OGH 10Ob13/16h

OGH10Ob13/16h21.3.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Schramm und die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann sowie den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. F*, 2. Dipl.‑Ing. W*, 3. K*, und 4. C*, alle vertreten durch Mag. Egon Stöger, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei E*, vertreten durch Krall & Kühnl Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Feststellung und Vertragsunterfertigung, in eventu Einverleibung, über die Revision der klagenden Parteien gegen das Teilurteil und den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss jeweils des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 12. November 2015, GZ 4 R 273/15y‑51, mit welchem das Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom 29. Juni 2015, GZ 30 C 348/13b‑47, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:E117876

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die Revision der klagenden Parteien und der Rekurs der beklagten Partei werden zurückgewiesen.

Der Beklagte ist schuldig, den klagenden Parteien binnen 14 Tagen deren mit 253,83 EUR (darin 41,47 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.

 

Begründung:

Die Parteien streiten über das Bestehen von Dienstbarkeiten zugunsten der Kläger ob einem im Eigentum des Beklagten stehenden Grundstücks. Sämtliche Grundstücke befinden sich in der KG *.

Der Beklagte ist Alleineigentümer des angeblich dienenden Grundstücks 1856/9 inneliegend EZ *. Südlich grenzen die angeblich herrschenden Grundstücke an, aus Richtung Norden gesehen zunächst die Grundstücke 1856/2 und 1643 je inneliegend EZ * im Alleineigentum des Erstklägers, dann 1856/1 inneliegend EZ * im Alleineigentum des Zweitklägers und letztlich 1856/8 inneliegend EZ * im Miteigentum des Drittklägers und der Viertklägerin.

Der seinerzeitige Eigentümer J* hatte diese Grundstücke 1930 parzellieren lassen und verkaufte sie in den Jahren 1930 und 1931 einzeln an die Rechtsvorgänger der Kläger und des Beklagten, wobei der damalige Teilungsplan aus dem Jahr 1930 (der einen Hinweis auf ein Geh‑ und Fahrtrecht zu Gunsten der durch Teilung entstehenden Grundparzellen enthalten hätte) nicht zum Kaufvertragsinhalt erhoben wurde. Zur Zeit der Verkäufe fand sich auf den Grundstücken nur ein Trampelpfad; sämtliche Grundstücke waren unbebaut und nicht nur über das Grundstück 1856/9 des Beklagten erreichbar. Die Familie des Zweitklägers errichtete in den 1930er-Jahren ein Einfamilienhaus auf dem Grundstück 1856/1. Der Vater des Erstklägers baute auf dem Grundstück 1856/2 Ende der 1940er-Jahre eine Tischlerei. Auf dem Grundstück des Drittklägers und der Viertklägerin 1856/8 wurde ein Einfamilienhaus errichtet. Das Haus auf dem Grundstück des Beklagten 1856/9 errichteten seine Eltern Ende der 1940er‑Jahre.

Der strittige Weg in einer Breite von nunmehr 3 m entwickelte sich im Zuge der Baugeschehen, wobei aus dem Trampelpfad vorerst ein Wiesenweg und dann ein – letztlich von den Familien des Zweitklägers und des Drittklägers bzw der Viertklägerin gepflasterter – Schotterweg wurde. Der Schotterweg auf den Grundstücken des Erstklägers und des Beklagten wurde im Jahr 2000/2001 asphaltiert, ohne dass der Beklagte als damaliger Grundeigentümer davon vorher verständigt worden wäre. Der Weg wird für die Zufahrt der Anrainer, ihrer Familien und Besucher und der Kundschaft des Erstklägers und seiner Mitarbeiter genutzt. Dass es über den Weg je zwischen den Eigentümern Vereinbarungen über den Verlauf und die Nutzungsart gegeben hätte, steht nicht fest. Die Nutzung erfolgte nach Bedarf und stillschweigend, ohne dass die einzelnen Eigentümer widersprochen hätten. Der Vater des Beklagten äußerte als Jurist gegenüber sämtlichen Nachbarn aber jeweils den Wunsch, dass eine Verbücherung nicht stattzufinden habe, zumal lediglich ein obligatorisches Nutzungsrecht bestehe, nicht aber eine Dienstbarkeit. Ob die Rechtsvorgänger der Kläger von einer Dienstbarkeit oder einem obligatorischen Nutzungsrecht ausgingen oder dazu gar keine Überlegungen anstellten, steht nicht fest.

In den Verlauf des Weges eingebettet sind der Abwasserkanal sowie die Wasser‑, Strom‑, Telefon‑, Kabelfernseh‑ und Gasleitung zu den Grundstücken. Der Kanal‑ und Wasseranschluss für die Grundstücke des Beklagten sowie des Erst‑ und Zweitklägers wurden 1965 hergestellt. Damals wurde ein Übereinkommen geschlossen, das unter anderem die Kostentragung regelte. An diesen Kanal schlossen sich 1983/1984 auch Drittkläger und Viertklägerin mit Zustimmung der Nachbarn an. Im Naheverhältnis zum Kanal verläuft auch die Wasserleitung. Für den Drittkläger wurde eine Kabelfernsehleitung gelegt. Im Jahr 1986 machte das Fernmeldebauamt Innsbruck ein Leitungsrecht geltend und verlegte ein Fernmeldekabel. Abgesehen von Kanal und Wasserleitung gab es keine ausdrücklichen Vereinbarungen in Bezug auf die Versorgungsleitungen zwischen den Streitteilen oder deren Rechtsvorgängern.

Die Kläger begehrten letztlich die Feststellung des Bestehens der Dienstbarkeiten (Punkt I.)

a) des unbeschränkten Geh‑ und Fahrtrechts auf einer Breite von 3 m;

b) der Führung, Erhaltung und Erneuerung

ba) eines Abwasserkanals

bb) einer Wasserleitung,

bc) einer Gasleitung

bd) einer Stromleitung

be) eines Telekom‑Kabels für Telefon und Internet und

bf) eines Fernsehkabels

zu ihren Gunsten sowie die Unterfertigung eines entsprechenden Dienstbarkeitsvertrags durch den Beklagten (Punkt II.). Eventualiter begehren sie die bücherliche Einverleibung der genannten Dienstbarkeiten zu ihren Gunsten (Punkt III.).

Ihr Begehren stützten sie auf die rechtsgeschäftliche Einräumung der Dienstbarkeiten bereits anlässlich des Verkaufs im Jahr 1930, auf Dienstbarkeitsentstehung durch Teilung der Grundstücke, weil diese offenkundig Zwecken der anderen Grundstücke gedient hätten, auf konkludente Dienstbarkeitsbegründung aufgrund der Duldung der Errichtung von kostspieligen Anlagen zur Ausübung der Dienstbarkeit, auf das Übereinkommen betreffend Wasserleitung und Abwasserkanal aus 1965 und letztlich auf Ersitzung.

Der Beklagte wendete in der Sache im Wesentlichen ein, eine Vereinbarung von Wegerechten entsprechend dem Vorschlag im Lageplan sei im Jahr 1930 absichtlich unterblieben, die Grundstücke seien lastenfrei verkauft worden. Beim Verkauf durch J* habe es keine offenkundige Dienstbarkeit gegeben, es habe sich nur an anderer Stelle ein Fußsteig befunden. Die Rechtsvorgänger der Parteien seien in Kenntnis gewesen, dass die Eltern des Beklagten lediglich ein nicht einzuverleibendes obligatorisches Recht gewährt hätten, dies verhindere auch die Ersitzung. Das Übereinkommen aus 1965 betreffend den Kanal habe nur eine Kostenaufteilung beinhaltet. Weder hinsichtlich des Kanals noch der übrigen Leitungen sei je eine einzuverleibende Dienstbarkeit vereinbart worden.

Das Erstgericht wies sämtliche Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kläger gegen dieses Urteil hinsichtlich der Punkte I. lit a (Feststellung Geh‑ und Fahrtrecht) und lit be (Führung, Erhaltung und Erneuerung eines Telekomkabels), dem Hauptbegehren zu Punkt II. (Vertragsunterfertigung) und den korrespondierenden Eventualbegehren zu Punkt III. lit a und lit be nicht Folge und bestätigte die klageabweisende Entscheidung insoweit als Teilurteil. Hinsichtlich der übrigen Punkte des Haupt‑ und Eventualbegehrens hob es das Ersturteil zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.

Das Berufungsgericht erörterte die Zulässigkeit der Mängel‑ und Beweisrüge des Beklagten im Hinblick auf § 501 ZPO und ging davon aus, dass die Grenze des § 501 Abs 1 ZPO hinsichtlich aller Kläger überschritten sei.

Die Beweisrüge der Beklagten sei weitgehend unberechtigt. Allerdings liege ein Begründungsmangel des Erstgerichts betreffend die Feststellung zur Kenntnis der Kläger vom Standpunkt des Beklagten und seines Rechtsvorgängers vor, auch in Bezug auf sämtliche Versorgungsleitungen keine verbücherte Dienstbarkeit zu wünschen. Überdies müsse sich das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren über Versorgungsleitungen und Kanal auch mit den Themenbereichen Ersitzung, konkludente Einräumung und Vereinbarung aus dem Jahr 1965 und 1983 auseinandersetzen und Feststellungen zur Beurteilung dieser Anspruchsgründe treffen.

Hinsichtlich Geh‑ und Fahrtrechts verneinte das Berufungsgericht das Entstehen einer Dienstbarkeit durch Teilung aufgrund Offenkundigkeit wegen vorhandener Anlagen (weil der von seiner Lage her nicht näher konkretisierte Trampelpfad auf unbebauten Grundstücken hiefür nicht ausreiche) ebenso wie eine konkludente Einräumung eines dinglichen Geh‑ und Fahrtrechts. Die Ersitzung sei ausgeschlossen, weil der Rechtsvorgänger des Beklagten seinen Nachbarn gegenüber immer klargestellt habe, gegen eine Verbücherung des Geh‑ und Fahrtrechts zu sein. Hinsichtlich der dem Telekommunikationsgesetz unterfallenden Leitungen sei die Abweisung bereits aus rechtlichen Gründen zu bestätigen.

Das Berufungsgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 5.000 EUR, nicht jedoch 30.000 EUR übersteigend und ließ die Revision gegen das Teilurteil sowie den Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss im Hinblick auf das Fehlen höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Besonderheit der Teilung bisher unverbauter Liegenschaften sowie der faktischen Einräumung von Geh- und Fahr- bzw Leitungswegen unter gleichzeitiger Betonung der Nichtverbücherkeit zu.

Rechtliche Beurteilung

Weder im Rekurs des Beklagten gegen den Aufhebungsbeschluss noch in der Revision der Kläger gegen das Teilurteil werden erhebliche Rechtsfragen (§ 502 Abs 1 ZPO) geltend gemacht. Die Begründung der Zurückweisung kann sich auf die Zurückweisungsgründe beschränken (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

1. Zum Rekurs des Beklagten:

1.1. Dem Rekurs liegt die Ansicht zugrunde, dass sich das Berufungsgericht im Hinblick auf einen 2.700 EUR nicht übersteigenden Streitgegenstand des Erstgerichts nicht mit der Mängel- und Tatsachenrüge der Berufung der Kläger befassen hätte dürfen.

Die – nicht ganz eindeutige – Bewertung des Begehrens der Kläger in der seinerzeitigen Klage lässt sich so verstehen, dass sich die – pro Eigentümer bzw Eigentümergemeinschaft (Dritt- und Viertkläger) gesondert zu bewertenden – einzelnen Feststellungs‑ und Einverleibungsbegehren pro Liegenschaftseigentümer (‑gemeinschaft) auf 2.500 EUR pro Dienstbarkeit hinsichtlich Feststellung und Einverleibung, insgesamt daher 15.000 EUR je Eigentümer(‑gemeinschaft) belaufen. Damit wäre die Streitwertgrenze des § 501 Abs 1 ZPO überschritten.

Dies gilt auch dann, wenn man – wie der Beklagte moniert – das Feststellungsbegehren von 2.500 EUR je Dienstbarkeit auf die Kläger entsprechend den drei als herrschend bezeichneten Liegenschaften gleichteilig aufteilt (daraus ergäben sich jeweils 833,33 EUR für das Feststellungsbegehren). Das Berufungsgericht meinte, die Kläger hätten das Vertragsunterfertigungsbegehren gar nicht bewertet und ging vom Zweifelsstreitwert von 5.000 EUR im Sinn des § 56 Abs 2 letzter Satz JN aus. Dies ist vertretbar, weil im Fall der Häufung mehrerer Ansprüche einer Klage für jeden einzelnen Anspruch der Zweifelsstreitwert gesondert anzunehmen ist (Gitschthaler in Fasching/Konecny I3 § 56 JN Rz 28 mwN). Selbst wenn man – aufgrund des Ergebnisses der Erörterung in erster Instanz – mit den Rekursausführungen davon ausginge, die Bewertung des Eventualbegehrens zum Vertragsunterfertigungsbegehren mit insgesamt 7.500 EUR beziehe sich auch auf dieses, und diesen Betrag zu gleichen Teilen auf alle vier Kläger aufteilen wollte, ergäbe sich ein Wert des Vertragsunterfertigungsbegehrens (pro Kläger) von 1.875 EUR. Gegen eine Kumulierung des Feststellungsbegehrens mit dem Leistungsbegehren bestehen keine Bedenken (RIS‑Justiz RS0118963); am rechtlichen und tatsächlichen Zusammenhang dieser Begehren ist nicht zu zweifeln. Bei Addition desWerts des Feststellungsbegehrens von 833,33 EUR je herrschender Liegenschaft mit dem des Leistungsbegehrens wird der Betrag von 2.700 EUR auch in diesem Fall überschritten.

Entgegen den Rekursausführungen war das Berufungsgericht daher nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, die Beweisrüge der Kläger zu behandeln.

1.2. Das Berufungsgericht sah einen Begründungsmangel hinsichtlich der Feststellung, der Standpunkt des Rechtsvorgängers des Beklagten, er wünsche keine verbücherte Dienstbarkeit, sei sämtlichen Nachbarn bekannt gewesen und der Beklagte habe diesen Standpunkt jeweils weiter vertreten. Das Erstgericht sei auf – detailliert zitierte – Aussagen von einzelnen Klägern und Zeugen gar nicht eingegangen.

Eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Verkennung der Rechtslage ist darin nicht zu erkennen. Ob die vom Berufungsgericht angenommenen Widersprüche zwischen den Aussagen des Beklagten und einer Zeugin vorlagen oder nicht, ist eine Frage der Beweiswürdigung, die nicht an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden kann.

1.3. Die erwähnte Feststellung ist auch rechtlich relevant. Zwar kommt ein schlüssiger Dienstbarkeitsvertrag nicht schon durch die bloße Duldung eines bestimmten Gebrauchs des dienenden Guts, sondern erst dann zustande, wenn zusätzliche Sachverhaltselemente den Schluss erlauben, der aus einem bestimmten Verhalten abzuleitende rechtsgeschäftliche Wille der (jeweils) Belasteten habe sich auf die Einräumung einer Dienstbarkeit als dingliches Recht bezogen. Aus nachbarschaftlichen Gefälligkeitshandlungen allein ist diese Rechtsfolge nicht abzuleiten (RIS‑Justiz RS0011650 [T11]). Allerdings wurde auch schon judiziert, dass etwa die Duldung der Ausübung der Servitut durch neun bzw sieben Jahre mit Überlegung aller Umstände als stillschweigende Genehmigung der Dienstbarkeit angesehen werden könnte (RIS‑Justiz RS0011650 [T5]). Im Hinblick darauf kommt entsprechenden ausdrücklichen Erklärungen des Beklagten bzw seiner Rechtsvorgänger ebenso wesentliche Bedeutung zu wie dem Kenntnisstand der Kläger.

1.4. Im Übrigen erfolgte die Aufhebung durch das Berufungsgericht erkennbar nicht nur wegen der mangelhaft begründeten Feststellung, sondern auch wegen fehlender Feststellungen zu den – Gegenstand der Aufhebung bildende – Leitungsrechten. Das Berufungsgericht sprach nämlich aus, dass sich das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren über Versorgungsleitungen und Kanal auch mit den Themenbereichen Ersitzung, konkludente Einräumung und Vereinbarung aus den Jahren 1965 und 1983 auseinandersetzen und entsprechende Feststellungen zur Beurteilung dieser Anspruchsgründe treffen müsse. Ist aber das Berufungsgericht der Ansicht, dass der Sachverhalt in der von ihm dargestellten Richtung noch nicht genügend geklärt ist, dann kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegentreten (RIS‑Justiz RS0042179).

1.5. Mangels erheblicher Rechtsfrage ist der Rekurs somit als unzulässig zurückzuweisen.

1.6. Da die Kläger auf die Unzulässigkeit des Rekurses hingewiesen haben, steht ihnen gemäß §§ 41, 50 ZPO grundsätzlich Anspruch auf Ersatz ihrer Rekursbeantwortungskosten zu (RIS‑Justiz RS0123222 [T8]). Als Bemessungsgrundlage nach dem RATG ist von einem Betrag von 9.000 EUR auszugehen. Nach der Streitwertbemängelung des Beklagten und der Erklärung der Kläger, ihre Bewertung des Klagebegehrens sei vollständig, hielt das Erstgericht die Bewertung mit 15.000 EUR für nachvollziehbar, sodass von einer bindenden Streitwertentscheidung des Erstgerichts im Sinn des § 7 Abs 2 RATG auszugehen ist. Gegenstand des Rekurses an den Obersten Gerichtshof sind sämtliche (nach Modifizierung) begehrten Dienstbarkeiten ausgenommen das Geh‑ und Fahrtrecht und das Telekomkabel. Das Geh‑ und Fahrtrecht war schon ursprünglich mit 2.500 EUR bewertet worden, das Telekomkabel war im ursprünglich noch nicht aufgeschlüsselten Begehren „Versorgungsleitungen“ (fünf Leitungen) mitenthalten, das mit insgesamt 2.500 EUR bewertet war, sodass auf jede Dienstbarkeit 500 EUR entfallen. Dies ergibt einen Streitwert für die den Gegenstand des Teilurteils bildenden Dienstbarkeiten von insgesamt 6.000 EUR nach dem RATG, während sich für die Feststellungs‑ und Eventualeinverleibungsbegehren, die Gegenstand des Aufhebungsbeschlusses sind, insgesamt ein Streitwert nach RATG von jeweils 4.500 EUR, in Summe daher 9.000 EUR ergibt. Auf dieser Basis steht den Klägern grundsätzlich Kostenersatz zu. Abzuziehen hievon sind aber  – wie unter 2.13. noch darzustellen sein wird – die Revisionsbeantwortungskosten des Beklagten.

2. Zur Revision der Kläger:

2.1. Zwingende Bewertungsvorschriften hat das Berufungsgericht nicht verletzt, gilt doch im Rechtsstreit über die Feststellung einer Grunddienstbarkeit die zwingende gesetzliche Bewertungsvorschrift nach dem Einheitswert der Liegenschaft nicht (RIS‑Justiz RS0046509 [T15]). Die vom Berufungsgericht im Ermessensbereich vorgenommene und begründete Einschätzung des Werts des Streitgegenstands betreffend jede einzelne Dienstbarkeit und jeden einzelnen Kläger entzieht sich einer Beurteilung des Obersten Gerichtshofs, zumal es der Beklagten nicht gelingt, eine Überschreitung des Ermessensspielraums im Sinn einer offensichtlichen Überbewertung aufzuzeigen. An der Zulässigkeit der Rechtsmittel ist nicht zu zweifeln.

2.2. Nach ständiger Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0011618; RS0119170) entsteht bei Übereignung einer zweier Liegenschaften desselben Eigentümers, von welchen eine offenkundig der anderen dient und weiterhin dienen soll, auch ohne Verbücherung eine Dienstbarkeit. Dabei wird angenommen, dass der durch den Übertragungsakt tatsächlich geschaffene Zustand die Natur einer Dienstbarkeit hat und die Servitut somit unmittelbar durch den Übertragungsakt entsteht. Im Zeitpunkt der Übereignung des dienenden Grundstücks müssen Anlagen vorhanden sein, die den Zweck des Dienens offenkundig machen (RIS‑Justiz RS0011618 [T8]). Diese Grundsätze der ständigen Rechtsprechung wurden auch bereits für unbebaute Grundstücke (1 Ob 271/03i – Zusammenlegungsverfahren) vertreten. Ob im Zeitpunkt des Erwerbs des dienenden Grundstücks Anlagen oder sonstige Einrichtungen vorhanden waren, die den Zweck des Dienens als offenkundig erkennen ließen und eine Erkundigungspflicht auslösten, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und stellt aufgrund der Einzelfallbezogenheit nur dann eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO dar, wenn dem Berufungsgericht eine Fehlbeurteilung unterläuft, die einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedarf (RIS‑Justiz RS0034803 [T16, T18]).

2.3. Die Beurteilung des Berufungsgerichts zum Zeitpunkt der Teilung und Veräußerung der geteilten Grundstücke habe es keine derartigen offenkundigen Anlagen gegeben, ist durchaus vertretbar. Auf den damals unbebauten Grundstücken befand sich lediglich an einem nicht konkretisierten Ort ein Trampelpfad; die Grundstücke waren nicht nur über das Grundstück der Beklagten erreichbar. Das Argument der Revision es habe sich um die einzig mögliche und einzig gelebte Zufahrt zu den Liegenschaften der Kläger gehandelt, ist jedenfalls für den Zeitpunkt der Teilung und Veräußerung in den Jahren 1930/1931 feststellungswidrig.

2.4. Dass sich der Trampelpfad bei Erwerb des Grundstücks 1856/9 durch die Rechtsvorgänger des Beklagten 1949 bereits „entwickelt“ hätte, steht nicht gesichert fest, nimmt das Erstgericht in seiner diesbezüglichen Feststellung doch – ohne nähere Festlegung – auf „die Baugeschehen“ Bezug. Jedenfalls war aber ein dienender Zweck dieses Grundstücks zum Zeitpunkt der Teilung und Veräußerung an unterschiedliche Eigentümer 1930/1931 nicht offenkundig, sodass es an diesem behaupteten Titel für ein Geh‑ und Fahrtrecht mangelte.

2.5. Eine nachträgliche vermehrte Nutzung des ursprünglichen Trampelpfads durch die Rechtsvorgänger der Kläger hätte zwar allenfalls für die Frage eines gutgläubigen Eigentumserwerbs der Rechtsvorgänger der Beklagten im Vertrauen auf den Grundbuchstand nach § 1500 ABGB von Relevanz sein können (vgl RIS‑Justiz RS0034803). Nur in dem Zusammenhang judizierte der Oberste Gerichtshof in der in der Revision zitierten Entscheidung 2 Ob 609/79, dass bis zu 20 cm tiefe deutlich sichtbare Fahrrinnen ausreichend seien, guten Glauben bei einem Erwerb der Liegenschaft auszuschließen. Die Frage eines Erlöschens der bereits begründeten Servitut durch gutgläubigen lastenfreien Erwerb nach § 1500 ABGB stellte sich aber hier nicht. Im Übrigen würde die Beweislast für die Schlechtgläubigkeit des Erwerbers hier jedenfalls die Kläger als angeblich Dienstbarkeitsberechtigte treffen (RIS‑Justiz RS0034837 [T4]), denen dieser Beweis nicht gelang.

2.6. Nach den Feststellungen umzäunten die Eltern des Beklagten ihre Liegenschaft unmittelbar nach dem Eigentumserwerb, brachten eine Tafel mit einem Hinweis auf einen Privatweg an und der Vater des Beklagten äußerte den Nachbarn gegenüber immer den Wunsch, dass eine Verbücherung nicht stattzufinden habe, weil es sich um ein obligatorisches Nutzungsrecht handle. Dass die Rechtsvorgänger der Kläger im Gegensatz dazu vom Bestehen einer Dienstbarkeit ausgingen, steht nicht fest. Ob die Parteien ein obligatorisches Recht oder eine Servitutseinräumung beabsichtigten, richtet sich nach dem Parteiwillen (Bittner in Klang3 § 480 Rz 1). Selbst wenn man von einem einvernehmlichen Befahren des strittigen Weges durch die Rechtsvorgänger der Kläger bereits 1949 ausginge, steht ein übereinstimmender Parteiwille auf Ausübung einer Dienstbarkeit hier aber gerade nicht fest. Auch insoweit ist eine erhebliche Rechtsfrage nicht zu erkennen.

2.7. Die Beurteilung der Konkludenz einer Willenserklärung hat regelmäßig keine über die besonderen Umstände des Einzelfalls hinausgehende Bedeutung, es sei denn, es läge – anders als hier – eine Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen vor, die im Interesse der Rechtssicherheit oder der Einzelfallgerechtigkeit wahrgenommen werden müsste (RIS‑Justiz RS0043253 [T18]; vgl auch RIS-Justiz RS0044358 [T14 und T23] zu Dienstbarkeitsverträgen). Ebenso entzieht sich – wegen der Einzelfallbezogenheit – der grundsätzlichen Erörterung des Obersten Gerichtshofs, welche konkreten Aufwendungen des Begünstigten vorliegen müssen, damit die Zustimmung des Grundeigentümers nicht nur als nachbarschaftliche Gefälligkeitshandlung zu beurteilen ist, und welche Aufwendungen den Schluss auf einen rechtsgeschäftlichen Willen des Liegenschaftseigentümers zur Einräumung eines (dinglichen oder) obligatorischen Gebrauchsrechts zulassen (1 Ob 81/01w; 1 Ob 87/15y; RIS‑Justiz RS0111562).

2.8. Zwar kann auch ein Dienstbarkeitsbestellungsvertrag nicht nur ausdrücklich, sondern auch konkludent (§ 863 ABGB) geschlossen werden (10 Ob 10/13p mwN). Bei der Beurteilung einer Handlung auf ihre konkludente Aussage ist allerdings große Vorsicht geboten. Für die Annahme der schlüssigen Einräumung einer Dienstbarkeit sind – da dies einem Teilrechtsverzicht gleichkommt – strenge Anforderungen zu stellen. Es müssen über die bloße Duldung eines bestimmten Gebrauchs hinausgehende Sachverhaltselemente vorliegen, die auf den rechtsgeschäftlichen Willen des Belasteten im Hinblick auf die Begründung einer Dienstbarkeit als dingliches Recht schließen lassen (10 Ob 10/13p mwN). So gibt der Eigentümer des belasteten Grundstücks etwa zu erkennen, dass er mit der Begründung der Dienstbarkeit einverstanden ist, wenn er die Errichtung kostspieliger Anlagen zur Ausübung einer Dienstbarkeit – etwa einer Wasserleitung – auf seinem Grundstück duldet (RIS‑Justiz RS0011650). Dieser Grundsatz muss dann versagen, wenn der Eigentümer der davon betroffenen Liegenschaft erst im Nachhinein von der „kostspieligen Anlage“ auf oder in seinem Grund Kenntnis erlangt (RIS‑Justiz RS0011650 [T10]).

2.9. Die Asphaltierung des Weges erfolgte erst 2000/2001, ohne dass der Beklagte als damaliger Grundstückseigentümer davon vorerst Kenntnis erhielt. Zu diesem Zeitpunkt war den Klägern nach den Feststellungen bereits längst klar, dass der Vater des Beklagten nicht von einer Dienstbarkeit, sondern einem obligatorischen Nutzungsrecht ausging. Die Verlegung der Versorgungsleitungen im Bereich des strittigen Weges lassen nach der vertretbaren Rechtsauffassung des Berufungsgerichts keinen ausreichend deutlichen rechtsgeschäftlichen Willen in Bezug auf die Einräumung eines Geh‑ und Fahrtrechts am Weg erkennen. Ob das in Bezug auf die Leitungsrechte selbst anders zu beurteilen ist, wird Gegenstand des fortgesetzten Verfahrens sein. Eine grobe Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts in Bezug auf die konkludente Einräumung des Geh‑ und Fahrtrechts ist jedenfalls nicht zu erkennen.

2.10. Im Gegensatz zu den Revisionsausführungen gestand der Beklagte im Verfahren erster Instanz lediglich ein obligatorisches Geh‑ und Fahrtrecht, nicht hingegen eine Dienstbarkeit zu.

2.11. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts in Bezug auf das Leitungsrecht am Telekomkabel zieht die Revision nicht in Zweifel.

2.12. Aus diesen Gründen ist auch die Revision der Kläger zurückzuweisen.

2.13. Da der Beklagte auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat, steht ihm gemäß §§ 41, 50 ZPO Kostenersatz auf der Basis einer Bemessungsgrundlage von 6.000 EUR zu. Hinsichtlich der Erwägungen zur Ermittlung dieser Bemessungsgrundlage ist auf Punkt 1.6. hinzuweisen. Im gegenseitigen Abzugsweg ergibt sich eine Kostenersatzpflicht des Beklagten gegenüber den Klägern wie im Spruch.

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