Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, neben Privatbeteiligtenzusprüchen und einem Verfolgungsvorbehalt auch rechtskräftige Schuldsprüche der Mitangeklagten Sasa D*****, Milorad P*****, Dragan D***** und Robert R***** sowie gleichfalls in Rechtskraft erwachsene (Teil-)Freisprüche enthaltenden Urteil wurde Safet D***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 StGB (Schuldspruchfakten A III, A IV 4, 10, 11 sowie 13-24) und des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 StGB (C) schuldig erkannt.
Danach haben, soweit für das Rechtsmittelverfahren von Bedeutung, Sasa D*****, Safet D*****, Milorad P***** und Dragan D***** in Wien, Hallein und anderen Orten in Europa
(A) mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, sowie in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Betrugshandlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Nachgenannte durch Täuschung über Tatsachen, nämlich im Zuge eines beabsichtigten Ankaufes von Immobilien oder einer beabsichtigten Finanzierung von Projekten und Unternehmen ein zahlungswilliger Vertragspartner zu sein, zur Übergabe hoher Bargeldbeträge verleitet bzw zu verleiten versucht, die die Nachgenannten in einem 50.000 Euro übersteigenden Betrag an ihrem Vermögen schädigten bzw schädigen sollten, und zwar
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(A III) Safet D***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Dragan D***** und weiteren unbekannten Mittätern zwischen August und Dezember 2005 in Hallein Karl H***** zur Übergabe von 67.500 Euro zu verleiten versucht;
(A IV) Sasa D*****, Safet D*****, Milorad P***** und Dragan D***** in unten jeweils angeführter unterschiedlicher Beteiligung sowie mit dem abgesondert verfolgten unbekannten Täter alias „Max M*****" und Milorad Dr***** und weiteren noch unbekannten Mittätern im bewussten und gewollten Zusammenwirken
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(A IV 4) Safet D***** am 9. August 2005 in Maastricht Reiner S*****
zur Übergabe von 160.000 Euro verleitet;
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(A IV 10) Safet D***** im Juli 2005 in Venedig Hakan E***** zur Übergabe von 150.000 Euro zu verleiten versucht;
(A IV 11) Safet D***** am 10. August 2005 in Venedig Thomas G***** zur Übergabe von zumindest 120.000 Euro zu verleiten versucht;
(A IV 13) Safet D***** am 1. September 2005 in Venedig Hans G***** zur Übergabe von 40.000 Euro zu verleiten versucht;
(A IV 14) Safet D*****, Milorad P***** und Dragan D***** im November 2005 in Den Haag Georg N***** zur Übergabe von 100.000 Euro zu verleiten versucht;
(A IV 15) Safet D*****, Milorad P***** und Dragan D***** am 11. November 2005 in Den Haag Gerd R***** zur Übergabe von 200.000 Euro zu verleiten versucht;
(A IV 16) Safet D*****, Milorad P***** und Dragan D***** am 30. Dezember 2005 in Den Haag Hartmut G***** zur Übergabe von 100.000 Euro zu verleiten versucht;
(A IV 17) Safet D*****, Milorad P***** und Dragan D***** im Dezember 2005 in Den Haag Volker L***** zur Übergabe von 100.000 Euro zu verleiten versucht;
(A IV 18) Sasa D*****, Safet D*****, Milorad P***** und Dragan D***** am 5. Jänner 2006 in Amsterdam Manfred F***** zur Übergabe von 200.000 Euro zu verleiten versucht;
(A IV 19) Safet D*****, Milorad P***** und Dragan D***** am 27. Jänner 2006 in Amsterdam Prof. Günter I***** zur Übergabe von 200.000 Euro zu verleiten versucht;
(A IV 20) Safet D*****, Milorad P***** und Dragan D***** am 6. Februar 2006 in Mailand Hartmut S***** zur Übergabe von 100.000 Euro zu verleiten versucht;
(A IV 21) Safet D*****, Milorad P***** und Dragan D***** am 11. Februar 2006 in Amsterdam Heinz T***** zur Übergabe von zumindest 150.000 Euro zu verleiten versucht;
(A IV 22) Safet D*****, Milorad P***** und Dragan D***** am 14. Februar 2006 in Amsterdam Ron H***** zur Übergabe von 160.000 Euro zu verleiten versucht;
(A IV 23) Safet D*****, Milorad P***** und Dragan D***** am 16. Februar 2006 in Amsterdam Hans J***** zur Übergabe von 160.000 Euro zu verleiten versucht;
(A IV 24) Safet D*****, Milorad P***** und Dragan D***** am 16. Februar 2006 in Amsterdam Stefan S***** zur Übergabe von 200.000 Euro zu verleiten versucht.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die nur gegen die Schuldsprüche A IV 20 bis A IV 22 und A IV 24 und die Annahme gewerbsmäßiger Begehung sämtlicher Betrugstaten gerichtete, auf Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie geht fehl. Mit der vom Beschwerdeführer behaupteten „Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes des § 245 Abs 1 StPO und des Fairness-Grundsatzes des Art 6 MRK", weil er vom Erstgericht zu den Fakten A IV 21, A IV 22 und A IV 24 überhaupt nicht befragt und mit dem Schuldspruch A IV 20 lediglich durch eine mit „nein" beantwortete Frage konfrontiert worden sei, wird weder ein Begründungsmangel noch ein mit Nichtigkeit bedrohter Verfahrensfehler (Z 3) aufgezeigt; denn die behauptete Verletzung der Vorschrift des § 245 StPO über die Vernehmung des Angeklagten in der Hauptverhandlung ist für sich nicht mit Nichtigkeit bedroht (RIS-Justiz RS0098056; Kirchbacher, WK-StPO § 245 Rz 73). Es wäre vielmehr Sache des Beschwerdeführers bzw seines Verteidigers gewesen, alles zur Entlastung Dienende vorzubringen (Mayerhofer StPO5 § 245 E 3). Es hätte einer begründeten Antragstellung in der Hauptverhandlung auf Einhaltung der Vernehmungsvorschriften des § 245 StPO bedurft, um hernach - bei allfälliger Erfolglosigkeit des Begehrens - eine Verletzung dieser Regeln aus dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 4 StPO im Rechtsmittelverfahren aufgreifen zu können (Kirchbacher, WK-StPO Rz 43, 73 ff; 14 Os 30/00 = SSt 63/96). Diese Möglichkeit war dem Angeklagten aber - auch nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls - zweifellos unbenommen und wird von ihm in der Beschwerde auch nicht in Frage gestellt.
Der Einwand, die restlichen Ergebnisse des Beweisverfahrens könnten die Verurteilung in diesem Faktenbereich nicht stützen, lässt die Erwägungen des Erstgerichtes (US 27) gänzlich unberücksichtigt, nimmt daher nicht an der Gesamtheit der Urteilsgründe Maß und orientiert sich solcherart nicht an dem vom Gesetz geforderten Bezugspunkt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 394).
Insgesamt kann der gegen die Schuldsprüche A IV 20 bis A IV 22 und A IV 24 gerichteten Mängelrüge zuwider von einer offenbar unzureichenden Begründung (Z 5 vierter Fall) keine Rede sein. Denn die Tatrichter stützen die zugrunde liegenden Feststellungen im Einklang mit den Gesetzen folgerichtigen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen - in einer gebotenen Gesamtschau der Verfahrensergebnisse (§ 258 Abs 2 StPO) - im Wesentlichen auf die beim Viertangeklagten Dragan D***** sichergestellten Schriftstücke, in denen auch die Namen und Telefonnummern der Opfer enthalten waren, im Zusammenhalt mit dessen Angaben, dass er sowie der Drittangeklagte Milorad P***** die Einzigen in der Gruppe gewesen seien, die Telefonnummern herausgesucht hätten, und dass darüber hinaus der Angeklagte Safet D***** die Telefonnummern nur von ihm sowie vom Drittangeklagten bekommen habe (US 27 iVm S 371/XXII), die zeitliche Nähe dieser Taten zu jenen Fakten, hinsichtlich derer sich der Beschwerdeführer ohnehin geständig zeigte, sowie sein grundsätzliches Geständnis, insbesondere auch zu seiner Funktion in der sogenannten Rip-Deal-Gruppe als „Verhandler" (US 27 f).
Indem der Nichtigkeitswerber in Bekämpfung der angeführten vier Schuldsprüche unter Vernachlässigung der gebotenen vernetzten Betrachtung der Gesamtheit der Gründe einzelne beweiswürdigende Erwägungen des Schöffengerichtes jeweils isoliert und kontextentkleidet herausgreift, diesen selektiv Fragmente der Aussagen der Mitangeklagten Milorad P***** und Dragan D***** gegenüberstellt, insbesondere unter Vernachlässigung der Verantwortung des Angeklagten Dragan D*****, sie seien die einzigen in der Gruppe gewesen, die Nummern herausgesucht hätten, der Angeklagte Safet D***** wiederum hätte sie nur von ihnen erhalten, eigene Beweiswert- und Plausibilitätserwägungen anstellt und auf dieser Basis seiner leugnenden Verantwortung zum Durchbruch verhelfen will, bekämpft er nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung bloß die erstrichterliche Beweiswürdigung, ohne aber ein Begründungsdefizit im Sinne des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes aufzuzeigen.
Die Feststellungen zur gewerbsmäßigen Begehung des schweren Betruges durch den - im Übrigen großteils geständigen - Angeklagten hat das Erstgericht dem Vorwurf der Scheinbegründung (Z 5 vierter Fall) zuwider ohne Verstoß gegen Logik und Empirie aus der höchst professionellen arbeitsteiligen Vorgangsweise im Rahmen organisierter Kriminalität und dem jeweils intendierten bzw zum Teil auch erreichten besonders hohen Schaden erschlossen (US 31 dritter Absatz).
Der Einwand mangelnder Feststellungen zur subjektiven Tatseite hinsichtlich der Gewerbsmäßigkeit übergeht die angeführten tatrichterlichen Erwägungen und die Bezugnahme auf die Vielzahl der innerhalb von knapp acht Monaten begangenen Tathandlungen (US 24 f iVm US 3 ff). Da solcherart ein Sachverhaltsbezug hergestellt wird, beeinträchtigt die Konstatierung der subjektiven Tatseite durch Verwendung der verba legalia - der Behauptung der Rechtsrüge (Z 9 lit a, der Sache nach Z 10) zuwider - deren Wirksamkeit nicht (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 8; RIS-Justiz RS0098664).
Soweit der Rechtsmittelwerber die gänzliche Urteilsaufhebung, also auch des Schuldspruchs C, beantragt, unterlässt er die gebotene deutliche und bestimmte Bezeichnung von Nichtigkeitsgründen, weshalb auf sie in diesem Umfang keine Rücksicht zu nehmen ist (§ 285 Abs 1 zweiter Satz, § 285a Z 2 StPO).
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Safet D***** war daher in Übereinstimmung und der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der hiezu gemäß § 35 Abs 2 StPO erstatteten Äußerung der Verteidigung bereits in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO). Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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