OGH 11Os7/17i

OGH11Os7/17i30.5.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. Mai 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart der Richterin Dr. Sadoghi als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mag. Günter S***** wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1, Abs 3 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 21. Jänner 2016, GZ 18 Hv 66/13h‑508, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0110OS00007.17I.0530.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mag. Günter S***** des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1, Abs 3 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er von 9. August 2005 bis 19. Oktober 2005 als Mitglied des Vorstands der H***** B***** Int***** AG seine Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, wissentlich missbraucht, indem er namens dieser Gesellschaft entgegen den bankinternen Richtlinien, nämlich ohne ausreichende Sicherheiten und ohne Befassung des Aufsichtsrats, der mangelnde Bonität aufweisenden J***** d.o.o. zwei Bankgarantien über 300.000 Euro und 5.700.000 Euro sowie „darauf basierend“ einen Kredit über 6.700.000 Euro „gewähren ließ“, und dadurch die H***** B***** Int***** AG im Betrag von 6.649.750 Euro am Vermögen geschädigt.

 

Rechtliche Beurteilung

Dagegen wendet sich die auf § 281 Abs 1 Z 3, 4 und 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

 

1.  Nach den Urteilsfeststellungen liegt dem Straffall in objektiver Hinsicht – verkürzt wiedergegeben – folgender Sachverhalt zugrunde (US 3 bis 18):

Im Jahr 2005 war der Angeklagte Mitglied des Vorstands der H***** B***** Int***** AG (im Folgenden: HBInt). Zu den Kunden dieses Bankinstituts zählte der kroatische Unternehmer Goran Š***** mit einer Mehrzahl diesem zuzuordnender Gesellschaften (sogenannte „Š*****-Gruppe“). Deren Gesamtobligo (als Gruppe verbundener Kunden – § 27 Abs 4 Z 1 BWG idF BGBl I 2001/97) bei der HBInt (und ihren Tochtergesellschaften) belief sich auf ein Ausmaß, das nach den bankinternen Richtlinien die Zustimmung des (Kreditausschusses des) Aufsichtsrats (vgl § 95 Abs 5 AktG idF BGBl I 2001/42) zu jeder weiteren Kreditvergabe an ein Unternehmen der Š*****-Gruppe und zu jeder (weiteren) Erstellung einer Bankgarantie im Auftrag eines solchen erforderte.

Eine dieser Gesellschaften, die (über mangelnde Bonität verfügende) J***** d.o.o. (im Folgenden: J*****), interessierte sich für den Kauf von Grundstücken auf der – auf kroatischem Staatsgebiet gelegenen – Insel Jakljan. Als Verkäuferin dieser Grundstücke, als deren grundbücherliche Eigentümer im kroatischen Grundbuch teils die Republik Kroatien, teils verschiedene Privatpersonen eingetragen waren, trat die Republik Serbien auf. In den Verkaufsbedingungen der öffentlichen Ausschreibung dieses Liegenschaftsverkaufs wurde darauf hingewiesen, dass die Republik Serbien „nicht im Besitz der gegenständlichen Liegenschaften“ sei und der Verkauf „ohne Recht auf nachträgliche Reklamation“ erfolge. Voraussetzung für die Teilnahme daran war der Erlag einer Bankgarantie (Bietungsgarantie) über 5 % des angebotenen Kaufpreises.

Der Angeklagte gewährte – auf Wunsch des Goran Š***** – namens der HBInt (als Garantin) für die J***** (als Auftraggeberin) eine solche Bietungsgarantie über 300.000 Euro, die am 9. August 2005 erstellt wurde. Die J***** beteiligte sich damit an der Ausschreibung und erhielt mit ihrem Kaufangebot über 6 Mio Euro den Zuschlag. In dem daraufhin am 25. August 2005 geschlossenen Kaufvertrag verpflichtete sich die J***** gegenüber der Republik Serbien zur Bezahlung dieses Kaufpreises binnen 30 Tagen. Für den Fall der Nichtzahlung wurde vereinbart, dass der Vertrag als aufgelöst betrachtet und die Bankgarantie gezogen werde.

Zur Finanzierung dieses Geschäfts beantragte die J***** bei der HBInt am 28. September 2005 die Gewährung eines Kredits über 6,7 Mio Euro (beinhaltend die gesamte Kaufpreissumme zuzüglich 700.000 Euro „für Fees und Steuern“). Auf Ersuchen eines Vertreters der J***** gewährte der Angeklagte namens der HBInt (als letztliche Garantin) für die J***** (als Auftraggeberin) eine Bankgarantie über 5,7 Mio Euro (zur Besicherung der restlichen Kaufpreisforderung), die am 3. Oktober 2005 erstellt wurde. Erst danach befasste er die zur Prüfung des Kreditfalls bankintern zuständigen Gremien, insbesondere auch den Kreditausschuss („KAS“) des Aufsichtsrats, der in seiner Sitzung am 14. Oktober 2005 – auf Betreiben des Angeklagten – letztlich beschloss, dem Aufsichtsrat die Bewilligung des Kreditantrags zu empfehlen.

Da infolge zwischenweiligen (fruchtlosen) Ablaufs der Zahlungsfrist die Bietungsgarantie gezogen worden war, überwies die HBInt am 4. Oktober 2005 die betreffende Garantiesumme von 300.000 Euro an die Republik Serbien.

Nach Zustimmung durch den Aufsichtsrat wurde der Kredit antragsgemäß gewährt und am 19. Oktober 2005 die Kreditsumme von 6.649.750 Euro an die J***** ausbezahlt.

Beide Bankgarantien hatte der Angeklagte gewährt, ohne den Aufsichtsrat befasst zu haben. Weder die Bankgarantien noch der Kredit waren besichert. Aufgrund der ungeklärten Eigentumsverhältnisse an dem vom damit finanzierten Kauf erfassten Grundstück bestand (insbesondere) auf eine solche (allenfalls nachträgliche) Besicherung in Form dessen hypothekarischer Belastung auch in absehbarer Zukunft keine Aussicht.

 

2.  Der Rechtsmittelerledigung ist vorauszuschicken:

Die Gewährung des Kredits bildet nach dem Urteilssachverhalt keinen Anknüpfungspunkt für eine gerichtlich strafbare Handlung des Angeklagten. Aus den Feststellungen ergibt sich nämlich keineswegs, dass diesen Mag. S***** namens der HBInt (als deren Vorstandsmitglied ohne Befassung des Aufsichtsrats) selbst (allein oder im Zusammenwirken mit anderen Vorstandsmitgliedern – vgl zur Untreue kollektiv Vertretungsbefugter RIS‑Justiz RS0130419, RS0094442, RS0094845) gewährt hätte (§ 12 erster Fall StGB). Ebenso wenig, dass der Angeklagte Mitglieder des Aufsichtsrats dieser Gesellschaft – im Wissen um deren vorsätzlichen Befugnisfehlgebrauch im Sinn des § 153 Abs 1 StGB (RIS‑Justiz RS0090558 [insbesondere T8, T9, T10, T11]) – zur Kreditgewährung bestimmt (§ 12 zweiter Fall StGB) oder sonst hierbei unterstützt (§ 12 dritter Fall) hätte oder dass die Täuschungshandlungen, mit denen er den Aufsichtsrat zur Zustimmung veranlasste (US 18 iVm US 15), von Tat- und Bereicherungsvorsatz im Sinn des § 146 StGB – oder von Tatvorsatz im Sinn des § 255 Abs 1 Z 5 AktG idF BGBl I 2001/97 – getragen gewesen wären.

Allerdings bilden die zur Abgabe der beiden Bankgarantien getroffenen Feststellungen eine taugliche Basis für die rechtliche Annahme von Untreue durch Mag. S*****. Wurden doch diese Garantien vom Angeklagten „ohne jegliche Sicherheiten“ im Auftrag einer „im Wesentlichen vermögenslosen“, über „keinerlei nennenswerte Bonität“ verfügenden Gesellschaft eröffnet (US 18 iVm US 16). Damit war die Garantieabgabe mangels angemessenen Risikoausgleichs und ausreichender Sicherheiten (vgl § 39 Abs 1 BWG; § 27 Abs 1 BWG idF vor BGBl I 2013/184; zur Sicherung des Rückgriffsanspruchs des Garanten vgl Apathy/Iro/Koziol , Österreichisches Bankvertragsrecht V 2 271) jedenfalls wirtschaftlich unvertretbar. Schon dies begründet die Annahme eines (nach dem Urteilsinhalt auch wissentlichen – US 18 f) Befugnisfehlgebrauchs, ohne dass es darauf ankäme, ob der Angeklagte – wovon das Erstgericht ebenfalls ausging – dabei noch zusätzlich gegen (die Bestellung von Sicherheiten und die vorangehende Zustimmung des Aufsichtsrats erfordernde) bankinterne Richtlinien verstoßen hat (vgl 14 Os 143/09z; 11 Os 19/12x; RIS-Justiz RS0094897).

Nach den weiteren Urteilsannahmen war ein durch den Befugnisfehlgebrauch bewirkter, 300.000 Euro übersteigender Schaden bei der Vertretenen (HBInt) – in Gestalt eines „100%igen Ausfalls“ der gegenständlichen Rückforderungsansprüche – vom Vorsatz des Angeklagten erfasst (US 18 f).

Einen effektiven Vermögensabfluss – und damit den Eintritt eines tatbestandsmäßigen Schadens (vgl RIS‑Justiz RS0126620) – bedeuteten die mit den Bankgarantien eingegangenen Verpflichtungen allerdings noch nicht. Soweit der Befugnisfehlgebrauch idS zu bloßer Vermögensgefährdung führte, wäre demnach zwar nicht von Deliktsvollendung, wohl aber von strafbarem Versuch auszugehen (RIS-Justiz RS0105921). Diese Abgrenzung ist freilich nicht für den Schuldspruch (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO), sondern (erst) für die dem Subsumtionsvorgang nachgelagerte Strafbemessung bedeutsam (RIS-Justiz RS0122138).

Dem Urteilsinhalt zufolge trat ein Untreue-Schaden im Fall der ersten Bankgarantie mit der Überweisung von 300.000 Euro an die Republik Serbien ein, nachdem diese die betreffende Garantie gezogen hatte. Insoweit ist daher Deliktsvollendung anzunehmen.

Ob auch die zweite Bankgarantie (über 5.700.000 Euro) gezogen wurde oder ob dies (etwa) deshalb unterblieb, weil die (nicht der Republik Serbien, sondern der J***** ausbezahlte) Kreditsumme von der J***** zur Bezahlung des (restlichen) Kaufpreises an die Republik Serbien verwendet wurde, ist den Feststellungen hingegen nicht zu entnehmen. Ursächlich für den weiteren Mittelabfluss (von 6.649.750 Euro) war – soweit festgestellt – nicht die (zweite) Garantieabgabe durch den Angeklagten, sondern die nachfolgende Kreditgewährung durch den Aufsichtsrat (zur Kausalitätsproblematik vgl Kienapfel/Höpfel/Kert AT 15 Z 10 Rz 15 ff; Stricker in Leukauf/Steininger StGB 4 Vorbem zu § 1 Rz 21). In diesem Umfang trägt das Feststellungssubstrat daher bloß die Annahme von Versuch (§ 15 StGB).

 

3.1. Zu den Verfahrensrügen:

Der vom Gericht bestellte Sachverständige aus dem Fach des Steuer- und Rechnungswesens wurde in der Hauptverhandlung ausführlich befragt (ON 468 S 13 verso bis 23) und bezog sich dabei auf sein schriftliches Gutachten (ON 468 S 13 verso; ON 155).

Das damit ohnehin (im materiellen Sinn) unmittelbare, demnach gar keinen Fall des § 252 Abs 1 StPO bildende (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 230; vgl RIS-Justiz RS0110150 [insbesondere T4]) Vorkommen des genannten Beweismittels in der Hauptverhandlung konnte diese Bestimmung daher – entgegen der Verfahrensrüge (Z 3) – von vornherein nicht verletzen.

Die – konträr zu diesem Vorbringen erhobene – Beschwerdebehauptung, das erwähnte Sachverständigengutachten sei nicht in der Hauptverhandlung vorgekommen (§ 258 Abs 1 erster Satz StPO), aber dennoch bei der Urteilsfällung berücksichtigt worden (der Sache nach nur Z 5 vierter Fall; vgl Lendl, WK-StPO § 258 Rz 9; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 464), trifft mit Blick auf das oben Gesagte nicht zu. Die damit bekämpften Feststellungen, es hätten „keine werthaltigen Sicherheiten, auch keine Besicherung in Form von Querhaftungen durch andere Gesellschaften der Š*****-Gruppe“ bestanden und, bei der „Vergabe dieses zur Gänze unbesicherten Kredites bzw. bei der Ausstellung der Garantien an eine im wesentlichen vermögenslose Gesellschaft“ habe „die HBInt das gesamte Risiko der Rückführung des Kredites“ getragen (US 16), wurden vom Erstgericht übrigens keineswegs auf das (vom Beschwerdeführer auch inhaltlich bemängelte – vgl aber RIS‑Justiz RS0097433, RS0099508 sowie das unten zur diesbezüglichen Verfahrensrüge [Z 4] Ausgeführte) Sachverständigengutachten gestützt. Sie wurden vielmehr– von der Rüge prozessordnungswidrig (RIS‑Justiz RS0119370 [insbesondere T1]) missachtet – aus der Verantwortung des Angeklagten im Zusammenhalt mit den Angaben des Zeugen Goran Š***** abgeleitet (insbesondere US 22 f).

Bei – wie hier – umfangreichem Aktenmaterial bedarf es zu prozessförmiger Ausführung einer Verfahrensrüge (Z 4) der genauen Angabe von Antrag oder Widerspruch (RIS-Justiz RS0124172; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 302). Dies versäumt die Kritik am Unterbleiben einer „Befragung des Zeugen Dkfm. G*****“.

Dem weiteren Beschwerdevorbringen (Z 4) zuwider verfielen nachstehende Beweisanträge des Angeklagten aus folgenden Gründen zu Recht der Ablehnung (ON 507 S 5):

Die Anträge auf zeugenschaftliche Vernehmung des Mag. Wolfgang P***** und des Wolfgang E***** (ON 464 S 11 verso f) legten (schon) nicht dar, weshalb die begehrten Beweisaufnahmen Aufklärung über die – allein maßgeblichen – Verhältnisse zur Tatzeit (August bis Oktober 2005) hätten erwarten lassen, obwohl die Genannten nach dem Antragsvorbringen erst ab 1. Oktober 2006 (P*****) und ab 19. April 2010 (E*****) Mitglieder des Vorstands der HBInt gewesen seien (siehe aber RIS-Justiz RS0118444). Im Übrigen ist die Frage, ob die in Rede stehenden Bankgarantien und die Kreditvergabe „jederzeit wirtschaftlich vertretbar“ waren, gar kein Gegenstand des Zeugenbeweises, der nur sinnliche Wahrnehmungen über Tatsachen, nicht aber subjektive Meinungen, Ansichten, Wertungen, Schlussfolgerungen, rechtliche Beurteilungen und ähnliche intellektuelle Vorgänge umfasst (RIS-Justiz RS0097540).

Der Antrag auf zeugenschaftliche Vernehmung des Mag. Heinz T***** (ON 464 S 11 verso f), der „zum maßgeblichen Zeitpunkt Vorstand der H***** B***** Kroatien“ gewesen sei, zur Bedeutung der „Goran Š***** Gruppe“ für den „Gesamtkonzern“ im Allgemeinen und als „eine der wichtigsten Kunden der H***** B***** Kroatien vor Ort“ ließ keinen Konnex zur Schuld- oder Subsumtionsfrage erkennen (siehe aber Ratz, WK-StPO § 281 Rz 328).

Durch die beantragte Vernehmung der Prof. Sabine K***** (ON 468 S 23 verso f) gedachte der Angeklagte unter Beweis zu stellen, dass die Genannte, die an der „106. KAS‑Sitzung vom 14. 10. 2005“ als Staatskommissärin teilgenommen habe, dabei „weder einen Satzungsverstoß noch einen Verstoß gegen das Bankwesengesetz festgestellt“ habe. Sie durfte schon deshalb unterbleiben, weil das Erstgericht hiervon ohnedies ausging (US 15; vgl § 55 Abs 2 Z 3 StPO). Dass die Tatrichter daraus nicht die vom Rechtsmittelwerber gewünschten Schlüsse (nämlich, dass ein solcher Verstoß auch wirklich nicht stattgefunden habe) zogen, begründet keine Nichtigkeit.

In der Beschwerde zahlreich nachgetragene Argumente zur Antragsfundierung (ua zur „business judgement rule“) sind prozessual verspätet und daher unbeachtlich (RIS-Justiz RS0099618; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 325).

Der bereits im Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft (vor Inkrafttreten des mit BGBl I 2014/71 neu geschaffenen § 126 Abs 5 StPO; zu den Auswirkungen dieser Gesetzesänderung im hier interessierenden Zusammenhang Ratz , ÖJZ 2015, 835) beigezogene Sachverständige aus dem Fach des Steuer- und Rechnungswesens wurde auch (im Hauptverfahren) durch das Schöffengericht bestellt. Noch vor Beginn der Vernehmung dieses Experten beantragte der Angeklagte in der Hauptverhandlung am 11. November 2015, ihn wegen aus dessen Tätigkeit im Vorverfahren resultierender Befangenheit seines Amtes zu entheben (ON 463 S 9 verso f).

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) dazu wurden durch die Abweisung (ON 468 S 5 f) dieses Antrags Verteidigungsrechte nicht geschmälert:

Allein aus dem Umstand, dass ein Sachverständiger bereits im Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft beigezogen wurde, folgt nicht der generelle Ausschluss dieser Person für die Bestellung in der Hauptverhandlung. Vielmehr ist auch bei dieser Verfahrenskonstellation im Rahmen einer Einzelfallprüfung eine allfällige Befangenheit anhand der Regelung des § 47 Abs 1 Z 3 StPO iVm § 126 Abs 4 erster Satz StPO zu beurteilen. Ein Antrag, einen im Ermittlungsverfahren über Auftrag der Staatsanwaltschaft tätig gewesenen Sachverständigen nicht auch für die Hauptverhandlung zu bestellen, muss demnach Anhaltspunkte aufzeigen, die im Zusammenhang mit der konkreten Tätigkeit dieses Sachverständigen im Ermittlungsverfahren gegen dessen völlige Neutralität sprechen (RIS-Justiz RS0130055).

Im Gegenstand wurde dazu lediglich vorgebracht, der Experte sei „zu insgesamt zumindest 10 Kreditfällen beauftragt“ worden, habe „alle notwendigen Ermittlungsschritte eng mit der Staatsanwaltschaft abgestimmt“, „persönlich mit Auskunftspersonen Kontakte gepflogen“ und „auch selbstständig Ermittlungsschritte gesetzt“; ferner arbeite er „seit vielen Jahren besonders intensiv mit der Staatsanwaltschaft Klagenfurt in diversen H*****-Kreditfällen eng zusammen“. Ein – über bloße Behauptungen hinaus – am Akteninhalt orientierter Bezug zu konkreten, das (vorliegende) Ermittlungsverfahren betreffenden Umständen, die geeignet wären, die volle Unvoreingenommenheit des Sachverständigen in Zweifel zu setzen, wurde damit nicht hergestellt (11 Os 52/15d ua).

Ebenfalls noch vor Beginn der Vernehmung des Sachverständigen in der Hauptverhandlung beantragte der Angeklagte überdies – mit dem Vorbringen „offenkundiger mangelnder Sachkunde (§ 126 Abs 4 StPO)“ des Genannten angesichts behaupteter Mangelhaftigkeit dessen damals bereits vorliegenden schriftlichen Gutachtens (ON 155) – die Beiziehung eines weiteren Experten (ON 463 S 9 verso ff und ON 468 S 1a verso ff). Auch diesen Antrag wies das Schöffengericht – entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) – zutreffend ab (ON 468 S 5 f):

§ 126 Abs 4 zweiter Satz StPO bezieht sich nämlich nicht auf aus dem bereits erstatteten Befund und Gutachten abgeleitete Zweifel an der Sachkunde. Liegt – wie hier zum Zeitpunkt der Antragstellung – ein dem Beschwerdeführer nachteiliges Gutachten bereits vor, kann bei (in dessen Vernehmung bestehender) Beiziehung dieses Sachverständigen zur Hauptverhandlung vielmehr nur durch Aufzeigen von Mängeln im Sinn des § 127 Abs 3 erster Satz StPO das Gutachten eines weiteren Sachverständigen unter der Sanktion der Z 4 erwirkt werden ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 351, 373; RIS-Justiz RS0117263 [insbesondere T1]). Erfolglosigkeit des in § 127 Abs 3 erster Satz StPO vorgesehenen Verbesserungsverfahrens – der Angeklagte hatte in der Hauptverhandlung nachfolgend ausführlich Gelegenheit, den Sachverständigen zu (angeblichen) Mängeln im Gutachten zu befragen (ON 468 S 13 verso bis 23) – wurde, wie der Vollständigkeit halber hinzugefügt sei, vom Beschwerdeführer weder zum Gegenstand entsprechender Antragstellung in der Hauptverhandlung gemacht noch im Rechtsmittel behauptet.

3.2.  Zur Mängelrüge:

Die Feststellungen zum Schädigungsvorsatz des Angeklagten (US 19) leitete das Erstgericht – vom substratlosen Einwand „logisch nicht ausreichender Beweiswürdigung“ (Z 5 vierter Fall) vernachlässigt (siehe aber RIS-Justiz RS0119370 [insbesondere T1]) – willkürfrei aus der „gänzlich unbesicherten [US 30: Garantienerteilung sowie Veranlassung der] Kreditvergabe an eine fast vermögenslose Gesellschaft“ und der sich daraus ergebenden Unwahrscheinlichkeit der Rückführung ab (US 30 f).

Vom Beschwerdeführer als übergangen (dSn nur Z 5 zweiter Fall) reklamierte Beweisergebnisse, wonach „die Š*****-Gruppe zu diesem Zeitpunkt 'ein Wert an sich'“ gewesen sei und Goran Š***** „noch im Jahr 2007“ „zu den 50 reichsten Kroaten“ gezählt habe, stehen der Feststellung des Fehlens von Sicherheiten zur Zeit der Garantieabgaben und der Kreditgewährung im vorliegenden Geschäftsfall (US 16) keineswegs erörterungsbedürftig entgegen.

Mit dem Hinweis auf die leugnende Verantwortung des Angeklagten wird keine Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall) der – vielmehr unmissverständlichen – Feststellungen zur Wissentlichkeit des Befugnisfehlgebrauchs (US 18) aufgezeigt; ebenso wenig mit eigenständigen Überlegungen zur Frage der Rigidität der Handhabung interner Richtlinien der HBInt im Allgemeinen und zum diesbezüglichen Kenntnisstand der Mitglieder ihres Vorstands zur Tatzeit.

Angesichts der – auf Basis des Urteilssachverhalts (US 16; zur subjektiven Tatseite US 18 f) – (ohnedies vorliegenden) wirtschaftlichen Unvertretbarkeit der Garantieabgaben ist übrigens gar nicht entscheidend ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 399), ob der Angeklagte dabei (noch zusätzlich) auch gegen bankinterne Richtlinien verstoßen hat. Schon deshalb besteht zwischen der Feststellung, diese Richtlinien seien „teilweise mehrmals jährlich insbesondere hinsichtlich der Pouvoirgrenzen leicht geändert“ worden (US 5), und der – willkürfreien – Ableitung der Annahme, der Angeklagte sei sich seiner „Befugnisse als Vorstand einer Bank“ „bewusst“ gewesen, (unter anderem) aus dessen „langjähriger Tätigkeit für Banken“ (US 5) kein Widerspruch in der Bedeutung der Z 5 dritter Fall (dazu Ratz, WK-StPO § 281 Rz 437, 443).

Aktenwidrigkeit (Z 5 letzter Fall) wird durch den Vergleich eines Beweisergebnisses mit– Verfahrensergebnisse gar nicht referierenden – Feststellungen oder Beweiswerterwägungen nicht geltend gemacht ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 468).

Nur der Vollständigkeit halber sei den betreffenden Einwänden erwidert, dass die im Rechtsmittel aufgezeigten Beweisergebnisse (zu „Problemen beim Eigentumserwerb“ und daraus resultierender Unmöglichkeit der „Eintragung einer Hypothek binnen der üblichen und auch vereinbarten Frist“; vgl US 18) die Annahme der Kenntnis des Angeklagten über das Fehlen von Sicherheiten nicht infrage stellen. (Schon) keine entscheidende Tatsache wiederum wird angesprochen, soweit diese Beschwerdekritik Feststellungen bekämpft, wonach der Angeklagte den Aufsichtsrat durch Täuschung (über den Plan einer späteren „Umschuldung“ auf eine noch zu gründende Gesellschaft des M*****, als [eigentlich] dessen „Projekt“ er den „Finanzierungswunsch“ dargestellt habe, mit der Konsequenz einer „Reduktion“ des [durch die Kreditgewährung zunächst erhöhten] „Gesamtobligos der Š*****-Gruppe“) und Verschweigen verschiedener Umstände (nämlich, dass „nicht vom grundbücherlichen Eigentümer gekauft wurde“ und „Serbien nur Nutzungsrechte einräumte“) zur Bewilligung des Kreditantrags veranlasste (US 15, 17 und 18). Denn diese Urteilsannahmen sind (wie oben zu Punkt 2 dargestellt) für den angefochtenen Schuldspruch (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) unerheblich, sodass der Angeklagte durch sie nicht beschwert ist (vgl Ratz , ÖJZ 2017, 338).

Das auf Z 5 zweiter Fall gestützte Vorbringen beanstandet, es seien Zeugenaussagen und die Verantwortung des Angeklagten unberücksichtigt geblieben, wonach es „im Sinne der Bank“ gewesen sei, „konkurrenzfähig zu sein“, „der Markt im Jahr 2005 in Südosteuropa dies so verlangt“ habe, die „Gruppe Š***** in der Bank einen guten Ruf“ genossen habe und „die H*****“ mit einem vom Angeklagten– unabhängig vom hier in Rede stehenden Geschäftsfall – „irgendwann 2001 oder 2002 ausverhandelten“ Erwerb einer „33%igen Beteiligung“ (vgl dazu US 6), die Š***** später „um EUR 10 Mio zurückgekauft“ habe, „ein gutes Geschäft gemacht“ habe. Insoweit wird schon nicht deutlich, welche konkrete Feststellung damit bekämpft werden soll (siehe aber RIS-Justiz RS0130729).

Sofern damit die Möglichkeit eines Schadenseintritts infrage gestellt werden sollte, sei darauf hingewiesen, dass nach dem bei der Berechnung eines Untreue-Schadens heranzuziehenden Grundsatz der Gesamtsaldierung und Schadenskompensation lediglich unmittelbare Vor- und Nachteile des Geschäfts ausgeglichen werden. Aufrechenbarkeit besteht demnach nur hinsichtlich eines durch die Missbrauchshandlung gleichzeitig mit dem Vermögensnachteil entstehenden Vermögensvorteils. Ein die gesamte Geschäftsführung umfassender Vorteilsausgleich findet nicht statt ( Kirchbacher/Presslauer in WK 2 StGB § 153 Rz 39; RIS-Justiz RS0094565).

Die ebenfalls aus Z 5 zweiter Fall – erkennbar gegen das die rechtliche Annahme wissentlichen Befugnisfehlgebrauchs tragende Feststellungssubstrat – ins Treffen geführte (sinngemäße) Einlassung des Angeklagten, er habe (auch) im vorliegenden Geschäftsfall der HBInt „den größtmöglichen Nutzen verschaffen“ wollen, hat das Erstgericht – in Befolgung des Gebots zu gedrängter Darstellung in den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) – gar wohl erwogen, jedoch als unglaubhaft verworfen (US 28).

Mit der Behauptung von (in der Beschwerde teils als „unvollständige Feststellungen“ und „unvollständige Begründung“ bezeichneten) Feststellungsmängeln (nominell Z 5, inhaltlich Z 9 lit a; zum Begriff Ratz, WK-StPO § 281 Rz 600, 611) reklamiert der Beschwerdeführer Konstatierungen, wonach „den Vorständen und den Mitarbeitern der Bank im Jahr 2005 die genaue Ausgestaltung des Pouvoirs der Vorstände nicht eindeutig klar“ gewesen sei, weiters zu einer gegenüber den „in den Kredithandbüchern festgelegten Pouvoirgrenzen“ großzügigeren Kreditvergabepraxis, die „vom Aufsichtsrat toleriert und nicht sanktioniert“ worden sei, und darüber, dass eine die „Š*****-Gruppe“ betreffende „Gesamtobligobeschränkung“ (vgl US 4, 6, 7) zur Tatzeit nicht (mehr) bestanden habe.

Weshalb – mit Blick auf das oben zu Punkt 2 Gesagte – solche Feststellungen die rechtliche Annahme von Befugnismissbrauch ausschließen sollten, legt er indes nicht aus dem Gesetz abgeleitet dar (siehe aber RIS-Justiz RS0116565). Soweit er dabei – aufgrund eigenständiger Beweiswürdigung – dem Urteilssachverhalt entgegengesetzte Feststellungen einfordert, bringt er den geltend gemachten (materiellen) Nichtigkeitsgrund auch deshalb nicht zu prozessförmiger Darstellung (RIS-Justiz RS0099810, RS0118580 [insbesondere T14]; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 584, 593).

Nach den Urteilsfeststellungen gewährte der „H***** Konzern“ im Jahr 2004 der „Š*****-Gruppe“ – aufgrund deren „ständiger Expansion“ und des „sich daraus ergebenden Finanzierungsbedarfs“ – ein „Mezzanin-Darlehen“ von rund 4,12 Mio Euro „als Eigenkapitalaufstockung und auch zur Abdeckung eines Teiles der Privatkredite des Goran Š*****“. „Bedingung für die Auszahlung“ des „Mezzanin-Kapitals“ war die „Übertragung und Eintragung einer 33%-Beteiligung“ an der (ebenfalls Goran Š***** zuzuordnenden) Muttergesellschaft zahlreicher „kroatischer Projektgesellschaften“ (so auch der J*****) zugunsten einer Tochtergesellschaft der HBInt (US 6 iVm US 5).

Eine (sodann tatsächliche, zur Tatzeit aufrechte) Beteiligung der HBInt an de***** J***** wurde damit gar nicht festgestellt. Die – ersichtlich auf die Nichtannahme von Befugnisfehlgebrauch abzielende – Beschwerdeargumentation (der Sache nach Z 9 lit a), die HBInt sei „Mitgesellschafterin der Kreditnehmerin“ gewesen, sodass die vom Schuldspruch erfassten Vorgänge nicht als „klassisches Kreditgeschäft“, sondern als aufgrund der „erhöhten Gewinnchance“ wirtschaftlich vertretbares „Investment“ und „bewusst eingegangenes Risikogeschäft“ aufzufassen seien, verfehlt daher den – im Urteilssachverhalt gelegenen – Bezugspunkt materieller Nichtigkeit.

Im Übrigen sollte – nach dem oben Gesagten – die im Rechtsmittel angesprochene Beteiligung die Risken nicht des gegenständlichen, sondern eines früheren (Kredit-)Geschäfts ausgleichen. Auch der Abschluss von sonstigen Investment- und Risikogeschäften ist aber jedenfalls unvertretbar, wenn – wie hier nach den weiteren Feststellungen zum vorliegenden Geschäftsfall – auf das Vorhandensein eines angemessenen Risikoausgleichs und ausreichender Sicherheiten vollends verzichtet wird (RIS‑Justiz RS0126620; Flora in Leukauf/Steininger, StGB4 § 153 Rz 19).

Die weitere Beschwerde macht einen „Feststellungsmangel iZm Z 5 zweiter Fall“ (der Sache nach Z 9 oder 10) zum „Schicksal des Jakljan Kredites nach Ausscheiden des Angeklagten im Jahr 2006“ geltend. Es legt (schon) nicht dar, weshalb die dazu ins Treffen geführten Umstände für den Schuldspruch (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) relevant sein sollten (zum Anfechtungsgegenstand von Rechts- und Subsumtionsrüge Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581 f). Außerdem stützt es sich – erklärtermaßen – auf „vorgelegtes, aber nicht verlesenes“ Beweismaterial, demnach auf (gerade) nicht in der Hauptverhandlung vorgekommene Indizien (siehe aber Ratz, WK-StPO § 281 Rz 600).

 

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Dabei wird dieses zu berücksichtigen haben (RIS‑Justiz RS0119220; Ratz , WK-StPO § 283 Rz 1), dass das Schöffengericht – nach dem oben zu Punkt 2 Gesagten – verfehlt von gänzlicher Deliktsvollendung ausgegangen ist und damit den (solcherart maßgebend gewesenen) Milderungsgrund teilweisen Versuchs (§ 34 Abs 1 Z 13 StGB) nicht in Rechnung gestellt hat (§ 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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