung der Schulden um 10.000 EUR und des noch zu tragenden Gesamtbetrags von 33.000 EUR mit einer Ausgleichszahlung von ca 130.000 EUR und den ihr verbleibenden Guthaben auf Bausparvertrag und Sparkonto nicht wohl bestehen können sollte, ist ebenfalls nicht erkennbar.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).
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