OGH 11Os135/07y

OGH11Os135/07y29.1.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Jänner 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp, Dr. Danek, Dr. Schwab und Mag. Lendl als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Wieltschnig als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Demir S***** wegen des Verbrechens der Untreue als Beteiligter nach §§ 12 dritter Fall, 153 Abs 1, Abs 2, zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 28. Februar 2007, GZ 22 Hv 7/07s-37, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Demir S***** des Verbrechens der Untreue (als Beteiligter) nach §§ 12 dritter Fall, 153 Abs 1, Abs 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in der Zeit von Juli 2004 bis Anfang September 2005 in Höchst, Dornbirn und anderen Orten dadurch, dass er dem abgesondert verfolgten Peter T***** von Mitte Juli 2004 bis Oktober 2004 sein Konto mit der Nummer 3838554 bei der Raiffeisenbank Höchst, anschließend ab Oktober 2004 bis September 2005 sein Konto mit der Nummer 304004930 bei der Sparkasse Dornbirn zur Durchführung von 56 missbräuchlichen Überweisungen hinsichtlich des erstangeführten Kontos und zur Durchführung von 427 missbräuchlichen Überweisungen hinsichtlich des zweitangeführten Kontos zur Verfügung stellte, die überwiesenen Beträge sodann in bar behob und dem Peter T***** übergab, zur Ausführung der strafbaren Handlung des Peter T***** beigetragen, der in der Zeit ab etwa Mitte Juli 2004 bis September 2005 in Hard die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, nämlich als selbständiger Versicherungsagent der A***** AG im Rahmen der ihm eingeräumten „Servo-Berechtigung" Schadensfälle bis zum Gesamtbetrag von jeweils

1.100 EUR (ab dem 1. Jänner 2005 300 EUR) ohne Schadensmeldung über seinen Computer an die angeführte Versicherungsgesellschaft weiterzuleiten, um in der Folge von dieser den jeweils geltend gemachten Schadensbetrag ohne Überprüfung des jeweiligen Schadensfalles auf das von ihm angegebene Bankkonto überwiesen zu erhalten, wissentlich missbrauchte und hiedurch der A***** AG einen den Betrag von 50.000 EUR übersteigenden Vermögensnachteil zufügte, indem er durch Geltendmachung fingierter Schadensfälle existenter Kunden durch Wassereinbruch (angeführter Schadensbetrag jeweils knapp unter 1.100 EUR) oder durch Glasbruch (angeführter Schadensbetrag jeweils knapp unter 300 EUR) im Zeitraum Mitte Juli 2004 bis Mitte Oktober 2004 insgesamt 56 Überweisungen im Gesamtbetrag von 52.431,31 EUR und im Zeitraum von Mitte Oktober 2004 bis Anfang September 2005 insgesamt 427 Überweisungen im Gesamtbetrage von 220.250,16 EUR veranlasste, diese Beträge von Demir S***** entgegennahm und in der Folge privat verbrauchte, wodurch die A***** AG einen Schaden im Gesamtbetrag von 272.681,46 EUR erlitt.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 4, 5, 9 [lit] a und 10 StPO.

Die Verfahrensrüge knüpft an folgenden Beweisantrag in der Hauptverhandlung an (S 372): „Ergänzende Einvernahme des damaligen Steuerberaters Günter G*****, wohnhaft in L*****, zum Beweis dafür, dass der Angeklagte zum damaligen Zeitpunkt keine Übersicht über die Geschäftsgebarung aufgrund der Kontenbewegungen hatte, sowie dazu, dass der Angeklagte sagte, dass er die Überweisungen aufgrund eines Computerfehlers an die A***** AG zurückgegeben habe, und ihm diese Aussage nicht bedenklich erschien".

Dessen Abweisung (S 373) verletzte weder Gesetze noch Grundsätze des Verfahrens, deren Beobachtung durch grundrechtliche Vorschriften, insbesondere Art 6 MRK, oder sonst durch das Wesen eines die Verteidigung sichernden, fairen Verfahrens geboten ist. Denn der Antrag ließ einerseits nicht erkennen, inwiefern die begehrte Beweisaufnahme für die Schuld- und Subsumtionsfrage von Bedeutung sei: Die „Übersicht über die Geschäftsgebarung aufgrund der Kontenbewegungen" ist keine entscheidende Tatsache und stellte auch im Gegenstand keinen erheblichen Tatumstand dar (11 Os 74/07b mwN), weil der Beschwerdeführer die (teilweise) Barzahlung der auf seine Konten gelangten Gelder an seinen Komplizen nie in Abrede stellte (vgl zB S 353, 355 f).

Zum anderen ist die persönliche Einschätzung einer Person über Beweggründe des Handelns eines Dritten nicht Gegenstand eines Zeugenbeweises (RIS-Justiz RS0097540).

Die Mängelrüge (Z 5) lässt mit der Behauptung der Unvollständigkeit der Urteilsgründe zufolge Nichterörterung isoliert herausgegriffener Details der Einlassung des Angeklagten (S 356; 69) die überaus eingehenden erstgerichtlichen Ausführungen zur Widerlegung dessen leugnender Verantwortung (US 10 bis 22) außer Acht und verfehlt somit die prozessordnungsgemäße Darstellung einer formellen Mangelhaftigkeit der Entscheidung (RIS-Justiz RS0119370). Die Kritik an der Begründung der inneren Tatseite (mit dem ausführlich und sorgfältig gewürdigten äußeren Geschehen - US 10) verkennt den Anfechtungsumfang der Z 5 gleichermaßen. Dem Vorwurf der Aktenwidrigkeit entgegen ergibt sich aus der bezogenen (US 10) Gesamtheit der Angaben des Nichtigkeitswerbers (S 69 ff, 272 f, 351 ff) durchaus, dass er nicht in Abrede stellte, die Dispositionsbefugnis des Peter T***** über fremdes Vermögen erkannt zu haben (vgl etwa zum Grund der vorgeblichen Fehlbuchungen [Fehler in der Sphäre des Versicherungsvertreters] und zu den Möglichkeiten des T*****, diese „richtig" zu stellen [durch Auszahlung der ihm übergebenen Gelder an anderen Kunden]).

Die prozessordnungskonforme Darstellung materiellrechtlicher Nichtigkeit setzt ein Festhalten am Tatsachensubstrat der angefochtenen Entscheidung voraus (RIS-Justiz RS0099810). Die Rüge mangelnder Feststellungen zur inneren Tatseite (Z 9 lit a) übergeht US 8 f; von „substanzloser Wiedergabe des gesetzlichen Wortlautes" kann im Hinblick auf den evidenten Sachverhaltsbezug (US 6 bis 8) keine Rede sein (12 Os 80/07t uva). Das aus Z 10 erstattete Vorbringen in Richtung einer Subsumtion unter § 164 Abs 4 StGB ignoriert den festgestellten Tatbeitrag durch Zurverfügungstellen von Konten (US 6, 7). Aus welchem Grund dies „nicht tatbestandsrelevant" sei, versäumt die Beschwerde aus dem Gesetz abzuleiten und entzieht sich somit meritorischer Erwiderung.

Der Vollständigkeit halber (§ 290 Abs 1 Satz 2 erster Fall StPO) wird an den weiten Begriff der Beitragshandlung erinnert (Fabrizy in WK2 § 12 Rz 87, Kienapfel/Höpfel AT12 E 5 RN 8 - jeweils mit zahlreichen Judikaturbeispielen).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Sitzung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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