BVwG W215 2127318-1

BVwGW215 2127318-14.5.2017

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W215.2127318.1.00

 

Spruch:

W215 2127318-1/13E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. STARK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Bundesrepublik Somalia gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.04.2016, Zahl 1075601203-150763554, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

 

A)

 

Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG), in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG, § 57 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, und § 55 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, als unbegründet abgewiesen. Der erste Satz des Spruchpunktes III. des Bescheides wird berichtigt, er hat zu lauten: "Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, nicht erteilt."

 

B)

 

Die Revision ist jeweils gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz,

 

BGBl Nr. 1/1930 (B-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Die Beschwerdeführerin reiste zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt illegal nach Österreich.

 

Im Rahmen einer am 14.06.2015 durchgeführten polizeilichen Personenkontrolle konnte die Beschwerdeführerin weder Identitätsdokumente noch eine Aufenthaltsberechtigung vorweisen. Im Lauf der darauf hin eingeleiteten Amtshandlung bzw. fremdenpolizeilichen Ermittlungen wurde die Beschwerdeführerin am 15.06.2017, in Gegenwart eins Dolmetschers für die Sprache Somali, niederschriftlich befragt. Sie gab an XXXX zu heißen und am XXXX geboren zu sein. Die Beschwerdeführerin bestätigte, in dieser Befragung, dass sie von Ungarn kommend illegal nach Österreich eingereist sei und am Vortag anlässlich ihrer Anhaltung angegeben habe, dass sie in Österreich keinen Asylantrag stellen wolle. Sie machte Angaben zu ihrem damals seit vier Jahren in der Türkei lebenden Ehegatte, dessen dortigem Studium und ihrem dortigen Besuch vor ihrer Einreise nach Österreich, sowie einer geplanten Weiterreise nach Finnland.

 

Die Beschwerdeführerin blieb danach in Österreich und stellte am 30.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Am 01.07.2015 erfolgte die "Erstbefragung" der Beschwerdeführerin im Asylverfahren, in Gegenwart eins Dolmetschers für die Sprache Somali. Sie gab an XXXX zu heißen, am XXXX geboren und nach traditionellem Ritus verheiratet zu sein. Ihr Mann habe die gesamte Reise organisiert. Nach ihrem Ausreisegrund gefragt gab die Beschwerdeführerin wörtlich an: "Mein Mann hat für die somalische Regierung gearbeitet und wurde dadurch von Al-Shabaab misshandelt und ist im Spital in der Türkei. Auf ihn wurde geschossen. Das sind meine Fluchtgründe." Zu ihren Rückkehrbefürchtungen gefragt gab die Beschwerdeführerin wörtlich an: "Ich habe Angst um mein Leben." Nach Sanktionen im Fall ihrer Rückkehr gefragt gab sie wörtlich an:

"keine".

 

Am 09.07.2015 langte ein Schreiben der Beschwerdeführerin beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein, worin diese ersuchte ihr Geburtsdatum auf XXXX zu korrigieren und ihr danach eine neue Aufenthaltsberechtigungskarte mit diesem Geburtsdatum auszufolgen.

 

Die Beschwerdeführerin wurde am 15.12.2015, in Gegenwart eines Dolmetschers für die Sprache Somali, ausführlich zu ihren Ausreisegründen befragt.

 

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies mit Bescheid vom 27.04.2016, Zahl 1075601203-150763554, den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 30.06.2015 gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia (Spruchpunkt II.) ab, erteilte gemäß §§ 55 und 57 AsylG keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, stellte gemäß

 

§ 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Somalia gemäß

 

§ 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.) und die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß

 

§ 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt IV.). Im Bescheid wird von der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens der Beschwerdeführerin zu den von ihr behaupteten Ausreisegründen ausgegangen.

 

Gegen diesen Bescheid, zugestellt am 05.05.2016, erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht am 27.05.2016 gegenständliche Beschwerde. Neben einer kurzen Darstellung des Verfahrensganges und der Zitierung aus Länderberichten von Jänner, Februar und Mai 2016 führte die Beschwerdeführerin aus, das Asylbegehren sei zu Unrecht abgewiesen worden. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verkenne die Rechtslage, das Ermittlungsverfahren sei mangelhaft, ebenso die Beweiswürdigung. Die Beschwerdeführerin beantragte eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen, den angefochtenen Bescheid zu beheben und der BF den Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen; in eventu den angefochtenen Bescheid bezüglich Spruchpunkt II. zu beheben und der BF den Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG zuzuerkennen, in eventu den angefochtenen Bescheid bezüglich Spruchpunkt III. aufzuheben bzw. dahingehend abzuändern, dass die Rückkehrentscheidung aufgehoben, die Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig erklärt und der BF ein Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK erteilt werde, in eventu den angefochtenen Bescheid im angefochtenen Umfang ersatzlos zu beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückzuverweisen.

 

2. Die Beschwerdevorlage vom 01.06.016 langte am 03.06.2016 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

 

Am 18.01.2017 langte eine Vollmachtbekanntgabe eines Rechtsanwaltes ein, der am 23.01.2017 eine Akteneinsicht folgte.

 

Am 09.02.2017 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine verfahrensleitende Anordnung des Verwaltungsgerichtshofes vom 02.02.2017 ein. Darin wird das Bundesverwaltungsgericht aufgefordert gemäß § 38 Abs. 4 VwGG binnen drei Monaten die Entscheidung (Erkenntnis/Beschluss) zu erlassen und eine Ausfertigung, Abschrift oder Kopie sowie eine Kopie des Nachweises über die Zustellung der Entscheidung an die antragstellende Partei dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungsplicht nicht vorliege.

 

Eine Anfrage der Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichts bei der internen Contollingstelle am 23.02.2017 ergab, dass vor gegenständlichem Verfahren, gemeint bis zum 27.05.2016, 77 Verfahren der Gerichtsabteilung zugewiesen und noch nicht entschieden worden waren, d.h. eigentlich noch vor gegenständlichem Verfahren zu erledigen gewesen wären.

 

Mit Schreiben vom 07.02.2017 ersuchte das Bundesverwaltungsgericht den Verwaltungsgerichthof die Frist von drei Monaten gemäß § 38 Abs. 4 VwGG, in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013, einmalig zu verlängern.

 

Zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde für den 27.04.2017 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anberaumt. Es erschienen die Beschwerdeführerin und ihr Rechtsanwalt. Das ordnungsgemäß geladene Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl kam nicht zur Verhandlung. In der Verhandlung wurden die Quellen der zur Entscheidungsfindung herangezogenen Länderinformationen dargetan. Die Beschwerdeführerin verzichtete auf Einsichtnahme und Ausfolgung, sowie auf die Gewährung einer Frist zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme.

 

Am 02.05.2017 langte ein Foto, das die Beschwerdeführerin und ihren in der Bundesrepublik Somalia lebenden Sohn zeigt, beim Bundesverwaltungsgericht ein.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässigen Beschwerden erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

1. Die Identität der Beschwerdeführerin konnte nicht festgestellt werden, ebenso wenig, dass sie dem Clan der Madhiban angehört. Sie ist Staatsangehörige der Bundesrepublik Somalia und ist moslemischen Glaubens. Die Beschwerdeführerin ist mit ihrem Lebensgefährten nach moslemischem Ritus verheiratet und stammt aus XXXX , ist von XXXX aus ausgereist, hat aber auch in XXXX gelebt, somit dem Bereich Süd- und Zentralsomalia. Sie reiste zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Die Beschwerdeführerin stellte erst zwei Wochen nach ihrer Anhaltung wegen ihres illegalen Aufenthalts im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

2. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu den Gründen für ihre Ausreise aus ihrem Herkunftsstaat ist unglaubwürdig. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin in der Bundesrepublik Somalia einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt war oder sein wird.

 

3. Im gegenständlichen Verfahren können keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass die gesunde Beschwerdeführerin im Fall ihrer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Bundesrepublik Somalia einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe oder sonst einer konkreten individuellen Gefahr ausgesetzt sein würde.

 

4. Die Beschwerdeführerin besucht derzeit einen Deutschkurs hat aber noch keine Prüfung abgelegt und spricht erst gebrochen Deutsch. Nicht festgestellt werden kann eine ausgeprägte und verfestigte entscheidungserhebliche individuelle Integration der Beschwerdeführerin in Österreich. Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für eine "Aufenthaltsberechtigung besondere Schutz" kamen nicht hervor.

 

5. Zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin, insbesondere in Süd- und Zentralsomalia, wird festgestellt:

 

Allgemein

 

Das Gebiet von Somalia ist de facto in drei unterschiedliche administrative Einheiten unterteilt:

 

a) In Süd- und Zentralsomalia, wo auch die Hauptstadt Mogadischu liegt, herrscht in vielen Gebieten Bürgerkrieg. Die somalischen Sicherheitskräfte kämpfen mit Unterstützung der Militärmission der Afrikanischen Union AMISOM gegen die radikalislamistische, al-Qaida-affiliierte al-Schabaab-Miliz. Die Gebiete sind teilweise unter der Kontrolle der Regierung, teilweise unter der Kontrolle der al-Schabaab-Miliz oder anderer Milizen. Diese anderen Milizen sind entweder entlang von Clan-Linien organisiert oder, im Falle der Ahlu Sunna Wal Jama‘a, auf Grundlage einer bestimmten religiösen Ausrichtung. Zumindest den

 

al-Schabaab-Kräften kommen als de facto-Regime Schutzpflichten gegenüber der Bevölkerung in den von ihnen kontrollierten Gebieten gemäß des 2. Zusatzprotokolls zu den Genfer Konventionen zu.

 

b) Der so genannte Puntland State of Somalia, der das Horn von Afrika im engeren Sinne umfasst, hat sich 1998 mit internationaler Unterstützung konstituiert. Er strebt keine Unabhängigkeit von Somalia an. Es konnten einigermaßen stabile staatliche Strukturen etabliert werden. Al-Schabaab kontrolliert hier keine Gebiete mehr, sondern ist nur noch in wenigen schwer zugänglichen Bergregionen mit Lagern vertreten. Stammesmilizen spielen eine untergeordnete Rolle. Allerdings ist die Grenzziehung im Süden sowie im Nordwesten nicht eindeutig, was immer wieder zu kleineren Scharmützeln und im Süden aktuell zu schwereren gewaltsamen Auseinandersetzungen führt.

 

c) Das Gebiet der früheren Kolonie Britisch-Somaliland im Nordwesten Somalias hat sich 1991 für unabhängig erklärt, wird aber bisher von keinem Staat anerkannt. Allerdings bemühen sich die Nachbarn in der Region sowie zunehmend weitere Staaten in Anerkennung der bisherigen Stabilisierungs- und Entwicklungsfortschritte um pragmatische Zusammenarbeit. Das Vertrauen der internationalen Gemeinschaft wird durch die abermalige Verschiebung der Parlamentswahlen und schwerwiegende Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit dem Abkommen zum Betrieb des Hafens von Berbera auf die Probe gestellt. Al-Schabaab kontrolliert dort keine Gebiete. Die Grenze zu Puntland ist allerdings umstritten.

 

Vor diesem Hintergrund ist zu beinahe allen folgenden Abschnitten eine Dreiteilung notwendig. Grundsätzlich gilt, dass die vorhanden staatlichen Strukturen sehr schwach sind und wesentliche Staatsfunktionen von ihnen nicht ausgeübt werden können. Von einer flächendeckenden effektiven Staatsgewalt kann nicht gesprochen werden.

 

ad a) Süd- und Zentralsomalia: Seit Jahrzehnten gibt es keine allgemeinen Wahlen auf kommunaler, regionaler oder zentralstaatlicher Ebene. Politische Ämter wurden seit dem Sturz Siad Barres 1991 entweder erkämpft oder unter Ägide der internationalen Gemeinschaft, hilfsweise unter Einbeziehung nicht demokratisch legitimierter traditioneller Strukturen, insbesondere Clan-Strukturen, vergeben. Traditionell benachteiligte Gruppen wie Frauen, Jugendliche, ethnische Minderheiten, LGBTI, Behinderte usw. sehen sich somit nicht oder nicht hinreichend vertreten. Das derzeitige Bundesparlament wurde konsensual unter Einbeziehung traditioneller Eliten bestimmt und hat dann den Präsidenten gewählt. Einen wichtigen Meilenstein in Richtung allgemeiner Wahlen könnte der derzeit laufende Wahlprozess darstellen. Erstmals ist eine Abstimmung in allen Gliedstaaten (außer Somaliland) geplant, pro Sitz im Ober- und Unterhaus müssen mindestens zwei Kandidaten zur Wahl stehen, die von über 14.000 Wahlmännern gewählt werden sollen (AA 01.01.2017).

 

Die Wahl des relativ unerfahrenen Farmajo als Präsident markiert den vorläufigen Endpunkt eines somalischen Experimentes, das im Oktober 2016 mit der Wahl von erstmalig zwei Parlaments-Kammern begann. Eine allgemeine und freie Wahl ist in dem von Anarchie geprägten Land nach wie vor nicht möglich. Doch die Zahl von 14.024 Wahlmännern ist ein erheblicher Fortschritt gegenüber früheren Wahlen, als der Sieger unter gerade einmal 135 Clanchefs ausgekungelt wurde. Auch die Gründung föderaler Verwaltungsregionen ist ein wichtiger Schritt. Schließlich konnten die Medien zur Wahl relativ frei agieren und Korruption und Wahlverschiebung anprangern - auch das ein gutes Zeichen (DW 09.02.2017).

 

Mehr als jeder andere Präsident in Somalias unruhiger Geschichte, trifft Mohamed Abdullahi Mohamed beim Amtsantritt auf eine Welle von Unterstützung, Goodwill und Optimismus. Tausende von jubelnden Menschen gingen am Mittwoch spät auf die Straßen von Mogadischu, nachdem Mohamed, besser bekannt unter dem Spitznamen Farmajo, vom Parlament Somalias in einer Art Erdrutschsieg gewählt wurde. Es kam zu Straßensperren und Freudenschüssen, Unterstützer skandierten Farmajos Namen und Autohupen hießen ihn als neuen Präsidenten willkommen. Ähnliche Feiern brachen in Städten in ganz Somalia aus, sowie in den Städten Garissa und Eastleigh in Kenia; in beiden findet sich eine somalische Mehrheitsbevölkerung. Trotz aller Anzeichen waren die Feierlichkeiten ein Spiegelbild der aufrichtigen öffentlichen Unterstützung für Farmajo. Er ist 55 Jahre alt, besitzt die Somalisch-U.S. amerikanische Doppelstaatsbürgerschaft und war zuvor in der Jahren 2010 und 2011 acht Monate lang Premierminister Somalias (VOA 09.02.2017).

 

Der Sicherheitsrat begrüßt den Abschluss des Wahlprozesses in Somalia und die Wahl von Präsident Mohamed Abdullahi Mohamed "Farmajo". Der Sicherheitsrat würdigt die Dienste des ehemaligen Präsidenten Hassan Sheikh Mohamud und lobt den raschen und gütlichen Machtübergang in Somalia. Der Sicherheitsrat begrüßt die seit 2012 in Somalia erzielten politischen und sicherheitsbezogenen Fortschritte und unterstreicht, dass die Dynamik in Richtung auf eine demokratische Regierungsführung in Somalia aufrechterhalten werden muss. Der Sicherheitsrat würdigt die stärkere Teilhabe und Vertretung der Bevölkerung Somalias in dem Wahlprozess (UN Sicherheitsrat 10.02.2017).

 

Parteiensystem ad a) in Süd- und Zentralsomalia: Es gibt keine Parteien im westlichen Sinn. Die politischen Loyalitäten bestimmen sich in erster Linie durch die Clan-Zugehörigkeit oder religiöse Bindung an informelle Gruppierungen. Im September verabschiedete der Präsident ein Parteiengesetz, das die Grundlage für eine Parteienbildung bildet. Zu befürchten ist, dass die Parteienbildung ausschließlich anhand von Clan-Zugehörigkeit stattfindet und somit zu einer weiteren Manifestierung des Clan-Systems führt (AA 01.01.2017).

 

Eine Besonderheit der Politik und Geschichte Somalias liegt in der Bedeutung der Clans. Clans sind auf gemeinsame Herkunft zurückgehende Großfamilienverbände mit einer bis zu siebenstelligen Zahl von Angehörigen. Die Kenntnis der Clanstrukturen und ihrer Bedeutung für die somalische Gesellschaft ist ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis der politischen und historischen Entwicklungen in Somalia. Die übergeordneten Clans in Somalia sind die Hawiye, Darod, Issaq, Dir und der Clanverbund der Digil-Mirifle bzw. Rahanweyn. Aufgrund des jahrzehntelangen Bürgerkriegs ist es nicht möglich, die genauen Zahlenverhältnisse der einzelnen Clans anzugeben. Hawiye, Darod, Issaq und Digil-Mirifle stellen wohl je 20 bis 25 Prozent der Gesamtbevölkerung, die Dir deutlich weniger. Über 95 Prozent aller Somalier fühlen sich einem Sub-Clan zugehörig, der genealogisch zu einem der Clans gehört. Auch diese Sub-Clans teilen sich wiederum in Untereinheiten auf. Die Zugehörigkeit zu einem Clan bzw. Sub-Clan ist ein wichtiges Identifikationsmerkmal und bestimmt, welche Position eine Person oder Gruppe im politischen Diskurs oder auch in bewaffneten Auseinandersetzungen einnimmt (AA Innenpolitik Oktober 2016).

 

(DW, Deutsche Welle, Kommentar, Farmajo, der neue Präsident Somalias - Wie viele Löcher hat der Käse? 09.02.2017, http://www.dw.com/de/kommentar-farmajo-der-neue-pr äsident-somalias-wie-viele-löcher-hat-der-käse/a-37496267

 

AA, Auswärtiges Amt, Somalia, Innenpolitik, Oktober 2016, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Somalia/Innenpolitik_node.html

 

VOA, Voice of America, Somalis Optimistic About New President, 09.02.2017,

http://www.voanews.com/a/hopes-high-somalia-s-new-president-will-improve-security/3716301.html

 

AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand November 2016, 01.01.2017

 

UN Sicherheitsrat, Erklärung des Präsidenten des Sicherheitsrats zur Situation in Somalia, 10.02.2017, http://www.un.org/depts/german/sr/sr_17/sp17-03.pdf )

 

Madhiban

 

Die MRG (Minority Rights Group International) berichtet im Juni 2012, dass Minderheitengruppen, wie etwa die Gaboye und Madhiban, zu Tausenden in Binnenvertriebenenlager in Somaliland, Puntland und Kenia ziehen würden, wo sie erneut von Diskriminierung betroffen seien. Minderheitengruppen würden außerhalb der traditionellen somalischen Clanstruktur stehen und deshalb über kein Schutzsystem verfügen. Aufgrund sozialer Segregation, Existenznot und politischer Manipulation seien Minderheitengruppen in größerem Ausmaß von Vergewaltigung, Angriffen, Entführung, Beschlagnahmung von Eigentum und den Konsequenzen von Dürre bedroht.

 

Das US-Außenministerium (US Department of State, USDOS) schreibt in seinem Jahresbericht zur Menschenrechtslage vom Februar 2014 (Berichtszeitraum: 2013), dass unter anderem die Madhiban und Gabooye zu den Minderheitengruppen zählen würden. Mischehen zwischen Minderheitengruppen und Hauptclans seien traditionell nur eingeschränkt möglich. Minderheitengruppen, die oft über keine bewaffneten Milizen verfügen würden, seien unverhältnismäßig oft von Tötung, Folter, Vergewaltigung, Entführung und Plünderung durch Milizen und Angehörige von Hauptclans betroffen, die von diesen ungestraft verübt würden. Viele Minderheiten würden in großer Armut leben und von zahlreichen Formen von Diskriminierung und Ausgrenzung betroffen sein (Accord 12.06.2015).

 

Zu den Gabooye/Midgan gehören unter anderem die Gruppen Madhibaan, Muuse Dhariyo, Howleh, Hawraar Same und Habar Yaquup. Im Norden setzen sich die Gobooye aus den Tumaal (Schmiede), Midgan (Schuster, Jäger und Sammler, Giftmacher und Haarschneider) sowie den Yibir (Details siehe unten) zusammen. Eine örtliche NGO habe laut eines Berichts des DIS vom Jänner 2013 in Mogadischu angegeben, marginalisierte Gruppen wie etwa die Midgan würden größere Ängste als Angehörige der größeren Clans haben. Dies sei darauf zurückzuführen, dass die Polizei und die Sicherheitskräfte bislang "schwache Einrichtungen" seien (Accord 23.02.2013).

 

Wie allgemein bekannt gelten die Madhiban – wie auch andere Angehörige berufsbezogener Kasten (Waable) – als ärmste und marginalisierteste Gruppe in Somalia. Dies wird von mehreren Quellen unzweifelhaft bestätigt. Kasten bzw. Waable bzw. Midgan bzw. Madhiban sind generell arm und leben in großer Not. Nur wenige konnten jemals die Mittel aufbringen, ins Ausland zu fliehen; so sind diese Menschen auch von Geldflüssen aus der Diaspora weitgehend ausgeschlossen. Gleichzeitig verfügen Angehörige berufsständischer Kasten nur über eine durch ihr geringes Einkommen verursachte schwache Kaufkraft. Dadurch und gleichzeitig auch durch den Ausschluss aus traditionellen Netzwerken bleibt ihnen auch der Zugang zu lukrativen wirtschaftlichen Möglichkeiten verwehrt. Ständische Berufskasten haben traditionell weder das Recht auf Eigentum an Land und Vieh noch das Recht, sich an lokalen Geschäften, Marktwirtschaft oder Politik zu beteiligen.

 

Wenn Kinder überhaupt eingeschult werden, werden diese auch bald wieder von der Schule genommen, um sie als Arbeitskraft einzusetzen. Minderheitenvertreter beklagen, dass ihnen das Recht auf Bildung versagt bleibt.

 

Die britische Anthropologin Dr. Virginia Luling erläutert in einem Bericht aus dem Jahr 2004, dass die Midgan generell sehr arme Leute sind. Über die Midgan von Hargeysa wird zum Beispiel gesagt, dass sie in extremem Elend und Not leben würden. Die Midgan werden als Ausgestoßene in Somalia diskriminiert. Keinem Somali-Clan ist es erlaubt, mit den Midgan-Madhiban oder anderen niedrigen Kasten Mischehen einzugehen, mit ihnen zu essen, oder enge Kontakte zu pflegen [closely associate].

 

Die Waable [= berufsständische Kasten; also auch Madhiban] besaßen weiterhin keine politische Macht. Sie waren auf lokaler Ebene nicht vertreten und wurden weiterhin von Waranle und Wadaad beeinflusst. Selbst in den Städten, wo sie größere Bewegungsfreiheit hatten, lebten sie in getrennten Gebieten, in Vorstadtghettos.

 

Insgesamt bedeutete der Ausbruch des Bürgerkrieges eine Verschlechterung der Situation der Waable. Nicht nur, dass sie an den drastischen Folgen der Kämpfe zu leiden hatten, traf sie insbesondere auch der Rückschritt der Somali-Gesellschaft als Ganzes. Je weiter entfernt die Erinnerung an staatliche Strukturen zurücklag, desto mehr verfiel vor allem Süd- und Zentralsomalia in eine Zeitreise zum traditionellen Urzustand zurück, zu den historisch verankerten Reglements der Gesellschaft.

 

Dieser Rückschritt traf die Minderheiten aus mehreren Richtungen:

erstens verloren sie den staatlichen Schutz. Da sich über Jahrzehnte der Staatlichkeit vor allem in den Städten traditionelle Schutzmechanismen auf ein formelles Maß reduziert hatten, fanden sich die Waable wie auch andere ethnische Minderheiten ohne Schutz bzw. Patron wieder. Dementsprechend waren es vor allem in den ersten Jahren des Bürgerkrieges die Minderheiten, welche im Konflikt besonders zum Ziel wurden und überproportional von Tötungen, Vergewaltigungen und Plünderung betroffen waren. Zweitens mussten sich die Angehörigen der Berufskasten aus Mangel einer Alternative zum Patron in das alte System einfügen, wodurch ihnen auf längere Sicht die Möglichkeit genommen wurde, die Ansätze einer Emanzipation fortzuführen. Drittens wurden sie vom rasch entstehenden System der Geldflüsse aus der Diaspora größtenteils ausgeschlossen, da nur wenige von ihnen die Mittel aufbringen konnten, ins Ausland zu fliehen. Selbst bei der Hilfe durch humanitäre Organisationen wurden die Minderheiten diskriminiert.

 

Eine weitere Separation der Waable betrifft deren Wohnstätten. In der nomadischen Tradition ist es üblich, die Lager der Berufskasten abseits anderer Clans zu errichten. Dies erfolgt entweder höhenmäßig unterhalb des Lagers der "Noblen" oder auf der anderen Seite eines Flussbettes.

 

Diese traditionelle "Ghetto-Bildung" hatte auch im Zuge der Urbanisierung Konsequenzen. So ließen sich beispielsweise die Waable ursprünglich als eine der ersten Gruppen im Areal der heutigen somaliländischen Hauptstadt Hargeysa nieder, doch wurden sie mit dem Anwachsen der Stadt zunehmend aus dem Zentrum an die Peripherie verdrängt.

 

Derartige "Waable-Ghettos" existieren auch in Burco (Ura), Laascaanood und Berbera (Jaamalayaa) und anderen Städten Somalias. Meist sind die Wohngebiete der Berufskasten weiter entfernt von Wasserstellen, medizinischen Einrichtungen und Schulen.

 

Obwohl die traditionellen Berufe der Waable sie im produktivsten Sektor der Gesellschaft ansiedeln, stellt heute die Beschränkung auf diese Tätigkeiten eine Art sozio-ökonomisches "Ghetto" dar, welches ihre soziale Mobilität stark einschränkt. Konventionelle Wege sozialen Aufstiegs sind ihnen oftmals verwehrt. Zum Beispiel sind üblicherweise keine Stellen im öffentlichen Dienst für sie verfügbar. Zudem bleibt ihnen der Erhalt durch agrarische Subsistenzwirtschaft verwehrt. Gleichzeitig verfügen die Waable nur über eine durch ihr geringes Einkommen verursachte schwache Kaufkraft. Dadurch und gleichzeitig auch durch den Ausschluss aus traditionellen Netzwerken bleibt ihnen auch der Zugang zu lukrativen wirtschaftlichen Möglichkeiten verwehrt.

 

Der Professor Markus Höhne zitiert die in Somaliland tätige Minderheiten-NGO VOSOMWO. Nach deren Aussagen, würden Minderheiten – und hier speziell Frauen – Grundrechte verweigert, so zum Beispiel das Recht auf Bildung.

 

Schon Anfang der 2000er, als einige europäische Regierungen davon ausgingen, dass in Somalia die schlimmste Zeit überstanden sei, war die Angabe der Zugehörigkeit zu einer Minderheitengruppe in Somalia ein relativ sicheres Mittel, um in Europa Asyl zu bekommen. Klarerweise haben auch Angehörige von "noblen" Clans von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, und sich als Minderheitenangehörige (z.B. Midgan oder Ashraf) ausgegeben (BFA Anfragebeantwortung (Staatendoku 23.01.2017).

 

(Accord, Anfragebeantwortung zu Somalia, Informationen zur Lage der Gaboye/Midgan, Zahl a-9202-2 (9229), 12.06.2015, http://www.ecoi.net/local_link/309154/448404_de.html

 

Accord Anfragebeantwortung zu Somalia, Aktuelle Lage von Angehörigen der Madhiban/Midgan, Zahl a-8293, 23.02.2013

 

Staatendoku, Anfragebeantwortung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Somalia, Madhiban in Kismayo, 23.01.2017)

 

Sicherheitslage

 

Der Alltag der Menschen vor allem im Süden und in der Mitte Somalias bleibt von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der Regierung und den sie unterstützenden internationalen Kräften (AU-Mission AMISOM) einerseits und der radikalislamistischen Terrorgruppe al-Schabaab andererseits geprägt. Mit Waffengewalt ausgetragene Streitigkeiten zwischen rivalisieren Clans oder Sub-Clans kommen hinzu. In den Regionen Puntland und "Somaliland" ist die Lage stabiler. In den zwischen den beiden Gliedstaaten umstrittenen Grenzregionen (Regionen Sool und Sanaag sowie im östlichen Teil der Region Togdheer) kommt es vereinzelt zu bewaffneten Auseinandersetzungen. Gleiches gilt für die Stadt Galkayo an der Südgrenze Puntlands mit Galmudug (AA Innenpolitik Oktober 2016).

 

Somalia hat den Zustand eines failed state überwunden, bleibt aber ein fragiler Staat. Gleichwohl gibt es keine flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind fragil und schwach. Die Autorität der Zentralregierung wird vom nach Unabhängigkeit strebenden "Somaliland" (Regionen Awdaal, Wooqoi Galbeed, Toghdeer, Sool, Sanaag) im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen al-Schabaab-Miliz in Frage gestellt. In vielen Gebieten der Gliedstaaten Süd-/Zentralsomalias und der Bundeshauptstadt Mogadischu herrscht Bürgerkrieg. In den von al-Schabaab befreiten Gebieten kommt es zu Terroranschlägen durch diese islamistische Miliz. In Puntland gibt es eine vergleichsweise stabile Regierung, die nur innere Autonomie anstrebt, aber keine Unabhängigkeit; die Region ist von gewaltsamen Auseinandersetzungen deutlich weniger betroffen als Süd- und Zentralsomalia. Es kommt jedoch immer wieder zu Auseinandersetzungen in der Grenzregion zu "Somaliland" sowie in der mit Galmugud geteilten Stadt Galkacyo. In "Somaliland", das sich 1991 unabhängig erklärt hat, aber bislang von keinem Staat anerkannt wird, wurde im somaliaweiten Vergleich das bislang größte Maß an Sicherheit, Stabilität und Entwicklung erreicht. Die erneute Verschiebung der Parlamentswahlen wirft einen Schatten auf das vergleichsweise demokratische "Somaliland" (AA 01.01.2017).

 

Bei zwei Angriffen der al-Schabaab am 24.01.2017 auf somalische Truppen in der Stadt Afgoy (Region Lower Shabelle) kamen vier bzw. fünf Personen ums Leben. Am 23.01.2017 töteten al-Schabaab-Kämpfer im Bezirk Burkhaba (Region Bay) fünf somalische Soldaten (BAMF 30.01.2017).

 

Al-Schabaab übernahm die Verantwortung für die Explosion einer Sprengfalle am 30.01.2017 in einem von somalischen Polizisten und Soldaten besuchten Restaurant in der Ortschaft Burane nahe Mahadeay (Region Middle Shabelle). Sieben Personen, unter ihnen drei Soldaten, wurden verletzt. Am 06.04.2017 starben nahe der Ortschaft Golweyn (Region Lower Shabelle) mindestens 20 Zivilisten bei der Explosion einer Sprengfalle, die ihren Kleinbus zerstörte. Al-Schabaab bestritt eine Verantwortung, da sie in dieser Gegend nicht operiere. Bei einem Autobombenanschlag kamen am 09.04.2017 mindestens 17 Soldaten und Zivilisten ums Leben, als ein Selbstmordattentäter auf einer belebten Straße in der Nähe des Verteidigungsministeriums einen Militärkonvoi angriff. Ziel des Anschlags war wahrscheinlich der neu ernannte Armeechef General Mohamed Ahmed Jimale Irfid. Er blieb unverletzt. Zu der Tat bekannte sich die al-Schabaab. Präsident Mohamed Abdullahi Farmajo erklärte am 06.04.2017 Somalia zum Kriegsgebiet und wies die Armee an, Vorbereitungen für eine neue Offensive zu treffen. Er bot al-Schabaab-Kämpfern eine Amnestie an, falls sie sich innerhalb von 60 Tagen ergäben (BAMF 10.04.2017).

 

(AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand November 2016, 01.01.2017

 

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 30.01.2017,

http://www.ecoi.net/file_upload/5250_1489412005_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-30-01-2017-deutsch.pdf

 

AA, Auswärtiges Amt, Somalia, Innenpolitik, Oktober 2016, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Somalia/Innenpolitik_node.html

 

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 06.02.2017,

http://www.ecoi.net/file_upload/5250_1489482662_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-06-02-2017-deutsch.pdf

 

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 10.04.2017,

http://www.ecoi.net/file_upload/5250_1493028026_deutsch.pdf )

 

Sicherheitslage Mogadischu

 

Die Hauptstadt Mogadischu ist eine Stadt mit vermutlich deutlich über einer Million Einwohnern, einschließlich einer großen Anzahl Binnenvertriebener (AA April 2017). Mogadischu bleibt weiterhin unter Kontrolle von Regierung und AMISOM (AI 24.02.2016). Es ist höchst unwahrscheinlich, dass al Schabaab wieder die Kontrolle über Mogadischu erlangt (DIS 09.2015; vgl. UKUT 03.10.2014, EASO 02.2016). Der Rückzug der formalen Präsenz der al-Schabaab aus Mogadischu ist dauerhaft. Es gibt in der Stadt auch kein Risiko mehr, von der al-Schabaab zwangsrekrutiert zu werden. Es gibt in Mogadischu keine Clanmilizen und keine Clangewalt (UKUT 3.10.2014; vgl. EGMR 10.9.2015), auch wenn einzelne Clans angeblich noch in der Lage sein sollen, Angriffe führen zu können (EASO 02.2016).

 

In Mogadischu gibt es eine Präsenz von AMISOM, somalischer Armee und Polizei, sowie des Geheimdienstes NISA. Die Stadt ist generell sicher, auch wenn sie von al-Schabaab bedroht wird (EASO 02.2016; vgl. DIS 09.2015). Es besteht keine Angst mehr, dass in Mogadischu wieder Bürgerkrieg herrschen könnte. Seit 2011 hat sich die Sicherheitslage in der Stadt sehr verbessert. Die größte Gefahr geht heute von terroristischen Aktivitäten der al-Schabaab aus. Die Hauptziele dafür sind die Regierung und die internationale Gemeinde (LI 01.04.2016). Die Situation in Mogadischu ist nicht derartig, dass jeder Mensch in der Stadt einem Risiko entsprechend Artikel 3 EMRK ausgesetzt wäre (EGMR 10.09.2015; vgl. UKUT 03.10.2014). Die Stadtbewohner sind normalerweise nur dann betroffen, wenn sie zur falschen Zeit am falschen Ort sind (LI 01.04.2016). Jeder Stadtbürger kann sein eigenes Risiko weiter minimieren, indem er Gebiete oder Einrichtungen meidet, die klar als Ziel der al-Schabaab erkennbar sind (UKUT 03.10.2014). EASO listet als angegriffene Ziel von Sprengstoffanschlägen der al-Schabaab vor allem Hotels (YSL Hotel, Central Hotel, Maka al-Mukarama Hotel, Jazeera Palace Hotel, Sahafi Hotel), Restaurants, Regierungseinrichtungen und -Konvois, Stellungen und Stützpunkte von Regierungskräften und AMISOM (EASO 02.2016).

 

Die Halbjahre 2/2014 und 1/2015 lassen bei sicherheitsrelevanten Zwischenfällen einen Abwärtstrend erkennen, trotzdem gibt es noch wöchentlich Angriffe (BFA 10.2015; vgl. EASO 02.2016).

 

Im Vergleich zu den Zahlen anderer Städte in Süd/Zentralsomalia kann festgestellt werden, dass die Situation in den mäßig, kaum oder gar nicht betroffenen Bezirken von Mogadischu wesentlich besser ist, als beispielsweise in Afgooye, Merka, Baidoa oder Kismayo. Dahingegen liegen etwa Yaqshiid, Hodan und Hawl Wadaag durchaus an der Spitze der landesweiten Skala terroristischer Gewalt. Werden noch die Zahlen bewaffneter Zusammenstöße hinzugezählt, müssen Yaqshiid, Hodan und Heliwaa vermutlich als gewaltsamste Orte Somalias bezeichnet werden. Insgesamt wird jedenfalls deutlich, dass al-Schabaab in der Lage ist, fast im gesamten Stadtgebiet von Mogadischu terroristische Taten zu begehen (BFA 10.2015). Die Zahl der Angriffe ging insgesamt also zurück und diese richten sich vor allem gegen Repräsentanten der somalischen Regierung und ihre Unterstützer (LI 01.04.2016).

 

Bild kann nicht dargestellt werden

 

(BFA 10.2015; vgl. EASO 02.2016)

 

Bei einem Doppelanschlag auf das Hotel Dayah im Stadtteil Waberi von Mogadischu am 25.01.2017 starben mindestens 18 Menschen, unter ihnen ein Selbstmordattentäter sowie fünf weitere Angreifer. Etwa 40 Personen wurden verletzt. Zunächst explodierte vor dem Eingang des Hotels ein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug. Bewaffnete stürmten anschließend das Gebäude. Ein weiteres Fahrzeug explodierte vor dem Hotel. Zu dem Anschlag bekannte sich die al-Schabaab (BAMF 30.01.2017).

 

Bei einem Anschlag mit einer Sprengfalle auf den Konvoi eines Mitglieds des Oberhauses im Distrikt Hodan von Mogadischu am 02.02.2017 blieben der Parlamentarier und seine Begleitpersonen unverletzt (BAMF 06.02.2017).

 

Drei Zivilisten starben, als al-Schabaab-Kämpfer am 07.04.2017 Granaten auf ein Wohngebiet im Stadtteil Wadajir von Mogadischu feuerten. Die Explosion einer Autobombe in Mogadischu vor den Ministerien für innere Sicherheit und für Jugend und Sport tötete am 05.04.2017 mindestens sieben Menschen und zerstörte ein nahe gelegenes Restaurant. Präsident Mohamed Abdullahi Farmajo erklärte am 06.04.2017 Somalia zum Kriegsgebiet und wies die Armee an, Vorbereitungen für eine neue Offensive zu treffen. Er bot al-Schabaab-Kämpfern eine Amnestie an, falls sie sich innerhalb von 60 Tagen ergäben. Die neue Offensive ziele zunächst auf eine Verbesserung der Sicherheitslage in Mogadischu. Al-Schabaab intensivierte ihre Anschläge in Mogadischu nach der Wahl von Farmajo zum Präsidenten im Februar 2017 (BAMF 10.04.2017).

 

(AA, Auswärtiges Amt, Somalia, Überblick, Stand April 2017, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/01-Nodes_Uebersichtsseiten/Somalia_node.html

 

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 30.01.2017,

http://www.ecoi.net/file_upload/5250_1489412005_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-30-01-2017-deutsch.pdf

 

AI , Amnesty International, Amnesty International Report 2015/16, 24.02.2016, The State of the World's Human Rights - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/319738/445108_en.html

 

BFA, BFA Staatendokumentation Analyse zu Somalia, Lagekarten zur Sicherheitslage, Oktober 2015,

http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329638_soma-analyse-lagekarten-2015-10-12-endversion.pdf

 

DIS , Danish Immigration Service Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process; Report from the Danish Immigration Service’s fact finding mission to Nairobi, Kenya and Mogadishu, Somalia; 2-12 May 2015, 09.2015,http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1443181235_somalia-ffm-report-2015.pdf , EASO European Asylum Support Office Somalia Security Situation, 02.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf ,

 

EGMR, Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, R.H. v. Sweden, Application no. 4601/14, Council of Europe: European Court of Human Rights, 10.09.2015, http://www.refworld.org/docid/55f66ef04.html

 

LI Landinfo, Somalia, Aktuelle sosiale og økonomiske forhold ved retur til Mogadishu,01.04.2016, http://www.landinfo.no/asset/3330/1/3330_1.pdf

 

UKUT, United Kingdom Upper Tribunal (Immigration and Asylum Chamber) UK Country Guidance Case. MOJ & Ors (Return to Mogadishu) (Rev 1) (CG) [2014] UKUT 442 (IAC), 03.10.2014, http://www.bailii.org/uk/cases/UKUT/IAC/2014/ [2014]_UKUT_442_iac.html

 

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 10.04.2017,

http://www.ecoi.net/file_upload/5250_1493028026_deutsch.pdf )

 

Justiz und Sicherheitsbehörden in Süd- und Zentralsomalia

 

Die Grundsätze der Gewaltenteilung sind in der Verfassung niedergeschrieben. Allerdings ist die Verfassungsrealität eine andere. In den tatsächlich von der Regierung kontrollierten Gebieten sind die Richter einer vielfältigen politischen Einflussnahme durch staatliche Amtsträger ausgesetzt. In den unter Kontrolle der al-Schabaab-Miliz stehenden Gebieten wird das Prinzip der Gewaltenteilung gemäß der theokratischen Ideologie der al-Schabaab nicht anerkannt. Zu den anderen, weder von Regierung, noch von al-Schabaab, sondern von weiteren Clan- oder anderen Milizen kontrollierten Gebieten liegen keine gesicherten Erkenntnisse vor. Es ist aber nach Einschätzung von Beobachtern davon auszugehen, dass Rechtsetzung, Rechtsprechung und Rechtsdurchsetzung zumeist in der Hand einer kleinen Gruppe von Notabeln (z.B. "Clanältesten") liegen. Von einer Gewaltenteilung ist nicht auszugehen. Die Ausführungen zu Süd-/Zentralsomalia gelten analog für Puntland und "Somaliland" mit der Einschränkung, dass in Puntland und "Somaliland" keine Gebiete unter der Kontrolle der al-Schabaab-Miliz stehen.

 

Aufgrund des andauernden Bürgerkriegs spielen die Sicherheitsorgane in Süd- und Zentralsomalia eine herausgehobene Rolle. Sie arbeiten in der Regel in einem Kontext humanitären Völkerrechts. Gleichwohl bleibt die tatsächliche zivile Kontrolle über die Sicherheitskräfte und insbesondere die justizielle Verantwortlichkeit einzelner Mitglieder der Sicherheitsorgane in den meisten Fällen schwach bis inexistent. Hinzukommt, dass der Sold sehr unregelmäßig ausgezahlt wird. Ausbildung und Training im Menschenrechtsbereich werden zwar zunehmend international unterstützt, für die Mehrzahl der regulären Kräfte muss jedoch weiterhin davon ausgegangen werden, dass ihnen die völkerrechtlichen Rahmenbedingungen ihres Handelns nur äußerst begrenzt bekannt sind. Für die regierungsnahen Milizen gilt dies erst recht. Von Seiten der Kämpfer der al-Schabaab-Miliz wird ein völkerrechtlicher Rahmen als solcher nicht anerkannt. (Die Ausführungen zu Süd- und Zentralsomalia gelten weitgehend analog für Puntland, obgleich die zivile Kontrolle stärker ausgeprägt ist).

 

Die Rolle des Staatsschutzes in Süd- und Zentralsomalia liegt in der Hand der National Intelligence and Security Agency (NISA). NISA ist mit exekutiven Vollmachten ausgestattet (In Puntland gibt es eine nachrichtendienstlich arbeitende Innenbehörde mit exekutiven Vollmachten. In "Somaliland" ist die Einrichtung einer nachrichtendienstlich arbeitenden Innenbehörde ist nicht rechtlich geregelt. Allerdings gibt es dem Vernehmen nach eine Einheit mit vergleichbaren Aufgaben[ AA 01.01.2017]).

 

(AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand November 2016, 01.01.2017)

 

Folter/Unmenschliche Behandlung

 

Die Aktionen der staatlichen Sicherheitskräfte und insbesondere der Nachrichtendienst NISA entziehen sich in Süd- und Zentralsomalia oftmals der öffentlichen Kontrolle. Gleichzeitig bekennt sich die Regierung zu ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen. Vorwürfe aufgrund systematischer Verfolgung werden nicht erhoben. Jedoch kann im Einzelfall nicht ausgeschlossen werden, dass Sicherheitskräfte den entsprechenden völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht nachkommen und bei Verstößen straffrei davonkommen. In den von al-Schabaab kontrollierten Gebieten ist regelmäßig von unmenschlicher Behandlung im Sinne des Übereinkommens auszugehen, wenn einzelne Personen gegen die Interessen von al-Schabaab handeln oder dessen verdächtigt werden. Für Puntland und "Somaliland" gilt, dass auch die dortigen Sicherheitskräfte sich in ihrem Handeln weitgehend der öffentlichen Kontrolle entziehen. Vorwürfe aufgrund systematischer Verfolgung werden nicht erhoben (AA 01.01.2017).

 

(AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand November 2016, 01.01.2017)

 

Korruption

 

Somalia stand im Jahr 2016 auf dem letzten Platz des Korruptionswahrnehmungsindexes von Transparency International 176 von 176 (TI 2016). Für Somalier ist es einfach, echte Dokumente (fast jeden) unwahren Inhalts zu besorgen. Das gilt auch für unrichtige Pässe der Nachbarländer Dschibuti, Äthiopien und Kenia (AA 01.01.2017).

 

(TI, Transparency International, Corruption Perceptions Index 2016, Somalia, http://www.transparency.org/country/SOM

 

AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand November 2016, 01.01.2017)

 

Menschenrechte in Süd- und Zentralsomalia

 

Der Schutz der Menschenrechte ist in Süd- und Zentralsomalia der Verfassung verankert, ebenso wie die prägende Rolle der Schari’a als Rechtsquelle. Somalia hat folgende Menschenrechtsabkommen ratifiziert:

 

Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung,

 

Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte,

 

Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte,

 

Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe,

 

Übereinkommen über die Rechte des Kindes.

 

Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen hat einen Unabhängigen Experten zur Beobachtung der Menschenrechtslage in Somalia ernannt (Der Schutz der Menschenrechte ist in Puntland und "Somalialand" in der Verfassung verankert – ebenso wie die prägende Rolle der Schari’a als Rechtsquelle[ AA 01.01.2017]).

 

(AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand November 2016, 01.01.2017)

 

Religion

 

Repressionen aufgrund der Religion spielen in Somalia fast keine Rolle, da es außer den Entsandten, z.B. der Vereinten Nationen, praktisch keine Nicht-Muslime im Land gibt (AA 01.01.2017).

 

(AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand November 2016, 01.01.2017)

 

Frauen

 

Nicht zuletzt müssen die für die somalische Gesellschaft so wichtigen, weil effizienten und starken Frauen gestärkt werden. Mit der fast revolutionären Einsetzung einer Generalsekretärin in seiner Partei "Tayo" hat Farmajo dabei schon das richtige Gespür gezeigt (DW 09.02.2017).

 

Der Sicherheitsrat begrüßt, dass nun mehr Frauen im Ober- und Unterhaus vertreten sind, und unterstreicht, welchen wichtigen Beitrag Frauen zum Prozess der Friedenskonsolidierung und der Staatsbildung in Somalia leisten (UN Sicherheitsrat 10.02.2017).

 

(DW, Deutsche Welle, Kommentar, Farmajo, der neue Präsident Somalias - Wie viele Löcher hat der Käse? 09.02.2017, http://www.dw.com/de/kommentar-farmajo-der-neue-pr äsident-somalias-wie-viele-löcher-hat-der-käse/a-37496267

 

UN Sicherheitsrat, Erklärung des Präsidenten des Sicherheitsrats zur Situation in Somalia, 10.02.2017, http://www.un.org/depts/german/sr/sr_17/sp17-03.pdf )

 

Todesstrafe (Information für ganz Somalia)

 

Die Todesstrafe wird in allen Landesteilen verhängt und vollzogen, allerdings deutlich seltener in Gebieten unter der Kontrolle der jeweiligen Regierung/Behörden und dort nur für schwerste Verbrechen. In den von al-Schabaab beherrschten Landesteilen wird die Todesstrafe auch für Ehebruch und "Kooperation mit den Feinden des Islam" (d. h. mit der Regierung, der AU-Mission AMISOM, den VN oder Hilfsorganisationen) verhängt und öffentlich, z. T. durch Steinigung, vollzogen. Eine Zusicherung der Nichtverhängung oder des Nichtvollzugs der Todesstrafe erscheint im Hinblick auf die jeweiligen Regierungen sehr unwahrscheinlich, im Hinblick auf die von al-Schabaab kontrollierten Gebiete aussichtslos (AA 01.01.2017).

 

Es gab insgesamt 14 Exekutionen im Jahr 2016 in Somalia, davon 01 in Puntland, 06 in "Somaliland" und 07 im Gebiet der Zentralregierung (AI 11.04.2017).

 

(AI, Amnesty International, Death Sentences and Executions 2016, 11.04.2017, https://www.amnesty.org/en/documents/act50/5740/2017/en

 

AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand November 2016, 01.01.2017)

 

Grundversorgung

 

Somalia gehört zu den ärmsten Ländern der Erde. Der langjährige Bürgerkrieg sowie häufige Dürre- und Flutkatastrophen führen dazu, dass sich ein erheblicher Teil der Bevölkerung nicht ausreichend mit Lebensmitteln und Trinkwasser versorgen kann (AA Wirtschaft Oktober 2016).

 

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen begrüßte die Wahl des neuen Präsidenten in Somalia und betonte die dringende Notwendigkeit, eine Hungersnot zu verhindern und Dürrefolgen zu bekämpfen. Der Sicherheitsrat fordert Präsident Farmajo und seine Regierung auf, der unmittelbar drohenden Gefahr einer Hungersnot dringende Aufmerksamkeit zu widmen, aktiv Präventivmaßnahmen zu ergreifen und die Folgen der schweren Dürre in Somalia zu bekämpfen (UN Sicherheitsrat 10.02.2017).

 

Es gibt keinen sozialen Wohnraum oder Sozialhilfe. Hilfsprojekte von VN oder nichtstaatlichen Hilfsorganisationen erreichen in der Regel nicht die gesamte Bevölkerung. Trotz großer internationaler humanitärer Kraftanstrengung konnten während der letzten Dürre Hungertote nicht verhindert werden. Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrerinnen und Rückkehrer. Der UNHCR und andere internationale Partner unterstützen seit 2015 die freiwillige Rückkehr von Somaliern aus Kenia. Grundlage ist ein dreiseitiges Abkommen zwischen Kenia, Somalia und dem UNHCR (AA 01.01.2017).

 

Nach einer schwachen Gu-Regenzeit im Jahr 2016 blieben auch die Regenfälle der Deyr-Regenzeit Ende 2016 aus. Von der Nahrungsversorgungsunsicherheit am schlimmsten betroffen sind landwirtschaftlich genutzte Gebiete im Süden und nomadisch genutzte Gebiete im Nordosten des Landes (FEWSNET 16.01.2017). Alleine im sogenannten South-West-State sind 820.000 Menschen dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen. Viele suchen in größeren Städten nach Hilfe. Der Gouverneur der Region Bay schätzt, dass bereits rund 3.000 Familien aus ländlichen Gebieten nach Baidoa geflohen sind (UNSOM 16.01.2017). Dabei ziehen Nahrungsmittelpreise an: Der Preis für Mais liegt in Qoryooley 51% über dem Fünfjahresmittel; für Sorghum in Baidoa um 88% darüber (FEWSNET 16.01.2017).

 

Die humanitäre Situation in Somalia ist zunehmend fragil. Fünf Millionen Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen (UNOCHA 12.01.2017; vgl. UNSOM 16.01.2017) und leiden unter Nahrungsversorgungsunsicherheit (FAO 20.12.2016). 3,9 Millionen davon gelten als "stressed", 1,1 Millionen Menschen leiden unter akuter Nahrungsversorgungsunsicherheit (acutely food insecure) (UNOCHA 12.01.2017) und befinden sich auf den IPC-Stufen drei (Krise) und 4 (Not/Emergency). Alleine im zweiten Halbjahr 2016 hat die Zahl um 20% zugenommen. Prognosen lassen erwarten, dass die Zahl der akut Bedrohten im ersten Halbjahr 2017 um eine weitere Viertelmillion zunehmen wird. Ähnliche Bedingungen hatten im Jahr 2011 zu einer Hungersnot und Hungertoten geführt (FAO 20.12.2016). Folglich fahren humanitäre Organisationen ihre lebensrettenden Maßnahmen hoch, angesammelte Fonds werden angezapft (UNOCHA 12.01.2017).

 

Eine Entschärfung der Situation ist in rein nomadisch genutzten Gebieten nicht für Mai/Juni zu erwarten; in agro-pastoral genutzten Gebieten nicht vor Juni/Juli. Im schlimmsten anzunehmenden Szenario bleibt auch die Gu-Regenzeit des Jahres 2017 – wie gegenwärtig prognostiziert – schwach und in der Folge sinkt die Kaufkraft auf das Niveau der Jahre 2010/2011. Reicht dann die humanitäre Hilfe nicht aus, wird eine Hungersnot (IPC 5) die Folge sein (FEWSNET 16.01.2017). Bereits jetzt werden vereinzelt Hungertote aus den Regionen Bay (UNSOM 16.01.2017) und Gedo gemeldet (SMN 15.01.2017).

 

Bild kann nicht dargestellt werden

 

(FEWSNET, Februar 2017)

 

AMISOM, somalische Regierung und somalische Armee kündigten am 03.04.2017 eine Operation zur Sicherung der Hauptversorgungswege an, um die Belieferung der ländlichen Gebiete mit Hilfsgütern zu erleichtern. Nach Angaben des Sondergesandten der Afrikanischen Union könne sich eine mögliche Route von Mogadischu bis nach Baidoa (Region Bay) etwa 150 km nordwestlich von Mogadischu erstrecken. AMISOM zufolge seien Einsätze bis zu zwölf Meilen weit beidseits der Straße geplant, um die Herrschaft der al-Schabaab über die ländlichen Gebiete zu schwächen (BAMF10.04.2017).

 

(FEWSNET, Famine Early Warning Systems Network, Gefahr einer Hungersnot (IPC Phase 5) bleibt in Somalia Februar 2017, http://www.fews.net/print/east-africa/somalia/food-security-outlook/february-2017

 

FEWSNET, Famine Early Warning Systems Network, Severe drought, rising prices, continued access limitations, and dry forecasts suggest Famine is possible in 2017, 16.01.2017, http://www.fews.net/east-africa/somalia/alert/january-16-2017

 

SMN, Shabelle Media Network, A Mother and her kids die of hunger in Gedo, 15.01.2017, http://allafrica.com/stories/201701160709.html

 

UNOCHA, UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Somalia – Humanitarian Snapshot, 09.09.2016, http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/Somalia Humanitarian Snapshot - September 2016.pdf

 

AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand November 2016, 01.01.2017

 

UNOCHA, UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Somalia: Humanitarian Snapshot as of 12 January 2017, 12.01.2017, http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/somalia_humanitarian_snapshot_-_january_2017.pdf

 

AA, Auswärtiges Amt, Somalia, Wirtschaft, Stand Oktober 2016, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Somalia/Wirtschaft_node.html

 

UNSOM, United Nations Assistance Mission in Somalia, Peter De Clercq bewertet humanitäre Krise in Somalias Southwest State, 16.01.2017, https://unsom.unmissions.org/deputy-srsg-de-clercq-assesses-humanitarian-crisis-somalia’s-south-west-state

 

FAO, Food and Agriculture Organization of the United Nations, With continued drought, Horn of Africa braces for another hunger season, 20.12.2016, http://www.fao.org/news/story/en/item/460996/icode

 

UN Sicherheitsrat, Erklärung des Präsidenten des Sicherheitsrats zur Situation in Somalia, 10.02.2017, http://www.un.org/depts/german/sr/sr_17/sp17-03.pdf

 

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 10.04.2017,

http://www.ecoi.net/file_upload/5250_1493028026_deutsch.pdf )

 

Medizinische Versorgung (Information für ganz Somalia)

 

Die medizinische Versorgung ist im gesamten Land äußerst mangelhaft. Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt nach den verfügbaren VN-Angaben 45 Jahre für Männer und 47 Jahre für Frauen. Mütter und Säuglingssterblichkeit sind mit die höchsten weltweit. Erhebliche Teile der Bevölkerung haben keinen Zugang zu trinkbarem Wasser oder zu hinreichenden sanitären Einrichtungen. Die öffentlichen Krankenhäuser sind mangelhaft ausgestattet, was Ausrüstung/medizinische Geräte, Medikamente, ausgebildete Kräfte und Finanzierung angeht. Zudem behindert die unzureichende Sicherheitslage ihre Arbeit. Versorgungs- und Gesundheitsmaßnahmen internationaler Hilfsorganisationen mussten auch immer wieder wegen Kampfhandlungen oder aufgrund von Anordnungen örtlicher (islamistischer) Machthaber unterbrochen werden. Die Versorgungslücke, die der Abzug der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen im August 2013 hinterließ, ist nach wie vor nicht geschlossen (AA 01.01.2017).

 

(AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand November 2016, 01.01.2017)

 

Behandlung nach Rückkehr

 

Über die Behandlung rückgeführter somalischer Staatsangehöriger nach Süd- und Zentralsomalia liegen keine belastbaren Erkenntnisse vor, da insbesondere westliche Staaten Rückführungen nur in sehr begrenztem Ausmaß durchgeführt haben. Staatliche Repressionen sind nicht die Hauptsorge dieser Personengruppe, sondern das gelegentlich unvorhersehbare Verhalten der Sicherheitskräfte, die Sicherheits- und Versorgungslage allgemein sowie mögliche Übergriffe von al-Schabaab. Es gibt keine Aufnahmeeinrichtungen für unbegleitete Minderjährige. Es gibt nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes keine Rückübernahmeabkommen. Der erste Entwurf einer Nationalen Strategie für Migranten, Asylwerber und Flüchtlinge nimmt Bezug auf mögliche Rückübernahmeabkommen im Rahmen des Khartum-Prozesses und Valetta Aktionsplans. Zu möglichen staatlichen Repressionen gegenüber rückgeführten Somaliern in Puntland und "Somaliland" liegen keine Erkenntnisse vor. Es gibt keine Aufnahmeeinrichtungen für unbegleitete Minderjährige und nach Kenntnis des Auswärtigen Amtes keine separaten Rückübernahmeabkommen (AA 01.01.2017).

 

(AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand November 2016, 01.01.2017)

 

2. Beweiswürdigung:

 

1. Die Identität der Beschwerdeführerin (siehe Feststellungen 1.) konnte mangels Vorlage eines Identitätsdokumentes ihres Herkunftsstaates nicht festgestellt werden. Die Aliasdaten beziehen sich auf die unterschiedlichen Behauptungen der Beschwerdeführerin im Asylverfahren:

 

" R: Sie haben in der niederschriftlichen Befragung am 15.06.2015, in Gegenwart eines Dolmetschers für die Sprache Somali, angegeben, dass Sie XXXX heißen (Anmerkung Befragung Seite 01 bzw. Akt BFA Seite 31). Am 01.07.2015 in Gegenwart eines Dolmetschers für die Sprache Somali haben Sie angegeben XXXX zu heißen (Anmerkung: Befragung Seite 01 bzw. Akt BFA Seite 01), im Schreiben vom 07.07.2015 schriftlich erneut XXXX zu heißen (Anmerkung: Akt BFA Seite 29) und in der Befragung am 15.12.2015, ebenfalls in Gegenwart eines Dolmetschers für die Sprache Somali, nicht mehr XXXX oder XXXX , sondern XXXX (Befragung Seite 01 bzw. Akt BFA Seite 41). Was sagen Sie heute?

 

P: Ich heiße XXXX

 

R: Sie haben in der niederschriftlichen Befragung am 15.06.2015 angegeben, dass ihr Geburtsdatum XXXX sei (Anmerkung: Befragung Seite 01 bzw. Akt BFA Seite 31), am 01.07.2015 haben Sie jedoch widersprüchlich dazu angegeben am XXXX geboren zu sein (Anmerkung: Befragung Seite 01 bzw. Akt BFA Seite 01), im Schreiben vom 07.07.2015 schriftlich ersucht Ihr Geburtsdatum nunmehr wieder auf XXXX auszubessern (Anmerkung: Akt BFA Seite 29) und Ihnen mit diesem Datum eine neue Aufenthaltsberechtigungskarte auszustellen und in der niederschriftlichen Befragung am 15.12.2015, widersprüchlich zu allen früheren Angaben, dass Sie am XXXX geboren seien (Anmerkung: Befragung Seite 02 bzw. Akt BFA Seite 43). Was wollen Sie heute angeben?

 

P: Ich bin am XXXX geboren " (Verhandlungsschrift Seite 06).

 

Auch die behauptete Clanzugehörigkeit konnte nicht festgestellt werden; siehe dazu unten Beweiswürdigung 2.

 

Die Feststellungen zu Glauben, Eheschließung nach moslemischem Ritus und Herkunftsort beruhen auf den diesbezüglichen Angaben der Beschwerdeführerin (siehe Feststellungen 1.). Dass die Beschwerdeführerin erst zwei Wochen nach ihrer Anhaltung wegen ihres illegalen Aufenthalts am 14.06.2015 im Bundesgebiet am 30.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte ergibt sich aus ihren im Akt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl einliegenden niederschriftlichen Befragungen vom 15.06.2015 und 01.07.2016.

 

2. Dass die Beschwerdeführerin keiner asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt war und auch im Fall ihrer Rückkehr nicht sein wird (siehe Feststellungen 2.), ergibt sich aus den unglaubwürdigen Angaben der Beschwerdeführerin.

 

Die Beschwerdeführerin hatte in der niederschriftlichen Befragung am 14.06.2015, in Gegenwart eines Dolmetschers für die Sprache Somali, zusammengefasst angegeben, dass ihr Mann seit vier Jahren in der Türkei lebe, dort Politikwissenschaften studiere und sie diesen besucht habe. Sie hätte nicht bei ihm bleiben können, weil er ihren Lebensunterhalt in der Türkei nicht finanzieren könne. Im Lauf des erstinstanzlichen Asylverfahrens gab sie jedoch an die Bundesrepublik Somalia verlassen zu haben, weil sie Angst habe von al-Schabaab getötet zu werden. Ihr Lebensgefährte habe für die Regierung gearbeitet, deswegen sei auf ihn geschossen worden, man wollte auch die Beschwerdeführerin töten, sie fürchte um ihr Leben.

 

Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Aufgabe des Asylwerbers, durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen (VwGH 25.03.1999, 98/20/0559).

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in mehreren Erkenntnissen betont, dass die Aussage des Asylwerbers die zentrale Erkenntnisquelle darstellt und daher der persönliche Eindruck des Asylwerbers für die Bewertung der Glaubwürdigkeit seiner Angaben von Wichtigkeit ist (VwGH 24.06.1999, 98/20/0453; VwGH 25.11.1999, 98/20/0357).

 

Bereits vorab fiel auf, dass die Beschwerdeführerin nicht anlässlich einer fremdenpolizeilichen Anhaltung wegen ihres illegalen Aufenthalts am 14.06.2015 oder in der niederschriftlichen Befragung am 15.06.2015 im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, sondern erst am 30.06.2015. Von einer Person die tatsächlich aus Angst um das Leben bis nach Österreich flüchtet würde man jedoch erwarten, dass sie unmittelbar nach der Einreise, noch dazu wenn sie an zwei aufeinanderfolgen Tagen (am zweiten Tag in Gegenwart eines Dolmetschers), diesbezüglich gefragt wird um Schutz ersucht:

 

" R: Wenn ich verfolgt würde und aus Angst um mein Leben meine Heimat verlassen müsste, hätte ich doch schon anlässlich meines Aufgriffs am 14.06.2015 in Österreich im Rahmen einer fremdenpolizeilichen Kontrolle einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Sie haben aber trotz Nachfrage am 14.06.2015 angegeben keinen Antrag stellen zu wollen und diesen tatsächlich erst mehr als zwei Wochen später am 30.06.2015 gestellt. Wenn ich verfolgt würde hätte ich meine Asylgründe nennen können bzw. hätte ich nicht über zwei Wochen zugewartet um dann völlig widersprüchliche Angaben gemacht. Kann es sein, dass Sie sich in den zwei Wochen eine Fluchtgeschichte ausgedacht und nicht damit gerechnet haben, dass Ihre niederschriftliche Befragung am 15.06.2015 im Asylverfahren doch noch auftauchen wird?

 

P: Ich wusste gar nicht, dass ich um Asyl ansuchen kann. Hätte ich es gewusst, hätte ich gleich einen Antrag gestellt.

 

R: Ihnen wurde am 15.06.2015 in Gegenwart eines Dolmetschers gesagt, dass Sie am Vortag gefragt wurden, ob Sie einen Asylantrag stellen wollen. Und Sie hätten am Vortag geantwortet, dass Sie in Österreich keinen Asylantrag stellen wollen. Ihre Antwort lautete wörtlich:

"Ja, das stimmt alles ." (Anmerkung: Befragung Seite 2, bzw. Akt Seite 33).

 

P: Ich wurde von der Fremdenpolizei aufgegriffen und gefragt, wohin ich unterwegs bin. Ich verstand ihn nicht so richtig. Ich kann mich nicht erinnern, dass mir das am nächsten Tag gesagt wurde. Ich war sehr müde " (Verhandlungsschrift Seite 15).

 

Selbstverständlich wäre dieser Umstand für sich allein keinesfalls geeignet gewesen auf die Unglaubwürdigkeit eines späteren Vorbringens zu angeblichen Ausreisegründen zu schließen, sollte sich jedoch im konkreten Fall tatsächlich als Indiz für ein unglaubwürdiges Vorbringen erweisen.

 

Ebenso fiel bereits vorab auf, dass die Beschwerdeführerin bezüglich ihres Geburtsdatums mehrfach bewusst unwahre Angaben machte, was nicht gerade für ihre Glaubwürdigkeit sprich. Hatte sie in der ersten Befragung angegeben am XXXX geboren zu sein, behauptete sie zwei Wochen später in der "Erstbefragung" am XXXX geboren zu sein. Eine Woche danach ersuchte sie schriftliche ihr Geburtsdatum auf XXXX zu ändern und ihr deswegen eine andere Aufenthaltsberechtigungskarte auszustellen nur um fünf Monate später zu behaupten, sie sei am XXXX geboren. Dieses Verhalten kann zwar nicht dazu führen das Vorbringen zu den Ausreisegründen automatisch als unglaubwürdig zu werten, ist aber ein Beispiel dafür, dass die Beschwerdeführerin nichts dabei fand selbst die Antwort auf diese einfache Frage nach Belieben auszutauschen.

 

Die Beschwerdeführerin wurde in der niederschriftlichen Befragung am 15.06.2015, in Gegenwart eines Dolmetschers für die Sprache Somali, nach ihrer Reisebewegung und ihrer Familie gefragt und gab dazu unter anderem an:

 

" A: Ich bin verheiratet

 

F: Wo hält sich Ihr Ehemann auf?

 

A: Erl lebt in der Türkei

 

F: Seit wann lebt er dort?

 

A: Seit 4 Jahren. [ ] Ich bin von XXXX legal mit einem Reisepass und Visum in die Türkei gereist. [ ]

 

F: Haben sie in der Türkei Ihren Ehemann getroffen?

 

A: Ja, ich habe ihn getroffen.

 

F: Warum sind Sie nicht bei ihm geblieben?

 

A: Er konnte nicht für mich sorgen. Er war Mitglied der Regierung und wurde in die Türkei gebrachte um zu studieren.

 

F: Was studiert Ihr Ehemann in der Türkei?

 

A: Politikwissenschaft [ ]

 

F: Woher hatten Sie so viel Geld für die Schleppung?

 

A: Viele Leute in Südafrika und Somalia sammelten das Geld für mich

"

 

Widersprüchlich dazu behauptet die Beschwerdeführerin in der niederschriftlichen Befragung am 15.12.2015, ebenfalls in Gegenwart eines Dolmetschers für die Sprache Somali:

 

" Mein Mann ist in die Türkei gebracht worden, wo er in Spitalsbehandlung war.

 

LA: Wann ist Ihr Mann in die Türkei gebracht worden?

 

VP: Es war im zweiten Monat des Jahres 2015.

 

LA: Wie ist ihr Mann in die Türkei gelangt? Wer hat ihn dorthin gebracht?

 

VP: Er wurde von den Al Shabaab verletzt und er konnte in XXXX nicht behandelt werden Er wurde von der somalischen Regierung in die Türkei gebracht. [ ] Meine Cousine wurde erschossen – sie wurde getötet. Mein Mann wurde angeschossen, sie dachten er wäre tot. [ ]

Als ich mich unter dem Bett versteckte, wurde ich ohnmächtig, da ich große Angst hatte. Ich kam erst wieder im Spital zu mir. [ ] Die Ärzte sagten mir, dass mein Mann auf der Intensivstation liegt. Weiters sagten sie, dass seine Cousine bei dem Angriff getötet wurde. [ ] Mein Mann wurde nach drei Tagen – nachdem er in XXXX im Krankenhaus nicht behandelt werden konnte – von der Regierung mittels Flugzeug in die Türkei ins Krankenhaus geflogen "

 

Mit diesen gravierenden Widersprüchen konfrontiert, gab die Beschwerdeführerin an, dass sie anlässlich der früheren Befragung müde gewesen sei, Angst gehabt habe, ihre Füße geschmerzt hätte und von der langen Reise geschwollen gewesen seien:

 

" R: Wo ist der Vater Ihres Kindes jetzt?

 

P: In der Türkei zuletzt.

 

R: Was macht Ihr Lebensgefährte und Vater Ihres Kindes in der Türkei und wie finanziert er dort seinen Aufenthalt?

 

P: Ich weiß es nicht, ich habe keinen Kontakt.

 

R: Wann hatten Sie den letzten Kontakt?

 

P: Als er in die Türkei gebracht wurde. Danach nicht mehr. Ich habe nichts mehr von ihm gehört.

 

R: In der niederschriftlichen Befragung am 15.06.2015 haben Sie angegeben, dass er in der Türkei Politikwissenschaften studiert (Anmerkung: Befragung Seite 03 bzw. Akt BFA Seite 35).

 

P: Bei dieser Befragung war ich sehr müde und erschöpft. Es ging mir nicht gut, da ich viele Probleme in Somalia hatte. Ich war sehr verängstigt und ich wusste nicht, bei wem ich bin.

 

R: Ich finde es sehr kreativ, dass Sie unter diesen Umständen ein Politikwissenschaftsstudium erfinden. Warum haben Sie nicht einfach gesagt, Sie wissen es nicht?

 

P: Ich hatte Angst und wusste nicht, ob ich die Informationen erzählen darf " (Verhandlungsschrift Seite 09f).

 

Aber selbst wenn man dieser Argumentation folgen würde, wäre es keine Erklärung dafür, warum die Beschwerdeführerin zwei Wochen später (gemeint: zwei Wochen nachdem sie wegen ihrer geschwollenen Füße, Müdigkeit und Angst diese "unwahren" Angaben machte), in der Befragung am 01.07.2015 angab, dass ihr Lebensgefährte im Juli 2015 im Spital sei, im restlichen Verfahren jedoch, dass sie nicht wisse, wo er sich aufhalte:

 

" R: Wissen Sie, wann Ihr Lebensgefährte in die Türkei gefahren ist?

 

P: Ja, im Februar 2015. [ ]

 

R: In der Befragung am 01.07.2015 sagten Sie aber wörtlich: "Mein Mann hat für die somalische Regierung gearbeitet und wurde dadurch von den Al-Shabaab misshandelt und ist im Spital in der Türkei. Auf ihn wurde geschossen. Das sind meine Fluchtgründe." (Anmerkung: Befragung Seite 05 bzw. Akt BFA Seite 09). Sie haben im Juli 2015 dezidiert gesagt er "ist" im Spital, nicht er war im Spital oder ich weiß nicht ob er noch im Spital ist. Das widerspricht Ihren heutigen Angaben. Wollen Sie dazu etwas angeben?

 

P: Das habe ich so nicht gesagt.

 

R: Es wurde Ihnen rückübersetzt und Sie haben es unterschrieben.

 

P: Mein Mann wurde damals im Koma in die Türkei transportiert und ich habe damals angenommen, dass er in der Türkei gebracht wurde und dort im Krankenhaus ist. Aber ich habe das nicht so gesagt. Ich habe das damals nur angenommen und beim BFA auch so gesagt. Ich habe damals gesagt, dass ich nur annehme, dass er in der Türkei im Krankenhaus ist.

 

R: Sie sind somit davon ausgegangen, dass er zum Zeitpunkt des Interviews am 01.07.2015 immer noch im Krankenhaus liegen könnte. Zu diesem Zeitpunkt wäre er seit viereinhalb Monaten im Krankenhaus gewesen.

 

P: Ich habe keinen Kontakt zu meinem Mann und wollte nur sagen, dass er in die Türkei gebracht wurde. Ich kann nicht mehr sagen, ob ich mir damals dachte, dass er im Krankenhaus ist oder nicht. Ich wollte damals nur zum Ausdruck bringen, dass mein Mann von Somalia in die Türkei gebracht wurde " (Verhandlungsschrift Seite 12f)

 

Da diese Niederschrift zwei Wochen nach der Einreise erfolgte, die Beschwerdeführerin somit nicht mehr so erschöpft war bzw. dies auch nicht behauptet, ihr die Niederschrift rückübersetzt wurde und sie erst danach unterschrieb, kann diese Behauptung nur als Versuch gewertet werden, eine Ausrede zu (er)finden.

 

Die Beschwerdeführer hatte in der Beschwerdeverhandlung behauptet, dass ihr Lebensgefährte im Koma in die Türkei transportiert worden sei, was jedoch nicht mit ihren Angaben am 01.07.2015 vereinbar ist, wonach er ihre Reise organisier haben soll:

 

" 10. Angaben über die Schleppung (Kosten, Anzahl der Geschleppten. Etc.) Wer organisierte die Reise: (genaue Daten).

 

Mein Mann hat alles organisiert "

 

" R. Während der Rückübersetzung ist mir aufgefallen, dass Sie am 01.07.2015 (Anmerkung: Befragung Seite 5, bzw. Akt BFA Seite 9) angegeben haben, dass Ihr Mann Ihre Reise von Somalia nach Österreich organisiert hätte. Das passt zu den früheren Angaben vom 15.06.2015, dass er in der Türkei lebt und dort studiert, aber nicht zu Ihren heutigen Behauptungen, dass er im Koma war, als in die Türkei gebracht wurde. Zu dem kann ich mir nicht vorstellen, wie er in diesem Zustand vom Krankenhaus aus das gemacht haben soll.

 

P: Mein Mann konnte das nicht machen. Das habe ich nie gesagt " (Verhandlungsschrift Seite 23).

 

Wie eben ausgeführt war diese Niederschrift zwei Wochen nach der Einreise erfolgt, die Beschwerdeführerin behauptete nicht erschöpft gewesen zu sein und ihr wurde die Niederschrift rückübersetzt. Würden die Angaben der Beschwerdeführerin der Wahrheit entsprechen, hätte sie ihr Vorbringen gleichbleibend gestaltet und nicht laufend ausgetauscht.

 

Die Beschwerdeführerin behauptete dem Clan der Madhiban anzugehören, gab aber in zwei niederschriftlichen Befragungen diesbezüglich keinerlei Probleme an. Erst gegen Ende der dritten Befragung meinte sie erstmals, dass die Eltern ihres Lebensgefährten ihr deswegen ihr Kind wegnehmen wollten. Wie aus den Länderfeststellungen hervorgeht, zogen die Madhiban im Jahr 2012 zu tausenden in Binnenvertriebenenlager, haben auf Grund ihrer Clanzugehörigkeit Existenznot, sind Angriffen ausgesetzt und leben in großer Armut. Frauen wird das Recht auf Bildung verweigert. Kinder werden, wenn sie überhaupt eingeschult werden, bald von der Schule genommen, um sie als Arbeitskraft einzusetzen. Selbst in den Städten, wo sie größere Bewegungsfreiheit hatten, lebten sie in getrennten Gebieten, in Vorstadtghettos. Das alles trifft jedenfalls nicht auf die Beschwerdeführerin zu. Sie hat nie angegeben derartige Probleme wegen ihrer Clanzugehörigkeit gehabt zu haben. Sie konnte problemlos bis zur Eheschließung im April 2013, somit XXXX lang, mit ihrer Familie in XXXX leben und nicht in einem Vorstadtghetto. Sie hat die Schule besucht und musste danach nie arbeiten oder sonst zum Unterhalt ihrer Familie betragen. Das alles führt dazu, dass auch die behauptete Clanzugehörigkeit nicht glaubhaft gemacht werden konnte. Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass diese Behauptung frei erfunden ist, um, wie auch aus den Länderfeststellungen hervorgeht, die bloß behauptete Zugehörigkeit zu einer Minderheitengruppe in Somalia als ein relativ sicheres Mittel einzusetzen um Asyl zu bekommen. Wie aus den Feststellungen hervorgeht, haben seit den 2000er Jahren auch Angehörige von "noblen" Clans von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und sich als Minderheitenangehörige ausgegeben. Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass die Beschwerdeführerin nicht den Madhiban angehört.

 

Die Beschwerdeführer versucht ihr Vorbringen in der dritten niederschriftlichen Befragung zu steigern, indem sie erstmals gegen Ende behauptete, dass sie, weil sie dem Clan der Madhiban angehöre, Problem mit der Familie ihres Lebensgefährten habe und ihr Kind nicht behalten dürfe. Die diesbezüglichen Behauptungen wurden nicht nur sehr spät im Verfahren vorgebracht, sie waren zudem auf konkrete Nachfrage nicht plausibel:

 

"..R: Waren Clanmitglieder Ihres Lebensgefährten bei der Eheschließung nach molsemischem Ritus anwesend?

 

P: Der Onkel meines Mannes. Mein Mann hat gesagt, dass niemand aus seiner Familie davon weiß.

 

R: Der Onkel Ihres Mannes ist kein Familienmitglied?

 

P: Die Eheschließung war in einer Moschee.

 

R: War der Onkel bei der Eheschließung dabei Ja oder Nein?

 

P: Ja.

 

R: Zunächst behaupten Sie in der niederschriftlichen Befragung am 15.12.2015, dass bei der Eheschließung nach moslemischem Ritus im April 2013 ein Onkel Ihres Lebensgefährten dabei war, nur um etwas später widersprüchlich dazu anzugeben, dass die Familie ihres Mannes nicht bei der Eheschließung dabei gewesen sei (Anmerkung Befragung Seiten 04 und 09 bzw. Akt BFA Seiten 49 und 57).

 

P: Die Familie meines Mannes wusste nichts von der Eheschließung.

 

R: Die Familie Ihres Mannes glaubt, bis heute, dass Ihr Lebensgefährte mit Ihnen verheiratet ist?

 

P: Das haben sie erst später erfahren. Auch, dass er ein Kind hat, haben sie erst später erfahren.

 

R: Wann?

 

P: Ich verstehe Ihre Frage nicht.

 

R: Seit wissen Ihre Schwiegereltern, dass Sie eine Schwiegertochter und einen Enkelsohn haben?

 

P: Sie haben es erfahren, als wir von al-Schabaab angegriffen wurden. Seine Familie lebt in einer anderen Region. Nachdem mein Mann in die Türkei gebracht wurde, haben Angehörige von ihm angerufen. Das war ca. eine Woche vor meiner Ausreise. Sie haben mich auf meinem Handy angerufen. Ca. eine Woche danach bin ich ausgereist.

 

R: Aber der Onkel wusste doch von der Eheschließung.

 

P: Ja.

 

R: Der gehört doch zur Familie Ihres Mannes?

 

P: Dieser Onkel ist auch mit einer Madhibaan verheiratet. Außerdem sollte der Onkel nicht wissen, dass sein Neffe mit einer Madhibaan verheiratet ist.

 

R: Wo ist das Problem, wenn der Onkel selbst mit einer Madhibaan verheiratet ist?

 

P: Außerdem ist es gar nicht sein leiblicher Onkel sondern nur ein entfernter Verwandter. Ob er Probleme wegen seiner Frau hat, weiß ich nicht. Außerdem weiß ich nicht, ob mein Mann diesbezüglich die Wahrheit gesagt hat. Vielleicht wollte er mich nur beruhigen. Es gab keine Hochzeitsfeier, damit niemand von der Hochzeit weiß.

 

R: Wenn ich Angst hätte, dass mir mein einziges Kind im Herkunftsstaat vom Clan meines Lebensgefährten weggenommen wird, würde ich das als besorgte Mutter doch schon am 15.06.2015 angeben. Oder dann spätestens in der Befragung am 01.07.2015 oder wenigstens zu Beginn der Befragung am 15.12.2015. Das wäre doch so dramatisch, dass ich das nicht erst gegen Ende der dritten Befragung nachdem ich meine Fluchtgründe geschildert habe zum ersten Mal erwähne. Wollen Sie dazu etwas angeben?

 

P: Bei der ersten Befragung war ich müde. Beim zweiten Interview wurde mir gesagt, dass ich später die Möglichkeit habe, alles vorzubringen. Und beim dritten Interview hatte ich nicht die Möglichkeit, alles zu sagen.

 

R: Bitte sagen Sie mir jetzt alles, was Sie damals nicht sagen konnten.

 

P: Ich habe heute meine Fluchtgründe geschildert. Das mit meiner Kleidung habe ich heute zum ersten Mal vorgebracht. Das habe ich damals nicht vorgebracht. Ich weiß momentan nichts, was ich beim dritten Interview nicht vorgebracht hätte " (Verhandlungsschrift Seite 16f).

 

Nicht nur, dass die Beschwerdeführerin diese angeblichen Probleme so spät im Verfahren vorbrachte, widersprach sie sich (der Onkel ihres Mannes sei bei der Eheschließung anwesend gewesen, kurz danach: es sei kein Familienmitglied des Mannes anwesend gewesen; in der Beschwerdeverhandlung: der Onkel sei doch kein leiblicher Onkel, er sei auch mit einer Madhiban verheiratet, der Onkel dürfe nicht wissen dass die Beschwerdeführerin eine Madhiban sei) und wurde schließlich deutlich, dass sie bis zuletzt versuchte Ausreden zu finden, indem sie auch noch behauptete, sie habe damals nicht alles vorbringen können, nur um konkret nachgefragt nicht angeben zu können, was sie nicht vorbringen habe können.

 

Die beiden im erstinstanzlichen Akt einliegenden Fotos eines Mannes, angeblich der Lebensgefährte, sind nicht geeignet das unglaubwürdige Vorbringen zu unterstützen. Auf einem Foto sieht man diesen Mann in Uniform stehen auf dem anderen sieht man Narben an dessen Körper. Da die Narben von einer Explosion im Jahr 2013 herrühren sollen stehen sie in keinem zeitlichen Konnex zur Ausreise der Beschwerdeführerin im Jahr 2015.

 

Die Beschwerdeführerin hat nicht angegeben, wegen ihres Kleidungsstils im Herkunftsstaat verfolgt worden zu sein, aber versuchte bis zuletzt in der Beschwerdeverhandlung mit diesem neuen Vorbringen ihrem Antrag auf internationalen Schutz doch noch zum Erfolg zu verhelfen:

 

" R: Was befürchten Sie im Fall Ihrer Rückkehr in die Bundesrepublik Somalia?

 

P: Ersten habe ich vor al-Schabaab Angst, dass sie mich umbringen. Zweitens wegen meiner Volksgruppenzugehörigkeit. Ich gehöre einer Minderheit an. Ich habe Angst, die Art und Weise wie ich gekleidet bin, ist in Somalia nicht erlaubt. In Somalia darf ich mich nicht so kleiden, wie ich es möchte. Ich müsste mich verschleiern.

 

R: Sie haben keinen Minirock an, Sie haben eine langärmlige schwarze Weste und einen Schleier auf dem Kopf. Wo ist der Unterschied zum Herkunftsstaat?

 

P: In Somalia dürfte ich keine Hose tragen und kein T-Shirt.

 

PV: Sie trägt eine enge Jeans.

 

R: Über dem ganz normalen T-Shirt, haben Sie eine langärmlige schwarze Weste an. Ihre Arme und Ihr Kopf sind bedeckt.

 

P: Ich darf nicht so leicht bekleidet in Somalia aus dem Haus gehen.

 

R: Ihr Fluchtgrund ist somit Ihre Kleidung. Das haben Sie bis jetzt im Asylverfahren nicht vorgebracht.

 

P: Nicht mein Asylgrund, aber seit ich da bin kleide ich mich so.

 

R: Könnten Sie ohne Jeans nicht mehr leben?

 

P: Nein, aber es ist mein persönliches Recht. Ich fühle mich hier frei und darf mich so anziehen.

 

R: Wer konkret sollte Ihnen warum konkret in der Bundesrepublik Somalia etwas antun wollen?

 

P: Würde ich mit einer Hose auf der Straße gesehen werden, würde ich sofort erschossen oder geköpft und zwar von al-Schabaab und allen in Somalia lebenden Einwohnern. Es würde nicht toleriert, dass jemand ein oben geschlossenes T-Shirt unter einem langärmligen Gewand trägt und Hosen an hat " (Verhandlungsschrift Seite 11).

 

Die Beschwerdeführerin ist Moslemin, ihr Kopf und ihre Arme waren in der Beschwerdeverhandlung völlig bedeckt. Alleine der Umstand, dass die Beschwerdeführerin in Österreich Hosen trägt bzw. in der Beschwerdeverhandlung Jeans, reicht noch nicht aus, um daraus zu schließen, dass sie wegen dieses Verhaltens in der Bundesrepublik Somalia Problem bekommen würde, zumal niemand davon erfahren wird, da keine Informationen aus dem Beschwerdeverfahren an Behörden des Herkunftsstaates weitergeleitet werden. Somit ist nicht davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin durch das Tragen von Jeans in der Beschwerdeverhandlung einen Nachfluchtgrund gesetzt hat; zur Frage der Zumutbarkeit der Rückkehr siehe weiter unten rechtliche Ausführungen zu Spruchpunkt II. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

 

Es wäre wichtig gewesen, das Vorbringen gleichbleibend und plausibel zu gestalten. Dies, in Verbindung mit dem persönlichen Eindruck den die erkennende Richterin im Lauf der Verhandlung gewinnen konnte und den oben angeführten Widersprüchen, führte dazu, dass das Bundesverwaltungsgericht davon überzeugt ist, dass die Beschwerdeführerin persönlich unglaubwürdig ist bzw. das gesamte Vorbringen der Beschwerdeführerin im Asylverfahren frei erfunden ist.

 

Das Bundesverwaltungsgericht geht, in Übereinstimmung mit dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, nach Durchführung einer Beschwerdeverhandlung, davon aus, dass die Beschwerdeführerin keiner wie immer gearteten Verfolgung in ihrem Herkunftsstaat ausgesetzt war und im Fall ihrer Rückkehr nicht sein wird. Der Beschwerdeführerin ist es nicht gelungen, individuelle und konkrete Verfolgungsgründe glaubhaft zu machen, da sie nicht in der Lage war, das Szenario, das zu ihrer Ausreise geführt haben soll, glaubhaft darzustellen.

 

3. Die Feststellungen zur gesundheitlichen und persönlichen Situation der Beschwerdeführerin (siehe Feststellungen 3.), ergeben sich aus den Angaben im Rahmen des Verfahrens vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und der Beschwerdeverhandlung, sowie aus Abfragen in den entsprechenden amtlichen österreichischen Registern (Zentrales Melderegister, Zentrales Fremdenregister, Grundversorgungs-Informationssystem, Strafregister). Dass die Beschwerdeführerin im Herkunftsstaat von Obdachlosigkeit oder existentieller Gefahr betroffen ist, muss nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht befürchtet werden. Sämtlichen Angaben der Beschwerdeführerin zu angeblichen Vorfällen im Herkunftsstaat war die Glaubwürdigkeit zu versagen, weshalb davon auszugehen ist, dass ihre Eltern, ihr dreijähriger Sohn, vier Geschwister und zwei Onkel nach wie vor dort leben. Die Beschwerdeführerin kann wie auch schon vor ihrer Ausreise wieder bei ihrer Mutter leben; diesbezüglich wird auf die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen zu Spruchpunkt II. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl verwiesen.

 

4. Dass die Beschwerdeführerin an einem Deutschkurs teilnimmt, noch keine Deutschprüfung abgelegt hat und erst gebrochen Deutsch spricht (siehe Feststellungen 4.) ergibt sich aus ihren Angaben in der Beschwerdeverhandlung. Die Feststellungen, dass die Beschwerdeführerin in Österreich auf keine ausreichend ausgeprägten und verfestigten individuellen integrativen Anknüpfungspunkte hinsichtlich ihres Privat- und Familienlebens verweisen kann (siehe Feststellungen 4.), gründen sich auf den Umstand, dass Gegenteiliges im Verfahren nicht hervorgekommen ist; diesbezüglich wird auf die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen zu Spruchpunkt III. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl verwiesen.

 

5. Die Feststellungen zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin (siehe Feststellungen 5.) beruhen auf dem in der Beschwerdeverhandlung am 27.04.2017 dargetanen Dokumentationsmaterial. Die Parteien des Beschwerdeverfahrens haben keinen Einwand gegen die Heranziehung dieser Informationsquellen (deren Inhalt sich seit der Beschwerdeverhandlung nicht entscheidungswesentlich geändert hat) erhoben. Die herangezogenen Berichte und Informationsquellen stammen hauptsächlich von staatlichen Institutionen oder diesen nahestehenden Einrichtungen und es gibt keine Anhaltspunkte dafür, Zweifel an deren Objektivität und Unparteilichkeit aufkommen zu lassen. Die inhaltlich übereinstimmenden Länderberichte befassen sich mit der aktuellen Lage in der Bundesrepublik Somalia.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

Gemäß § 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), regelt dieses Bundesgesetz das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

Entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht sind, bleiben unberührt

 

(§ 58 Abs. 2 VwGVG).

 

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen (§ 28 Abs. 1 VwGVG).

 

Zu A)

 

Zu Spruchpunkt I. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention definiert, dass als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; VwGH 19.04.2001, 99/20/0273).

 

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

 

Kann Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden, und kann ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden, so ist der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind (§ 11 Abs. 1 AsylG).

 

Da die Angaben der Beschwerdeführerin zu den Gründen, weshalb sie ihren Herkunftsstaat verlassen haben soll, unglaubwürdig waren, erübrigt sich die Prüfung einer innerstaatlichen Fluchtalternative im Herkunftsstaat.

 

Die Beschwerdeführerin konnte in ihrem Asylverfahren weder eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende maßgebliche Gefahr asylrelevanter Verfolgung in ihrem Herkunftsstaat, noch Nachfluchtgründe, glaubhaft machen, noch waren von Amts wegen Anhaltspunkte für eine solche ableitbar, weshalb die Beschwerde gegen Spruchpunkte I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl abzuweisen war.

 

Zu Spruchpunkt II. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigen einem Fremden zuzuerkennen,

 

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder

 

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

 

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden (§ 8 Abs. 2 AsylG).

 

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

 

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulation gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, 99/20/0573).

 

Gemäß § 50 Abs. 1 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, ist die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

Gemäß § 50 Abs. 2 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG).

 

Gemäß § 124 Abs. 2 FPG treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) verwiesen wird, die entsprechenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes an deren Stelle.

 

Der Fremde hat das Bestehen einer aktuellen, also im Fall seiner Abschiebung in den von seinen Antrag erfassten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung im Sinn des § 57 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG 1997 glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 02.08.2000, 98/21/0461, VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011).

 

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu ihrer Person, ihrer Clanzugehörigkeit und sämtlichen angeblichen Ausreisegründen war als unglaubwürdig zu werten (siehe Beweiswürdigung 2.) und es bestehen keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass das Leben oder die Freiheit der Beschwerdeführerin aus Gründen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre, weshalb kein Fall des § 50 Abs. 2 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, vorliegt.

 

§ 50 Abs. 1 FPG verweist auf Art. 2 oder 3 EMRK. Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

 

Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 MRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG 1997 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.1997, 98/21/0427).

 

Vor dem Hintergrund der genannten Erkenntnisquellen und den darauf basierenden Feststellungen finden sich weder Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin mit der in diesem Zusammenhang maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer Gefährdungssituation im Sinne des § 50 Abs. 1 FPG ausgesetzt sein wird, noch das "außergewöhnliche Umstände" der Rückkehr der Beschwerdeführerin in ihren Herkunftsstaat entgegenstehen würden. Es lässt sich in diesem konkreten Fall nicht ersehen, dass es der Beschwerdeführerin an der notdürftigsten Lebensgrundlage fehlt.

 

Weder aus den Angaben der Beschwerdeführerin noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist im konkreten Fall ersichtlich, dass jene gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat in Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen zu lassen (VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443).

 

Im eben zitierten Erkenntnis des VwGH wird die maßgebliche Judikatur des EGMR dargestellt. Vor dem Hintergrund dieser Judikatur kommt es unter dem hier interessierenden Aspekt darauf an, ob die Abschiebung die betreffende Person in eine "unmenschliche Lage" versetzen würde.

 

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht die generell angespannte Lage in der Bundesrepublik Somalia (siehe auch Länderfeststellungen 5.). Die Beschwerdeführerin hat angegeben aus XXXX , zu stammen, von XXXX aus ausgereist zu sein, aber auch in XXXX gelebt zu haben, weshalb die aktuelle Sicherheits- und Versorgungslage in Süd- und Zentralsomalia zu prüfen ist.

 

Wie aus den Länderfeststellungen hervorgeht geht in XXXX einschließlich einer großen Anzahl Binnenvertriebener, die größte Gefahr heute von terroristischen Aktivitäten der al-Schabaab aus. Die Hauptziele dafür sind die Regierung und die internationale Gemeinde. Die Situation in XXXX ist nicht derartig, dass jeder Mensch in der Stadt einem Risiko entsprechend Artikel 3 EMRK ausgesetzt wäre. Die Stadtbewohner sind normalerweise nur dann betroffen, wenn sie zur falschen Zeit am falschen Ort sind. Jeder Stadtbürger kann sein eigenes Risiko weiter minimieren, indem er Gebiete oder Einrichtungen meidet, die klar als Ziel der al-Schabaab erkennbar sind. Dazu kommt auch noch, dass die Beschwerdeführerin angegeben hat in XXXX gelebt zu haben, die XXXX unter dem Einfluss von AMISOM und nicht al-Schabaab stehen.

 

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin bezüglich sämtlicher Ausreisegründe war unglaubwürdig. Es ist somit nicht zu befürchten, dass der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin tatsächlich im Februar 2015 angeschossen wurde, al-Schabaab versuchte die Beschwerdeführerin wegen ihres Lebensgefährten zu ermorden und die Beschwerdeführerin Angst vor al-Schabaab haben muss. Auch die von der Beschwerdeführerin behaupteten Probleme mit der Familie ihres Lebensgefährten bzw. dass sie ihren Sohn wegen ihrer Clanzugehörigkeit nicht behalten könnte, waren unglaubwürdig (siehe oben Beweiswürdigung 2.).

 

Die Beschwerdeführerin hat XXXX in der Bundesrepublik Somalia gelebt, dort nach moslemischem Ritus geheiratet und ihre Familie gegründet. Es ist durchaus üblich und zumutbar, sich im jeweiligen Land den Sitten und Gebräuchen anzupassen und z.B. auch als Österreicherin in moslemischen Ländern die Schultern zu bedecken bzw. aus Respekt vor der jeweiligen Kultur und/oder Religion gewisse Orte z.B. nur mit Kopfbedeckung aufzusuchen. Alleine der Umstand, dass die Beschwerdeführerin im Herkunftsstaat in der Öffentlichkeit keine Hosen tragen dürfte, weil es gesellschaftlich nicht akzeptiert wird, reicht nicht aus um davon ausgehen zu können, dass ihr deswegen ihre Rückkehr in den Staat, in dem sie XXXX gelebt hat und wo nach wie vor ihr dreijähriger Sohn lebt nicht mehr zumutbar ist.

 

Die Beschwerdeführerin war bis zur Ausreise in der Lage den Lebensunterhalt zu bestreiten. Die Beschwerdeführerin stammt aus XXXX und ist von dort ausgereist, hat aber auch in XXXX gelebt, und wird nach ihrer Rückkehr wieder dazu in der Lage sein, zumal ihre Eltern, vier Geschwister und zwei Onkel immer noch dort leben und sie, wie auch schon vor ihrer Ausreise, wieder bei ihrer Mutter leben könnte, wo derzeit auch ihr dreijähriger Sohn lebt. Die Beschwerdeführerin konnte problemlos aus den Ersparnissen ihres Lebensgefährten entweder $ 7400.- oder $ 2700.- oder doch € 2700.- (auch diesbezüglich machte sie widersprüchliche Angaben) aufbringen, und hat nie behauptet aus wirtschaftlichen Gründen ausgereist zu sein, oder dass ihre Familie derzeit im Herkunftsstaat Hunger leiden müsste.

 

Auf der Landkarte zum Thema Gefahr einer Hungersnot vom Februar 2017 (siehe Feststellungen 5.) ist zu sehen, dass das Gebiet aus dem die Beschwerdeführerin kommt, sich im orangen Bereich "Krise" (quasi "Stufe" 03 von 05) befindet; Lage angespannt, keine Hungersnot. Die Beschwerdeführerin hat in der Bundesrepublik Somalia nicht zuletzt deshalb, weil ihre gesamte Familie noch dort lebt und das Leben der Beschwerdeführerin XXXX lang finanziert hat, die Beschwerdeführerin hat nie ihren Lebensunterhalt kraft eigener Arbeit bestreiten müssen, eine Existenzgrundlage und familiäre Anknüpfungspunkte dort, womit sie nicht völlig auf sich alleine gestellt wäre.

 

Für den Teil der Bundesrepublik Somalia aus dem die Beschwerdeführerin stammt und in den sie zurückkehrt kann auch unter Berücksichtigung der Länderfeststellungen nicht festgestellt werden, dass dort eine dermaßen schlechte wirtschaftliche Lage bzw. eine allgemeine politische Situation herrschen würde, die für sich genommen bereits die Zulässigkeit der Rückbringung in den Herkunftsstaat als unrechtmäßig erscheinen ließe.

 

Es ist auf Grund der Länderfeststellungen in diesem konkreten Fall nicht davon auszugehen, dass die gesunde Beschwerdeführerin nach ihrer Rückkehr nach XXXX , eine extrem schlechte wirtschaftliche Lage und "außergewöhnliche Umstände" wie etwa Hungertod, unzureichende medizinische Versorgung, eine massive Beeinträchtigung der Gesundheit oder der Verlust des Lebens droht.

 

Irgendein besonderes "real risk", dass es durch die Rückführung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat zu einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe gekommen wäre, kann nicht erkannt werden, außergewöhnliche Umstände im Sinne der Judikatur des EGMR, die gegen eine Abschiebung gesprochen hätten, sind in diesem konkreten Fall nicht erkennbar.

 

Im Ergebnis war daher auch der Ausspruch in Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides zu bestätigen und die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. abzuweisen.

 

Zu Spruchpunkt III. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl

 

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

 

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

 

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

 

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten als auch des Status eines subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

 

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

 

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

 

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

 

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

 

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

 

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG).

 

Gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ist der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre. (§ 9 Abs. 3 BFA-VG, in der Fassung

 

BGBl. I Nr. 70/2015).

 

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

 

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

 

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

 

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

 

und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.

 

Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt. Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterium hiefür kommt etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht (vgl. EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979).

 

Die nach moslemischem Brauch verheiratete Beschwerdeführerin ist Mutter eines dreijährigen Sohnes. Sie lebt derzeit alleine und hat keine Angehörigen im Bundesgebiet. Ihr dreijähriger Sohn, ihre Eltern, vier Geschwister und zwei Onkel leben nach wie vor in der Bundesrepublik Somalia, weshalb im Fall der Rückkehr kein Eingriff in das Familienleben erkannt werden kann.

 

Nach der Rechtsprechung des EGMR garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z.B. eine Ausweisungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. EGMR 8.3.2008, Nnyanzi v. The United Kingdom, Appl. 21.878/06; 4.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582; 9.10.2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.6.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554).

 

Im Erkenntnis vom 26. Juni 2007, Zahl 2007/01/0479, hat der Verwaltungsgerichtshof – unter Hinweis auf das Erkenntnis des VfGH vom 17. März 2005, VfSlg. 17.516, und die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Fremdensachen – darauf hingewiesen, dass auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen ist, zumal etwa das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (VwGH 17.02.2007, 2006/01/0216).

 

Bei der Beurteilung der Rechtskonformität von behördlichen Eingriffen ist nach ständiger Rechtsprechung des EGMR und VfGH auf die besonderen Umstände des Einzelfalls einzugehen. Die Verhältnismäßigkeit einer solchen Maßnahme ist (nur) dann gegeben, wenn ein gerechter Ausgleich zwischen den Interessen des Betroffenen auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens im Inland einerseits und dem staatlichen Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung andererseits gefunden wird. Der Ermessensspielraum der zuständigen Behörde und die damit verbundene Verpflichtung, allenfalls von einer Aufenthaltsbeendigung Abstand zu nehmen, variiert nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei sind Beginn, Dauer und Rechtsmäßigkeit des Aufenthalts, wobei bezüglich der Dauer vom EGMR keine fixen zeitlichen Vorgaben gemacht werden, zu berücksichtigen. Bei der Interessenabwägung sind insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der tatsächlichen beruflichen Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit bzw. bei strafrechtlichen Verurteilungen auch die Schwere der Delikte und die Perspektive einer Besserung/Resozialisierung des Betroffenen bzw. die durch die Aufenthaltsbeendigung erzielbare Abwehr neuerlicher Tatbegehungen, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zu berücksichtigen (vgl. VfGH 29.09.2007, B 1150/07; 12.06.2007, B 2126/06; VwGH 26.06.2007, 2007/01/479; 26.01.2006, 2002/20/0423; 17.12.2007, 2006/01/0216; Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention2, 194; Frank/Anerinhof/Filzwieser, Asylgesetz 2005, S. 282ff).

 

Geht man im vorliegenden Fall von einem bestehenden Privatleben der Beschwerdeführerin in Österreich aus, fällt die gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes zu Lasten der Beschwerdeführerin aus und wird die Ausweisung jedenfalls keinen unzulässigen Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK darstellen.

 

Der EGMR hat in seiner Judikatur zu Art. 8 EMRK (vgl. dazu etwa das Urteil vom 31.01.2006, Nr. 50435/99, Rodrigues da Silva und Hoogkamer gegen die Niederlande) wiederholt ausgeführt, dass der Staat unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK im Zusammenhang mit positiven wie auch negativen Verpflichtungen einen fairen Ausgleich zwischen den konkurrierenden Interessen des Einzelnen und jenen der Gemeinschaft als Ganzes schaffen müsse und hiebei den Vertragsstaaten jedoch ein gewisser Ermessenspielraum zukomme. Art. 8 EMRK enthalte keine generelle Pflicht für die Vertragsstaaten, die Wohnortwahl von Immigranten zu respektieren und auf ihrem Staatsgebiet Familienzusammenführungen zuzulassen. In Fällen, die sowohl das Familienleben als auch die Thematik der Zuwanderung beträfen, werde das Maß an Verpflichtung, Verwandte von rechtmäßig aufhältigen Personen auf seinem Staatsgebiet zuzulassen, je nach den Umständen des Einzelfalls der betroffenen Personen und des Allgemeininteresses variieren. Dabei sei zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß das Familienleben tatsächlich gestört werde, wie stark die Bande mit dem Vertragsstaat seien, ob es für die Familie unüberwindbare Hindernisse gebe, im Herkunftsland eines oder mehrerer Familienmitglieder zu leben, ob konkrete Umstände im Hinblick auf die Einreisekontrolle (z.B. Verstöße gegen die Einreisebestimmungen) oder Überlegungen im Hinblick auf die öffentliche Sicherheit eher für eine Ausweisung sprechen würden und auch ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstanden sei, als sich die betroffenen Personen bewusst gewesen seien, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes derart gewesen sei, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland von vornherein unsicher gewesen sei. Dazu hat der EGMR auch wiederholt festgehalten, dass die Ausweisung eines ausländischen Familienmitglieds in solchen Fällen nur unter ganz speziellen Umständen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bewirke (VwGH 19.02.2009, 2008/18/0721 mwN).

 

Im Hinblick auf ihr gemäß Art. 8 EMRK geschütztes Recht auf Achtung des Privatlebens ist zu berücksichtigen, dass sich die Beschwerdeführerin seit ihrer illegalen Einreise am 14.06.2015 bis zu ihrer Asylantragstellung am 30.06.2015 illegal (danach legal) bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht einmal zehn Monate und bis zur Erlassung dieses Erkenntnisses weniger als zwei Jahre im Bundesgebiet aufgehalten hat. Die Verfahrensdauer war nicht der Sphäre der Beschwerdeführerin zuzurechnen. Der Aufenthalt im Inland war der Beschwerdeführerin aber lediglich auf Grund ihres Antrages auf internationalen Schutz erlaubt, der sich auf Grund der unwahren Behauptungen als unberechtigt erwiesen hat. Die Beschwerdeführerin verfügte nie über Aufenthaltsrechte außerhalb dieses Asylverfahrens. Der nicht einmal zwei Jahre dauernde Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet steht zudem in keinerlei Verhältnis zu ihrem XXXX dauernden Aufenthalt im Herkunftsstaat. Die Beschwerdeführerin ist nicht aus Furcht vor Verfolgung aus ihrem Herkunftsstaat ausgereist, sondern hat ihre angeblichen Erlebnisse im Herkunftsstaat frei erfunden und diesbezüglich bei den österreichischen Behörden und dem Bundesverwaltungsgericht bis zuletzt bewusst unwahre Angaben gemacht. Die Beschwerdeführerin konnte schon deshalb nie auf die Erteilung eines dauernden Aufenthaltsrechtes vertrauen und musste sich von Anbeginn an der Unsicherheit des Aufenthaltsstatus bewusst sein. Die Beschwerdeführerin wurde zudem bereits im Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.04.2016 darüber informiert.

 

Die Beschwerdeführerin hat keine zum dauernden Aufenthalt berechtigten Angehörigen im Bundesgebiet. Ihre Muttersprache ist Somali. Die Beschwerdeführerin verfügt nach wie vor über sehr starke Bindungen zum Herkunftsstaat, lebt doch ihr dreijähriger Sohn seit seiner Geburt dort. Sie hat die Bundesrepublik Somalia erst vor zwei Jahren verlassen und davor XXXX dort verbracht und ihre Familie gegründet. Die Beschwerdeführerin befindet sich im Herkunftsstaat in einem intakten Familienverband. Es ist daher davon auszugehen, dass sie sich wieder in die dortige Gesellschaft eingliedern können wird, wobei ich ihr auch ein soziales Netzwerk behilflich sein wird und sie auf die Unterstützung ihrer Eltern und Geschwister zählen wird können, womit sie nicht völlig auf sich alleine gestellt sein wird. Nach alledem kann nicht gesagt werden, dass die Beschwerdeführerin ihrem Kulturkreis völlig entrückt wäre und sich in ihrer Heimat überhaupt nicht mehr zurechtfinden wird.

 

Die Beschwerdeführerin hat erst begonnen Deutsch zu lernen, besucht derzeit einen Deutschkurs und spricht gebrochen Deutsch. Die Beschwerdeführerin hat ein Schreiben eines Bürgermeisters vom 30.01.2017 vorgelegt, wonach sie "Remunerantentätigkeiten in den Bereichen Grünschnitt und Landschaftspflege durchführt":

 

" R: Der Bürgermeister bestätigt am 30.01.2017, dass Sie Arbeiten durchgeführt haben. Was konkret haben Sie gearbeitet, wie oft und wie lange haben Sie gearbeitet und haben Sie dafür Geld bekommen?

 

P: Ich habe von 7-12 Uhr als Gärtnerin gearbeitet. Es waren je 5 Stunden von Montag bis Freitag. Eine Woche lang. Es gab nur einen Auftrag für diese eine Woche.

 

Außerdem arbeite ich jeden Sonntag ehrenamtlich und freiwillig als Straßenkehrerin. Von 8-11 Uhr jeden Sonntag. Dafür bekomme ich kein Geld. Letzten Sonntag habe ich nicht gearbeitet. Das letzte Mal habe ich vor drei Sonntagen gearbeitet. Es muss dafür einen konkreten Auftrag geben. Wenn, gab es an einem Sonntag einen Auftrag. Bis jetzt habe ich erst einen einzigen Sonntag gearbeitet..."

(Verhandlungsschrift Seite 07).

 

Zudem ein Empfehlungsschrieben vom 20.04.2017, des Unterkunftgebers ihrer Asylwerberunterkunft, worin ihr Verhalten und ihre positive Lebenseinstellung gelobt wird; sowie, dass sie weder von Problemen noch Uneinigkeiten in der Unterkunft beeinflusst wird.

 

Anhaltspunkte, wonach die Beschwerdeführerin in Vereinen oder sonstigen Organisationen aktuell aktiv ist, sind nicht hervorgekommen. Die Beschwerdeführerin arbeitet derzeit nicht, sie verbringt die Tage damit Deutsch zu lernen, spazieren zu gehen, zu kochen und fernzusehen. Sie hat keine Lehre, Schule oder sonstige Ausbildung in Österreich absolviert und ist nicht in der Lage ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, sondern lebt seit ihrer illegalen Einreise vom österreichischen Staat bzw. von der Grundversorgung. Von einer wirtschaftlichen Integration kann nicht einmal ansatzweise die Rede sein.

 

Nach Maßgabe einer Interessenabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, ist das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet das persönliche Interesse der Beschwerdeführerin am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

 

Die Voraussetzungen des § 10 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, liegen vor: Da der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz abgewiesen wurde, ist die Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, zu erlassen. Es ist auch – wie bereits ausgeführt – kein Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, von Amts wegen zu erteilen.

 

§ 52 Abs. 2 Z 4 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, setzt voraus, dass kein Fall der

 

§§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG vorliegt und dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Weil der Antrag der Beschwerdeführerin im Hinblick auf die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß

 

§ 8 Abs. 1 AsylG abgewiesen wurde, liegt weder ein Fall des § 8 Abs. 3a, in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, noch des § 9 Abs. 2 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009, vor. Die Beschwerdeführerin gab an, über kein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylverfahrens zu verfügen.

 

Mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG, in der Fassung

 

BGBl. I Nr. 87/2012, gleichzeitig festzustellen, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, in einen bestimmten Staat zulässig ist.

 

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG, in der Fassung

 

BGBl. I Nr. 87/2012, unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder

 

Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre. Das entspricht dem Tatbestand des § 8 Abs. 1 AsylG. Das Vorliegen eines dementsprechenden Sachverhaltes wurde bereits verneint (siehe oben zu Spruchpunkt II. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl).

 

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 2 FPG, in der Fassung

 

BGBl. I Nr. 87/2012, unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben oder die Freiheit aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005). Das entspricht dem Tatbestand des § 3 Abs. 1 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012. Das Vorliegen eines dementsprechenden Sachverhaltes wurde ebenfalls bereits (siehe oben zu Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl) aufgrund der Unglaubwürdigkeit der Angaben der Beschwerdeführerin verneint.

 

Die Abschiebung ist schließlich nach § 50 Abs. 3 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009, unzulässig, solange dieser die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht. Eine derartige Empfehlung besteht für die Bundesrepublik Somalia nicht.

 

Die Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Bundesrepublik Somalia ist daher zulässig.

 

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011, wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt gemäß § 55 Abs. 2 FPG, in der Fassung

 

BGBl. I Nr. 87/2012, 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

 

Da derartige besondere Umstände von der Beschwerdeführerin nicht behauptet wurden und auch im Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen sind, ist die Frist zu Recht mit

 

14 Tagen festgelegt worden.

 

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl entschied auch über die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 55 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012. Da der Verwaltungsgerichtshof jedoch mittlerweile klargestellt hat, dass das Gesetz nunmehr keine Grundlage dafür bietet, in Fällen, in denen eine Rückkehrentscheidung gemäß

 

§ 52 Abs. 2 FPG erlassen wurde, darüber hinaus noch von Amts wegen negativ über eine Titelentscheidung nach § 55 AsylG abzusprechen (VwGH 15.03.2016, Ra 2015/21/0174; 05.10.2016, Ra 2016/19/0158-6), war der erste Satz der Spruchpunkte III. spruchgemäß zu berichtigen.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 (VwGG), in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Im konkreten Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. In der Beweiswürdigung wurde ausführlich, unter Bezugnahme auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in Asylverfahren (siehe dazu oben Beweiswürdigung 2.), ausgeführt, dass den Angaben der Beschwerdeführerin keine Glaubwürdigkeit zuzubilligen war und sämtliche Angaben zu den behaupteten Ausreisegründen nicht den Tatsachen entsprechen. Dieses Erkenntnis beschäftigen sich vor allem mit der Erforschung und Feststellung von Tatsachen und es ergaben sich im Lauf des Verfahrens keine Hinweise auf das Vorliegen von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung.

 

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der langjährigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte