European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:E113731
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird hinsichtlich des an den Minderjährigen für den Zeitraum ab 1. 5. 2010 zu leistenden Unterhalts bestätigt.
Im Umfang des an den Minderjährigen für den Zeitraum von 1. 2. 2009 bis 30. 4. 2010 zu leistenden Unterhalts werden die Beschlüsse der Vorinstanzen aufgehoben. Insoweit wird die Pflegschaftssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.
Begründung:
Der 2005 geborene mj A* ist der Sohn des J* (= Antragsgegner und nunmehrigen Revisionsrekurswerber) und der E*. J* bezieht Einkommen aus seinen Berufstätigkeiten als selbstständiger Land‑ und Forstwirt, als Rübenschätzer, Holz‑ und Rübenverkäufer und als Gemeinderat. Die Mutter des Minderjährigen zog während ihrer Beziehung zum Antragsgegner und der anschließenden Ehe in die vormalige Ehewohnung in das Schloss S*, das im Eigentum des Antragsgegners und dessen Mutter (der väterlichen Großmutter des Minderjährigen) steht. Infolge ehelicher Streitigkeiten und Differenzen mit der Familie des Antragsgegners verließ die Mutter des Minderjährigen mit diesem gemeinsam jedenfalls vor dem 1. 2. 2009 die Ehewohnung. Seither lebt der Minderjährige im Haushalt seiner Mutter, die ihn pflegt und erzieht. Die Ehe der Eltern des Minderjährigen wurde mit Urteil des Bezirksgerichts L* vom 8. 3. 2010 geschieden. Der Scheidungsausspruch erwuchs mit Ablauf der Rechtsmittelfrist am 4. 5. 2010 in Rechtskraft. Das Rechtsmittelverfahren betreffend den Verschuldensausspruch wurde mit Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 17. 2. 2011 rechtskräftig beendet.
Zuletzt war der Antragsgegner gegenüber dem Minderjährigen aufgrund einer am 23. 5. 2011 vor dem Kinder‑ und Jugendhilfeträger abgeschlossenen Unterhaltsvereinbarung zu einer monatlichen Unterhaltsleistung im Zeitraum von 1. 2. 2011 bis 30. 6. 2011 in Höhe von 300 EUR sowie ab 1. 7. 2011 in Höhe von 340 EUR verpflichtet.
Der Minderjährige beantragte mit Eingabe vom 14. 6. 2011, den Antragsgegner ab 1. 2. 2009 zu einer monatlichen Unterhaltszahlung von 460 EUR und ab 1. 7. 2011 zu einer monatlichen Unterhaltszahlung von 592 EUR zu verpflichten.
Soweit für das Revisionsrekursverfahren noch wesentlich brachte der Minderjährige zusammengefasst vor, seiner Mutter sei im Scheidungsverfahren nur eine Ausgleichszahlung, aber kein Ehegattenunterhalt zugesprochen worden, sodass bei Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage keine weitere Sorgepflicht des Antragsgegners als unterhaltsmindernd zu berücksichtigen sei. Es habe zwar eine vor Gericht abgeschlossene Vereinbarung gegeben, welche ihm und seiner Mutter ein Wohnrecht bis zum rechtskräftigen Abschluss des Scheidungsverfahrens an der Ehewohnung eingeräumt habe. Es seien jedoch vom Vater und der väterlichen Großmutter alle Mittel ergriffen worden, die eine tatsächliche Benützung der Wohnung unzumutbar bzw unmöglich gemacht hätten, um sie zum Verlassen der Wohnung zu bewegen. Eine Anrechnung fiktiver Mietkosten der Wohnung als Naturalunterhalt habe deshalb zu unterbleiben. Der Antragsgegner beantragte die Abweisung des Unterhaltsbegehrens und beantragte seinerseits die Herabsetzung seiner aufgrund der erwähnten Unterhaltsvereinbarung gegenüber dem Minderjährigen bestehenden Unterhaltsverpflichtung für die Zeit von 1. 1. 2013 bis 31. 12. 2013 auf 285 EUR monatlich und ab 1. 1. 2015 auf 275 EUR monatlich.
Er brachte zusammengefasst vor, aufgrund seiner selbstständigen Tätigkeiten sei sein Einkommen starken Schwankungen unterworfen und immer erst im Nachhinein feststellbar. Die ihm als Landwirt gewährten EU‑ und sonstigen nationalen Förderungen würden in Hinkunft kontinuierlich sinken. Seine weitere Sorgepflicht für seine Ex‑Ehefrau (die Mutter des Minderjährigen) sei als unterhaltsmindernd zu berücksichtigen. Die von ihm bereits an den Minderjährigen erbrachten Geld‑ und Naturalunterhaltsleistungen für den Zeitraum von 1. 2. 2009 bis 31. 1. 2011 seien auf die Unterhaltsverpflichtung anzurechnen, insbesondere die weitere Zurverfügungstellung der Ehewohnung.
Das Erstgericht verpflichtete den Antragsgegner, dem Minderjährigen
a) im Zeitraum 1. 2. 2009 bis 31. 1. 2011 einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 450 EUR,
b) im Zeitraum 1. 2. 2011 bis 30. 6. 2011 zusätzlich zu der ihm bisher aufgrund der Unterhaltsvereinbarung vom 23. 5. 2011 auferlegten monatlichen Unterhaltsleistung von 300 EUR einen weiteren monatlichen Unterhaltsbetrag von 150 EUR, insgesamt also 450 EUR monatlich,
c) im Zeitraum 1. 7. 2011 bis 31. 12. 2013 zusätzlich zu der ihm bisher aufgrund der Unterhaltsvereinbarung vom 23. 5. 2011 auferlegten monatlichen Unterhaltsleistung von 340 EUR einen weiteren monatlichen Unterhaltsbetrag von 162 EUR, insgesamt also 502 EUR monatlich,
d) im Zeitraum 1. 1. 2014 bis 30. 6. 2015 zusätzlich zu der Unterhaltsvereinbarung vom 23. 5. 2011 einen weiteren monatlichen Unterhaltsbetrag von 88 EUR monatlich, insgesamt also 428 EUR monatlich und
e) ab 1. 7. 2015 zusätzlich zu der Unterhaltsvereinbarung vom 23. 5. 2011 einen weiteren monatlichen Unterhaltsbetrag von 133 EUR, insgesamt also 473 EUR monatlich, zu bezahlen.
Das darüber hinausgehende Unterhaltsmehrbegehren des Minderjährigen wies das Erstgericht ebenso ab wie das Herabsetzungsbegehren des Antragsgegners.
Das Erstgericht traf ‑ soweit für das Revisionsrekursverfahren noch wesentlich ‑ über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus folgende weitere Feststellungen.
Das monatliche Durchschnittsnettoeinkommen des Antragsgegners beträgt unter Berücksichtigung der an seine Mutter zu erbringenden Ausgedingeleistung von 726,73 EUR monatlich für das Jahr 2009 1.441 EUR; für 2010 3.731 EUR; für 2011 3.743 EUR; für 2012 5.039 EUR und für 2013 1.931 EUR. Das durchschnittlich erzielte Einkommen in den Jahren 2009 bis 2013 errechnet sich mit 3.177 EUR netto. Für das Jahr 2014 beträgt das unter Mitberücksichtigung der Markt‑ und Preissituation auf Grundlage der Werte 2009 bis 2013 hochgerechnete Einkommen 2.681 EUR netto.
Der jedenfalls vor dem 1. 2. 2009 vorgenommene Auszug des damals 4‑jährigen Minderjährigen und dessen Mutter aus der Ehewohnung erfolgte im Hinblick auf ständig wiederkehrende familiäre bzw eheliche Probleme und diverse, bei Gericht anhängige Verfahren. Der Antragsgegner und dessen Mutter (die Großmutter des Minderjährigen), die das Schloss ebenfalls bewohnte, taten alles dafür, um die Mutter des Minderjährigen bzw diesen zum Verlassen der Wohnung und des Schlosses zu bringen. Im Jahr 2008 behauptete die väterliche Großmutter (die zuvor Eigentümerin des Schlosses gewesen war und der daran noch ein Fruchtgenussrecht zukommt) die Ehewohnung nur prekaristisch an den Sohn überlassen zu haben und strengte gegen ihn und die Mutter des Minderjährigen ein Räumungsverfahren an. Mit ihrem Sohn schloss sie einen gerichtlichen Räumungsvergleich ab, der sich auch auf die Schwiegertochter (die Mutter des Minderjährigen) erstrecken sollte und ließ dieser mitteilen, sie habe die Wohnung geräumt von ihren Fahrnissen zu übergeben. Dagegen setzte sich diese mittels Exzindierungsklage zur Wehr, die Räumungsklage wurde letztlich in zweiter Instanz abgewiesen. Entgegen einem gerichtlichen Vergleich wurde die Beheizung der Wohnung nicht bzw nur zum Teil vorgenommen, wodurch der Verbleib des Minderjährigen bzw dessen Mutter in der Wohnung erschwert bzw unmöglich gemacht wurde. Die Mutter des Minderjährigen musste zwei Besitzstörungsklagen gegen den Antragsgegner bzw die väterliche Großmutter anstrengen, weil der Schlüssel zum Sicherungskasten für die Ehewohnung entfernt, ihr Kraftfahrzeug in der Fahrzeughalle verbarrikadiert und die Glühbirnen im Stiegenhaus entfernt worden waren. Auch durch darüberhinausgehende Störungen haben der Antragsgegner und die väterliche Großmutter der Mutter und dem Minderjährigen deren Leben im Schloss blockiert bzw verleidet. Der Minderjährige litt unter der ständigen Anspannung und den Streitigkeiten der Familie des Antragsgegners mit der Mutter und bekam psychische Probleme, die eine psychologische Behandlung notwendig machten.
Am 10. 12. 2010 hatten die Eltern des Minderjährigen vor dem Bezirksgericht L* einen Vergleich abgeschlossen, in dem sich der Antragsgegner zur Leistung einer Ausgleichszahlung an die Mutter des Minderjährigen in Höhe von 45.500 EUR verpflichtete. Mit dieser Zahlung sollten alle wechselseitigen Ansprüche im Zusammenhang mit der Ehewohnung, der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, des Unterhalts und der Mitwirkung im Erwerb des anderen vollständig bereinigt und verglichen sein, sodass keine weiteren Ansprüche gegeneinander zustehen. Dieser Vergleich ist rechtswirksam und vollstreckbar.
Rechtlich ging das Erstgericht zusammengefasst davon aus, für die Unterhaltsbemessung für die Jahre 2009 bis 2013 sei der mit 3.177 EUR errechnete Mittelwert der jeweiligen tatsächlich ins Verdienen gebrachten monatlichen Nettoeinkommen des Antragsgegners heranzuziehen. Unter Mitberücksichtigung der Markt- und Preissituation komme diesem Durchschnittswert auch für das Jahr 2014 Geltung zu. Die vom Sachverständigen für die Jahre 2015 bis 2018 jeweils geschätzten Einkommenshöhen stellten keine ausreichend sicheren Angaben dar, weswegen sie der Unterhaltsbemessung nicht zugrunde gelegt werden könnten. Auch für diese Jahre sei als Unterhaltsbemessungsgrundlage daher der in den Vorjahren ermittelte Wert des Einkommens, somit der monatliche Durchschnittswert von 3.177 EUR, heranzuziehen. Da der Sachverständige die Höhe der Ausgedingelast mit 1.000 EUR monatlich statt (richtig) mit 726,73 EUR angenommen habe, sei das für die Unterhaltsbemessung relevante Einkommen nicht um 1.000 EUR, sondern um nur 726,73 EUR zu vermindern gewesen. Vom Antragsgegner geleisteter Naturalunterhalt durch Zurverfügungstellung einer Wohnmöglichkeit sei nicht anzurechnen, weil der Minderjährige bereits zum 1. 2. 2009 (aus den festgestellten Gründen) aus der vormaligen Ehewohnung ausgezogen sei. Eine Berücksichtigung einer weiteren Sorgepflicht für die Ex‑Ehegattin des Antragsgegners als unterhaltsmindernd komme nicht in Betracht, weil weder vor noch nach dem Abschluss des Vergleichs im Aufteilungsverfahren vom Dezember 2010 Ehegattenunterhalt konkret gefordert, verglichen oder im Rahmen eines strittigen Verfahrens festgesetzt worden sei. Altersbedingt betrage der Unterhaltsanspruch des Minderjährigen im Zeitraum von 1. 2. 2009 bis 30. 6. 2011 16 %, von 1. 7. 2011 bis 30. 6. 2015 18 % sowie ab 1. 7. 2015 20 %. Aufgrund der errechneten Unterhaltsbemessungsgrundlage ergebe sich unter Anrechnung der Familienbeihilfe jeweils ein Unterhaltsbetrag für die einzelnen Zeiträume in der aus dem Spruch ersichtlichen Höhe.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragsgegners teilweise Folge und änderte den Beschluss des Erstgerichts dahingehend ab, dass der Unterhalt des Minderjährigen für den Zeitraum von 1. 2. 2009 bis 31. 12. 2009 mit 185 EUR monatlich, für den Zeitraum von 1. 1. 2013 bis 31. 12. 2013 mit 285 EUR monatlich und für den Zeitraum von 1. 1. 2014 bis 31. 12. 2014 mit 400 EUR monatlich festgesetzt wurde. Das Unterhaltsmehrbegehren des Minderjährigen für die angeführten Zeiträume wurde abgewiesen. Im Übrigen wurde der erstgerichtliche Beschluss bestätigt.
Das Rekursgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichts. Rechtlich ging es ‑ soweit für das Revisionsrekursverfahren noch wesentlich ‑ zusammengefasst davon aus, entgegen der Annahme des Erstgerichts sei im Sachverständigengutachten die Höhe der Ausgedinge-leistungen ohnedies zutreffend mit 726,73 EUR monatlich angenommen worden, sodass die vom Erstgericht vorgenommene Erhöhung der Einkünfte des Antragsgegners um 273 EUR monatlich zu entfallen habe. Als monatliche Unterhaltsbemessungsgrundlage ergäben sich daher für das Jahr 2009 1.168 EUR, für 2010 3.458 EUR, für 2011 3.470 EUR, für 2012 4.766 EUR, für 2013 1.658 EUR und für 2014 2.408 EUR. Infolge der Einkommensschwankungen sei es angezeigt, den für die Bemessung des künftigen Unterhalts heranzuziehenden Beobachtungszeitraum auf die Wirtschaftsjahre 2009 bis einschließlich 2013 auszudehnen. Das für das Jahr 2014 ermittelte Durchschnitts-nettoeinkommen sei in diese Prognoserechnung deshalb nicht einzubeziehen, weil es selbst auf Schätzungen beruhe. Da der Sachverständige das Durchschnittseinkommen für das Jahr 2014 aber mit 2.408 EUR geschätzt habe, sei dieser Betrag der Unterhaltsbemessung zu Grunde zu legen und nicht auf den Durchschnittsbetrag von 3.177 EUR für die Jahre 2009 bis 2013 zurückzugreifen. Für die Jahre 2015 bis 2018 müssten die vom Sachverständigen einbezogene Preisentwicklung und weitere Gestaltung der EU‑Förderungen als ungewisse zukünftige Ereignisse gewertet werden, welche für die Neubemessung des Kindesunterhalts keinen Ausschlag geben könnten. Es sei daher von der für die Vergangenheit gesichert festgehaltenen finanziellen Leistungsfähigkeit des Vaters auszugehen und auf dieser Grundlage der künftige Unterhaltsanspruch auszumessen. Sollte die finanzielle Leistungsfähigkeit des Vaters in Zukunft absinken, bestehe die Möglichkeit, einen Unterhaltsherabsetzungsantrag zu stellen. Die mit dem Rekurs erfolgte Vorlage der Mitteilung der Landwirtschaftskammer Niederösterreich vom 3. 8. 2015 verstoße gegen das Neuerungsverbot.
Bei der Bemessung des Kindesunterhalts sei die Sorgepflicht für die Ehefrau nicht zu berücksichtigen. Zwischen den Eltern seien im Rahmen des Vergleichs vom 10. 12. 2010 auch die Unterhaltsansprüche der Ehefrau bereinigt und verglichen worden. Dass der Vater im verbleibenden Zeitraum einer möglichen Anrechnung einer bestehenden Sorgfaltspflicht für seine Ehefrau vom 1. 2. 2009 bis zum Vergleichszeitpunkt tatsächlich eine Unterhaltsleistung an die Kindesmutter erbracht hätte, werde auch im Rechtsmittel weder behauptet noch nachvollziehbar dargetan. Eine Anrechnung einer bloß bestehenden, jedoch nicht erfüllten Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Kindesmutter könne nicht zu Lasten des antragstellenden Kindes ausschlagen. Zudem sei nicht behauptet worden, dass die Kindesmutter für den Zeitraum bis zum Abschluss des erwähnten Vergleichs einen Unterhaltsanspruch gefordert oder erfüllt erhalten hätte.
Die Bemessung des Kindesunterhalts habe auf der Grundlage des (vom Rekursgericht richtiggestellten) monatlichen Durchschnittsnettoeinkommens des Vaters ohne Berücksichtigung konkurrierender Sorgepflichten zu erfolgen, wobei der Vater Anspruch darauf habe, unter entsprechender Berücksichtigung der Transferzahlungen steuerlich entlastet zu werden. Es sei den zwecks konkreter Ermittlung der steuerlichen Entlastung entwickelten Formeln zu folgen, wonach die durch Heranziehung der altersgemäßen Prozentkomponenten ermittelten Beträge entsprechend reduziert werden, sodass sich ein Unterhaltsanspruch wie aus dem Spruch ersichtlich ergebe. Bezogen auf das Wirtschaftsjahr 2012, in welchem dem Vater ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von 4.766 EUR zuzurechnen sei, sei der in Entsprechung des Alters des Kindes mit dem doppelten Regelbedarfssatz zu veranschlagende Unterhaltsstopp zu beachten, weshalb für das Jahr 2012 von einem Unterhaltsanspruch, noch ohne Anrechnung der Transferleistungen, von rund 626 EUR bzw 612 EUR monatlich auszugehen sei.
Ein konkretes (betragsmäßiges) Vorbringen zur Anrechnung von Geldunterhaltsleistungen sei im gesamten erstinstanzlichen Verfahren nicht erstattet worden. Eine amtswegige Verpflichtung, entsprechende Feststellungen über erbrachte Unterhaltszahlungen des Vaters zu treffen, habe nicht bestanden. Auch einer Anleitung zu einem entsprechenden Vorbringen habe der im erstinstanzlichen Verfahren durchgehend anwaltliche vertretene Vater nicht bedurft, sodass für eine ziffernmäßige Anrechnung erbrachter Geldunterhaltszahlungen keine Grundlage bestehe.
Der Umstand, dass der Antragsgegner nach seiner Darstellung die Wohnmöglichkeit, nämlich die frühere Ehewohnung, für den Minderjährigen und dessen Mutter im Zeitraum bis 31. 1. 2011 zwecks Benützung bereitgehalten hätte, sei für die Unterhaltsbemessung allein schon deshalb nicht relevant, weil nach den unbedenklichen Feststellungen des Erstgerichts der Minderjährige die angeführten Räumlichkeiten im nunmehr maßgeblichen Unterhaltsbemessungszeitraum nicht benützt habe.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionrekurs zulässig sei, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage vorliege, ob bzw inwieweit die prognostizierte Entwicklung von EU‑Förderungen bei der Ermittlung der Unterhalts-bemessungsgrundlage für die Zukunft einzubeziehen sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners mit dem Antrag, den Unterhaltsantrag für den Zeitraum von 1. 2. 2009 bis 31. 1. 2011 infolge erbrachter Geld‑ und Naturalunterhaltsleistungen zur Gänze abzuweisen; den im Zeitraum von 1. 2. 2011 bis 30. 6. 2011 zu leistenden Unterhalt um lediglich 110 EUR auf insgesamt 410 EUR (statt 450 EUR) monatlich zu erhöhen; den für den Zeitraum ab 1. 7. 2011 bis laufend zu leistenden monatlichen Unterhalt wie folgt zu erhöhen bzw herabzusetzen: und zwar von 1. 1. 2014 bis 30. 12. 2014 erhöht um 47 EUR auf insgesamt 387 EUR monatlich; von 1. 1. 2015 bis 30. 6. 2015 herabgesetzt um 65 EUR auf insgesamt 275 EUR monatlich und ab 1. 7. 2015 herabgesetzt um 40 EUR auf insgesamt 300 EUR monatlich. Das darüber hinausgehende Unterhaltsmehrbegehren möge abgewiesen werden. In eventu möge die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen werden. (Unangefochten blieb somit die Unterhaltsfestsetzung für den Zeitraum von 1. 7. 2011 bis 31. 12. 2012 sowie die herabgesetzte Unterhaltsverpflichtung für den Zeitraum von 1. 1. 2013 bis 31. 12. 2013.)
Eine Revisionsrekursbeantwortung wurde nicht erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zwar nicht aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist jedoch im Hinblick darauf zulässig, dass die Ansicht der Vorinstanzen, der Revisionsrekurswerber habe kein ausreichendes erstinstanzliches Vorbringen zur Berücksichtigung seiner im Zeitraum von 1. 2. 2009 bis 30. 4. 2010 bestehenden Sorgepflicht für seine (damalige) Ehegattin erstattet, aus Gründen der Rechtssicherheit einer Korrektur bedarf. Der Revisionsrekurs ist ‑ bezogen auf diesen Zeitraum (1. 2. 2009 bis 30. 4. 2010) ‑ im Sinne des Aufhebungsantrags auch berechtigt; im Übrigen erweist er sich als nicht berechtigt.
Der Revisionsrekurswerber macht zusammengefasst geltend, ab 1. 1. 2015 wäre der Unterhalt nicht an Hand der Durchschnittsnettoeinkommen der Jahre 2009 bis 2013 zu berechnen gewesen, sondern an Hand der vom Sachverständigen für 2015 bis 2018 prognostizierten weitaus niedrigeren Durchschnittsnettoeinkommen. Für den Zeitraum der (noch) aufrechten Ehe vom 1. 2. 2009 bis einschließlich April 2010 wäre die Sorgepflicht für die Ehegattin im Ausmaß eines Abzugs von 3 % im Rahmen der Prozentwertmethode als unterhaltsmindernd zu berücksichtigen gewesen. Die konkurrierende Unterhaltspflicht für seine Ehefrau habe er in erster Instanz ausdrücklich geltend gemacht. Die faktisch bisher an den Minderjährigen erbrachten Geldunterhaltsleistungen von 170 EUR monatlich wären betragsmäßig festzustellen und auf den Unterhaltsanspruch des Minderjährigen anzurechnen gewesen. Aufgrund eines im Jänner 2008 abgeschlossenen Vergleichs sei er verpflichtet gewesen, der Kindesmutter und dem Minderjährigen die im Schloss gelegene Ehewohnung bis zum rechtskräftigem Abschluss des Scheidungsverfahrens (28. 3. 2011), zur Verfügung zu stellen. Die Zuverfügungstellung der Wohnung sei als Naturalunterhalt im Ausmaß von 25 % des gesamten Unterhaltsanspruchs in Anrechnung zu bringen. Dass der Minderjährige von der Wohnmöglichkeit keinen Gebrauch gemacht habe, könne die Anrechenbarkeit nicht verhindern.
Dazu ist auszuführen:
1. Zur Frage der Einbeziehung künftiger Einkommensänderungen in die Unterhaltsbemessungs-grundlage:
1.1 Grundsätzlich wird bei selbstständig Erwerbstätigen als Unterhaltsbemessungsgrundlage das Durchschnittsnettoeinkommen der letzten drei der Beschlussfassung vorangegangenen Wirtschaftsjahre des Unterhaltspflichtigen herangezogen (RIS‑Justiz RS0053251). Zweck dieser Durchschnittsbetrachtung ist es, Einkommens-schwankungen, die die Unterhaltsbemessungsgrundlage verzerren könnten, auszuschalten. Die für die Unterhaltsbemessung herangezogenen Beobachtungszeiträume können aber auch variieren und sind von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängig zu machen (RIS‑Justiz RS0053251 [T18 und T19]).
1.2 Als Einkommen ist grundsätzlich alles zu verstehen, was einer Person an Natural‑ oder Geldleistungen welcher Art immer aufgrund eines Anspruchs zukommt, sofern solche Einkünfte nicht nach gesetzlichen Bestimmungen außer Betracht zu bleiben haben. Öffentlich‑rechtliche Leistungen sind grundsätzlich in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen und nicht allein wegen der in der Leistung liegenden Zweckbestimmung auszuscheiden (6 Ob 8/03z uva). Auch EU‑Förderungs-leistungen sind nach ständiger Rechtsprechung als Einkommen des Unterhaltspflichtigen in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen (RIS‑Justiz RS0107943, RS0047456 [T6]).
1.3 Von diesen Grundsätzen weicht die Rechtsansicht der Vorinstanzen nicht ab, wegen der starken Schwankungen der Einkünfte seien zur Vermeidung einer Verfälschung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nicht nur die letzten drei Jahre vor Beschlussfassung, sondern die Durchschnittswerte der letzten vier Jahre (2009 bis 2013) zu Grunde zu legen, wobei in die Bemessungsgrundlage auch die gewährten EU‑Förderungen einzubeziehen seien.
1.4 Während für konkrete vergangene Zeitabschnitte die tatsächliche finanzielle Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners genau für diese Unterhaltsperiode zu ermitteln ist (RIS‑Justiz RS0053251 [T3]), ist bei der Unterhaltsbemessung für die Zukunft maßgebend, ob das in der Vergangenheit erzielte Einkommen darauf schließen lässt, dass der Unterhaltspflichtige auch weiterhin über ein Einkommen in ähnlicher Höhe verfügen werde (RIS‑Justiz RS0053251 [T14]). Dabei kommt es aber nicht auf spekulative Prognosen zukünftiger Umstände, insbesondere künftiger Einkommensveränderungen, an (1 Ob 2040/96y). Zur Verfügung stehende gesicherte aktuelle Daten müssen aber verwendet werden (7 Ob 52/98t; 2 Ob 150/13t).
1.5 Auch mit diesen Grundsätzen der Rechtsprechung steht die Rechtsansicht der Vorinstanzen in Einklang. Die Frage, ob es sich bei den im gerichtlichen Sachverständigengutachten erstellten Einkommensprognosen für die Jahre 2015 bis 2018 um gesicherte Daten oder um (spekulative) Prognosen ungewisser zukünftiger Entwicklungen handelt, fällt jedoch in das Gebiet der Beweiswürdigung und stellt keine rechtliche Beurteilung dar. Die Beweiswürdigung der Vorinstanzen, die Ausführungen des Sachverständigen zu den sinkenden landwirtschaftlichen Einkommen und der degressiven Gestaltung von EU‑ und sonstigen nationalen Förderungen stellten nur Annahmen und keine zuverlässigen Indikatoren für den mit Sicherheit in Zukunft eintretenden Wegfall einzelner Einkommens-bestandteile dar, ist vom Obersten Gerichtshof, der auch im Außerstreitverfahren nicht Tatsacheninstanz ist, nicht mehr zu überprüfen (RIS‑Justiz RS0007236). Mit dem Revisionsrekursvorbringen, das Gutachten sei richtigerweise dahin zu verstehen, dass der Sachverständige für die Jahre 2015 bis 2018 eine ausreichend konkrete und im einzelnen begründete Schätzung abgegeben habe, wird lediglich ‑ in unzulässiger Weise ‑ die nicht mehr anfechtbare Beweiswürdigung der Vorinstanzen bekämpft.
1.6 Nicht zu beanstanden ist weiters, dass das Rekursgericht die erstmals mit dem Rekurs erfolgte Vorlage der Bestätigung der Landwirtschaftskammer für Niederösterreich vom 3. 8. 2015 als unzulässige Neuerung (§ 49 AußStrG) erachtete. Umstände, die den Revisionsrekurswerber an deren Vorlage zu einem früheren Zeitpunkt gehindert hätten, werden auch im Revisionsrekurs nicht dargetan.
1.7 Ist eine zukünftige degressive Einkommensentwicklung als ungewiss anzusehen, kann sich der Revisionsrekurswerber gegenüber dem Unterhaltsberechtigten auch nicht dadurch als sachwidrig ungleich behandelt ansehen, dass er immer erst nach Ablauf eines jeden Wirtschaftsjahres einen Antrag auf Unterhaltsherabsetzung stellen kann (vgl 1 Ob 180/97w) und dieser Antrag (möglicherweise) infolge gutgläubigen Verbrauchs der Unterhaltszahlungen erfolglos bleibt.
2. Zur Berücksichtigung der Sorgepflicht für die Ehegattin:
2.1 Konkurrierende Sorgepflichten, gleichgültig, ob sie bereits tituliert sind oder nicht, führen grundsätzlich zu einer angemessenen Herabsetzung des Unterhaltsprozentsatzes. Sie sind durch Abzüge von Prozentpunkten vom Unterhaltsprozentsatz (und nicht durch lineare Abzüge) zu ermitteln (RIS‑Justiz RS0047485, RS0047364 [T2]). Eine konkurrierende Sorgepflicht für einen (früheren) Ehegatten ist bei Ausmessung des Kindesunterhalts ‑ je nach dem Eigenverdienst des Ehegatten und dem Umfang der für den Unterhaltspflichtigen daraus entstehenden Belastung ‑ durch Abzug von 0 % bis 3 % vom Unterhaltsprozentsatz zu berücksichtigen (RIS‑Justiz RS0053242 [T4]).
2.2 Bei der Bemessung des Unterhalts des Minderjährigen ist daher auch im vorliegenden Fall als Vorfrage zu beurteilen, welche Unterhaltsansprüche der Kindesmutter zustehen (RIS‑Justiz RS0047380). Dabei kommt es nicht darauf an, ob sie Geldunterhaltszahlungen bereits eingefordert hat oder ein Unterhaltstitel bereits geschaffen wurde, sondern darauf, ob Unterhaltsansprüche zustehen, die im Wege der Reduzierung des für das Kind anzuwendenden Prozentsatzes (um 0 % bis 3 %) zu berücksichtigen sind.
2.3 Für das Bestehen konkurrierender Sorgepflichten als einen die Unterhaltsverpflichtung vermindernden Umstand ist der Unterhaltspflichtige behauptungs‑ und beweispflichtig (RIS‑Justiz RS0111084).
2.4 Zutreffend wird im Revisionsrekurs aufgezeigt, dass der Revisionsrekurswerber seiner diesbezüglichen Behauptungslast nachgekommen ist, indem er in seiner Eingabe vom 6. 9. 2011 (ON 63 AS 77) vorgebracht hat, mit der vergleichsweisen Aufteilungsvereinbarung vom 10. 12. 2010 seien ua auch die Unterhaltsansprüche der Ehefrau (Mutter des Unterhaltsberechtigten) im Rahmen einer einmaligen Kapitalzahlung endgültig bereinigt und verglichen worden, weshalb die weitere Sorgepflicht für die Ehefrau als unterhaltsmindernd zu berücksichtigen gewesen wäre. Mit diesem Vorbringen hat der Antragsgegner eindeutig geltend gemacht, dass gegenüber seiner Ehegattin eine laufende Unterhaltsverpflichtung bestanden habe, die (unter anderem) durch eine im Rahmen des Vergleichs erfolgte (einmalige) Geldabfindung abgegolten worden sei (vgl Gitschthaler, Unterhaltsrecht3 Rz 546).
2.5 Ausgehend von den oben dargelegten Grundsätzen der Rechtsprechung zur Berücksichtigung konkurrierender Sorgepflichten hat der Revisionsrekurswerber demnach ausreichendes Vorbringen zum Bestehen einer konkurrierenden Unterhaltspflicht gegenüber der Ehegattin erstattet. Da die Vorinstanzen dieses Vorbringen ‑ ausgehend von ihrer Rechtsansicht, maßgeblich wäre nur eine „tatsächliche“, „konkret erbrachte“ bzw bereits titulierte Geldunterhaltsleistung ‑ als unzureichend angesehen haben, ist im Hinblick auf das Vorbringen des Revisionsrekurswerbers, es sei seine Unterhaltspflicht gegenüber seiner damaligen Ehefrau durch einen Abzug von 3 % im Rahmen der Prozentwertmethode bis einschließlich April 2010 zu berücksichtigen, die Aufhebung der Entscheidung der Vorinstanzen betreffend den Zeitraum von 1. 9. 2009 bis 30. 4. 2010 unumgänglich. Das Erstgericht wird im fortzusetzenden Verfahren ergänzende Sachverhaltsfeststellungen zu treffen haben, die eine Beurteilung zulassen, ob und allenfalls welche Unterhaltsansprüche der damaligen Ehegattin des Antragsgegners diesem gegenüber in diesem Zeitraum zustanden (RIS‑Justiz RS0047380). Zu diesem Zweck wird mit den Parteien zu erörtern sein, ob und in welcher Höhe der im Aufteilungsverfahren abgeschlossene Vergleich eine auf Unterhalt entfallende Abfindungssumme umfasst, die auf laufende Unterhaltszahlungen umzulegen ist. Weiters wird zu erörtern sein, ob der Revisionsrekurswerber an seine Ehegattin Geld‑ oder Naturalunterhalt geleistet hat und es werden Feststellungen zu einem (etwaigen) Eigeneinkommen der damaligen Ehefrau des Antragsgegners zu treffen sein. Erst wenn als Vorfrage die (möglichen) Unterhaltsansprüche der damaligen Ehegattin gegenüber dem Antragsgegner im relevanten Zeitraum geklärt sein werden, wird abschließend beurteilbar sein, ob und in welcher Höhe diese Unterhaltsansprüche bei der Bemessung des Kindesunterhalts durch einen prozentmäßigen Abzug zu berücksichtigen sein werden.
3. Zur Anrechnung von geleistetem Geldunterhalt:
Auch im Bereich des vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Verfahrens außer Streitsachen sind subjektive Behauptungs‑ und Beweislastregeln jedenfalls dann heranzuziehen, wenn über vermögensrechtliche Ansprüche, in denen sich die Parteien in verschiedenen Rollen gegenüberstehen, zu entscheiden ist. Wird Unterhalt für die Vergangenheit begehrt, hat daher der Unterhaltspflichtige die Behauptung aufzustellen, der Unterhaltsanspruch sei, etwa durch Bezahlung von dritter Seite, erloschen (RIS‑Justiz RS0006261). Es ist somit der Unterhaltspflichtige für alle seine Unterhaltsverpflichtung aufhebenden oder vermindernden Umstände behauptungs‑ und beweispflichtig (RIS‑Justiz RS0111084 [T1]). Auch das Recht, im Rekurs neue Umstände und Beweismittel anzuführen, enthebt den Rechtsmittelwerber nicht der Notwendigkeit, den Tatbestand, auf den er seinen Antrag stützen will, schon in erster Instanz vorzubringen (RIS‑Justiz RS0006790).
Wie bereits das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat, enthält der verfahrenseinleitende Antrag vom 14. 6. 2011 (ON 54) kein Vorbringen des Unterhaltspflichtigen zu den seine Unterhaltsverpflichtung aufhebenden oder vermindernden Umstände, weil dieser Antrag nicht vom Unterhaltspflichtigen, sondern im Namen des Unterhaltsberechtigten vom Kinder‑ und Jugendhilfeträger erhoben wurde und lediglich die vor dem Kinder- und Jugendhilfeträger abgelegte Aussage des Unterhalts-pflichtigen zu den von ihm geleisteten Unterhaltszahlungen wiedergibt. Mitteilungen und Stellungnahmen, die eine Partei nicht an das Gericht, sondern an eine andere Behörde richtet, können jedoch kein Vorbringen vor Gericht ersetzen (vgl Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 17 Rz 74. Da auch eine Urkunde ein fehlendes Parteivorbringen nicht ersetzen kann (RIS‑Justiz RS0037915, RS0017844 [T1 bis T3]), kann sich der unterhaltspflichtige Revisionsrekurswerber weiters nicht erfolgreich auf die Beilage zu ON 69 (den von der Mutter des Minderjährigen an den Kinder‑ und Jugendhilfeträger übermittelten E‑Mail‑Verkehr zwischen ihr und ihm) stützen. Auch seine bloß abstrakte Behauptung, Geldunterhalt geleistet zu haben (vgl S 5 in der Stellungnahme vom 4. 11. 2014 ‑ ON 117), ohne konkrete Nennung der geleisteten Beträge und ein entsprechendes Beweisanbot, stellt kein ausreichendes Tatsachenvorbringen dar. Mangels entsprechenden Vorbringens des anwaltlich vertretenen Antragsgegners war das Erstgericht daher nicht gehalten, die Höhe allfälliger vom Antragsgegner im Zeitraum 1. 2. 2009 bis 31. 1. 2011 an den Unterhaltsberechtigten geleisteter monatlicher Unterhalts-zahlungen festzustellen. Die betragsmäßige Höhe dieser Zahlungen war weder allgemeinkundig, noch war sie dem Gericht aus eigener amtswegiger Wahrnehmung bekannt, sodass es es sich dabei ‑ entgegen der Ansicht des Revisionsrekurswerbers ‑ auch nicht um offenkundige Tatsachen handelte. Das Fehlen der vom Antragsgegner nunmehr begehrten Feststellung, er habe im Zeitraum von 1. 2. 2009 bis 31. 1. 2011 an den Minderjährigen monatliche Geldunterhaltsleistungen von 170 EUR erbracht, begründet daher keinen sekundären Verfahrensmangel. Eine Aktenwidrigkeit liegt ebenfalls nicht vor, weil in der tatsächlichen oder vermeintlich unrichtigen Wiedergabe des Prozessvorbingens schon begrifflich keine Aktenwidrigkeit begründet sein kann (RIS‑Justiz RS0041814).
4. Zur Anrechnung der Zurverfügungstellung von Wohnraum:
Hat der Unterhaltsberechtigte nicht für die Kosten der Wohnversorgung aufzukommen, so bedarf er regelmäßig nicht mehr des gesamten festgesetzten Geldunterhalts, um seinen vollständigen Unterhalt zu decken (RIS‑Justiz RS0047254). Nach der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist daher auch im Kindesunterhaltsrecht der fiktive Mietwert einer dem Unterhaltsberechtigten vom Unterhaltspflichtigen überlassenen Wohnung wegen der damit verbundenen Verminderung des Unterhaltsbedarfs ganz oder teilweise als Naturalunterhalt anzurechnen, sofern diese Leistungen regelmäßig erfolgen (1 Ob 203/14f mwN). Voraussetzung für die Anrechnung von Wohnungskosten auf den Kindesunterhalt ist aber, dass die Wohnversorgung des Unterhaltsberechtigten dem Unterhaltspflichtigen zuzurechnen ist (1 Ob 143/12d, 6 Ob 61/13h, 9 Ob 48/13v ua).
Im vorliegenden Fall steht fest, dass der jedenfalls vor dem 1. 2. 2009 erfolgte Auszug der Mutter und des Minderjährigen aus der vormaligen Ehewohnung in den schwerwiegenden Spannungen und in den festgestellten Vorfällen und Zuständen begründet war, die ihnen den Verbleib in der Ehewohnung unzumutbar machten und beim Minderjährigen bereits zu psychischen Beeinträchtigungen geführt haben. Seit diesem Zeitpunkt wird das Wohnbedürfnis des Minderjährigen durch die von ihm genutzte Wohnmöglichkeit bei der Mutter befriedigt. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanzen davon ausgegangen sind, dass aufgrund der festgestellten Umstände im vorliegenden Fall eine Anrechnung der vom Antragsgegner zur Verfügung gestellten Wohnräumlichkeit auf den Unterhaltsanspruch des Minderjährigen zu unterbleiben hat.
Der Revisionsrekurs erweist sich demnach hinsichtlich des Zeitraums von 1. 2. 2009 bis 30. 4. 2010 im Sinne des Aufhebungsantrags als berechtigt; im Übrigen war ihm jedoch keine Folge zu geben.
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