European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0010OB00106.17W.0628.000
Spruch:
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Begründung:
Die Klägerin begehrt vom Beklagten – ihrem Sohn – die Zahlung von 35.977,69 EUR sA. Sie habe das auf den Beklagten als Miterbe nach seinem Vater entfallende Drittel der Nachlassverbindlichkeiten des Verstorbenen gezahlt. Dadurch habe sie gegen den Beklagten einen Anspruch auf Ersatz von 13.280,77 EUR, wovon 6.799,67 EUR durch Aufrechnung getilgt seien, sodass eine Restforderung von 6.481,10 EUR bestehe. Am (richtig:) 25. 11. 1996 habe sie dem Beklagten 367,14 EUR zur Abdeckung von dessen Schulden bei einer Bank auf dessen Konto überwiesen. Am (richtig:) 22. 5. 1998 habe sie dem Beklagten ein Darlehen von 7.800 USD (unstrittig umgerechnet: 7.198,97 EUR) gewährt, ihm die Rückzahlung nach Ablauf des Fälligkeitstermins zunächst gestundet und am 22. 11. 2009 fällig gestellt. Am (richtig:) 21. 6. 2000 habe sie Verbindlichkeiten des Beklagten bei einer Bank auf zwei seiner Konten beglichen, woraus ein Anspruch gegen den Beklagten von 21.930,48 EUR resultiere.
Das Erstgericht stellte die Klagsforderung mit 35.977,69 EUR und eine aufrechnungsweise eingewendete Gegenforderung von 8.447,75 EUR als zu Recht bestehend fest und erkannte den Beklagten schuldig, der Klägerin 27.529,94 EUR sA zu zahlen. Das „darüberhinausgehende Mehrbegehren“ wies es ab.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin (zur Gänze) Folge und jener des Beklagten teilweise (hinsichtlich des Zinsenbegehrens) Folge. Es verpflichtete den Beklagten mit Teilurteil zur Zahlung von 27.529,94 EUR sA an die Klägerin und hob mit Beschluss das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich der Abweisung von 8.447,75 EUR sA auf. Zum Teilurteil sprach es aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Das Erstgericht legte die dagegen erhobene „außerordentliche“ Revision des Beklagten, mit der die Entscheidung des Berufungsgerichts (trotz fehlendem Ausspruch des Berufungsgerichts hinsichtlich des Aufhebungsbeschlusses gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO) „zur Gänze“ angefochten und die „vollinhaltliche“ Abweisung des Klagebegehrens begehrt wird, dem Obersten Gerichtshof vor. Der Oberste Gerichtshof ist allerdings zur Entscheidung darüber nicht berufen.
Rechtliche Beurteilung
1. Gemäß § 502 Abs 3 ZPO ist die Revision– außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO – jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert zwar 5.000 EUR, nicht aber insgesamt 30.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat. Dann steht der Partei nur die Möglichkeit offen, gemäß § 508 ZPO einen (mit einer ordentlichen Revision verbundenen) Antrag auf Abänderung des Unzulässigkeitsausspruchs an das Berufungsgericht zu stellen.
2. Hat das Berufungsgericht über mehrere Entscheidungsgegenstände entschieden, deren Werte nicht zusammenzurechnen sind, ist die Revisionszulässigkeit für jeden einzelnen Entscheidungsgegenstand gesondert zu beurteilen (§ 55 Abs 4 JN). Eine Zusammenrechnung der einzelnen Ansprüche gemäß § 55 Abs 1 Z 1 JN kommt nur in Betracht, wenn diese in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen (RIS‑Justiz RS0042741). Ein solcher liegt nur vor, wenn die Forderungen aus einer gemeinsamen Tatsache oder einem gemeinsamen Rechtsgrund entstanden sind (RIS‑Justiz RS0037905).
Ein tatsächlicher Zusammenhang mehrerer Ansprüche liegt vor, wenn alle Ansprüche aus demselben Sachverhalt abgeleitet werden, also schon das für einen Anspruch erforderliche Sachvorbringen zur Gänze ausreicht, um auch über die anderen Ansprüche entscheiden zu können. Ein rechtlicher Zusammenhang ist zu bejahen, wenn die Ansprüche auf einem Vertrag beruhen oder ihnen die gleiche(n) Rechtsnorm(en), die auf einen einheitlichen Sachverhalt anzuwenden ist (sind), zugrunde liegt(en). Die Voraussetzungen für die Zusammenrechnung mehrerer gemeinsam erhobener Ansprüche ist daher zu verneinen, wenn die Ansprüche nicht aus für sie gemeinsamen Tatsachen und Rechtsgründen abgeleitet werden, demgemäß jeder Anspruch unabhängig von den anderen besteht und ein verschiedenes rechtliches Schicksal haben kann (1 Ob 32/15k; RIS‑Justiz RS0037899; Mayr in Rechberger 4 § 55 JN Rz 2 f mwN aus der Rsp).
3. Die Kriterien für eine Zusammenrechnung sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt, leitet die Klägerin ihr Begehren doch aus verschiedenen Anspruchsgrundlagen ab. Die Teilforderung von 6.481,10 EUR (Tilgung von Nachlassverbindlichkeiten) stützt sie auf ihren Regressanspruch gegen den Beklagten als weiteren Miterben. Der Rückforderungsanspruch von 7.198,97 EUR betrifft ein angeblich noch nicht zurückgezahltes Darlehen des Beklagten. Die Aufwandersatzansprüche über 367,14 EUR und 21.930,48 EUR betreffen unterschiedliche Bank-verbindlichkeiten des Beklagten, die die Klägerin zu unterschiedlichen Zeitpunkten für ihn abgedeckt habe. Damit liegt keiner der vom Berufungsgericht behandelten – und hinsichtlich der Revisionszulässigkeit gesondert zu beurteilenden – Entscheidungsgegenstände im Bereich über 30.000 EUR.
4. Soweit die Revision nicht überhaupt gemäß § 502 Abs 2 ZPO unzulässig ist, weil der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR nicht übersteigt, kann der Beklagte eine Überprüfung des Teilurteils des Berufungsgerichts nur über einen Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO erreichen. Ob der Schriftsatz diesen Erfordernissen entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RIS‑Justiz RS0109501 [T12], RS0109623 [T5]).
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