European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:018OCG00001.24G.1017.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Schiedsverfahrensrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung aus anderen Gründen
Spruch:
Die Klage wird als nicht zur Bestimmung einer Tagsatzung für die mündliche Verhandlung geeignet zurückgewiesen.
Begründung:
A. Gegenstand der Aufhebungsklage
1. Der der Aufhebungsklage zugrunde liegende Rechtsstreit lässt sich – ausgehend von den Klagebehauptungen – wie folgt zusammenfassen:
[1] Zwischen den Parteien war bei der International Chamber of Commerce – International Court of Arbitration zur Zahl 27767/HBH ein Schiedsverfahren mit Schiedsort Wien anhängig.
[2] Gegenstand dieses Schiedsverfahrens war der von der Aufhebungs- und Schiedsklägerin als Auftragnehmerin gegenüber der Aufhebungs- und Schiedsbeklagten als Auftraggeberin erhobene Anspruch auf Zahlung des restlichen Entgelts aus einem Auftrag zur Herstellung und Lieferung einer essentiellen Einheit für die Produktion von Bioethanol samt Durchführung eines Front-End-Engineering-Designs (Vorplanung der Herstellung sowie Übermittlung der gesamten Dokumentation). Als Entgelt für den gesamten Auftragsumfang war ein Betrag von insgesamt 1.828.501 EUR vereinbart.
[3] Das Front-End-Engineering-Design hat die Klägerin auftragsgemäß am 23. 12. 2020 geliefert. Die Ausrüstung, also die für die Einheit herzustellenden und zu liefernden Einzelkomponenten, sollte gemäß dem Auftrag in einer zweiten Phase in zwei Teilen geliefert werden. Für den zweiten Teil wurde als Lieferdatum (zunächst) der 11. 7. 2021 festgelegt. Dieser Lieferzeitpunkt wurde später – laut Feststellung des Schiedsgerichts – einvernehmlich auf den 13. 8. 2021 verschoben. Die Lieferung erfolgte schließlich am 22. 9. 2021.
[4] Die für den Liefertermin einschlägige Bestimmung zu Punkt 4. des Auftrags („Delivery Dates and Liquidated Damages for late delivery“) lautet:
„Part 2:
Not later than 137 days after coming into force of Phase 2 (24.02.2021 + 137 days) = 11.07.2021“
„Liquidated damages for late delivery:
Delay in Delivery of equipment/Part 2: Euro 9.873,00 per day up to a maximum of Euro 329.100,00.
As time is of essence in this project a delay in excess of the max. 2 weeks allows ... [Beklagte] to termination and to cancel this purchase order in accordance with the stipulations of the attached Project Specific Terms and Conditions.“
[5] Der Auftrag enthält mit dieser Bestimmung also eine Regelung, wonach die Klägerin im Fall der Verspätung mit der Lieferung des zweiten Teils für jeden Tag der Verspätung einen Betrag von 9.873 EUR bis zu einem Höchstbetrag von 329.100 EUR zu zahlen verpflichtet war.
[6] Die Beklagte nahm die Lieferung der Klägerin am 22. 9. 2021 entgegen, ohne sich dabei die Geltendmachung des Anspruchs vorzubehalten, der sich aus der in Punkt 4. des Auftrags für den Fall der Verspätung vereinbarten Zahlungsverpflichtung ergibt (in der Folge kurz: Zahlungsverpflichtung).
[7] Am 19. 5. 2022 übermittelte die Beklagte der Klägerin unter Berufung auf diese Zahlungsverpflichtung eine Lastschrift in der Höhe von 329.100 EUR; diesen Betrag zog sie von dem von ihr noch als Entgelt an die Klägerin zu leistenden Betrag ab.
[8] 2. Mit Schiedsspruch vom 27. 2. 2024 wies das Schiedsgericht, bestehend aus einer Einzelschiedsrichterin, den von der Klägerin im Schiedsverfahren geltend gemachten Anspruch auf Zahlung eines Betrags von 329.100 EUR ab (Punkt VII.2.) und es verpflichtete die Klägerin dazu, ihre eigenen Parteikosten zu tragen und der Beklagten 250.000 EUR sowie 15.225 CHF als Parteikosten zu zahlen (Punkt VII.4.).
[9] 3. Die Klägerin begehrt die Aufhebung dieser beiden Spruchpunkte (Punkte VII.2. und VII.4.) des Schiedspruchs. Sie stützt diese Klage auf nachstehende Aufhebungsgründe:
[10] Der Schiedsspruch widerspreche Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung (ordre public; § 611 Abs 2 Z 8 ZPO).
[11] Die Klägerin habe ihre Angriffs- oder Verteidigungsmittel nicht geltend machen können (§ 611 Abs 2 Z 2 ZPO).
[12] Das Schiedsverfahren sei in einer Weise durchgeführt worden, die Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung (ordre public) widerspreche (§ 611 Abs 2 Z 5 ZPO).
Rechtliche Beurteilung
B. Vorprüfungsverfahren
[13] Bei Aufhebungsklagen hat in Analogie zu § 538 ZPO ein Vorprüfungsverfahren stattzufinden (RS0132276). Wenn der Kläger keinen tauglichen Aufhebungsgrund behauptet, ist die Klage ohne Durchführung eines Verbesserungsverfahrens zurückzuweisen (18 OCg 5/21s, Rz 8).
[14] Es ist daher zu prüfen, ob die Klage auf einen tauglichen Aufhebungsgrund gestützt ist, ob also das als richtig unterstellte Tatsachenvorbringen der Klägerin den von ihr geltend gemachten Tatbestand des § 611 Abs 2 ZPO erfüllt.
C. Geltend gemachte Aufhebungsgründe
1. Verstoß gegen den materiellen ordre public (§ 611 Abs 2 Z 8 ZPO)
[15] 1.1. Gemäß § 611 Abs 2 Z 8 ZPO ist ein Schiedsspruch dann aufzuheben, wenn dieser Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung (ordre public) widerspricht. Unter den Grundwertungen der Rechtsordnung werden vor allem die Grundsätze der Bundesverfassung, die Grundsätze der EMRK, des Strafrechts, des Privatrechts, des Prozessrechts und des öffentlichen Rechts verstanden. Bei den Grundwertungen handelt es sich um unverzichtbare Wertvorstellungen, die das österreichische Recht prägen. Schutzobjekt sind nicht die subjektiven Rechtspositionen der Verfahrensparteien, sondern die inländische Rechtsordnung, die vor dem Eindringen mit ihr vollkommen unvereinbarer Rechtsgedanken und vor der unerträglichen Verletzung tragender Grundwertungen geschützt werden soll. Maßgebend ist dabei das Ergebnis des Schiedsspruchs und nicht seine Begründung. Dieser Aufhebungsgrund bietet also keine Handhabe für die Prüfung der Frage, ob und wie weit das Schiedsgericht die im Schiedsverfahren aufgeworfenen Tatfragen und Rechtsfragen richtig gelöst hat. Die Prüfung, ob eine Ordre‑public-Widrigkeit vorliegt, darf also nicht zu einer (Gesamt‑)Überprüfung des Schiedsspruchs in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht führen (Unzulässigkeit einer révision au fond). Fehlentscheidungen müssen deshalb grundsätzlich hingenommen werden. Nur im Fall willkürlicher Rechtsanwendung durch das Schiedsgericht wird eine Ausnahme für allenfalls möglich gehalten (18 OCg 2/21, Rz 41 mwN).
[16] 1.2. Die Klägerin behauptet, hier liege ein solcher Fall willkürlicher Rechtsanwendung durch das Schiedsgericht vor. Die Willkür sei aus der mehrfachen groben Verkennung der Rechtslage abzuleiten.
[17] Zentral für die vom Schiedsgericht getroffene Entscheidung sei die im Weg der Vertragsauslegung zu beurteilende Frage, ob es sich bei der Zahlungsverpflichtung um eine Konventionalstrafe oder eine Schadenspauschale handle, weil Art 160 Abs 2 des maßgeblichen Schweizerischen Obligationenrechts (OR) auf eine Schadenspauschale keine Anwendung finde, sodass die vorbehaltlose Annahme der Leistung der Klägerin durch die Beklagte – anders als im Fall einer Konventionalstrafe – keinen Verzicht iSd Art 160 Abs 2 OR zur Folge gehabt hätte. Das Schiedsgericht gelange zu dem Ergebnis, dass die Zahlungsverpflichtung nach der Absicht der Parteien eine Entschädigungsfunktion gehabt und daher eine Schadenspauschale und keine Konventionalstrafe zum Gegenstand habe, auf die Art 160 Abs 2 OR nicht zur Anwendung gelange. Diese Auslegung der die Zahlungsverpflichtung regelnden Vertragsbestimmung durch das Schiedsgericht sei unter mehreren Gesichtspunkten unvertretbar falsch und daher das Ergebnis einer willkürlichen Rechtsanwendung.
[18] Bei der Vertragsauslegung nach schweizerischem (wie auch nach österreichischem) Recht bilde die Wortinterpretation den ersten Anknüpfungspunkt. Das Schiedsgericht habe eine solche Wortinterpretation jedoch im Ergebnis unterlassen, weil es sich ausschließlich mit der Überschrift der Bestimmung befasst, jedoch den Wortlaut der Regelung selbst nicht behandelt habe. Der in der Überschrift enthaltene Begriff „Liquidated Damages“ liefere zwar tatsächlich keinen klaren Hinweis darauf, ob damit nun eine Schadenspauschale oder eine Konventionalstrafe gemeint sei. Aber dem Wortlaut der Regelung selbst sei zumindest eine Tendenz in Richtung Konventionalstrafe zu entnehmen, weil dieser eben nicht darauf abstelle, dass bei der Beklagten durch die Verspätung ein Schaden (insbesondere durch Inanspruchnahme durch einen Dritten) eingetreten sei. Die vom Schiedsgericht als Zwischenergebnis festgehaltene Schlussfolgerung, dass der Wortlaut der Bestimmung keinen Schluss darüber zulasse, ob die Parteien eine Schadenspauschale oder eine Konventionalstrafe beabsichtigt hätten, entbehre somit jeder Grundlage.
[19] Um einer Vertragsbestimmung – wie es das Schiedsgericht getan habe – im Wege der Auslegung im Ergebnis einen Erklärungsinhalt zuzumessen, der über deren Wortlaut hinausgehe, müssten konkrete Umstände vorliegen, die klar manifestierten, dass die Parteien der Bestimmung im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses einen bestimmten, über deren Wortlaut hinausgehenden Erklärungsinhalt zugesonnen hätten. Das Schiedsgericht habe jedoch völlig verfehlt für die konkrete Auslegung irrelevante Umstände berücksichtigt. Den Dreh- und Angelpunkt für die Auslegung des Schiedsgerichts bilde der von ihm angenommene Umstand, dass die Zahlungsverpflichtung der Klägerin und die Zahlungsverpflichtung der Beklagten, die diese gegenüber ihrem eigenen Auftraggeber aufgrund einer analogen Vertragsbestimmung getroffen habe, in Bezug auf den Betrag übereingestimmt hätten und die Beklagte eben diesen Betrag letztendlich aufgrund der von der Klägerin veranlassten Verspätung an ihren Auftraggeber auch zahlen habe müssen. Der „zeitgenössischen Korrespondenz“ wolle das Schiedsgericht wiederum entnehmen können, dass beide Parteien davon ausgegangen seien, dass die Bestimmung mit der Zahlungsverpflichtung der Klägerin ausschließlich dann Anwendung finde, wenn die Beklagte von ihrem Auftraggeber wegen der Verspätung in Anspruch genommen werde.
[20] Im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses sei der Klägerin allerdings nur bekannt gewesen, dass die Beklagte in die Regelung der Zahlungsverpflichtung der Klägerin den mit ihrer Auftraggeberin vereinbarten Betrag aufgenommen habe. Die Klägerin sei aber mit gutem Grund davon ausgegangen, dass dieser Betrag in der Zahlungsverpflichtung der Beklagten für den dort deutlich größeren Projektumfang festgelegt worden sei; ein Bezug zu einem konkreten Schaden im Verhältnis der Streiteile habe daher aus Sicht der Klägerin gerade nicht bestanden. Da die Klägerin von diesem auch angesichts der unterschiedlichen Liefer-Zeitpunkte bloß „eingeschränkten Gleichlauf“ im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses keine Kenntnis gehabt habe, könne dieser sich auch nicht auf den Willen der Parteien zur rechtlichen Ausgestaltung der Zahlungsverpflichtung ausgewirkt haben. Dass das Schiedsgericht den Gleichlauf der beiden Bestimmungen dennoch zur Auslegung herangezogen habe, um hieraus den Parteiwillen bei Vertragsabschluss abzuleiten, sei daher in unvertretbarer Weise verfehlt.
[21] Auch aus der vom Schiedsgericht als „zeitgenössisch“ bezeichneten Korrespondenz zwischen den Parteien aus der Zeit nach Abschluss der Vereinbarung könne für den Parteiwillen bei Vertragsabschluss nichts gewonnen werden. Dem Vertragsabschluss zeitlich nachfolgende Umstände seien für die Auslegung bedeutungslos, wenn diese nicht den Willen der Parteien im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses klar dokumentierten. Es sei zu unterscheiden, ob die Parteien bereits im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses beabsichtigten, die Ausübung des einer Partei zukommenden Rechts von einem bestimmten Umstand abhängig zu machen, oder eine Partei nach Vertragsabschluss die Entscheidung treffe, ein ihr aus diesem Vertrag allenfalls zukommendes Recht bloß in Abhängigkeit vom Eintreten eines bestimmten Umstands auszuüben, und dies ihrer Vertragspartnerin entsprechend mitteile. Aus dem letzteren hier allenfalls gegebenen Fall könne für die Auslegung der Vertragsbestimmung nichts gewonnen werden.
[22] Analoges gelte für die Tatsache, dass die Beklagte ihrer Auftraggeberin aufgrund der eingetretenen Verspätung 329.100 EUR zahlen habe müssen und dieser Betrag aufgrund der verspäteten Lieferung der Klägerin gefordert worden sei. Auch diese erst nach Vertragsabschluss eingetretenen Umstände gäben keinen Hinweis auf den Parteiwillen bei Vertragsabschluss.
[23] Zusammengefasst gründe sich das Auslegungs-ergebnis des Schiedsgerichts zum einen auf dem von ihm festgestellten eingeschränkten Gleichlauf der jeweiligen Zahlungsverpflichtungen, obwohl dieser der Klägerin im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch gar nicht bekannt gewesen sei, und zum anderen auf nachträglich eingetretene, für die Auslegung irrelevante Umstände, weil sich daraus im Hinblick auf den Parteiwillen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nichts ableiten lasse. Der Wortlaut der Bestimmung bleibe hingegen völlig außer Acht. Mit dieser Vorgehensweise sei das Schiedsgericht von elementaren Grundsätzen der Vertragsauslegung abgegangen und zu einem unvertretbaren Auslegungsergebnis gelangt.
[24] Die willkürliche Rechtsanwendung des Schiedsgerichts ergebe sich zudem daraus, dass das Schiedsgericht die mittels Auslegung festgemachte Entschädigungsfunktion so behandle, als sei dies ein absolutes Ausschlusskriterium für das Vorliegen einer Konventionalstrafe. Auch der Konventionalstrafe komme nach schweizerischem Recht eine Entschädigungsfunktion zu, wenn – wie hier – im Fall der Nichterfüllung mit einem (materiellen) Schaden zu rechnen sei. Aus dem Umstand, dass die Zahlungsverpflichtung laut Schiedsgericht eine Entschädigungsfunktion erfülle, könne somit nicht der Schluss gezogen werden, dass es sich dabei um keine Konventionalstrafe, sondern eine Schadenspauschale handle. Die Vorgehensweise des Schiedsgerichts, diese speziellen Auslegungsgrundsätze unbeachtet zu lassen, sei willkürlich.
[25] 1.3. Vor dem Hintergrund, dass die Prüfung, ob eine Ordre-public-Widrigkeit vorliegt, nicht zu einer (Gesamt‑)Überprüfung des Schiedsspruchs in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht führen darf, hat der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach klargestellt, dass die Richtigkeit einer Vertragsauslegung im Rechtsstreit über eine Aufhebungsklage nicht überprüft werden kann (18 OCg 3/15p mwN).
[26] Anderes mag gelten, wenn der Schiedsspruch erkennbar auf Willkür beruht, weil nach der Rechtsprechung bei willkürlicher Rechtsanwendung allenfalls eine inhaltliche Nachprüfung des Schiedsspruchs möglich sein soll. Willkür lässt sich aus den Klagebehauptungen zu den Erwägungen des Schiedsgerichts aber nicht ableiten.
[27] Das Schiedsgericht hat seiner – in der ausführlichen Kritik der Klägerin abgebildeten – Auslegung die dafür maßgeblichen Grundsätze zugrunde gelegt und die von ihm dabei gewonnenen Ergebnisse sachlich und nachvollziehbar begründet. Eine gehäufte und/oder krasse Verkennung der Rechtslage, die sich nur mit Willkür des Schiedsgerichts erklären ließe, zeigt die Klägerin nicht auf. Ihre Argumentation zu den angeblichen methodischen Fehlern des Schiedsgerichts und zur angeblichen Unrichtigkeit des Auslegungsergebnisses rechtfertigt nicht den Schluss, dass der Schiedsspruch auf sachfremden Erwägungen beruht. So ist es grundsätzlich unbedenklich, bei der Erforschung des Parteiwillens, konkret bei der Sammlung von Indizien für den Parteiwillen als Tatsachenfeststellung und deren rechtlicher Bewertung, das gesamte Verhalten der Vertragsteile, das sich aus Äußerungen in Wort und Schrift sowie aus sonstigem Tun oder Nichttun zusammensetzen kann, zu berücksichtigen (vgl für das österreichische Recht RS0017915 [T44]). Die Auslegung des Schiedsgerichts steht mit den elementaren Gerechtigkeitsvorstellungen der österreichischen Rechts-ordnung auch nicht derart im Widerspruch, dass das für die Prüfung der Ordre‑public‑Widrigkeit allein relevante Ergebnis, nämlich die Abweisung eines Zahlungsbegehrens wegen Rechtmäßigkeit des Abzugs des sich aus der Zahlungsverpflichtung ergebenden Betrags, eine unerträgliche Verletzung tragender Grundwertungen erkennen ließe (vgl 18 OCg 3/15p).
[28] 1.4. Der in der Klage vorgebrachte Sachverhalt verwirklicht damit den geltend gemachten Tatbestand des § 611 Abs 2 Z 8 ZPO nicht. Die Argumentation der Klägerin ist vielmehr der unzulässige Versuch, eine Überprüfung der Richtigkeit der Entscheidung des Schiedsgerichts zu bewirken.
2. Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 611 Abs 2 Z 2 ZPO)
[29] 2.1. Die Klägerin macht als weiteren Aufhebungsgrund geltend, sie habe im Schiedsverfahren ihre Angriffs- oder Verteidigungsmittel nicht geltend machen können (§ 611 Abs 2 Z 2 ZPO).
[30] Das Schiedsgericht habe die Klägerin aus Willkür dadurch in ihrem Recht auf Gehör verletzt, dass es mit seinem Auslegungsergebnis die unzutreffenden Wertungen der Beklagten kritiklos und in der relevanten Passage sogar wortwörtlich übernommen habe. Die Kritiklosigkeit manifestiere sich in der Art und Weise der Auslegung, bei der das Schiedsgericht sämtliche bei einer Auslegung lege artis bestehenden Hindernisse aus dem Weg geräumt habe, um zu seinem Auslegungsergebnis zu gelangen. Von der Klägerin vorgetragene Argumente habe es völlig außer Acht gelassen.
[31] Eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs sieht die Klägerin weiters darin, dass ihr die Möglichkeit zur Äußerung zu für die Entscheidung des Schiedsgerichts maßgeblichen Beweismitteln verwehrt worden sei. Das Schiedsgericht habe seine Entscheidung auf die Übereinstimmung der nach den jeweiligen Zahlungsverpflichtungen der Klägerin und der Beklagten zu zahlenden Beträge und die Inanspruchnahme der Beklagten mit diesem Betrag aufgrund der von der Klägerin veranlassten Verspätung gestützt. Diese Umstände habe das Schiedsgericht aus zwei Urkunden abgeleitet, die die Beklagten erst mit ihrem letzten Schriftsatz vom 13. 12. 2023 vorgelegt habe. Das Prozessprogramm habe zwar für die beiden im Schiedsverfahren erfolgten Schriftsatzrunden jeweils eine sukzessive Einbringung vorgesehen, sodass die Beklagte mit ihrem Schriftsatz vom 13. 12. 2023 als letzte der beiden Streitparteien schriftliches Vorbringen erstatten und Beweismittel vorlegen und die Klägerin hierauf nicht mehr replizieren können sollte. Da das Schiedsgericht aber offenbar jenen Umständen, die sich seiner Ansicht nach aus diesen Urkunden ergaben, eine derart zentrale Bedeutung für die Entscheidung beigemessen habe, wäre es dennoch dazu verpflichtet gewesen, der Klägerin Gelegenheit zur Äußerung zu diesen beiden Urkunden zu geben, auch wenn dies vom Prozessprogramm ursprünglich nicht vorgesehen gewesen sei; das ganz besonders weil die Klägerin bei ihrem gesamten zuvor erstatteten Vorbringen für das Schiedsgericht offensichtlich von einer anderen Sachlage ausgegangen sei. Wäre der Klägerin die Möglichkeit zu einer Äußerung eingeräumt worden, hätte sie vorbringen können, dass
‑ sich aus den vorgelegten Fragmenten der Vereinbarung der Beklagten mit ihrer Auftragnehmerin die tatsächliche Vertragslage in Bezug auf die Zahlungsverpflichtung nicht mit der ausreichenden Eindeutigkeit ableiten lasse,
‑ der vom Schiedsgericht daraus dennoch abgeleitete eingeschränkte Gleichlauf für die Auslegung der Zahlungsverpflichtung irrelevant sei, weil der Klägerin die nun offengelegten Inhalte im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung gar nicht bekannt gewesen seien und für die Frage, ob die Zahlungsverpflichtung als Konventionalstrafe oder Schadenspauschale auszulegen sei, daraus ohnedies nichts zu gewinnen sei, weil eine Entschädigungsfunktion nicht gegen das Vorliegen einer Konventionalstrafe spreche,
‑ das vorgelegte E‑Mail gar nicht als Beweismittel verwertet werden hätte dürfen und aus dem darin behaupteten Umstand, die Beklagte habe den Betrag aufgrund der von der Klägerin veranlassten Verspätung an deren Auftraggeberin zahlen müssen, nicht auf den Parteiwillen bei Vertragsabschluss geschlossen werden könne.
[32] Das Schiedsgericht habe das rechtliche Gehör der Klägerin dabei auch insofern verletzt, als es das vorgelegte E‑Mail im Ergebnis so behandelt habe, als handle es sich dabei um eine Zeugenaussage. Das Prozessprogramm habe jedoch vorgesehen, dass für jeden Zeugen eine schriftliche und unterfertigte Zeugenaussage vorgelegt werden müsse. Die rechtliche Qualität eines bloßen E‑Mails könne nicht mit jener einer formellen schriftlichen Zeugenaussage verglichen werden. Indem das Schiedsgericht ein bloßes E-Mail eines Dritten an die Beklagte so behandle, als handle es sich dabei um eine Zeugenaussage, habe das Schiedsgericht auch den Grundsatz der Unmittelbarkeit verletzt, der hier in abgeschwächter Form eines Formerfordernisses für schriftliche Zeugenaussagen zur Anwendung komme.
[33] 2.2. Gemäß § 611 Abs 2 Z 2 ZPO ist ein Schiedsspruch dann aufzuheben, wenn eine Partei von der Bestellung eines Schiedsrichters oder vom Schiedsverfahren nicht gehörig in Kenntnis gesetzt wurde oder sie aus einem anderen Grund ihre Angriffs- oder Verteidigungsmittel nicht geltend machen konnte. Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu § 611 Abs 2 Z 2 ZPO ist insofern restriktiv, als in der Regel keine Verletzung des rechtlichen Gehörs anzunehmen ist, wenn das Schiedsgericht Beweisanträge ignoriert oder zurückweist oder sonst den Sachverhalt unvollständig ermittelt hat. Nur im Fall einer willkürlich lücken- oder mangelhaften Sachverhaltsermittlung oder Sachverhaltsfeststellung, einer willkürlich lückenhaften Erörterung rechtserheblicher Tatsachen oder eines willkürlichen Übergehens, Ignorierens oder Zurückweisens von Beweisanträgen könnte ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs vorliegen (18 OCg 5/21s, Rz 19; 18 OCg 1/19z mwN).
[34] 2.3. Willkür lässt sich aus den Klagebehauptungen zu den von der Klägerin beanstandeten Vorgangsweise und prozessualen Entscheidungen des Schiedsgerichts aber nicht ableiten.
[35] Die Klägerin begründet ihre Behauptung des Gegenteils damit, dass das Schiedsgericht die Wertungen der Beklagten kritiklos übernommen und die von der Klägerin vorgetragenen Argumente völlig außer Acht gelassen habe, das Schiedsgericht der Klägerin nicht in Abkehr vom Prozessprogramm ausdrücklich eine neuerliche Stellungnahme zu den neuen Beweismitteln eingeräumt habe und im Ergebnis auf die in der Verfahrensanordnung für Zeugenaussagen vorgesehene Form verzichtet habe.
[36] Das rechtliche Gehör wird nur dann verletzt, wenn die Partei an der Geltendmachung ihrer Angriffs- oder Verteidigungsmittel gehindert war. Dadurch, dass die vorgebrachten Angriffs- oder Verteidigungsmittel vom Schiedsgericht allenfalls ungenügend beachtet wurden, wird das rechtliche Gehör nicht verletzt (RS0045092 [T1]). Das Schiedsgericht ist nicht verpflichtet, jedes Vorbringen der Parteien in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich abzuhandeln oder sich in bestimmter Weise damit auseinanderzusetzen (Hausmaninger in Fasching/Konecny 3 § 611 ZPO Rz 105). Ein Gehörsentzug iSd § 611 Abs 2 Z 2 ZPO wäre nur im Fall eines willkürlichen Übergehens eines wesentlichen Parteivorbringens gegeben. Dass das Schiedsgericht seine Erwägungen nicht stets in Beziehung zum konkreten Vorbringen der Klägerin gesetzt und nicht auf jedes einzelne Argument ausdrücklich Bezug genommen haben mag, bedeutet ebenso wenig ein Übergehen ihres Vortrags, wie der Umstand, dass es diesen Argumenten nicht gefolgt sein mag (18 OCg 10/19y). Dass das Schiedsgericht das Vorbringen der Klägerin von vornherein nicht in seine Erwägungen einbezogen hätte, lässt sich aus – in der ausführlichen Kritik der Klägerin abgebildeten – Erwägungen des Schiedsgerichts nicht ableiten (vgl 4 Ob 185/12b).
[37] Entgegen ihrer Darstellung wurde der Klägerin die Möglichkeit, sich zu den von der Beklagten mit dem Schriftsatz vom 13. 12. 2023 vorgelegten Urkunden und den daraus abzuleitenden Tatsachen zu äußern, schon ihren Behauptungen nach nicht verwehrt. Dass ihr diese Urkunden nicht zur Kenntnis gebracht worden wären, behauptet sie ebenso wenig wie den faktischen Ausschluss einer Stellungnahme durch einen zu zeitnahen Schluss der Verhandlung. Der Umstand, dass das Schiedsgericht der Klägerin nach dem gemäß der entsprechenden Verfahrensanordnung letzten Schriftsatzwechsel nicht ausdrücklich eine weitere Replik eingeräumt hat, ist nicht gleichbedeutend damit, dass sie gehindert war, zu den ihr bekannten, für sie erkennbar wesentlichen Verfahrensvorgängen noch vor der Entscheidung Stellung zu nehmen (vgl 4 Ob 185/12b [Sachentscheidung des Schiedsgerichts über ein „verspätetes“ Widerklagebegehren]). Das Gewicht eines nach § 611 Abs 2 Z 2 ZPO zur Aufhebung des Schiedsspruchs führenden Gehörentzugs – der von der Wertung her einem Nichtigkeitsgrund im Zivilprozess entsprechen würde (vgl RS0005915; RS0074920) – erreicht die von der Klägerin kritisierte Vorgangsweise des Schiedsgerichts daher nicht.
[38] Aus der prozessualen Entscheidung des Schiedsgerichts, keinen weiteren Schriftsatzwechsel zu eröffnen, ist auch vor dem Hintergrund der Ausführungen der Klägerin, welches neue Vorbringen sie erstattet hätte und daher aus der Sicht des Schiedsgerichts allenfalls zu erwarten gewesen wäre, auch keine Willkür abzuleiten. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass das Schiedsgericht sich von sachfremden Erwägungen leiten hat lassen.
[39] Analoges gilt für den Umstand, dass das Schiedsgericht bei der Ermittlung des Sachverhalts ein E-Mail (als Urkunde) als Nachweis für die Inanspruchnahme der Beklagten genügen ließ. Dies ist als Akt der Beweiswürdigung im Aufhebungsverfahren – mit Ausnahme des in der Klage nicht aufgezeigten Falls offenkundiger Willkür (Lovrek/Musger in Czernich/Deixler‑Hübner/Schauer, Schiedsrecht Rz 16.82 mwN) – nicht zu prüfen.
[40] 2.4. Aus diesem Klagevorbringen lässt sich demnach keine Verletzung des rechtlichen Gehörs nach § 611 Abs 2 Z 2 ZPO ableiten.
3. Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public (§ 611 Abs 2 Z 5 ZPO)
[41] 3.1. Die Verletzung des rechtlichen Gehörs ist eine besondere Ausprägung des verfahrensrechtlichen ordre public iSd § 611 Abs 2 Z 5 ZPO (RS0110743 [T20]). Ein Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public ist immer dann anzunehmen, wenn ein Verstoß gegen verfahrensrechtliche Regelungen vorliegt, der als Gehörentzug iSd § 611 Abs 2 Z 2 ZPO zu werten ist (18 OCg 6/18h mwN).
[42] Die Klägerin subsumiert ihr Vorbringen zur behaupteten Verletzung des rechtlichen Gehörs ausdrücklich auch unter diesem Aufhebungsgrund. Das Schiedsverfahren sei aus den dort genannten Gründen in einer Weise durchgeführt worden, die Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung (ordre public) widerspreche.
[43] 3.2. Gemäß § 611 Abs 2 Z 5 ZPO ist ein Schiedsspruch dann aufzuheben, wenn das Schiedsverfahren in einer Weise durchgeführt wurde, die Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung (ordre public) widerspricht. Dieser Aufhebungstatbestand erfasst nur Verfahrensfehler, die so krass sind, dass sie von der Rechtsordnung nicht mehr hingenommen werden sollten. Der Aufhebungstatbestand des § 611 Abs 2 Z 5 ZPO ist daher grundsätzlich restriktiv auszulegen (18 OCg 6/18h). Dieser Aufhebungsgrund ist nur dann erfüllt, wenn gegen tragende Grundsätze eines geordneten Verfahrens verstoßen wurde. Einen Anhaltspunkt für eine solche Verletzung von Grundwertungen des Verfahrensrechts bilden nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs die Nichtigkeitsgründe des Zivilprozessrechts. Nur ein Mangel des Schiedsverfahrens, der diesen Gründen gleichkommt, kann zur Aufhebung führen (18 OCg 1/20a mwN).
[44] 3.3. Die Konzentration der Entscheidungs-begründung auf die nach Auffassung des Schiedsgerichts zutreffenden Erwägungen, das Absehen von der Einräumung eines weiteren Schriftsatzwechsels und eine allenfalls wegen der zweifelhaften Aussage- und Beweiskraft einer Urkunde angreifbare Beweiswürdigung erfüllen den Tatbestand des § 611 Abs 2 Z 5 ZPO – nach den behaupteten Umständen des Falls – nicht. Grundwertungen des Verfahrensrechts wären wiederum nur bei einer willkürlichen Vorgangsweise des Schiedsgerichts verletzt (18 OCg 9/19a). Willkür lässt sich aus den Klagebehauptungen aber – wie gezeigt – nicht ableiten.
[45] 3.4. Aus diesem Klagevorbringen lässt sich demnach nicht nur keine Verletzung des rechtlichen Gehörs nach § 611 Abs 2 Z 2 ZPO ableiten. Die gerügten Verfahrensentscheidungen des Schiedsgerichts sind auch nach dem Kalkül des § 611 Abs 2 Z 5 ZPO nicht zu beanstanden.
4. Überhöhter Kostenzuspruch (§ 611 Abs 2 Z 8 ZPO)
[46] 4.1. Die Klägerin macht geltend, der Schiedsspruch widerspreche (auch) im Kostenpunkt Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung (§ 611 Abs 2 Z 8 ZPO), weil das Schiedsgericht der Beklagten einen exorbitant überhöhten Kostenersatz zugesprochen habe.
[47] Das Schiedsgericht führe zwar richtig aus, dass sich der Kostenzuspruch gemäß Art 38 der ICC‑Regeln auf die angemessenen Kosten zu beschränken habe. Unter Verweis darauf, dass die von der Beklagten geltend gemachten Kosten insgesamt nahezu dem gesamten Streitwert entsprächen und es ungerecht wäre, der Klägerin den Ersatz der gesamten Kosten der Beklagten aufzuerlegen, habe das Schiedsgericht dann dennoch einen Kostenersatz in einem Betrag von 250.000 EUR und 15.225 CHF zugesprochen. Diese Einschätzung, dass ein Beratungshonorar in dieser Höhe angemessen sei, sei völlig willkürlich. Es sei nicht nachvollziehbar, dass das Schiedsgericht damit einen Aufwand, der beinahe dem Dreifachen des Aufwands auf Seiten der Klägerin entspreche, als angemessen ansehe. Der zugesprochene Betrag stehe vielmehr außer jedem Verhältnis zu dem für das Schiedsverfahren angemessenen Arbeitsaufwand und entspreche nach wie vor rund 64 % des gesamten Streitwerts.
[48] 4.2. Nach den Regeln der ZPO hat das Schiedsgericht bei der Entscheidung über die Verpflichtung zum Kostenersatz und der Festsetzung des zu ersetzenden Betrags nach seinem Ermessen die Umstände des Einzelfalls, insbesondere den Ausgang des Verfahrens, zu berücksichtigen. Die Ersatzpflicht kann alle zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung angemessenen Kosten umfassen (§ 609 Abs 1 und 3 ZPO). § 609 ZPO steht allerdings unter dem ausdrücklichen Vorbehalt einer allenfalls bestehenden abweichenden Vereinbarung der Schiedsparteien über die Kostentragungsregelung. Eine entsprechende Vereinbarung kann in der Schiedsvereinbarung (unmittelbar oder durch Verweis auf institutionelle Schiedsregeln) oder in einer getrennten Verfahrensvereinbarung getroffen werden (18 OCg 12/19t). Nach Art 38.5 der nach dem Klagsvorbringen anzuwendenden ICC‑Schiedsgerichtsordnung 2017 [ICC] kann das Schiedsgericht bei der Entscheidung über die Kosten alle ihm relevant erscheinenden Umstände berücksichtigen, einschließlich des Ausmaßes, in dem jede der Parteien das Verfahren in einer zügigen und kosteneffizienten Weise betrieben hat. Art 38.5 ICC gestattet den Schiedsrichtern in der Kostenentscheidung demnach grundsätzlich Entscheidungsfreiheit, etwa können ICC‑Schiedsrichter von jeder Orientierung am Ausgang des Falls Abstand nehmen und innerhalb der Grenzen der Sittenwidrigkeit auch gänzlich andere Ansätze verfolgen (18 OCg 12/19t).
[49] 4.3. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass ein exorbitant überhöhter Kostenzuspruch gegen den materiellen ordre public verstoßen könnte (§ 611 Abs 1 Z 8 ZPO). Allerdings blendet hier die Klägerin aus, dass die Parteien nach dem (von ihr vorgelegten) Schiedsspruch keine Einwände gegen die Kostenvorlagen und die geltend gemachten Parteikosten der anderen Partei erhoben haben (Rz 252 des Schiedsspruchs). Die Klägerin behauptet weder, dass ihr die (von ihr dem Obersten Gerichtshof auch vorgelegte) Kostenvorlage der Beklagten nicht zur Kenntnis gebracht worden wäre, noch dass sie – entgegen dem Schiedsspruch – keine Gelegenheit gehabt hätte, Einwendungen gegen das Kostenverzeichnis der Gegenseite zu erheben. Bedenkt man, dass auch im staatlichen Zivilprozess der Kostenentscheidung das Kostenverzeichnis zugrunde zu legen ist, wenn keine Einwendungen erhoben wurden (§ 54 Abs 1a ZPO), kann in einer solcher Konstellation im Schiedsverfahren ein Verstoß gegen § 611 Abs 1 Z 8 ZPO grundsätzlich nicht vorliegen (18 OCg 2/18w). Zudem legte auch die Klägerin Kosten (zwar im geringeren Ausmaß, aber doch) in vergleichbarer Bandbreite. Schließlich besteht kein allgemeiner Grundsatz, dass die Kosten eines Schiedsverfahrens nicht höher sein dürfen als der Streitwert (18 OCg 2/18w).
[50] Die von der Klägerin aufgeworfene Frage, welcher Arbeitsaufwand tatsächlich zweckentsprechend und/oder erforderlich war, berührt jedenfalls in der hier vorliegenden Konstellation keine Grundwertungen des österreichischen Rechts (18 OCg 2/18w).
[51] 4.4. Der in der Klage vorgebrachte Sachverhalt verwirklicht damit den geltend gemachten Tatbestand des § 611 Abs 2 Z 8 ZPO nicht.
D. Ergebnis
[52] Die geltend gemachten Aufhebungsgründe liegen selbst ausgehend von der Richtigkeit der Tatsachenbehauptungen der Klägerin nicht vor. Diese Unschlüssigkeit des Vorbringens zu den Aufhebungsgründen ist kein Fall für eine Verbesserung. Die Klage ist deshalb in analoger Anwendung von § 538 ZPO zurückzuweisen (18 OCg 1/20a mwN).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)