European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E132964
Spruch:
I. Die Bezeichnung der Antragstellerin wird dahin berichtigt, dass sie nunmehr lautet: „R* GmbH“.
II. Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass er wie folgt zu lauten hat:
„1. Der Antragsgegnerin wird aufgetragen, binnen 14 Tagen bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Abstellungsantrag zu 28 Kt 4/20b der Antragstellerin Zugang zum Webshop der Antragsgegnerin unter https://shop.asfinag.at/de/ zu gewähren, um der Antragstellerin den Erwerb von digitalen Mautprodukten (= digitalen Vignetten und digitalen Streckenmauten) – jedoch nur für den Eigenbedarf und für die gewerbliche Weiterveräußerung von digitalen Mautprodukten mit einem Gültigkeitsbeginn von weniger als 18 Tagen ab Kauf an Verbraucher – zu ermöglichen, insbesondere durch Aufhebung der Sperre der unter den E-Mail-Adressen t*.de und r*.de angelegten Kundenkonten der Antragstellerin für Registrierungen von digitalen Mautprodukten im Webshop.
2. Das Mehrbegehren, der Antragsgegnerin aufzutragen, der Antragstellerin ohne die in Punkt 1. genannten Beschränkungen Zugang zum Webshop der Antragsgegnerin zu gewähren, wird abgewiesen.“
Die Antragstellerin hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung endgültig selbst zu tragen.
Begründung:
zu I.:
[1] Die Antragstellerin hat (wie sich aus dem mit der Rekursbeantwortung vorgelegten Auszug aus dem deutschen Handelsregister ergibt) ihre Firma geändert.
[2] Mangels eigener Regelung im AußStrG sind die Vorschriften der ZPO über die Richtigstellung der Parteibezeichnung auch im Außerstreitverfahren – und damit auch im Kartellverfahren – sinngemäß anzuwenden (RIS‑Justiz RS0005758). Gemäß § 235 Abs 5 ZPO ist eine Berichtigung der Parteibezeichnung in jeder Lage des Verfahrens auf Antrag oder von Amts wegen vorzunehmen.
zu II.:
[3] Die Antragsgegnerin ist die nach § 1 ASFINAG‑Gesetz errichtete Aktiengesellschaft, deren Aktien zur Gänze im Eigentum der Republik Österreich stehen. Ihr Unternehmensgegenstand ist insbesondere die Finanzierung, die Planung, der Bau und die Erhaltung der Bundesstraßen einschließlich der hiezu notwendigen und zweckdienlichen Infrastruktur und die Einhebung von zeit- und fahrleistungsabhängigen Mauten von den Benutzern dieser Straßen. Sie hat das Fruchtgenussrecht (§§ 509 ff ABGB) an allen Autobahnen und Schnellstraßen in Österreich. Damit verbunden ist das Recht, Mauten und Benützungsgebühren von allen Nutzern dieser Straßen einzuheben.
[4] Seit 1. Dezember 2017 bietet die Antragsgegnerin den Bezug der digitalen Vignette und der digitalen Streckenmaut (Überbegriff für beide: „digitale Mautprodukte“) über einen von ihr betriebenen Webshop an.
[5] Die allgemeinen Nutzungsbedingungen (ANB) der Antragsgegnerin lauten auszugsweise wie folgt:
„1.3. Das Bundesstraßen-Mautgesetz (BStMG) regelt die Entrichtung der zeitabhängigen Maut bzw Streckenmaut für einspurige Kraftfahrzeuge sowie für mehrspurige Kraftfahrzeuge, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt. Der Erwerb einer Digitalen Vignette bzw einer Digitalen Streckenmaut ist möglich, indem das Kennzeichen im Mautsystem registriert wird. Um diese Registrierung bzw den Bezug und die Verwaltung der Digitalen Vignette bzw der Digitalen Streckenmaut zu ermöglichen, betreibt die ASFINAG den ASFINAG‑Webshop.
[...]
1.6. Der Bezug der Digitalen Vignette bzw der Digitalen Streckenmaut ist ein gesetzliches Schuldverhältnis. Der Online-Bezug darf ausschließlich über den ASFINAG-Webshop innerhalb von Österreich, der EU, der EWR-Staaten sowie der Schweiz und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland erfolgen. Der Bezug erfolgt ausschließlich auf Basis dieser ANB, der per Verweis integralen Dokumente und der gesetzlichen Bestimmungen. Andere Bedingungen – insbesondere Einkaufsbedingungen odgl des Beziehers – sind ausgeschlossen.
[…]
2.1. Klebevignette und Digitale Vignette haben dieselbe Gültigkeitsdauer, sie kosten denselben Preis und sind jeweils als Jahresvignette, als Zweimonatsvignette und als Zehntagesvignette verfügbar. Sie unterscheiden sich voneinander aber dadurch, dass die Klebevignette am Fahrzeug anzubringen ist, während bei der Digitalen Vignette das Kraftfahrzeugkennzeichen gemäß den Vorgaben des BStMG im Mautsystem registriert wird. Diese Registrierung stellt den Bezug der Digitalen Vignette dar. […]
2.2. Herkömmliche Streckenmaut und Digitale Streckenmaut kosten denselben Preis und sind als Einzelfahrt oder Jahreskarte verfügbar. […]
14. Verbot der Weiterveräußerung
14.1. Die gewerbliche Weiterveräußerung von bezogenen Produkten der Digitalen Vignetten und der Digitalen Streckenmaut ohne schriftliche Zustimmung seitens der ASFINAG wird untersagt.“
[6] Im Webshop und in der App der Antragsgegnerin wird beim Bezug der digitalen Mautprodukte zwischen Unternehmern und Verbrauchern unterschieden. Beim Bezug durch Verbraucher ist das digitale Mautprodukt frühestens nach Ablauf einer Wartefrist von 18 Tagen gültig, innerhalb derer der Verbraucher den Rücktritt vom Vertrag erklären kann. Unternehmer können die digitalen Mautprodukte hingegen auch mit sofortiger Gültigkeit zum aktuellen Mauttarif beziehen.
[7] Abgesehen vom Bezug einer Klebevignette über das Internet (bei der die 18‑tägige Mindestfrist bis zur Gültigkeit generell nicht gilt) bzw der herkömmlichen Streckenmaut an Mautstellen kann ein auch für Verbraucher sofort gültiges digitales Mautprodukt nur in physischen Vertriebsstellen der Antragsgegnerin oder ihrer Vertriebspartner erworben werden. Diesen Vertriebspartnern stellt die Antragsgegnerin auch zusätzliche Funktionalitäten über ihr Kundenkonto zur Verfügung, mit denen der Produktverkauf und ein anschließendes Servicemanagement (etwa Umregistrierung) ermöglicht wird. Der Produktpreis ist in allen Fällen (Klebevignette, Streckenmaut, digitale Vignette über Webshop oder App, über Automat, über eine Vertriebsstelle oder über Vertriebspartner der Antragsgegnerin) gleich; es werden keine Aufschläge verrechnet. Ein digitales Mautprodukt kann daher online über das Internet (ohne physische Anwesenheit bei einem Automaten, einer Vertriebsstelle oder einem Vertriebspartner der Antragsgegnerin) erworben werden, allerdings von Verbrauchern (außer im Fall einer Einzelfahrt bei Streckenmaut, wo ein Verzicht auf das Rücktrittsrecht möglich ist) nur mit einer Gültigkeit frühestens 18 Tage nach Bezugsdatum, sofern der Verbraucher nicht im Webshop tatsachenwidrig angibt, Unternehmer zu sein.
[8] Die Antragsgegnerin kontrahiert hinsichtlich des Zugangs zu ihrem Webshop nicht mit Dritten, die über eigene Webshops digitale Mautprodukte vertreiben wollen.
[9] Die Antragstellerin ist eine Gesellschaft mit Sitz in Deutschland. Sie will Kunden mit (Wohn-)Sitz außerhalb Österreichs und nur für Fahrzeuge mit nicht österreichischen Kennzeichen als Begünstigte unter der Domain mautpilot.de sofort gültige digitale Mautprodukte für Österreich im Online-Vertrieb bereitstellen.
[10] Den von der Antragstellerin beabsichtigten Vertragsschlüssen sollen allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) der Antragstellerin zugrunde gelegt werden, die auszugsweise wie folgt lauten:
„4. Widerrufsrecht
Ausschließlich für Verbraucherkunden im Sinne von § 13 BGB, dh natürlichen [sic] Personen, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließen, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugeordnet werden können, gilt was folgt:
Widerrufsrecht
Sie haben das Recht, binnen vierzehn Tagen ohne Angabe von Gründen diesen Vertrag zu widerrufen.
Die Widerrufsfrist beträgt vierzehn Tage ab dem Tag des Vertragsabschlusses. Um Ihr Widerrufsrecht auszuüben, müssen Sie uns […] mittels einer eindeutigen Erklärung (zB ein mit der Post versandter Brief, Telefax oder E-Mail) über Ihren Entschluss, diesen Vertrag zu widerrufen, informieren. […] Zur Wahrung der Widerrufsfrist reicht es aus, dass Sie die Mitteilung über die Ausübung des Widerrufsrechts vor Ablauf der Widerrufsfrist absenden.
Folgen des Widerrufs
Wenn Sie diesen Vertrag widerrufen, haben wir Ihnen alle Zahlungen, die wir von Ihnen erhalten haben, einschließlich der Lieferkosten (mit Ausnahme der zusätzlichen Kosten, die sich daraus ergeben, dass Sie eine andere Art der Lieferung als die von uns angebotene, günstigste Standardlieferung gewählt haben), unverzüglich und spätestens binnen vierzehn Tagen ab dem Tag zurückzuzahlen, an dem die Mitteilung über Ihren Widerruf dieses Vertrags bei uns eingegangen ist. […] Haben Sie verlangt, dass die Dienstleistungen während der Widerrufsfrist beginnen sollen, so haben Sie uns einen angemessenen Betrag zu zahlen, der dem Anteil der bis zu dem Zeitpunkt, zu dem Sie uns von der Ausübung des Widerrufsrechts hinsichtlich dieses Vertrages unterrichten, bereits erbrachten Dienstleistungen im Vergleich zum Gesamtumfang der im Vertrag vorgesehenen Dienstleistungen entspricht.
Ende der Widerrufsbelehrung
5. Preise; Zahlungsbedingungen; Lieferbedingungen
5.1. Die Preise beinhalten die Mautgebühren der ASFINAG sowie eine Servicegebühr für die Dienstleistung des Anbieters sowie für die schnelle Verfügbarkeit und die jeweilige gesetzliche Umsatzsteuer.
[...]
5.3. Soweit nichts anderes vereinbart ist, erfolgt die Lieferung ausschließlich in digitaler Form durch Registrierung der digitalen Vignette/Streckenmaut beim jeweiligen Streckenbetreiber und durch Übersendung einer E-Mail an die vom Kunden hinterlegte E-Mail-Adresse. […]“
[11] Die Höhe der nach Punkt 5.1. dieser AGB verrechneten Servicegebühr beträgt (gestaffelt nach Produktvarianten) zwischen 5 EUR und 10,40 EUR.
[12] Die im Webshop und der App der Antragsgegnerin mit einem Kundenkonto verbundenen zusätzlichen Services (zB die vor Beginn des Gültigkeitszeitraums mögliche Änderung des Gültigkeitszeitraums oder des Kennzeichens und der Abschluss eines Abonnements) will die Antragstellerin ebenfalls erbringen. Ohne (ungesperrtes) Kundenkonto bei der Antragsgegnerin ist ihr das allerdings nicht möglich.
[13] Die Antragstellerin erstellte im Webshop der Antragsgegnerin entsprechend der Mautordnung Kundenkonten in ihrem Namen unter Angabe ihres Unternehmenssitzes in Deutschland. Diese Kundenkonten und sämtliche weitere Möglichkeiten für den Erwerb von digitalen Mautprodukten durch die Antragstellerin im Webshop der Antragsgegnerin werden von der Antragsgegnerin blockiert, und zwar durch Sperre ihrer unter Angabe verschiedener E‑Mail‑Adressen angelegten Kundenkonten und Sperre sämtlicher unter der Domain „r*.de“ geführten E-Mail-Adressen. Die Antragstellerin war daher gezwungen, ihr Geschäftsmodell komplett einzustellen. Es ist ihr auch nicht möglich, digitale Mautprodukte für den eigenen Bedarf (zB für „von ihr selbst genutzte“ [gemeint wohl: auf sie zugelassene und von ihren Organen bzw Mitarbeitern verwendete] Pkw) mit einer E-Mail-Adresse unter ihrer Domain zu erwerben.
[14] Mit Schreiben vom 20. März 2020 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass sie entgegen den gesetzlichen Vorgaben und den Bestimmungen der ASFINAG‑ANB digitale Vignetten bzw digitale Streckenmaut für die österreichischen Bundesstraßen betreibe. Die gesamte Aufmachung ihrer Plattform mache deutlich, dass dort für Verbraucher rechtswidrig das EU-weit zwingend geltende gesetzliche Widerrufs- bzw Rücktrittsrecht ausgeschaltet werden solle; zahlreiche Bezieher meldeten sich diesbezüglich bei der Antragsgegnerin. Die ihr daraus entstehende „Kundenbetreuung“ verursache ihr einen enormen Aufwand. Hinzu komme der Imageschaden, der ihr durch die erbosten „Kunden“ entstehe. Bei der Bewerbung ihrer Plattform nutze die Antragstellerin rechtswidrig die Marken der Antragsgegnerin. Auch aufgrund dieser Markenverwendung gingen die Internetnutzer (unzutreffend) davon aus, dass es eine wirtschaftliche Verbindung zwischen der Antragsgegnerin und dieser Plattform gebe. Die Antragsgegnerin forderte die Antragstellerin deshalb auf, den Vertrieb der digitalen Mautprodukte bis zum 25. März 2020 einzustellen und innerhalb derselben Frist verbindlich und unwiderruflich schriftlich zu erklären, dass ihre Plattform den Vertrieb von ASFINAG-Produkten auch nicht mehr aufnehmen werde.
[15] Nach mehreren von der Antragsgegnerin gewährten Fristerstreckungen verpflichtete sich die Antragstellerin schließlich mit Schreiben vom 29. Mai 2020, es ua zu unterlassen, digitale Mautprodukte für Autobahnen in Österreich ohne Zustimmung der Antragsgegnerin an Kunden mit Sitz in Österreich und/oder für Fahrzeuge mit österreichischem Kennzeichen unter der Domain „mautpilot.de“ anzubieten und/oder zu vertreiben, insbesondere soweit dies geschieht, ohne a) die Verbraucher über ihr gesetzliches Widerrufsrecht zu informieren und/oder b) den Verbrauchern ihr gesetzliches Widerrufsrecht zu gewähren und/oder c) die Verbraucher über die Preisgestaltung zu informieren, insbesondere dass die Preise der Antragstellerin höher sind als im Webshop der Antragsgegnerin. Die Antragstellerin vertrat in diesem Schreiben den Rechtsstandpunkt, dass sie berechtigt sei, digitale Mautprodukte wenigstens außerhalb Österreichs an Kunden mit Sitz außerhalb Österreichs bzw für nicht in Österreich zugelassene Fahrzeuge anzubieten. Zugleich teilte sie mit, künftig nach dem „geänderten Geschäftsmodell“ auf ihrer Plattform digitale Mautprodukte der Antragsgegnerin nur an Kunden mit Sitz außerhalb Österreichs und nur für Fahrzeuge mit nicht österreichischen Kennzeichen anzubieten und dabei die Verbraucher ordnungsgemäß über ihr gesetzliches Widerrufsrecht zu informieren und ihnen dieses tatsächlich zu gewähren, die Verbraucher über die Preisgestaltung (insbesondere über ihre höheren Preise gegenüber dem Webshop der Antragsgegnerin) zu informieren und die Marken der Antragsgegnerin nicht ohne deren Zustimmung zu benutzen. Vor diesem Hintergrund forderte die Antragstellerin die Antragsgegnerin auf, den Unternehmensaccount der Antragstellerin oder eine entsprechende anderweitige Zugangsmöglichkeit bis zum 2. Juni 2020 wieder freizuschalten bzw herzustellen und den Zugang künftig nicht mehr zu blockieren. Sie wiederholte mit Schreiben vom 19. August 2020 unter Hinweis auf ihr angepasstes Geschäftsmodell die Forderung, die Zugangssperre im Webshop umgehend, spätestens jedoch binnen 14 Tagen aufzuheben. Mit E-Mail vom 7. September 2020 wies die Antragsgegnerin diese Forderung als unbegründet zurück.
[16] Sofern Dritte digitale Mautprodukte der Antragsgegnerin vertreiben, gibt es üblicherweise auch Fälle, in denen Service-Anfragen oder allfällige Beschwerden an die Antragsgegnerin bzw an deren Service-Center gerichtet werden und damit einen Aufwand verursachen. Ein Teil solcher Beschwerden betrifft dabei einen im Vergleich zum Webshop bzw der App der Antragsgegnerin höheren Preis und/oder gegebenenfalls den Umstand, dass die mit einem Kundenkonto bei der Antragsgegnerin verbundenen Services bei anderen Online-Shops nicht genutzt werden können. Wie viele solcher Anfragen oder ähnlicher Beschwerden im Fall der Zulassung des Geschäftsmodells der Antragstellerin oder anderer Dritter zu erwarten sind und wie hoch der Anteil an den insgesamt zu bearbeitenden Fällen ist, ist nicht bescheinigt.
[17] Die Antragstellerin begehrt die Abstellung des Missbrauchs der marktbeherrschenden Stellung der Antragsgegnerin durch deren Verpflichtung, der Antragstellerin den Zugang zum Webshop der Antragsgegnerin zu gewähren, um ihr den Erwerb von digitalen Mautprodukten zum Vertrieb an ihre Kunden– hilfsweise: nur an Kunden mit Sitz außerhalb von Österreich und für Fahrzeuge mit nicht-österreichischen Kennzeichen – zu ermöglichen, und die Sperre ihrer Kundenkonten für Registrierungen von digitalen Mautprodukten im Webshop aufzuheben. Weiters beantragt sie die Erlassung einer inhaltsgleichen einstweiligen Verfügung.
[18] Die Antragsgegnerin missbrauche durch die Sperre der Kundenkonten der Antragstellerin nach wie vor ihre marktbeherrschende Stellung. Das Geschäftsmodell der Antragstellerin sei nicht rechtswidrig (gewesen), und zwar weder nach österreichischem noch nach deutschem Recht. Die Serviceentgelte seien nicht überhöht. Jedenfalls aber sei die Zugangssperre der Antragstellerin völlig überschießend und unverhältnismäßig. Die von der Antragstellerin angebotenen (beabsichtigten) Dienstleistungen seien neu und brächten Effizienzvorteile für ihre Kunden. Bei sämtlichen von der Antragsgegnerin angebotenen Vertriebsformen sei es für den Bezug einer sofort gültigen digitalen Vignette erforderlich, dass der Verbraucher physisch einen Vertriebspartner der Antragsgegnerin oder einen Automaten aufsuche; somit sei ein Online-Bezug von sofort gültigen digitalen Mautprodukten (mit Ausnahme von Einzelfahrten) nicht möglich. Die Kunden der Antragstellerin seien nicht in Österreich ansässig und wollten unkompliziert und schnell sofort gültige Mautprodukte, meist zur sofortigen Benützung, beziehen. Die Antragstellerin unterstütze dabei die Mauteinhebung der Antragsgegnerin. Die von ihr verrechneten Servicegebühren seien angemessen; von einer „Kunden-Abzocke“ könne entgegen der Behauptung der Antragsgegnerin keine Rede sein.
[19] Die Antragsgegnerin unterliege als marktbeherrschendes Unternehmen, das über unerlässliche Vorleistungen auf dem vorgelagerten Markt verfüge, einem Kontrahierungszwang. Sie dürfe eine Geschäftsbeziehung mit der Antragstellerin, dh den Zugang zu ihrem Webshop, nur bei Vorliegen einer objektiven wirtschaftlichen oder sachlichen Rechtfertigung verweigern; eine solche fehle. Auch die Voraussetzungen für die Anwendung der essential-facilities‑Doktrin seien hier erfüllt, weil für den Online-Bezug von digitalen Mautprodukten kein tatsächlicher oder potentieller Ersatz für einen Bezug über den Webshop der Antragsgegnerin bestehe und ein neuartiges Produkt (sofort gültige, online beziehbare digitale Mautprodukte für Verbraucher) vorliege, das derzeit von keinem anderen Marktteilnehmer angeboten werde. Die Verweigerung des Zugangs zum Webshop der Antragsgegnerin verstoße auch gegen das Diskriminierungsverbot, zumal die Antragstellerin bereit sei, die Leistungen der Antragsgegnerin zu denselben Bedingungen wie alle anderen Marktteilnehmer zu erwerben und sich aus Sicht der Antragsgegnerin deren Leistungen an die Antragstellerin nicht von jenen unterschieden, die sie auch Dritten über den Webshop anbiete. Es bestehe keine objektive Rechtfertigung für die Geschäftsverweigerung (Zugangssperre).
[20] Die Antragsgegnerin wendete zusammengefasst ein, die angeblichen Leistungen der Antragstellerin hätten keinen Mehrwert für Kunden und es bestehe auch kein Bedarf für das „Service“ der Antragstellerin. Letzteres bestehe darin, dass sie die Kennzeichendaten ihrer Kunden in das System der Antragsgegnerin eingebe, den entsprechenden Mautbetrag an die Antragsgegnerin bezahle und dafür von ihren Kunden einen substanziellen, nicht gerechtfertigten Aufschlag verlange. Die Antragsgegnerin habe dadurch zwar keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Nachteil, weil ja die Maut voll entrichtet werde; mittelbar müsse sie aber über ihr Kundenservice erzürnte Kunden (auch) der Antragstellerin betreuen, die sich über die Mehrkosten bzw über andere Unzulänglichkeiten der Leistungen der Antragstellerin beschwerten. Vorrangiges Motiv der Antragsgegnerin, Leistungen wie jene der Antragstellerin nicht zu akzeptieren, sei es, die Beachtung des Europäischen Verbraucherschutzes und den Schutz von Beziehern digitaler Mautprodukte vor nicht rechtfertigbaren Zusatzkosten sicherzustellen, die zur Bereicherung von nicht autorisierten Betreibern (wie eben auch der Antragstellerin) führten. Nach der Erfahrung der Antragsgegnerin zielten Plattform-Betreiber wie die Antragstellerin nämlich nicht darauf ab, „Services“ für ihre Kunden zu erbringen, sondern deren ausschließliches Ziel sei es, ihr „Ranking“ in Suchmaschinen mit der Folge zu optimieren, dass ihre jeweiligen Angebote als erste angezeigt würden und sie damit von den meisten (insbesondere ausländischen) Mautbeziehern in irreführender Weise als autorisierte Vertriebsstellen wahrgenommen würden. Bei den digitalen Mautprodukten handle es sich zudem um durchaus komplexe Produkte, deren umfassende Kenntnis durch den Vertriebspartner ebenso notwendig sei wie die Möglichkeit, Problemsachverhalte kurzfristig klären zu können. Solches sei nur sichergestellt, wenn die Antragsgegnerin ihre Vertriebsorganisation entsprechend ausbilde.
[21] Ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung liege nicht vor. Auch ein Kontrahierungszwang der Antragsgegnerin bestehe nicht, zumal Geschäfts- und Lieferverweigerungen auch für marktbeherrschende Unternehmen nur unter bestimmten engen Voraussetzungen missbräuchlich seien. Die Antragsgegnerin kontrahiere hinsichtlich des Zugangs zu ihrem Webshop nicht mit Dritten, die über eigene Webshops digitale Mautprodukte vertreiben wollten; dafür bestehe schlicht kein Bedarf. Die essential‑facilities-Doktrin sei hier schon deshalb nicht anwendbar, weil kein neuartiges Produkt und keine eigene Dienstleistung der Antragstellerin vorliege, für dessen/deren Vertrieb der Zugang zur Infrastruktur der Antragsgegnerin erforderlich wäre. Sofort gültige digitale Mautprodukte könnten von Verbrauchern bereits jetzt bei den Vertriebspartnern der Antragsgegnerin bezogen werden, von Unternehmern auch online im Webshop der Antragsgegnerin. Es sei völlig ausreichend, wenn für den Online-Vertrieb ein einziger Vertriebskanal (nämlich der Webshop der Antragsgegnerin) bestehe. Sollten sich Kunden nämlich zur Erlangung der sofortigen Gültigkeit der digitalen Mautprodukte tatsachenwidrig als Unternehmer ausgeben wollen, könnten sie dies auch beim Erwerb über den Webshop der Antragsgegnerin tun, ohne einen überteuerten Preis zahlen zu müssen. Somit bestehe auch kein nachgelagerter Markt (im Verhältnis zum Direktvertrieb durch die Antragsgegnerin), auf dem der Wettbewerb geschützt werden müsste. Vielmehr versuche die Antragstellerin, Zugang zu digitalen Produkten der Antragsgegnerin zu erlangen, um diese (erhöht um eine Profitspanne) unrechtmäßig weiterzuverkaufen. Solche Verhaltensweisen seien durch das Kartellrecht nicht geschützt. Schließlich sei auch in der Mautordnung explizit geregelt, dass die digitalen Mautprodukte ausschließlich über den Webshop der Antragsgegnerin sowie über Automaten und Vertriebspartner vertrieben werden.
[22] Das Erstgerichtgab mit dem angefochtenen Beschluss dem Sicherungsantrag statt.
[23] Die Benützung der Bundesautobahnen und der Bundesschnellstraßen mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3,5 Tonnen unterliege in Österreich der zeitabhängigen Maut bzw der Streckenmaut. Dabei handle es sich nicht um eine Abgabe, sondern um ein privatrechtliches Entgelt für die Benützung von Straßen. Mautgläubiger sei die Antragsgegnerin, soweit es von deren Fruchtgenussrecht erfasste Bundesstraßen betreffe. Mautschuldner seien der Kraftfahrzeuglenker und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand. Die zeitabhängige Maut sei vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Klebevignette am Fahrzeug oder durch Registrierung des Kennzeichens im Mautsystem der Antragsgegnerin (digitale Vignette) zu entrichten. Die Vignettenpreise würden vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen durch die Vignettenpreisverordnung festgelegt. Die näheren Bestimmungen über die Registrierung des Kennzeichens des Fahrzeugs im Mautsystem und über die Vertriebswege seien in der von der Antragsgegnerin zu erlassenden Mautordnung zu treffen. Diese Mautordnung bestimme als Vertriebswege für den Bezug der digitalen Vignette bzw der digitalen Streckenmaut den Bezug über den Webshop und die App der Antragsgegnerin, über Automaten und über ausgewählte Vertriebsstellen. Beim stationären Vertrieb über einen Automaten und eine Vertriebsstelle, bei dem die physische Anwesenheit des Erwerbers erforderlich sei, sei die digitale Vignette bzw digitale Streckenmaut sofort nach Bezug gültig. Ein Online-Bezug könne nur über den Webshop oder die App der Antragsgegnerin erfolgen; in diesem Fall sei das Produkt bei Bezug durch Verbraucher frühstens am 18. Tag nach dem Bezug gültig. Gleichzeitig bestehe nach der Mautordnung nur im Online-Vertrieb ein 14-tägiges Rücktrittsrecht. Beim Bezug einer digitalen Vignette oder einer digitalen Streckenmaut durch einen Unternehmer im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit bestehe kein Rücktrittsrecht, und als erster Tag der Gültigkeit könne schon der Tag des Bezugs gewählt werden.
[24] Die Ausnahmebestimmung des § 24 Abs 3 Z 2 KartG sei hier nicht anzuwenden, weil das Bundestraßen-Mautgesetz (BStMG) nur die Einhebung von Maut durch die Antragsgegnerin als (einzige) Mautgläubigerin vorsehe; hingegen sei dem Gesetz keine Bestimmung zu entnehmen, wonach der (Weiter‑)Verkauf von Mautprodukten durch Unternehmer an Endkunden verboten oder generell allgemein der Antragsgegnerin vorbehalten wäre. Das beabsichtigte Geschäftsmodell der Antragstellerin betreffe vielmehr den Vertrieb der digitalen Mautprodukte auf einer dem Vertrieb durch die Antragsgegnerin nachgelagerten Wirtschaftsstufe (Sekundär-Vertriebsmarkt) und beeinträchtige die Befugnisse der Antragsgegnerin zur Einhebung der Maut nicht.
[25] Die Maut nach dem BStMG sei keine Abgabe, sondern ein privatrechtliches Entgelt für die Benützung von Straßen. Der Antragsgegnerin komme die Einhebung der Maut aufgrund des Rechts der Fruchtnießung an den Mautstrecken zu. Sie handle daher beim Betrieb des Webshops und dem Vertrieb der digitalen Fernprodukte im Fernabsatz nicht hoheitlich, sondern biete eine Dienstleistung am Markt an und werde damit wirtschaftlich tätig. Dass die Höhe der von ihr eingehobenen Entgelte (hoheitlich) normiert sei, stehe damit nicht im Widerspruch.
[26] Der sachlich relevante Markt liege hier im Vertrieb der digitalen Mautprodukte über das Internet, jedenfalls aber im Vertrieb von Mautprodukten (betreffend österreichische Mautstrecken) schlechthin. Die räumliche Marktabgrenzung könne nicht problematisch sein, weil die Antragsgegnerin jeden Wettbewerb auf dem sachlich relevanten Markt des Online-Vertriebs der digitalen Mautprodukte unterbinde und sich die Parteien daher unzweifelhaft auf demselben, sich zumindest überschneidenden geographischen Markt gegenüberstünden.
[27] Die marktbeherrschende Stellung der Antragsgegnerin sei evident und von ihr auch gar nicht bestritten worden. Ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung liege vor, wenn ein den anderen Marktteilnehmern wirtschaftlich überlegener Unternehmer auf das Marktgeschehen in einer Weise Einfluss nehme, die geeignet sei, negative Auswirkungen auf die Markt- und Wettbewerbsverhältnisse zu entfalten; die objektive Eignung des Verhaltens genüge. Die Antragstellerin mache einen Fall des Behinderungsmissbrauchs durch Abschluss- und Lieferverweigerung geltend. Kontrahierungszwang bestehe für marktbeherrschende Unternehmen überall dort, wo faktische Übermacht eines Beteiligten bei bloß formaler Parität ihm die Möglichkeit der „Fremdbestimmung“ über andere gebe; in einem solchen Fall dürfe der Vertragsabschluss nur aus sachlichen Gründen abgelehnt werden. Eine Lieferverweigerung durch ein marktbeherrschendes Unternehmen sei dann missbräuchlich, wenn dieses Verhalten nicht durch objektive Gründe sachlich gerechtfertigt sei. Im Gegensatz zur Liefereinstellung sei die Nichtaufnahme von Geschäftsbeziehungen nur unter eingeschränkten Voraussetzungen missbräuchlich bzw geeignet, einen kartellrechtlichen Kontrahierungszwang zu begründen. Ausgangspunkt bilde auch hier die besondere Verantwortung eines marktbeherrschenden Unternehmens. Beziehe sich der vom Dritten begehrte Vertragsabschluss auf ein Wirtschaftsgut oder eine Leistung, die der Marktbeherrscher grundsätzlich im Geschäftsverkehr anbiete, bestehe also für die von der Geschäftsverweigerung betroffene Leistung zum Zeitpunkt der Lieferverweigerung bereits ein Markt, sei das marktbeherrschende Unternehmen verpflichtet, sein Produkt diskriminierungsfrei – vorbehaltlich Kapazitätsgrenzen und Eignung – anzubieten.
[28] Besonders streng seien die Anforderungen an Unternehmen, die über ein rechtliches oder tatsächliches Monopol verfügten; sie seien grundsätzlich zur Aufnahme von zumutbaren Geschäftsbeziehungen verpflichtet. So unterliege etwa nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs als Kartellobergericht ein allein anbietendes Filmverleihunternehmen, auf das alle anderen Kinobetreiber angewiesen seien, einem Kontrahierungszwang (16 Ok 20/04). Ebenso dürfe nach der Rechtsprechung des EuGH eine Rundfunk- und Fernsehanstalt Werbeaufträge von Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten nicht ablehnen, wenn sie als einzige berechtigt sei, Werbesendungen auszustrahlen (Rs 155/73 , Sacchi). Die Antragsgegnerin habe aufgrund ihrer unbestrittenen Marktmacht die faktische Möglichkeit, auf den Bezug digitaler Mautprodukte Einfluss zu nehmen. Da ein sinnvoller Online-Vertrieb digitaler Mautprodukte den Zugang zum Webshop bzw zur App der Antragsgegnerin voraussetze, könne es zu einem wirksamen Wettbewerb im Online-Vertrieb digitaler Mautprodukte nur kommen, wenn andere Unternehmen digitale Mautprodukte auch online von der Antragsgegnerin beziehen könnten. Die Antragsgegnerin unterliege daher grundsätzlich einem Kontrahierungszwang. Dabei sei zu betonen, dass mit jedem Umsatz der Antragstellerin auch ein entsprechender Umsatz bei der Antragsgegnerin generiert werde, sodass sie durch einen Online-Vertrieb am „Sekundär-Vertriebsmarkt“ selbst keinem Wettbewerb ausgesetzt sei, sondern ihr Absatz vielmehr sogar noch gefördert werde.
[29] Lehne das marktbeherrschende Unternehmen den Vertragsabschluss mit Nachfragern ab, müsse es sein Verhalten sachlich rechtfertigen. Soweit die Antragsgegnerin sich in diesem Zusammenhang darauf berufe, dass es darum gehe, Missbrauch zu verhindern und den Aufwand durch Kundenbeschwerden wegen Aufschlägen auf die gesetzlichen Mautbeträge zu vermeiden und ihre Reputation zu wahren, stelle sie das geplante Geschäftsmodell der Antragstellerin unrichtig dar. Dieses bestehe nämlich nicht darin, Internetwerbung für ihre Plattform zu schalten und unbedarfte Bezugswillige auf ihre Website zu locken. Vielmehr biete die Antragstellerin den Online-Bezug solcher digitaler Mautprodukte an, die Verbrauchern von der Antragsgegnerin nicht angeboten würden. Dabei gebe sie gegenüber der Antragsgegnerin auch nicht Verbraucher als Unternehmer aus, sondern handle im eigenen Namen als Unternehmerin gegenüber der Antragsgegnerin und beziehe derart selbst die digitalen Mautprodukte von der Antragsgegnerin für die Fahrzeuge ihrer Kunden. Sie übernehme damit auch das Risiko, dass die Verbraucher das von der Antragstellerin der Antragsgegnerin bereits gezahlte Entgelt nicht oder nicht rechtzeitig zahlen oder ihr gegenüber einen Rücktritt erklären und sie das von ihr vereinnahmte Entgelt (anteilig) zurückzahlen müsse, während sie selbst von der Antragsgegnerin nichts refundiert erhalte. Halte sie dabei (wie gegenüber der Antragsgegnerin und auch im Verfahren ausdrücklich erklärt) die den Verbraucher gegenüber bestehenden Rechtsvorschriften ein, führe sie die Verbraucher insbesondere nicht über die Art der erworbenen Leistung oder über ihre Rechte (wie zB Rücktrittsrechte) in die Irre und kläre sie insbesondere auch darüber auf, dass ihre Entgelte höher seien als im Webshop der Antragsgegnerin, begegne dieses Geschäftsmodell schon grundsätzlich keinen Bedenken, weil dann die informierte Entscheidung des Verbrauchers, von wem er welche Leistung beziehen wolle, nicht gefährdet sei. Die Antragsgegnerin lege auch nicht dar, vor welchen Irrtümern die Verbraucher diesfalls noch geschützt werden müssten. Die Entscheidung darüber, ob die angebotene Leistung „werthaltig“ oder die Antragstellerin „bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise ungerechtfertigt bereichert“ sei, stehe im Rahmen des anzustrebenden Leistungswettbewerbs allein den (informierten) Kunden zu.
[30] Möglicherweise habe die Antragstellerin zunächst gegen lauterkeits- oder markenschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen, indem sie Verbraucher nicht über deren Rücktrittsrecht nach dem Fern- und Auswärtsgeschäfte‑Gesetz (FAGG) bzw vergleichbaren Rechtsvorschriften und nicht darüber aufgeklärt habe, dass ihre Preise höher seien als im Webshop der Antragsgegnerin, und indem sie Verbrauchern Rücktrittsrechte auch nicht tatsächlich gewährt und Marken der Antragsgegnerin unzulässigerweise verwendet habe. Allerdings sei aus den Erklärungen der Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin ersichtlich, dass sie jedenfalls nunmehr beabsichtige, nicht in Österreich ansässige Verbraucher mit nicht in Österreich zugelassenen Fahrzeugen über ihr gesetzliches Rücktrittsrecht zu informieren und ihnen ein solches auch zu gewähren; sie wolle sie auch über die Preisgestaltung informieren und die registrierten Marken der Antragsgegnerin nicht benutzen. Das von der Antragstellerin geplante Geschäftsmodell entspreche damit jenen Vorgaben an einen rechtmäßigen Vertrieb digitaler Mautprodukte, die der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 4 Ob 96/19z aufgestellt habe und deren Einhaltung die Antragstellerin zusichere. Insofern diene die Abschlussverweigerung durch die Antragsgegnerin nicht der Verhinderung eines Missbrauchs durch die Antragstellerin. Für die Befürchtung der Antragsgegnerin, die Antragstellerin werde ihre Zusagen nicht einhalten, seien keine objektiven Anhaltspunkte ersichtlich. Diesfalls stünde es der Antragsgegnerin frei, den Rechtsweg zu beschreiten und von der Antragstellerin Unterlassung zu fordern. Sie habe außerdem die Möglichkeit, den Abschluss mit anderen Online-Shops an von ihr formulierte (sachlich gerechtfertigte) Bedingungen zu knüpfen, die es ihr auch ermöglichten, allfälligem Missbrauch zu begegnen (wie sie es ja bereits im Bereich des stationären Vertriebs digitaler Mautprodukte getan habe).
[31] Gegen diese einstweilige Verfügung richtet sich der Rekurs der Antragsgegnerin mit dem Antrag, diese „ersatzlos aufzuheben“ (richtig: den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass der Sicherungsantrag abgewiesen werde); hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
[32] Die Antragstellerin beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
[33] Der Rekurs ist teilweise berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
[34] Die Antragsgegnerin macht geltend, dass die Voraussetzungen für einen kartellrechtlichen Kontrahierungszwang nicht vorlägen und dass die ausgesprochene Lieferverweigerung sachlich gerechtfertigt sei. Beides trifft nicht uneingeschränkt zu.
[35] 1. Für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 48 KartG ist nur die Bescheinigung der Zuwiderhandlung, im vorliegenden Fall also des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung erforderlich (RS0123759).
[36] 2. Soweit sich die Antragsgegnerin gegen die vom Erstgericht vorgenommene Marktabgrenzung wendet und in diesem Zusammenhang insbesondere moniert, das Erstgericht habe letztlich offen gelassen, ob der sachlich relevante Markt jener für den Vertrieb der digitalen Mautprodukte über das Internet oder aber jener für den Vertrieb von Mautprodukten schlechthin sei, ist festzuhalten, dass die Antragsgegnerin ihre marktbeherrschende Stellung in erster Instanz gar nicht bestritten hat. Angesichts der gesetzlichen Stellung der Antragsgegnerin als einzige Mautgläubigerin ist ihre marktbeherrschende Stellung evident, unabhängig davon, wie weit oder eng man den konkret betroffenen Markt abgrenzt. Es bedarf daher jedenfalls im Sicherungsverfahren keiner detaillierteren Marktabgrenzung.
[37] 3. Die Antragstellerin stützt ihren Abstellungs- (und damit auch ihren Sicherungs-)Antrag insbesondere auf einen Marktmachtmissbrauch durch Liefer- bzw Abschlussverweigerung.
[38] 3.1. In Lehre und Rechtsprechung ist unstrittig, dass sowohl für Monopolisten außerhalb des Kartellrechts als auch für marktbeherrschende Unternehmen kein Zwang besteht, jeden von einem Dritten gewünschten Vertrag abzuschließen; diese können vielmehr aus sachlich gerechtfertigten Gründen einen Vertragsabschluss ablehnen. Missbräuchliches Unterlassen, insbesondere in Form einer Lieferverweigerung, wird jedoch dann angenommen, wenn das Verhalten des marktbeherrschenden Unternehmens durch keine objektiven Gründe gerechtfertigt wird (16 Ok 20/04 mwN).
[39] 3.2. Die Antragstellerin konnte zwar ursprünglich im Webshop der Antragsgegnerin Kundenkonten erstellen; die Antragsgegnerin hat diese jedoch sogleich gesperrt, nachdem sie festgestellt hatte, dass die Antragstellerin diese Konten nicht für ihren Eigenbedarf, sondern – entgegen den ANB der Antragsgegnerin – zur gewerblichen Weiterveräußerung der digitalen Mautprodukte nutzte. Vor diesem Hintergrund ist dieser Sachverhalt nicht als Abbruch einer laufenden Geschäftsbeziehung, sondern vielmehr als Verweigerung der Aufnahme einer Geschäftsbeziehung zu beurteilen.
[40] 3.3. Der Abbruch laufender Geschäfts-beziehungen ist nur in Ausnahmefällen, insbesondere aus zwingenden wirtschaftlichen oder technischen Gründen (wie zB der finanziellen Unzuverlässigkeit des Handelspartners oder der mangelnden Qualität seiner Produkte) gerechtfertigt. Hingegen ist die Verweigerung der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen mit Handelspartnern, die weder aktuelle noch potentielle Kunden des marktbeherrschenden Unternehmens sind, nur dann missbräuchlich, wenn der Marktbeherrscher einem Kontrahierungszwang unterliegt und keine sachliche Rechtfertigung für sein Verhalten vorliegt (Vartian/Schuhmacher in Petsche/Urlesberger/Vartian, KartG2 § 5 Rz 78 f). Auch einem marktbeherrschenden Unternehmen steht es grundsätzlich frei zu entscheiden, mit wem und auf welcher Grundlage kontrahiert wird, welche „Vertriebswege“ gewählt und welche Preise für die eigenen Produkte bzw Dienstleistungen berechnet werden (16 Ok 1/18k mwN).
[41] 3.4. Besteht zum Zeitpunkt der Weigerung, eine Geschäftsbeziehung aufzunehmen, für den Gegenstand des Geschäfts ein Markt, hat also das marktbeherrschende Unternehmen bereits mit anderen kontrahiert, kommt bei der Verweigerung einer Geschäftsbeziehung mit geeigneten Dritten im Einzelfall ein Verstoß gegen die Generalklausel des Art 102 Satz 1 AEUV in Betracht. Es ist nach den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen, ob der marktbeherrschende Unternehmer, der bereits mit anderen Nachfragern kontrahiert hat, dies auch mit neuen Nachfragern tun muss, die als geeignete Vertragspartner erscheinen (vgl 16 Ok 1/12 mwN).
[42] 3.5. Ein Kontrahierungszwang trifft vor allem Inhaber gesetzlicher oder faktischer Monopole sowie Unternehmen mit beherrschender Verfügungsmacht über Einrichtungen, die für die Geschäftstätigkeit anderer Teilnehmer notwendig sind. Den Inhaber einer Monopolstellung trifft eine Kontrahierungspflicht, wenn ihm ein Vertragsabschluss zumutbar ist. Er kann diesen daher nur aus einem sachlichen Grund ablehnen (Vartian/Schuhmacher in Petsche/Urlesberger/Vartian, KartG2 § 5 Rz 80 mwN; vgl auch RS0117542 und RS0016745).
[43] 4.1. Die Antragsgegnerin bedient sich zum Vertrieb ihrer (auch digitalen) Mautprodukte – abgesehen von ihrem Webshop und Automaten – ausgewählter Vertriebspartner, denen sie insbesondere die Vorgabe macht, die Mautprodukte zu keinem höheren als in der Mautordnung festgelegten Preis zu verkaufen. Ob bzw unter welchen Voraussetzungen sie aufgrund ihrer Monopolstellung verpflichtet wäre, auch die Antragstellerin als Vertriebspartnerin (zu den selben Bedingungen) zu akzeptieren, ist hier nicht zu untersuchen, weil die Antragstellerin einen solchen Vertriebsvertrag gar nicht anstrebt, will sie doch die digitalen Mautprodukte zu einem höheren als dem in der Mautordnung jeweils festgelegten Preis verkaufen.
[44] 4.2. Der Antragsgegnerin ist zunächst dahin zuzustimmen, dass sie der Antragstellerin nicht ganz allgemein den Zugang zu ihrem Webshop zum Zweck der gewerblichen Weiterveräußerung ihrer digitalen Mautprodukte im Sinn eines „schlichten Weitervertriebs“ gewähren muss, darf sie doch auch als Monopolistin die Gestaltung ihres Vertriebsnetzes autonom bestimmen (siehe dazu schon zuvor Pkt 3.3.). Diese Autonomie hat allerdings (wie schon in Pkt 3.5. aufgezeigt) Grenzen.
[45] 4.3. Die Antragstellerin will in ihrem Webshop auch ein neues Produkt,nämlich den online‑Vertrieb „sofort“ – dh innerhalb von weniger als 18 Tagen ab Kaufdatum – gültiger digitaler Maut-Vignetten anVerbraucheranbieten. (Nur) in diesem Umfang unterscheidet sich ihr geplantes Geschäftsmodell grundlegend vom Angebot der Antragsgegnerin, die ausschließlichUnternehmern sofort gültige digitale Mautprodukte anbietet.
[46] 4.4. Es liegt auf der Hand, dass für das Anbieten dieses neuen Produkts der Antragstellerin der Online-Bezug digitaler Mautprodukte zwingend erforderlich ist; ein solcher ist allerdings ausschließlich über den Webshop der Antragsgegnerin technisch möglich.
[47] Insofern ist der vorliegende Sachverhalt mit jenem vergleichbar, der der Entscheidung des EuGH vom 6. April 1995 in den verbundenen Rechtssachen C‑241/91 P und C-242/91 P , Magill, zugrunde lag: Dort ging es um die Verweigerung der Einräumung von – für die Herausgabe eines allgemeinen Fernsehprogrammführers naturgemäß unentbehrlichen – Informationen über die wöchentlichen Programme bestimmter Fernsehsender. Der EuGH führte aus, dass zwar die Verweigerung einer Lizenz als solche keinen Missbrauch einer beherrschenden Stellung bedeutenkönne, selbst wenn sie von einem Unternehmen in beherrschender Stellung ausgehe; die Ausübung des ausschließlichen Rechts durch den Inhaber könne jedoch unter außergewöhnlichen Umständen als missbräuchliches Verhalten zu beurteilen sein. Dies sei im Anlassfall zu bejahen, weil die Fernsehsender durch die Verweigerung der Herausgabe der Programminformationen das Auftreten eines neuen Erzeugnisses, nämlich eines umfassenden wöchentlichen Fernsehprogrammführers, den sie selbst nicht anboten und nach dem eine potentielle Nachfrage der Verbraucher bestand, verhinderten.
[48] 4.5. Die Antragsgegnerin hat sich zur sachlichen Rechtfertigung der Sperre der Kundenkonten der Antragstellerin einerseits darauf berufen, dass sie über ihr Kundenservice erzürnte Kunden der Antragstellerin betreuen müsse, die sich über Mehrkosten und andere Unzulänglichkeiten beschwerten, was für sie zu einem Mehraufwand führe; ein solcher ist allerdings nicht bescheinigt.
[49] Andererseits hat sie sich ganz wesentlich – als ihr primäres Motiv – auf die Sicherstellung der Beachtung der Verbraucherschutzrichtlinie und den Schutz von Beziehern digitaler Mautprodukte vor nicht gerechtfertigten Zusatzkosten gestützt; insoweit hat das Erstgericht jedoch als bescheinigt angenommen, dass die Antragstellerin bei Aufnahme ihres angepassten Geschäftsmodells ihre Kunden gesetzeskonform insbesondere über den von ihr verrechneten Aufschlag auf die in der Vignettenpreisverordnung festgelegte Mautgebühr aufklären wird.
[50] Entgegen den Ausführungen im Rekurs kann daher nicht gesagt werden, das modifizierte künftige Geschäftsmodell der Antragstellerin sei von vornherein verbraucherschädigend; im Gegenteil entspricht es nach den von der Antragstellerin vorgesehenen Rahmenbedingungen den gesetzlichen Vorgaben. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, dass das Erstgericht die von der Antragsgegnerin geltend gemachten Rechtfertigungsgründe als nicht berechtigt ansah.
[51] 4.6. Dem weiteren Einwand der Antragsgegnerin, es bestehe kein Markt für die Leistungen der Antragstellerin und auch kein Bedarf daran, ist zu entgegnen, dass grundsätzlich, aber auch gerade in Zeiten einer grassierenden Pandemie, ein Bedürfnis von Verbrauchern bestehen kann, eine sofort gültige digitale Vignette online zu erwerben.
[52] Es trifft zwar zu, dass Verbraucher auch jetzt schon die Möglichkeit haben, sofort gültige digitale Vignetten online über den Webshop der Antragsgegnerin – und damit ohne den von der Antragstellerin verrechneten Aufschlag – zu beziehen, wenn sie (unrichtig) angeben, Unternehmer zu sein (und damit im Ergebnis auf ihr Rücktrittsrecht nach dem FAGG verzichten). Dass sich ein Verbraucher eine gewünschte Leistung nur durch falsche Angaben erschleichen kann, ist allerdings keine von der Rechtsordnung zu duldende Vorgangsweise und kann daher dem Geschäftsmodell der Antragstellerin nicht entgegengehalten werden.
[53] Ob das von der Antragstellerin geplante Geschäftsmodell letztlich erfolgreich sein wird, spielt für die Frage des Vorliegens eines Marktmachtmissbrauchs und damit der Berechtigung des Abstellungsantrags keine Rolle.
[54] 5. Ob die Antragsgegnerin im Fall des Unterliegens in diesem Rechtsstreit auch jedem anderen Online-Weiterverkäufer diskriminierungsfrei Zugang zu ihrem Webshop gewähren muss, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
[55] 6.1. Die Antragsgegnerin bestreitet die Anwendbarkeit des KartG auf den vorliegenden Sachverhalt unter Verweis auf § 24 Abs 2 KartG: Ihre Lieferverweigerung gegenüber der Antragstellerin wirke sich nämlich deshalb nicht auf den inländischen Markt aus, weil die Antragstellerin inländische Kunden bewusst von ihrem Angebot ausnehme.
[56] 6.2. Dem ist entgegenzuhalten, dass sich der Oberste Gerichtshof als Kartellobergericht in seiner Entscheidung 16 Ok 3/08 ausführlich mit dem Begriff der Inlandsauswirkung auseinandergesetzt und dort (in Pkt 4.6.) ausgesprochen hat, dass sich eine Wettbewerbsbeschränkung mit Auslandsbezug, aber inländischer Beteiligung dann im Inland auswirkt, wenn der Tatbestand der jeweiligen Sachnorm in Bezug auf den Inlandsmarkt verwirklicht ist; dabei muss die Wettbewerbsbeschränkung geeignet sein, den inländischen freien Wettbewerb spürbar zu beeinträchtigen.
[57] 6.3. In Anwendung dieser Grundsätze wirkt sich der hier zu beurteilende Sachverhalt unzweifelhaft auf den inländischen Markt aus, weil ein inländischer Monopolist einem deutschen Unternehmer die Aufnahme einer Geschäftsbeziehung zum Bezug eines (zur Durchführung dessen eigenen Geschäftsmodells zwingend erforderlichen) Vorprodukts verweigert, das allein im Inland verwertet werden kann und mit den vom inländischen Monopolisten angebotenen Produkten (digitale Mautprodukte für Verbraucher) in Wettbewerb steht.
[58] 7. Weshalb das in den Geschäftsbedingungen der Antragsgegnerin enthaltene Weiterveräußerungsverbot ihrer digitalen Produkte für Wiederverkäufer verhindern können soll, dass die gesetzlich determinierte Mauteinhebung ad absurdum geführt wird, ist nicht nachvollziehbar. Die digitale Vignette wird nämlich nach den Nutzungsbedingungen (Pkt 2.1. der ANB) derart bezogen, dass das Kraftfahrzeugkennzeichen im Mautsystem registriert wird. Die im Rekurs aufgezeigten Beispiele missbräuchlicher Verwendung durch Veräußerung digitaler Vignetten an dritte Nutzungswillige nach Teilnutzung, aber vor Ablauf der Nutzungsfrist müssen nämlich schon daran scheitern, dass ein Nacherwerber eine bereits bezogene Vignette nur in Verbindung mit dem ursprünglich registrierten Kennzeichen verwenden kann.
[59] 8. Im Ergebnis erweist sich der Abstellungsantrag daher (nur) insofern als berechtigt, als er auf die Gewährung des Zugangs zum Webshop der Antragsgegnerin zum Zweck der Ermöglichung des neuen Produkts der Antragstellerin (also der Weiterveräußerung von „sofort“ gültigen digitalen Mautprodukten an Verbraucher) abzielt. Die angefochtene einstweilige Verfügung ist deshalb in teilweiser Stattgebung des Rekurses der Antragsgegnerin in diesem Sinn einzuschränken.
[60] 9. Gemäß § 393 Abs 1 erster Satz EO werden einstweilige Verfügungen stets auf Kosten der antragstellenden Partei getroffen, unbeschadet eines ihr zustehenden Anspruchs auf Ersatz dieser Kosten. Unter anderem in Verfahren wegen der Abstellung von Zuwiderhandlungen sind die Bestimmungen der ZPO über den Kostenersatz gemäß § 41 KartG sinngemäß mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Kostenersatzpflicht der unterliegenden Partei nur soweit eintritt, als die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung mutwillig war. Mutwillige Rechtsverfolgung liegt vor, wenn die Partei sich der Unrichtigkeit ihres Verfahrensstandpunkts bewusst ist und sich in diesem Bewusstsein in das Verfahren einlässt, oder wenn sie mit dem Verfahren ausschließlich einen durch die Rechtsordnung nicht geschützten Zweck verfolgt (vgl RS0121463 [T1]). Anhaltspunkte für eine mutwillige Rechtsverteidigung der im Sicherungsverfahren teilweise unterlegenen Antragsgegnerin sind jedoch nicht zu erkennen, sodass die Antragstellerin die Kosten der Rekursbeantwortung endgültig selbst zu tragen hat.
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