European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:010OBS00176.21M.0222.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.
Entscheidungsgründe:
[1] Gegenstand des Verfahrens ist der Anspruch des Klägers auf medizinische Maßnahmen der Rehabilitation im Zusammenhang mit der bei ihm festgestellten vorübergehenden Invalidität.
[2] Zum bisherigen Verfahrensgang ist auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 24. 6. 2020 im ersten Rechtsgang, 10 ObS 48/20m SSV‑NF 34/45 = DRdA 2021/9, 68 [Weißensteiner] zu verweisen. In dieser Entscheidung wurde als Ergebnis festgehalten, dass Personen, für die bescheidmäßig festgestellt wurde, dass vorübergehende Invalidität im Sinn des § 255 Abs 1 und 2 oder 3 ASVG im Ausmaß von zumindest sechs Monaten vorliegt, gemäß § 253f ASVG so lange Rechtsanspruch auf die in § 302 Abs 1 ASVG genannten medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation gegenüber dem Pensionsversicherungsträger haben, als vorübergehende Invalidität vorliegt, wenn dies zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit notwendig und infolge des Gesundheitszustands zweckmäßig ist (RS0133205). (Nur) Im Zusammenhang mit einem Pensionsverfahren besteht eine Bescheidpflicht über die Gewährung von Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation aus der Pensionsversicherung nach den §§ 253f, 270b ASVG (RS0130606). Die Bestimmung des § 253f ASVG verschafft zwar dem Pensionswerber, bei dem vorübergehende Invalidität festgestellt ist, einen Rechtsanspruch auf medizinische Maßnahmen der Rehabilitation, die Bestimmung räumt jedoch schon nach ihrem Wortlaut keinen Anspruch auf eine bestimmte, vom Anspruchswerber begehrte Rehabilitationsmaßnahme ein. Sind medizinische Maßnahmen der Rehabilitation zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit notwendig und infolge des Gesundheitszustands zweckmäßig sowie ausreichend (§ 253f Abs 1 und 2 ASVG), so liegt es im Entscheidungsermessen des Pensionsversicherungsträgers, welche – allenfalls auch von mehreren gleichwertigen – notwendigen, zweckmäßigen und ausreichenden Rehabilitationsmaßnahmen er zu erbringen hat.
Im zweiten Rechtsgang steht folgender Sachverhalt fest:
[3] Beim Kläger besteht eine Alkoholabhängigkeit in Teilremission und zudem eine Benzodiazepinabhängigkeit. Für das Wiedererlangen der Arbeitsfähigkeit sind weitere ambulante und stationäre Maßnahmen der Rehabilitation notwendig. Geeignet und zweckmäßig ist eine stationäre Maßnahme der Rehabilitation mit durchgehender Tagesstruktur. Voraussetzung für einen Aufenthalt in einer Rehabilitationseinrichtung ist die Freiheit von Alkohol und anderen Substanzen. Ein zumindest dreiwöchiger Rehabilitationsaufenthalt ohne Alkoholentzugsbehandlung ist dem Kläger möglich und zumutbar. Unerlässlich ist jedoch eine Entzugsbehandlung der Benzodiazepinabhängigkeit.
[4] Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erbringung medizinischer Maßnahmen der Rehabilitation durch Maßnahmen der ambulanten Rehabilitation und Durchführung eines stationären Heilverfahrens durch Unterbringung in einer Krankenanstalt, die vorwiegend der psychiatrischen Rehabilitation dient. Hilfsweise begehrt er die Durchführung dieser Maßnahmen der Rehabilitation nach Abschluss eines Benzodiazepinentzugs. Diese Maßnahmen seien nötig, um ihn in den Arbeitsprozess wieder eingliedern zu können. Wenn eine Entzugsbehandlung medizinische Voraussetzung für eine psychiatrische Rehabilitation sei und diese für die Wiedereingliederung in das Berufsleben erfolgsversprechend sei, so sei auch eine Entzugsbehandlung als medizinische Maßnahme der Rehabilitation durch die Beklagte zu gewähren.
[5] Die Beklagte wandte ein, dass der Kläger nicht die ausreichenden Fähigkeiten zur Absolvierung des beantragten Rehabilitationsaufenthalts besitze, weil bei ihm nach wie vor eine Alkohol‑ und Benzodiazepinabhängigkeit vorliege. Bei sämtlichen erforderlichen Maßnahmen handle es sich um Krankenbehandlungen, die von der Österreichischen Gesundheitskasse, nicht aber von der Beklagten zu erbringen seien.
[6] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Zwar sei beim Kläger sowohl ein ambulanter als auch ein stationärer Rehabilitationsaufenthalt für die Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit zweckmäßig und zielführend. Dafür sei allerdings zuvor eine Entzugsbehandlung zumindest der Benzodiazepinabhängigkeit notwendig. Da eine Entzugsbehandlung noch nicht abgeschlossen sei, sei das Hauptbegehren abzuweisen. Bei der Entzugsbehandlung handle es sich um eine Krankenbehandlung, die nicht in die Entscheidungskompetenz der Beklagten falle. Aus diesem Grund sei auch das Eventualbegehren abzuweisen. Dem Kläger stehe es frei, nach Abschluss einer Entzugsbehandlung einen neuerlichen Antrag auf Maßnahmen der Rehabilitation bei der Beklagten zu stellen.
[7] Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Eine Entzugsbehandlung sei nicht Bestandteil einer psychiatrischen Rehabilitation. Sie sei Bestandteil der Akutpsychiatrie bzw der Suchtmedizin und könne nur ersatzweise auch in anderen Fachabteilungen mit entsprechender Erfahrung oder intensivmedizinischen Behandlungsmöglichkeiten durchgeführt werden. Die beim Kläger vorliegende Suchtproblematik entspreche einer Krankheit im Sinn des § 120 Z 1 ASVG. Die Krankenbehandlung falle in den Kompetenzbereich der Krankenversicherung und sei vom Krankenversicherungsträger, nicht aber von der Beklagten zu erbringen. Der Kläger habe sich nach seinem eigenen Vorbringen noch vor Schluss der mündlichen Verhandlung in eine offensichtlich vom Krankenversicherungsträger bewilligte Entzugsbehandlung begeben. Voraussetzung für medizinische Maßnahmen der Rehabilitation sei eine vorherige Entzugsbehandlung. Da eine solche noch nicht abgeschlossen sei, seien medizinische Maßnahmen der Rehabilitation derzeit noch nicht zweckmäßig. Das Eventualbegehren bestehe nicht zu Recht, weil der begehrte Benzodiazepinentzug ohnehin bereits von anderer Seite gewährt werde und eine entsprechende Leistung der Beklagten weder zweckmäßig noch notwendig sei.
[8] Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision zulässig sei. Der Umstand, dass es in seiner Begründung offenkundig versehentlich ausführte, aus welchen Gründen die Revision nicht zulässig sei, schadet nicht. Selbst das ausnahmsweise gänzliche Fehlen einer Begründung führt für sich allein weder zur Zulässigkeit (RS0042507) noch zur Unzulässigkeit einer Revision, weil sich die Erheblichkeit einer (in der Revision begründet geltend gemachten) Rechtsfrage nach objektiven Umständen bestimmt (RS0042405 [T25, T26]).
[9] Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die Revision des Klägers, mit der er die Stattgebung des Klagebegehrens begehrt.
[10] Die beklagte Pensionsversicherungsanstalt hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.
[11] Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, sie ist jedoch nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
[12] 1. Der Revisionswerber macht geltend, dass eine Alkoholentzugsbehandlung in seinem Fall nicht erforderlich sei. Auch ohne eine solche sei ihm ein zumindest dreiwöchiger (stationärer) Rehabilitationsaufenthalt möglich und zumutbar. Dem hat jedoch bereits das Berufungsgericht zutreffend entgegengehalten, dass es darauf im konkreten Fall nicht ankommt, sodass die behauptete sekundäre Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nicht vorliegt. Denn jedenfalls notwendig ist für den Kläger vor Antritt eines stationären Rehabilitationsaufenthalts ein Benzodiazepinentzug. Ein solcher Entzug hat nach den Verfahrensergebnissen zum maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz nicht stattgefunden, sondern wurde – selbst wenn man dem Vorbringen des Klägers folgt – zu diesem Zeitpunkt erst begonnen. Dass eine solche Entzugsbehandlung aus medizinischer Sicht vor Beginn einer psychiatrischen Rehabilitation notwendig ist, stellt der Revisionswerber nicht in Frage.
[13] 2.1 Der Revisionswerber argumentiert, dass die erforderliche Entzugsbehandlung seiner Benzodiazepinabhängigkeit von der medizinischen Maßnahme der Rehabilitation, die in einer Krankenanstalt für Psychiatrie zu erbringen sei, umfasst sei. Da die Entzugsbehandlung Voraussetzung für einen ambulanten und stationären Rehabilitationsaufenthalt des Klägers sei, sei sie damit als medizinische Einheit zu sehen und ebenfalls als medizinische Maßnahme der Rehabilitation zu beurteilen. Dies ergebe sich daraus, dass medizinische Maßnahmen der Rehabilitation im Sinn des § 253f ASVG den Prinzipien der Krankenbehandlung nach § 133 Abs 2 ASVG entsprächen.
[14] 2.2 Die Krankenbehandlung umfasst ärztliche Hilfe, Heilmittel und Heilbehelfe (§ 133 Abs 1 ASVG), sie muss ausreichend und zweckmäßig sein, darf jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten (§ 133 Abs 2 ASVG, RS0106240). Der Begriff der Krankenbehandlung ist vom Begriff der medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation zu unterscheiden. Medizinische Maßnahmen der Rehabilitation werden in der Krankenversicherung gemäß § 154a Abs 1 ASVG im Anschluss an die Krankenbehandlung gewährt, um deren Erfolg zu sichern oder die Folgen der Krankheit zu erleichtern (10 ObS 127/19b SSV‑NF 34/9 ua). Darüber hinaus können medizinische Maßnahmen der Rehabilitation (subsidiär) gemäß § 302 ASVG (nur) in der Pensionsversicherung erbracht werden. Ziel der Rehabilitation in der Pensionsversicherung ist die Herstellung oder Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit, die den Versicherten in die Lage versetzt, im beruflichen und wirtschaftlichen Leben und in der Gemeinschaft einen ihm angemessenen Platz möglichst dauernd einnehmen zu können (§ 300 Abs 3 ASVG; RS0113174).
[15] 2.3 Diese klare gesetzliche Unterscheidung ist auch für den Anwendungsbereich des § 253f ASVG zu beachten. Sonntag (Medizinische Rehabilitation im sozialgerichtlichen Verfahren, DRdA 2017, 181 [182]) weist darauf hin, dass § 253f ASVG inkonsequent und systemwidrig erscheine, weil diese Bestimmung von einer Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit durch notwendige und zweckmäßige Maßnahmen der Rehabilitation spreche. Die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit sei jedoch Aufgabe der Krankenbehandlung. Dies ändert allerdings nichts am klaren Wortlaut dieser Bestimmung, die – was sich auch aus dem ausdrücklichen Hinweis auf § 302 Abs 1 ASVG ergibt – gerade keinen Anspruch auf Krankenbehandlung normiert (der überdies systemwidrig gegen den Pensionsversicherungsträger gerichtet wäre), sondern einen Anspruch auf medizinische Maßnahmen der Rehabilitation. § 253f ASVG kann sinnvollerweise nur dahin verstanden werden, dass das dort genannte Ziel von medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation – die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit – mit dem oben dargestellten Ziel von Maßnahmen der Rehabilitation nach §§ 300 Abs 3, 302 ASVG im Wesentlichen ident ist. Dies ergibt sich auch daraus, dass Bezieher und Bezieherinnen von Rehabilitationsgeld seit dem SVÄG 2017, BGBl I 2017/38, in den Kreis der Anspruchsberechtigten gemäß § 300 Abs 1 ASVG aufgenommen wurden. In den Gesetzesmaterialien heißt es dazu auszugsweise (ErläutRV 1474 BlgNR 25. GP 2, Hervorhebung durch den Senat): „Mit den vorgeschlagenen Maßnahmen soll die bisherige Praxis der Pensionsversicherungsträger in Sachen 'Medizinisch‑berufsorientierte Rehabilitation' (MBOR) eine klare gesetzliche Grundlage erhalten. Der Leitgedanke der MBOR ist die Ausrichtung der medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation an den Anforderungen der Arbeitswelt und insbesondere dem aktuellen bzw. angestrebten Arbeitsplatz. In Ergänzung und Weiterentwicklung der 'klassischen' medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation handelt es sich dabei um eine spezifische, auf die Bedürfnisse der im Erwerbsleben stehenden Rehabilitand/inn/en zugeschnittene Leistung. Neben der Erkrankung wird in besonderem Maß die berufliche Situation in den Fokus der Behandlung gestellt.“
[16] 2.4 Der Krankenversicherungsträger ist daher für die gemäß § 8 Abs 1 Z 1 lit d ASVG in der Krankenversicherung versicherten Bezieherinnen und Bezieher von Rehabilitationsgeld zur Gewährung von Krankenbehandlung und von medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation aus der Krankenversicherung (§ 154a ASVG) zuständig. Hingegen ist der Pensionsversicherungsträger zur Gewährung von medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation aus der Pensionsversicherung (§ 302 ASVG) auch im Anwendungsbereich des § 253f ASVG verpflichtet (10 ObS 48/20m; Sonntag, DRdA 2017, 183). Davon geht der Gesetzgeber auch bei der Regelung des Case Management aus. § 143b ASVG lautet (Hervorhebungen durch den Senat): „Die Krankenversicherungsträger haben die nach § 8 Abs. 1 Z 1 lit. d pflichtversicherten Personen umfassend zu unterstützen, um einen dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Behandlungsprozess für den Übergang zwischen einer Krankenbehandlung und der Rehabilitation zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit sicherzustellen und für einen optimalen Ablauf der notwendigen Versorgungsschritte zu sorgen. In diesem Rahmen ist die versicherte Person während der Krankenbehandlung sowie der medizinischen Rehabilitation zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit bei der Koordinierung der weiter zu setzenden Schritte zu unterstützen und dahingehend zu begleiten, dass nach einer entsprechenden Bedarfserhebung ein individueller Versorgungsplan erstellt und durch die einzelnen LeistungserbringerInnen umgesetzt wird. Im Rahmen des Case Managements ist darauf Bedacht zu nehmen, dass sich die Versicherten regelmäßigen Begutachtungen im Kompetenzzentrum nach § 307g unterziehen. Die Krankenversicherungsträger haben sich hiebei mit dem Arbeitsmarktservice und dem zuständigen Pensionsversicherungsträger rechtzeitig abzustimmen. Der Pensionsversicherungsträger kann eine Begutachtung im Kompetenzzentrum Begutachtung unter Einbindung des Case Managements verlangen.“ Auch § 143b ASVG unterscheidet ganz klar zwischen Krankenbehandlung und medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation. Die geforderte Abstimmung mit dem Pensionsversicherungsträger wäre nicht notwendig, wäre der Krankenversicherungsträger auch für die Durchführung medizinischer Maßnahmen der Rehabilitation im Rahmen des Case Management zuständig. Eine dem § 143a ASVG (vgl auch § 117 Z 3 ASVG) für das Rehabilitationsgeld (§ 255b ASVG) vergleichbare Regelung fehlt für medizinische Maßnahmen der Rehabilitation aus der Pensionsversicherung gemäß § 253f ASVG.
[17] Zu Unrecht hält die Beklagte dennoch auch im zweiten Rechtsgang an ihrer Rechtsansicht fest, nicht sie, sondern der Krankenversicherungsträger sei im Rahmen des Case Management zur Gewährung von medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation zuständig (ON 26). Es ist aber nicht Sache der Rechtsprechung, eine in der Praxis allenfalls als unbefriedigend empfundene Regelung des Gesetzgebers zu korrigieren (RS0008880).
[18] 2.5 Die Abgrenzung einer Maßnahme der Krankenbehandlung von einer medizinischen Maßnahme der Rehabilitation ist mitunter schwierig und die genauen Kriterien dafür strittig (vgl nur Windisch‑Graetz in SV‑Komm [286. Lfg] § 154a ASVG Rz 4/3; dieselbe, Das neue Pensionsrecht zum 1. 1. 2014 – Auswirkungen auf das Dienstverhältnis, ZAS 2014/17, 99 [100]; Ivansits, Zur Abgrenzung der Krankenbehandlungen von Maßnahmen medizinischer Rehabilitation, JAS 2017, 270; Felten in Tomandl, SV‑System [38. Lfg] 2.2.3.5, 243 ff; Felten/Mosler, Grenzen der Krankenbehandlung, DRdA 2015, 476 [487]; Burger/Ivansits, Medizinische und berufliche Rehabilitation in der Sozialversicherung, DRdA 2013, 106 [111]). Darauf braucht im vorliegenden Fall jedoch nicht näher eingegangen zu werden: Die Vorinstanzen sind nämlich übereinstimmend davon ausgegangen, dass nach den hier vorliegenden Verfahrensergebnissen eine Entzugsbehandlung beim Kläger keine Maßnahme der Rehabilitation, sondern eine Krankenbehandlung ist. Dies beruht auf den Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen im zweiten Rechtsgang (ON 22, S 6), auf die sich das Berufungsgericht bezogen hat. Auch in der Rechtsprechung wurde eine Alkoholentzugsbehandlung bereits mehrfach als Krankenbehandlung qualifiziert, zu der ein Versicherter im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht zur Wiederherstellung seiner Arbeitspflicht verpflichtet sei (zB 10 ObS 27/03y mwH; 10 ObS 213/00x SSV‑NF 14/100).
[19] 2.6 Der Pensionsversicherungsträger muss im Rahmen des § 253f ASVG medizinische Maßnahmen der Rehabilitation ua nur gewähren, wenn sie zweckmäßig sind. Die Zweckmäßigkeit der medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation ist im vorliegenden Fall nach den den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen aber erst gegeben, wenn der Entzug nicht nur von Alkohol, sondern insbesondere auch von Benzodiazepinen beim Kläger erfolgreich vor deren Beginn erfolgt ist. Dabei handelt es sich um eine Maßnahme der Krankenbehandlung, zu deren Gewährung nicht die Beklagte, sondern der Krankenversicherungsträger zuständig ist. Schon infolge dieser unterschiedlichen Zuständigkeiten bleibt kein Raum für die vom Kläger gewünschte „einheitliche“ Betrachtungsweise aller erforderlichen medizinischen Maßnahmen. Da der Entzug von Benzodiazepinen beim Kläger – auch nach seinem eigenen Vorbringen – im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz nicht abgeschlossen war, haben die Vorinstanzen zutreffend rechtlich beurteilt, dass die Gewährung von medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation durch die Beklagte (noch) nicht zweckmäßig ist, sodass der Anspruch des Klägers (derzeit) nicht besteht. Da gegen die beklagte Pensionsversicherung kein Anspruch auf Gewährung einer Krankenbehandlung in Form einer Entzugsbehandlung gegen die Benzodiazepinabhängigkeit besteht, kommt auch dem Eventualbegehren keine Berechtigung zu.
[20] Der Revision war daher nicht Folge zu geben.
[21] Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit wurden nicht geltend gemacht und ergeben sich auch nicht aus der Aktenlage.
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