European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0170OB00021.19S.1120.000
Spruch:
I. Die Bezeichnung der drittbeklagten Partei, wird wie aus dem Kopf dieser Entscheidung ersichtlich, berichtigt.
Das Verfahren gegen die drittbeklagte Partei ist unterbrochen.
II. Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagenden Parteien haben die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Begründung:
zu I.:
Infolge Ablebens der vormaligen Drittbeklagten während des Berufungsverfahrens ist ihre Parteibezeichnung auf den ruhenden Nachlass zu berichtigen.
Der Beklagtenvertreter schritt (ua) für die vormalige Drittbeklagte zuletzt als Verfahrenshelfer ein. Gemäß § 155 Abs 1 ZPO wird das Verfahren durch den Tod einer Partei, die weder durch einen Rechtsanwalt noch durch eine sonstige mit Prozessvollmacht ausgestattete Person vertreten ist, unterbrochen. Die Bevollmächtigung eines Prozessvertreters wirkt zwar über den Tod der Partei hinaus, dies gilt jedoch – weil die Verfahrenshilfe gemäß § 68 Abs 1 erster Satz ZPO mit dem Tod der Partei erlischt – nicht für den Verfahrenshelfer (2 Ob 195/12h =
RS0128700; RS0036248 [T1]). Das Verfahren gegen die Drittbeklagte ist daher seit dem Tag ihres Todes ex lege unterbrochen, wobei die nach diesem Zeitpunkt erfolgte Zustellung des Berufungsurteils an den Beklagtenvertreter ihr gegenüber nicht mehr wirksam werden konnte. Die Unterbrechung dauert gemäß § 155 Abs 2 ZPO bis zur Aufnahme des Verfahrens durch die Rechtsnachfolger der verstorbenen Partei oder durch einen auf Antrag des Prozessgegners bestellten Kurator.
zu II.:
Die Kläger haben gegen den Erstbeklagten aus verschiedenen Titeln vollstreckbare Kostenersatzansprüche in Höhe von insgesamt 24.260,18 EUR sA.
Der Erstbeklagte war Alleineigentümer einer Liegenschaft. Mit Schenkungs- und Dienstbarkeitsvertrag vom 18. März 2015 übertrug er das Eigentum daran schenkungsweise an seine Tochter, die Zweitbeklagte. Im Gegenzug räumte diese dem Erstbeklagten und ihrer Mutter, der vormaligen Drittbeklagten, an der im Erdgeschoß des auf dieser Liegenschaft errichteten Wohnhauses die unentgeltliche Dienstbarkeit des lebenslangen Wohnungsgebrauchsrechts ein. Das Eigentumsrecht der Zweitbeklagten wurde in der Folge ebenso verbüchert wie das Wohnungsgebrauchsrecht des Erst- und der Drittbeklagten.
Diverse (vom Erstgericht im Einzelnen festgestellte) Exekutionsversuche der Kläger zur Hereinbringung ihrer titulierten Forderungen blieben erfolglos.
Der Erstbeklagte wusste zum Zeitpunkt der Errichtung des Schenkungsvertrags mit der Zweitbeklagten, dass er den nunmehrigen Klägern Prozesskosten schuldet. Er hielt es ernstlich für möglich und fand sich damit ab, dass er mit seiner Rechtshandlung irgendeinen Gläubiger benachteilige. Die Zweit- und die Drittbeklagten waren in die Zivilverfahren, aus denen die Kostentitel resultierten, nicht involviert. Allerdings war ihnen bekannt, dass es zu diversen Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Erstbeklagten und den Klägern gekommen war. Es kann nicht festgestellt werden, ob sie nachgeforscht haben, ob der Erstbeklagte mit seinem (nach Abschluss des Schenkungsvertrags) restlichen Vermögen ausreichend in der Lage sein werde, allfällige ihn treffende Kostenersatzverpflichtungen zu begleichen.
Die Kläger fochten mit ihrer am 13. Mai 2016 eingebrachten Klage die Verfügungen des Erstbeklagten gegenüber der Zweitbeklagten (Schenkung der Liegenschaft) sowie die gleichzeitig erfolgte Verfügung der Zweitbeklagten gegenüber dem Erst‑ und der Drittbeklagten (Einräumung eines lebenslangen unentgeltlichen Wohnungsgebrauchsrechts) gemäß § 2 Z 2 und 3 AnfO an. Sie legten bereits in der Klage die ihnen rechtskräftig zugesprochenen Prozesskosten im Einzelnen dar und begehrten ursprünglich, die Beklagten schuldig zu erkennen, die Exekution in die Liegenschaft durch Einverleibung eines Zwangspfandrechts „für alle Forderungen“ der Kläger gegenüber dem Erstbeklagten und durch Durchführung der Zwangsversteigerung dieser Liegenschaft zu dulden, wobei sowohl die Einverleibung eines Zwangspfandrechts als auch die Einleitung des Versteigerungsverfahrens vorrangig vor dem lebenslangen und unentgeltlichen Wohnungsgebrauchsrechts des Erst- und der Drittbeklagten zu erfolgen habe. (Erst) mit Schriftsatz vom 18. April 2018 präzisierten die Kläger – aufgrund des Hinweises des Berufungsgerichts auf die (im ersten Rechtsgang nicht erörterte) mangelnde Bestimmtheit des Klagebegehrens in seinem Aufhebungsbeschluss vom 15. März 2018 – ihr Urteilsbegehren dahin, dass sie die einzelnen titulierten Kostenforderungen darin aufnahmen.
Die Beklagten wendeten im zweiten Rechtsgang insbesondere ein, die Kläger hätten innerhalb der Anfechtungsfrist des § 2 Z 3 AnfO kein dem Gesetz entsprechendes und richtiges Begehren gestellt; ihr Versuch einer Richtigstellung des unschlüssigen Klagebegehrens sei erst nach Ablauf der Anfechtungsfrist erfolgt.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im zweiten Rechtsgang zur Gänze statt. Die Liegenschaftsübertragung sei innerhalb der letzten zwei Jahre vor der gerichtlichen Anfechtung erfolgt. Die Kläger hätten ihr Begehren im zweiten Rechtsgang weder quantitativ noch qualitativ erweitert, sondern lediglich konkretisiert. Die auftragsgemäße Verbesserung eines unbestimmten Klagebegehrens beseitige die ursprüngliche Unterbrechungswirkung der Klage nicht. Den Beklagten sei es nicht gelungen, die in § 2 Z 3 AnfO enthaltene gesetzliche Vermutung des Vorliegens der Benachteiligungsabsicht zu entkräften.
Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil mit Ausnahme der – unbekämpft gebliebenen – Abweisung einer Teilforderung von 7,50 EUR sA. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei das modifizierte Urteilsbegehren nicht unschlüssig oder unbestimmt. Die Kläger hätten die Anfechtungsfrist bereits mit der ursprünglichen (später verbesserten) Klage gewahrt, weil sie von Anfang an ein Leistungsbegehren (auf Duldung der Exekutionsführung) erhoben hätten, wobei sich der Klagetenor des modifizierten Begehrens von jenem des ursprünglichen nur durch die ziffernmäßige und konkrete Anführung der vollstreckbaren Kostenforderungen unterscheide. Der hier zu beurteilende Sachverhalt unterscheide sich daher maßgeblich von jenem, der der Entscheidung 3 Ob 584/84 SZ 58/34 zugrunde gelegen sei.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige, und ließ die ordentliche Revision zu, weil es nicht der Entscheidung 3 Ob 584/84 folge und höchstgerichtliche Rechtsprechung zur hier relevanten Frage fehle, ob bei einem zunächst unbestimmten Leistungsbegehren und einer außerhalb der Anfechtungsfrist erfolgten Verbesserung die Unterbrechungswirkung der Klage in Bezug auf die Anfechtungsfristen des § 2 AnfO bestehen bleibe.
In ihrer Revision ziehen der Erst‑ und die Zweitbeklagte das Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Z 3 AnfO gar nicht mehr in Zweifel, sondern machen im Wesentlichen geltend, das ursprüngliche Klagebegehren sei nicht unbestimmt, sondern unberechtigt gewesen, weshalb es abzuweisen gewesen wäre, ohne den Klägern eine Verbesserungsmöglichkeit einzuräumen.
Die Kläger beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig.
1. Die für die Verjährungsfristen geltenden Regelungen über die Hemmung und Unterbrechung (§§ 1494 ff ABGB) sind analog auf die Fristen der §§ 2 und 3 AnfO anzuwenden (3 Ob 206/10f = RS0034507 [T15]; RS0050744).
Nach ständiger Rechtsprechung
beseitigt die Verbesserung einer unschlüssigen oder unbestimmten Klage– und damit auch einer Anfechtungsklage nach der AnfO – die Unterbrechungswirkung (§ 1497 ABGB) nicht, sondern wirkt auf den Zeitpunkt der Klageeinbringung zurück.
Eine
unschlüssige oder unbestimmte Klage kann daher, sofern sie vor Ablauf der materiellrechtlichen Fallfrist und damit rechtzeitig eingebracht wurde, auch noch nach Ablauf der Präklusivfrist verbessert werden (RS0034836 [T6 bis T8]; vgl auch RS0064665 [T2] zu Anfechtungsklagen nach der IO). Dies ziehen auch die Revisionswerber gar nicht in Zweifel.
2. In der Auffassung des Berufungsgerichts, die ursprüngliche Anfechtungsklage sei unbestimmt und daher verbesserungsbedürftig – und angesichts ihres Inhalts, aus dem sich von Anfang an zweifelsfrei ergeben habe, dass die Kläger die Duldung der Exekutionsführung entgegen der Formulierung ihres Urteilsbegehrens in Wahrheit nicht zur Hereinbringung „aller“ (auch künftigen) Forderungen anstrebten (also gerade nicht einen „Vorratsentscheid“ erreichen wollten), sondern nur zu den in der Klageerzählung im Einzelnen angeführten titulierten Forderungen, die Beklagten die Exekution in die Liegenschaft zu dulden hätten, auch verbesserungsfähig – gewesen, ist entgegen der Ansicht der Beklagten keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken.
3. Die Einräumung einer Verbesserungsmöglichkeit steht auch keineswegs in Widerspruch zur, sondern in Wahrheit vielmehr im Einklang mit der Rechtsprechung, wonach die bloße Anführung der Forderung in der Klageerzählung dem Erfordernis des § 12 AnfO für den Inhalt der Anfechtungsklage nicht genügt, vielmehr in das Urteilsbegehren auch die Forderung (nach Kapital, Zinsen und Kosten) aufzunehmen ist, zu deren Hereinbringung die Anfechtung vorgenommen und die Exekution geduldet werden soll (RS0037487).
4. Von der Entscheidung 3 Ob 584/84 SZ 58/34 ist das Berufungsgericht ohnehin nicht abgewichen, weil sie hier infolge eines nicht vergleichbaren Sachverhalts nicht einschlägig ist: Die dortige Klägerin brachte zunächst eine Klage (nur) auf Feststellung der Unwirksamkeit des dort strittigen Belastungs- und Veräußerungsverbots ein; erst nach Ablauf der Anfechtungsfrist begehrte sie aufgrund einer Klageänderung die Verpflichtung der Beklagten zur Duldung der Exekutionsführung in die Liegenschaft zur Hereinbringung ihrer titulierten Forderung. Demgegenüber haben die Kläger hier von Anfang an ein § 12 AnfO entsprechendes Begehren (abgesehen von der Anführung der sich aus der Klageerzählung ergebenden titulierten Forderungen) gestellt.
5. Die vom Berufungsgericht gebilligte Formulierung des (modifizierten) Urteilsbegehrens, wonach alle drei Beklagten die Exekutionsführung in die Liegenschaft zu dulden haben, wobei diese „vorrangig vor dem Wohnungsgebrauchsrecht zu Gunsten der Erst- und der Drittbeklagten zu erfolgen hat“, begründet ebenfalls keine erhebliche Rechtsfrage. Die von den Beklagten vermisste Differenzierung zwischen dem Anspruch gegen die Zweitbeklagte, die die Exekution in die in ihrem Eigentum stehende Liegenschaft zu dulden hat, und jenem gegen die beiden anderen Beklagten, die diese Exekutionsführung nur im Vorrang vor dem ihnen eingeräumten Wohnungsrecht zu dulden haben, ergibt sich nämlich ohnehin zweifelsfrei aus dem Urteilsbegehren.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 ZPO. Die Kläger haben in ihrer Revisionsbeantwortung nicht auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, sodass diese nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war (RS0035962).
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