European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0130OS00089.20T.0113.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde Arthur K***** des Finanzvergehens des Abgabenbetrugs nach §§ 33 Abs 2 lit a, 39 Abs 1 lit a FinStrG „idF BGBl I 2013/14“ schuldig erkannt.
[2] Danach hat er im Zuständigkeitsbereich des Finanzamts Wien 9/18/19/Klosterneuburg die steuerliche Vertreterin (§ 83 BAO) jeder von acht (im angefochtenen Urteil genannten) Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Mag. G*****, vorsätzlich dazu bestimmt (§ 11 zweiter Fall FinStrG), unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen sowie unter Verwendung falscher Beweismittel eine Verkürzung an Umsatzsteuer (von zusammen 120.400 Euro) zu bewirken, indem er sie aufforderte, jeweils in Eingangsrechnungen, denen keine entsprechenden Leistungen zugrunde lagen, ausgewiesene „Vorsteuer“ in den Umsatzsteuervoranmeldungen für die Kalendermonate Jänner, Februar und März 2013 (im angefochtenen Urteil jeweils nach Unternehmen, Verkürzungsbeträgen und Voranmeldungszeiträumen aufgegliedert) geltend zu machen, wobei er das Bewirken der Abgabenverkürzung jeweils nicht nur für möglich, sondern für gewiss hielt.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen wendet sich die aus § 281 Abs 1 Z 4 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
[4] Ihrem Vorbringen zuwider wurden durch die Abweisung (ON 133 S 70 und ON 139 S 42) mehrerer in der Hauptverhandlung gestellter Beweisanträge des Beschwerdeführers Verteidigungsrechte nicht geschmälert:
[5] Für die Annahme von Bestimmungstäterschaft (§ 11 zweiter Fall FinStrG) kommt es nicht darauf an, ob der Beschwerdeführer – wovon das Erstgericht ausging (US 6) – zur jeweiligen Tatzeit faktischer Geschäftsführer jeder der acht in Rede stehenden Gesellschaften (Steuersubjekte) war (vgl Lässig in WK2 FinStrG § 11 Rz 2 ff).
[6] Im Hinblick darauf ließ der Antrag auf Beischaffung eines (bestimmten) „Bescheides der Wiener Gebietskrankenkasse“ zum Beweis dafür, dass der Beschwerdeführer „nicht faktischer Geschäftsführer der genannten Unternehmen ist“ (ON 133 S 68), keinen Konnex zur Schuld- oder zur Subsumtionsfrage erkennen (siehe aber RIS-Justiz RS0118444; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 327 ff).
[7] Gleiches gilt für den Antrag auf „Einholung eines Sachverständigen-Gutachtens aus dem Bereich des Wirtschaftswesens“ zum Beweis dafür, dass „die der Ordnungsnummer 132 beigelegte Leistungsaufstellung hinsichtlich der Höhe der verzeichneten Leistungen und des Stundensatzes branchenüblich ist“ (ON 133 S 69).
[8] Der Antrag auf „Beischaffung sämtlicher E‑Mails, die der Angeklagte mit der Steuerberaterin Mag. G***** ausgetauscht hat und die sich auf dem sichergestellten Computer des Angeklagten befinden“, zum Beweis dafür, „dass damals bereits inhaltlich über die dem Leistungsverzeichnis zugrundeliegenden Leistungen des Angeklagten gesprochen wurde, diese somit damals tatsächlich erbracht wurden“ (ON 139 S 39), wiederum legte nicht dar, weshalb aus Gesprächen über (die auf den erwähnten Eingangsrechnungen verzeichneten) Leistungen auf deren tatsächliche Erbringung zu schließen sein sollte. Solcherart zielte er – im Stadium der Hauptverhandlung unzulässig – auf Erkundungsbeweisführung ab (RIS-Justiz RS0118444; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330).
[9] Das die Anträge ergänzende Beschwerdevorbringen hat mit Blick auf das aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes resultierende Neuerungsverbot auf sich zu beruhen (RIS-Justiz RS0099618).
[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
[11] Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
[12] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
[13] Hinzugefügt sei, dass die Normenlage zum Urteilszeitpunkt – in ihrer fallkonkreten Gesamtauswirkung – nicht günstiger war als das (jeweilige) Tatzeitrecht. Indem es die vom Schuldspruch umfassten Taten nach (dem seither unverändert in Geltung stehenden) § 33 Abs 2 lit a FinStrG (idF BGBl I 2010/104) zu einem Finanzvergehen (RIS-Justiz RS0130035) nach § 39 Abs 1 lit a FinStrG in der zur Tatzeit geltenden Fassung zusammenfasste (US 4, vgl auch US 31 ff), hat sie das Erstgericht daher zutreffend (§ 4 Abs 2 FinStrG) Letzterem unterstellt. Diese Tatzeitfassung ist, weil § 39 Abs 1 lit a FinStrG und die hier aktuelle Strafrahmenbestimmung des § 39 Abs 3 lit a FinStrG seither nur mit BGBl I 2019/62 geändert wurden, die der letzteren (zum Urteilszeitpunkt geltenden) Fassung vorangehende. Mit der letzten den Taten vorangegangenen Novellierung des FinStrG (BGBl I 2013/14) dagegen wurde weder dessen § 33 Abs 2 lit a noch dessen § 39 geändert (zum Günstigkeitsvergleich nach dem FinStrG jüngst eingehend 13 Os 20/20w mwN).
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