BVwG W163 2010626-1

BVwGW163 2010626-19.3.2015

BFA-VG §22a
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art.133 Abs4
Dublin III-VO Art.28
FPG §76
FPG §76 Abs1
PersFrSchG 1988 Art.6 Abs1
VwGVG §35
BFA-VG §22a
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art.133 Abs4
Dublin III-VO Art.28
FPG §76
FPG §76 Abs1
PersFrSchG 1988 Art.6 Abs1
VwGVG §35

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W163.2010626.1.00

 

Spruch:

W163 2010626-1/16E

schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Daniel LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Schubhaftbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, vom 06.08.2014, Zl. XXXX, sowie die Anhaltung in Schubhaft nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.08.2014, fortgesetzt am 14.08.2014, zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird gemäß § 76 FPG iVm § 22a BFA-VG idgF stattgegeben und der Schubhaftbescheid sowie die Anhaltung in Schubhaft von 06.08.2014, 12:10 Uhr bis zum 14.08.2014, 12:00 Uhr, für rechtswidrig erklärt.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm. Art. 28 VO (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) und § 76 Abs. 1 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Die Anträge der Parteien auf Kostenersatz werden gemäß § 35 VwGVG zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Mit dem oben im Spruch angeführten Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien (im Folgenden: BFA-RD), vom Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) persönlich übernommen am 06.08.2014, wurde über den BF gemäß Art. 28 der Verordnung (EU) 604/2013 iVm. § 76 Abs. 1 Z FPG iVm. § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Begründet wurde dies im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen zusammengefasst damit, dass die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung erforderlich sei, da der BF mit seinem bisherigen Verhalten klar zum Ausdruck gebracht habe, offensichtlich nicht gewillt zu sein, die österreichischen Rechtsvorschriften einzuhalten. Ab dem 09.04.2014 bis zur Inhaftierung am 07.05.2014 hätten dem Bundesamt keine Kenntnisse über den tatsächlichen Aufenthalt vorgelegen. Der BF habe sich im österreichischen Bundesgebiet unangemeldet aufgehalten um offensichtlich seinen wahren Aufenthalt zu verheimlichen. Der BF sei wegen Drogenhandels am 07.05.2014 im Bundesgebiet festgenommen und in die Justizanstalt Josefstadt eingeliefert worden. Der BF habe keine aufrechte Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet und weise keine sozial-integrative Lebensführung auf. Vor dem Hintergrund, dass das Bundesamt beabsichtige, den BF nach Italien zu überstellen und der BF über diese Maßnahme bescheid wisse, gehe das Bundesamt davon aus, dass diese Vorgehensweise einen massiven Fluchtanreiz für den BF biete bzw. er sein Dasein im Verborgenen weiterführen werde. Der BF habe es nicht für nötig erachtet, sich darum zu kümmern, sein Asylbegehren durch Italien prüfen zu lassen, sodass das Bundesamt vor den bisherigen Geschehnissen feststelle, dass der BF offensichtlich auch kein Interesse an der Prüfung seines Asylbegehrens habe und seine wahren Beweggründe nicht in der Verwirklichung der Prüfung seines Asylbegehrens liegen würden. Der BF weise keine privaten relevanten Interessen am Verbleib in Österreich auf. Er habe in Österreich keine Familienangehörigen.

2. Mit dem am 07.08.2014 beim BFA, RD Wien, eingelangten Schriftsatz des bevollmächtigten Vertreters des BF wurde gegen den im Spruch angeführten Schubhaftbescheid und die (andauernde) Anhaltung in Schubhaft Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Darin wurde beantragt,

"die Anordnung von Schubhaft und die andauernde Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären und auszusprechen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung in Schubhaft nicht vorliegen; in eventu die ordentliche Revision zuzulassen.

Kostenersatz im Umfang der anzuwendenden Pauschalersatzverordnung (Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand) und der Eingabegebühr iHv 30 Euro zuerkennen; in eventu die ordentliche Revision zuzulassen;

aussprechen auf Grund welcher gesetzlichen Grundlage das Verwaltungsgericht zu gegenständlichen Entscheidung befugt ist; in eventu die Beschwerde an das zuständige Gericht bzw die zuständige Behörde weiterzuleiten

eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchzuführen

in eventu die ordentliche Revision zuzulassen."

Die Beschwerde wurde im Wesentlichen zusammengefasst damit begründet, dass der Anordnung von Schubhaft ein unvollständiger Sachverhalt zugrunde gelegt worden sei, der auf einen unvollständigen Akteninhalt gegründet sei. Die belangte Behörde hätte im gegenständlichen Fall - wie in § 76 Abs. 3 FPG gesetzlich vorgesehen - hinreichend Zeit gehabt, ein ordentliches Ermittlungsverfahren durchzuführen und dem BF Parteiengehör zu gewähren. Die Abschiebung sei seit Rechtskraft der Entscheidung zur Anordnung der Außerlandesbringung durchsetzbar gewesen, also zu einem Zeitpunkt bevor der BF in Haft gewesen sei. Der Behörde hätte der Enthaftungszeitpunkt bekannt sein müssen. Ob aufgrund von Verschulden der Behörde oder aufgrund eines Verschuldens des Gerichts die Behörde, wie sie im bekämpften Bescheid behauptete, erst am 05.08.2014 vom Entlassungszeitpunkt erfahren hätte, sei irrelevant, da behördeninterne Verständigungsprobleme jedenfalls nicht der Person zugerechnet werden können, deren Freiheit entzogen wurde (Verweis auf VwGH 050.7.2011, 2008/21/0034, VwGH vom 18.04.2013, 2011/21/0042). Dem BF hätte während der Zeit der Haft auch Gelegenheit gegeben werden müssen, seine unvermeidbare Ausreise selbst zu organisieren. Er habe in der Justizanstalt Geld angesammelt und hätte unter Mitwirkung der Behörde nach seiner Enthaftung eventuell auch selbst ausreisen können. Da die belangte Behörde dem BF verweigerte, sich in seinem Verfahren einzubringen, sei die Schubhaft mit schweren Mängeln behaftet. Die bekämpfte Entscheidung hätte jedenfalls nicht mit Mandatsbescheid erlassen werden dürfen, da sich der BF zu diesem Zeitpunkt noch in Strafhaft befunden hätte. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die belangte Behörde die Abschiebung nicht derart hätte organisieren können, dass diese am 06.08.2014, dem Tag der Haftentlassung erfolgt wäre. Weiters sei anzumerken, dass der belangten Behörde bekannt gewesen sei, dass eine Abschiebung nach dem 07.08.2014 nur mit wesentlichen Verzögerungen möglich gewesen sei, da die italienischen Behörden in der Zeit vom 08.08.2014 bis 22.08.2014 nicht zu kontaktieren seien. Die Anordnung der Schubhaft habe im gegenständlichen Fall nicht das gelindeste Mittel - die ultima ratio - zur Erreichung des Sicherungszwecks dargestellt, weshalb das BVwG die Anordnung für rechtwidrig erklären möge. Bloß allgemeine Annahmen oder Erfahrungswerte, wie die von der belangten Behörde im bekämpften Bescheid herangezogenen, könnten nicht genügen, die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit eines Freiheitsentzuges im Einzelfall zu begründen.

Weiters wurde vorgebracht, dass die Anhaltung des BF aufgrund des Art 28 Dublin II VO hätte erfolgen müssen. Solange die Dublin III-Verordnung gegenüber einem Drittstaatsangehörigen angewendet werde, dürfe Administrativhaft zur Sicherung deren Vollzugs nur nach Art. 28 leg. cit. verhängt werden und nicht etwa nach anderen Bestimmungen des nationalen Rechts, da sonst der Schutzzweck der gegenständlichen Regelung verteilt wäre. Ein Sicherungsbedarf liege im Fall des BF nicht vor. Über ihn sei ohne ausreichende Begründung die Schubhaft verhängt worden. Im konkreten Fall stehe die Anhaltung des BF im Hinblick auf sein verfassungsrechtlich gewährleistetes Recht auf persönliche Freiheit außer Verhältnis. Die belangte Behörde hätte daher von der Schubhaftverhängung absehen müssen. Im Falle des BF hätte die Anwendung des gelinderen Mittels jedenfalls genügt, um den Zweck der Schubhaft zu erreichen. Im Übrigen wurden in der Beschwerde Fragen allgemeiner Natur zur Entscheidungskompetenz des Bundesverwaltungsgerichtes, zur Rechtsnatur der Schubhaftbeschwerde, zur Frage der aufschiebenden Wirkung sowie zur Frage des Kostenersatzes aufgeworfen.

3. Am 08.08.2014 wurde die gegenständliche Schubhaftbeschwerde vom BFA vorab per E-Mail an das Bundesverwaltungsgericht übermittelt. Gleichzeitig wurde beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und den BF zum Ersatz der näher angeführten Kosten zu verpflichten. Zur Überstellungssperre des Mitgliedsstaates Italien von 08.08.2014 bis 22.08.2014 wurde festgehalten, dass vor diesem Hintergrund jede Sicherungsmaßnahme mittels Schubhaft als unverhältnismäßig zu beurteilen wäre. Es sei ein Faktum, dass die Schubhaft zu kurz wie möglich zu halten sei und eine Überstellung nach Italien in jenem Fall jedoch innerhalb der gesetzlichen Frist (§80 FPG) vorliege.

4. Das Bundesverwaltungsgericht führte in der gegenständlichen Rechtssache am 13.08.2014, fortgesetzt am 14.08.2014, eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der BF im Beisein seiner bevollmächtigten Vertreterin persönlich teilnahm. Auch Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) nahm an der Verhandlung teil.

In der mündlichen Verhandlung am 13.08.2014 (Niederschrift OZ 4Z) wurde Folgendes vorgebracht (RI: Einzelrichter; BF:

Beschwerdeführer; BFV: bevollmächtigter Rechtsvertreter des BF, BFA:

Organ des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl):

"Zur Identität und Herkunft sowie zu den persönlichen

Lebensumständen:

RI an BF: Sind die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zu Ihrem Namen und Geburtsdatum sowie zu Ihrer Staatsangehörigkeit korrekt?

BF: Ja.

Zum Gegenstand des Beschwerdeverfahrens:

RI: Halten sich in Österreich Angehörige oder Ihnen besonders nahestehende Personen auf?

BF: Nein.

RI: Haben Sie in Italien einen Asylantrag gestellt und wenn ja, wann?

BF: Ja, im Jahr 2011. An den genauen Monat kann ich mich nicht mehr erinnern.

RI: Warum haben Sie Italien nach dieser Antragstellung verlassen?

BF: Da gab es nicht viel. Sie haben sich nicht viel um einen gekümmert. Es gab keine Gesundheitsversorgung und zuletzt hatte ich auch keinen Platz mehr zum wohnen.

RI: Schildern Sie mir Ihre diesem Antrag anschließenden Reisebewegungen und Aufenthalte.

BF: Ich weiß das nicht, ich bin einfach in den Zug gestiegen. Und wußte gar nicht, dass ich nach Österreich fahre. Als ich hier ausgestiegen bin, haben mir Leute gesagt, dass ich nach Traiskirchen gehen soll und dort um Asyl ansuchen soll.

RI: Aus dem mir vorliegenden Akt ergibt sich, dass Sie sich auch in der Schweiz aufgehalten haben, und dass Sie von dort aus zurück nach Italien abgeschoben wurden. Warum sind Sie in die Schweiz gereist?

BF: Ich hatte an dem Tag ein paar Bier getrunken, und war dann im Zug eingeschlafen. Als ich aufwachte sagte man mir, ich sei jetzt auf Schweizer Gebiet, das war an der Grenze. Die Polizei dort erklärt mir, dass ich um Asyl ansuchen müßte, um dort bleiben zu können, ehe sie mich dann frei ließen.

RI: Das müssen Sie mir näher erklären. Warum steigen Sie in einen Zug, ohne zu wissen, wo dieser Zug hinfährt?

BF: Ich hatte keinen Platz mehr in Italien, wo ich hätte schlafen können, deswegen habe ich dann oft in Eisenbahnenzügen übernachtet. Habe vorher ein paar Flaschen Alkohol getrunken, und bin dann in einen Zug gestiegen.

RI: Sind Sie in den Zug gestiegen, um Italien zu verlassen? Oder um dort zu schlafen?

BF: Normalerweise ist der Zug immer wieder zurück gefahren, ich habe mich da auch nicht so darum gekümmert. Ich hatte nicht vor, Italien zu verlassen.

RI: Sind Sie auch unbeachtsichtig nach Österreich gelangt, oder sind Sie bewußt nach Österreich gefahren?

BF: Nein, es war nicht absichtlich, dass ich nach Österreich gekommen bin. Es war Zufall.

RI: Es scheint mir wenig plausibel, dass man in zwei Ländern aufgegriffen wird, obwohl man nicht in diese Länder reisen wollte. Zumal in den Zügen die Fahrgäste hinsichtlich des Fahrscheines kontrolliert werden. Was sagen Sie dazu?

BF: Ich habe hier nicht gelogen, es war wirklich so, wie ich es gesagt habe. Normalerweise setzte ich mich irgendwo hinten in einen Zug, und schlafe dann.

RI: Als Sie nach Österreich gereist sind: wollten Sie damals Italien verlassen?

BF: Nein.

RI: Sie widersprechen jetzt Ihren zuvor gemachten Angaben. Als ich Sie eingangs gefragt habe, warum Sie Italien verlassen haben, haben Sie eine Begründung dafür angegeben. Jetzt sagen Sie, es sei nicht Ihre Absicht gewesen Italien zu verlassen.

BF: Der Grund warum ich nicht nach Österreich kommen wollte, ist, dass ich hier niemanden habe. Ich wollte dann auch wieder zurückfahren. Man hat mir aber geraten, hier in Österreich um Asyl anzusuchen, weil das besser für mich wäre.

RI: Sie haben meine Frage nicht beantworte. Ich möchte wissen, warum Sie zum Beginn der Verhandlung gesagt haben, Sie hätten Italien wegen der schlechten Behandlung verlassen, und später sagen, Sie hätten Italien nicht verlassen wollen.

BF: Es war ja nicht so, dass ich Italien nicht verlassen hätte wollen. Es war so, dass ich nicht wußte wohin ich gehen sollte, wenn ich Italien verlasse. Ich habe mich erst hier in Österreich entschieden, bleiben zu wollen, nachdem mir die Möglichkeit einer Unterkunft zu bekommen geboten wurde.

RI: Also wollten Sie doch Italien verlassen?

BF: Ja, mir blieb keine andere Wahl.

RI: Also haben Sie bewußt Italien verlassen?

BF: Ja.

RI: In Österreich wurde Ihnen nach Antragstellung eine Unterkunft zugewiesen, von der Sie am 09.04.2014 abgemeldet wurden. Warum haben Sie diese Unterkunft verlassen?

BF: Der Grund warum ich von dort weggegangen bin, war, weil ich alleine war und dort keine Freunde hatte. Ich habe mich einsam gefühlt. Die Unterkunft war so entlegen.

RI: Sie wurden am 07.05.2014 in Untersuchungshaft genommen und blieben in weiterer Folge bis 06.08.2014 in Verbüßung einer Haftstrafe in Haft. Wo haben Sie vom 09.04.2014 bis 07.05.2014 gewohnt?

BF: Ich wollte mir dann eine Meldeadresse bei Mama Afrika besorgen, das wurde mir auch zugesagt, es war in Bearbeitung, als ich verhaftet wurde.

RI gibt dem BFA die Möglichkeit, zu den bisherigen Angaben der Parteien eine mündliche Stellungnahme abzugeben oder Fragen zu stellen.

BFA: Zur beabsichtigten Meldung des BF gab es ein Schreiben von Frau XXXX an das BFA, dass sie beabsichtige, die Person obdachlos zu melden. Zu dieser Meldung ist es nicht gekommen, weil die Person am 07.05.2014 inhaftiert wurde. Zwischenzeitlich ist der Asylbescheid im Akt am 03.05.2014 hinterlegt worden.

RI: Wann wurde dieses Schreiben von Frau XXXX an das BFA geschickt?

BFA: Laut Protokolleintrag aus dem IFA war dies am 28.04.2014. Mit der Zustellung wollte man warten, bis die Meldung erfolgt sei. Dazu kam es nicht, deshalb wurde der Bescheid im Akt hinterlegt.

RI gibt BFV die Möglichkeit, zu den bisherigen Angaben der Parteien eine mündliche Stellungnahme abzugeben oder Fragen zu stellen.

BFV: Ist dieses Schreiben am 28.04.2014 eingelagt, oder ist das Schreiben mit 28.04.2014 datiert?

BFA: Das kann ich nicht sagen, aus dem Protokolleintrag ergibt sich der 28.04.2014. Üblicherweise schickt Frau XXXX vorab solche beabsichtigten Obdachlosenmeldungen an das BFA. Letztlich ist es zu keiner Meldung gekommen. Vier Tage nach Rechtskraft ist er dann inhaftiert worden.

BFV: Wie lange wird üblicherweise zugewartet, von einem Ankündigungsschreiben bis zur Hinterlegung im Akt?

BFA: Ich kann nicht mehr dazu sagen, als bei diesem Fall zugewartet worden ist.

BFV: Erwuchs der Bescheid an diesem Tag in Rechtskraft, oder wurde er an diesem Tag hinterlegt?

BFA: Laut IFA-Eintrag ist der Bescheid am 03.05.2014 in Rechtskraft erwachsen.

RI an BFA: Besteht die Möglichkeit, die für diese Frage relevanten Aktenteile kurzfristig per Fax zu übermitteln?

BFA: Ich werde es telefonisch versuchen.

RI unterbricht die Verhandlung um 11:05 Uhr.

Fortsetzung der Verhandlung um 12:00 Uhr.

Seitens des BFA wurden Aktenteile zum Zustellvorgang des Asylbescheides dem BVwG um 11:49 Uhr per Fax übermittelt. Eine Kopie dieser Aktenteile wurden dem BFV im Rahmen der Akteneinsicht ausgehändigt. RI nimmt diese zum Akt. Anlage ./A

RI an BFA: Wollen Sie zum Zustellvorgang eine Stellungnahme abgeben?

BFA: Die Partei war vom 09.04.2014 bis 07.05.2014 nicht aufrecht im Bundesgebiet gemeldet. Aufgrund dessen, am 25.04.2014, zu einem Zeitpunkt zu dem die Partei nicht gemeldet war, wurde seitens der EAST-West der entsprechende Zustellvorgang, nämlich die Hinterlegung im Akt durchgeführt. Eine Abgabestelle war zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt, sodass mit der Hinterlegung vom 25.04.2014, ohne vorangegangenen Zustellversuch, der Bescheid im Akt hinterlegt, und somit rechtswirksam erlassen wurde. Die Rechtsmittelfrist im konkreten Fall war entsprechend der Bestimmungen des Dublin-Verfahren bis 03.05.2014, eine Woche.

BFV: Auf dem nun vorgelegten Aktenteil, speziell dem Schreiben des Flüchtlingsprojekt XXXX, ist kein Eingangsdatum vermerkt. Der Verfahrensakt der belangten Behörde ist nicht nummeriert, weshalb das Verwaltungshandeln aus meiner Sicht vollständig nachvollziehbar ist.

RI an BFA: Auf dem Schreiben des Flüchtlingsprojekt XXXX ist ein Eingangsstempel nicht erkennbar.

BFA nimmt telefonisch mit der EAST-West, Herrn XXXX, Kontakt auf, und teilt mit, dass auf dem Original ein Eingangsstempel angebracht ist, mit dem Eingangsdatum 28.04.2014.

BFV: Die belangte Behörde trifft eine Manuduktionspflicht nach § 13 AVG. In Wahrnehmung dieser Frist hätte der Beschwerdeführer zum 28.04.2014 auf die Hinterlegung im Akt via dem Verein XXXX informiert werden müssen. Auch die Verletzung dieser Manuduktionspflicht zeigt, wie oberflächlich und ungenau sich die belangte Behörde im Verfahren auseinandergesetzt hat.

RI an BFA: Aus der im Akt inliegenden Strafkarte über die Verständigung der rechtskräftigen Verurteilung des BF vom 05.06.2014 ergibt sich, dass das Bundesamt darüber informiert wurde, dass sich der BF zur Verbüßung einer dreimonatigen Haftstrafe in Strafhaft befand. Seit 24.06.2014 war dem Bundesamt bekannt, dass sich Italien gemäß der Dublin-VO einer Überstellung des BF nach Italien bereit erklärte. Können Sie Gründe nennen, warum während der Strafhaft der BF keine Veranlassungen für eine im Anschluss an die Strafhaft vorzunehmende Überstellung nach Italien getroffen wurden?

BFA: Es war aus in der Sphäre der Behörde liegenden Gründen nicht vorher möglich. Dazu möchte ich ergänzen, dass auch bei Ausschöpfung der gesetzlichen Möglichkeiten und einer Anhaltung bis zu 72 Stunden die Behörde im Hinblick auf die Sperrfrist der italienischen Behörden nicht in der Lage gewesen wäre, die Überstellung zu veranlassen.

BFV: Dazu möchte ich anführen, dass in anderen von mir vertretenen Fällen eine Abschiebung am 07.08.2014 problemlos durchgeführt werden konnte. In diesen Fällen war die Durchsetzbarkeit der Abschiebung erst zu einem späteren Zeitpunkt als im gegenständlichen Fall bekannt.

RI an BFA: Mit der Übermittlung des Laissez-Passer am 06.06.2014 wurde mitgeteilt, dass von Seiten Italien im Zeitraum von Freitag 08.08.2014 bis einschließlich Freitag 22.08.2014 keine Überstellungen gemäß der Dublin VO akzeptiert werden und den italienischen Behörden zumindest 7 Tage im voraus die geplante Überstellung mitgeteilt werden muss. Dass bereits ein Überstellungtermin festgelegt worden sei, ergibt sich aus dem Akt nicht. Hat sich diesbezüglich etwas geändert?

BFA: Ja, insofern, dass wir einen Flugtermin für den 25.08.2014, um 09:10 Uhr gebucht haben.

RI: Ist das mit den italienischen Behörden akkordiert?

BFA: Dazu möchte ich fernmündlich mit der EAST-West Kontakt aufnehmen.

RI unterbricht die Verhandlung um 12:35 Uhr.

Fortsetzung der Verhandlung um 12:40 Uhr.

BFA: Kollege XXXX vom BFA EAST-West hat mir mitgeteilt, dass die Ankündigung, sieben Tage vor der Abschiebung, eine Serviceleistung gegenüber den italienischen Behörden ist. Und die Zustimmung der Zurücknahme nachwievor gültig ist.

BFV: Die Modalitäten der Überstellung richten sich nach Art. 23 der Dublin-III-VO. Eine Kontaktaufnahme mit den italienischen Behörden wird von diesen frühestens am 23.08.2014 bearbeitet werden können, damit die Person des Beschwerdeführers den italienischen übergeben werden kann, erwarten diese eine Vorlaufzeit von sieben Tagen. Daher ist eine Übergabe des BF frühestens am 30.08.2014 möglich.

Der D teilt mit, dass er die Verhandlung um 12:45 Uhr verlassen muss.

Der RI vertagt die Verhandlung auf den 14.08.2014, 11:00 Uhr, Saal 28, unter gleichzeitigem Ladungsverzicht."

Fortsetzung der Verhandlung am 14.08.2014

"RI befragt den D und die Parteien, ob sich seit der gestrigen Verhandlung Befangenheitsgründe ergeben hätten. D und Parteien verneinen.

RI an BF: Fühlen Sie sich körperlich und geistig in der Lage, der heutigen Verhandlung zu folgen?

BF: Ja.

Fortsetzung des Beweisverfahrens

RI veranlasst die Übersetzung des Verhandlungsprotokolls vom gestrigen Tag.

Nach Übersetzung und Durchsicht werden seitens der Parteien keine Einwendungen gegen die Niederschrift wegen behaupteter Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit erhoben.

RI teilt den Parteien die Absicht mit, der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 06.08.2014, Zl. XXXX, sowie der darauf gestützten Anhaltung seit 06.08.2014 in Schubhaft bis zur heutigen Entscheidung aufgrund der Aktenlage und dem bisherigen Verhandlungsergebnis stattzugeben. Dazu wird im Wesentlichen auf die völlige Untätigkeit des Bundesamts vor Strafhaftentlassung des BF am 06.08.2014 hinsichtlich der Vorkehrungen für seine Überstellung nach Italien zu treffen sowie die diesbezügliche Judikatur des VwGH hingewiesen (insbesondere VwGH 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527).

Die Parteien machen dazu keine Einwände geltend und verzichten diesbezüglich auf ein weiteres Vorbringen.

RI schränkt nunmehr den Gegenstand der Verhandlung auf die Frage ein, ob gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG maßgebliche Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Schubhaft vorliegen.

RI an BFA: In der gestern vertagten Verhandlung habe sie angegeben, dass ein Flug für die Überstellung des BF nach Italien für den 25.08.2014, 09.00 Uhr gebucht wurde. Wurde dies den italienschien Behörden avisiert?

BFA: Das wurde avisiert. Ich habe das entsprechende Dokument hier und lege dies vor.

RI nimmt Einsicht und nimmt das Dokument zum Akt - Anlage ./A. Dem BFV wird Einsicht in das Dokument gewährt.

RI an BFA: Welche Gründe sieht das BFA für die weitere Anhalt des BF in Schubhaft?

BFA: Das BFA bezieht sich auf die Vertrauensunwürdigkeit der Person. Im speziellen sein Vorverhalten im Asylverfahren. Ich liste exemplarisch auf: 09.04.2014 lt. GVS abgemeldet, da unbekannten Aufenthaltes. Keine Abgabestelle bekannt. Keine aufrechte Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet bis zur Verhängung der U-Haft. Person hat Ihr Dasein im Verbogenen geführt. Auch in der Verhandlung zeigte sich der BF wegen seiner widersprüchlichen Angaben unglaubwürdig. Der BF weiß nun über den Überstellungstermin bescheid, diese Tatsache bietet einen erheblichen Fluchtanreiz. Der BF hat in Italien, in der Schweiz und in Österreich Asylanträge gestellt. Offensichtlich ist der BF nicht gewillt, dass sein Asylverfahren zu Ende geführt wird. Der Grund für seinen Aufenthalt liegt offensichtlich in anderen Motiven.

RI an BFV: Sehen Sie Gründe, warum die Schubhaft nicht fortzusetzen ist?

BF: Zum einen besteht bei der Person des BF keine erhebliche Fluchtgefahr im Sinne der Dublin-III-VO. Der BF ist sich nunmehr seines aufenthaltsrechtlichen Status in Österreich und der notwendigen Außerlandesbringung bewusst. Durch die Gerichts- und Administrativhaft setzte sich der Beschwerdeführer mit dieser Situation auseinander und ist nunmehr gewillt das Bundesgebiet zu verlassen. Jedenfalls wäre mit der Anordnung gelinderer Mittel das Auslangen zu finden. Art. 28 Abs. 3 der Dublin-III-VO nominiert, dass die Haft so kurz wie möglich zu dauern hat und sich die Dublin-Staaten angemessener Handlungsweisen zu bedienen haben. Im gegenständlichen Fall führt eine "Sommerpause" der italienischen Behörden dazu, dass eine Überstellung bis vermutlichen 25.08.2014 nicht möglich sein wird. Im Hinblick auf den damit in Zusammenhang stehenden Grundrechtseingriff in die persönliche Freiheit des BF, ist diese Handlungsweise des Mitgliedsstaates nicht angemessen. Daher erweist sich auch eine weitere Anhaltung gemäß Art. 28 Dublin-III-VO als Unionsrechtswidrig. Zu dieser Frage möge die ordentliche Revision zugelassen werden.

RI befragt BF, ob er noch etwas Ergänzendes vorbringen will.

BF: Nachdem ich jetzt sehe, dass ich keine Chance auf Erhalt einer Aufenthaltsgenehmigung bekomme, möchte ich fragen, ob man mir gestattet, aus eigenen nach Italien zu reisen.

BFV: Ich möchte noch auf den Prüfbeschluss des VfGH, Zl. E4/2014-1, vom 26.06.2014, insbesondere Randziffer 41 - 42, betreffend Problematik des § 22 Abs. 3 BFA-VG hinweisen. In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf eine Entscheidung des deutschen Bundesgerichtshof vom 26.06.2014, Zl. VZB/31/14, zu einer der österreichischen Bestimmung des § 76 Abs. 1 ähnlich gelagerten Formulierung entspricht. Diese Formulierung entspricht nicht des Art. 2 lit. n, Dublin-III-VO. Das BVwG möge sich damit auseinandersetzen."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Der BF ist Staatsangehöriger von Nigeria und besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft. Der BF ist somit Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG.

1.2. Am 18.12.2013 hat der BF einen Asylantrag in der Schweiz gestellt, der am 24.01.2014 abschlägig entschieden wurde. Am 24.01.2014 stimmten die italienischen Behörden dem Wiederaufnahmeersuchen der schweizerischen Behörden zu. Am 25.02.2014 wurde der BF nach Italien überstellt.

1.3. Der BF stellte nach unrechtmäßiger Einreise ins Bundesgebiet am 29.03.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des BFA vom 24.04.2014, zugestellt durch Hinterlegung am 25.04.2014, Zahl XXXX, gemäß § 5 Abs. 1 Asylgesetz 2005 und § 61 FPG rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wurde. Für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz sei gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 lit. c der Dublin II-Verordnung Italien zuständig (Spruchpunkt I.). In Spruchpunkt II:

wurde gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung des BF angeordnet. Demzufolge sei gemäß § 61 Abs. 2 FPG die Abschiebung des BF nach Italien zulässig.

Gegen den BF liegt somit eine aufrechte Rückkehrentscheidung in Bezug auf den Zielstaat Italien vor.

1.4. Der BF wurde vom Landesgericht für Strafsachen Wien mit Urteil vom 03.06.2014 (rechtskräftig mit 03.06.2014), Zl. 65 Hv 70/14 k, wegen §§ 27 Abs. 1 Z. 1 achter Fall, Abs. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, davon drei Monate unbedingt, rechtskräftig verurteilt, weswegen er sich - unter Berücksichtigung seiner Untersuchungshaft ab 07.05.2014 bis 06.08.2014 in Strafhaft befand.

1.5. Der BF leidet an keinen schweren, lebensbedrohenden Krankheiten.

1.6. Der BF hat in Österreich keine Angehörigen oder sonstigen Verwandten, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht, und somit keine sozialen Kontakte, die ihn an Österreich binden.

Er ist alleinstehend und hat keine Angaben darüber gemacht, dass er über Wohnmöglichkeiten oder Einkommen verfüge. Er hat die Ausübung regelmäßiger erlaubter Erwerbstätigkeit - wie auch hinreichende Deutschkenntnisse - weder behauptet noch belegt.

Das Verhalten des BF während seines bisherigen Aufenthaltes in Österreich - wie auch seine Lebensumstände - ließen erwarten, dass er seine Rückschiebung nach Italien zu verhindern versuchen werde. Das BVwG schließt sich diesbezüglich den oben in Punkt I.1. angeführten, vom BFA im angefochtenen Bescheid ausgeführten Gründen hiefür in den erheblichen Punkten an (wiederholte Ausreise aus Italien, Untertauchen nach Antragstellung im Bundesgebiet bis zur Festnahme, Untersuchungshaft und Strafhaft, keine Erwerbsmöglichkeit und somit keine Selbsterhaltungsfähigkeit, hat keinerlei familiäre Bindungen oder sonstige soziale Kontakte in Österreich, keine Möglichkeit mehr auf Grundversorgung für Asylwerber, hat keine gültigen Reisedokumente - und kann somit Österreich auf legale Weise nicht verlassen - und hat mit seinem bisherigen Verhalten in Österreich dargetan, dass mit einer Achtung der rechtlich geschützten Werte seinerseits nicht gerechnet werden kann, sodass Sicherungsbedarf bezüglich seiner Abschiebung besteht).

Die Auffassung des bevollmächtigen Vertreters des BF in der mündlichen Verhandlung, es bestehe keine erhebliche Fluchtgefahr im Sinne der Dublin III VO, da sich der BF nunmehr seines aufenthaltsrechtlichen Status bewusst sei und sich der BF durch die Gerichts- und Administrativhaft mit seiner Situation auseinander gesetzt hätte und nunmehr gewillt sei, das Bundesgebiet zu verlassen, vermag in Hinblick auf das bisherige Verhalten sowie der Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht zu überzeugen. Wie im Verfahrensgang dargestellt, hat der BF wiederholt Italien verlassen, ohne das Ergebnis des Asylverfahrens abzuwarten, ist nach seiner Antragstellung im Bundesgebiet untergetaucht und bei den Behörde erst als Straftäter wieder in Erscheinung getreten. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vermittelte der BF keinen glaubwürdigen Eindruck. So widersprach sich der BF zur Frage, warum er Italien verlassen hätte, zumal er einerseits Gründe nannte, warum er Italien verlassen hätte (schlechte Versorgung) und später wenig plausibel behauptete, er habe Italien nicht verlassen wollen sondern sei in der Zügen eingeschlafen und so in der Schweiz und später in Österreich gelandet.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Zum Sachverhalt:

Der oben festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 13.08.2014, fortgesetzt am 14.08.2014, durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den vom BFA im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde und in der mündlichen Verhandlung nicht entgegengetreten wurde. Diese Feststellungen gelten ausschließlich für die Identifizierung der Person des BF im gegenständlichen Verfahren.

Die Feststellungen zur wiederholten Ausreise aus Italien und zur unrechtmäßigen Einreise im Bundesgebiet und zur Reiseroute ergeben sich aus den Angaben des BF vor der belangten Behörde und in der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellungen zu den persönlichen Lebensumständen des BF in Österreich beruhen auf den Angaben des BF vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

3.1.1. Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA und gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG.

Der mit "Zuständigkeiten" betitelte § 3 Abs. 1 Z 3 des BFA-Einrichtungsgesetzes (BFA-G), BGBl. I Nr. 68/2013, bestimmt, dass dem BFA die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des FPG obliegt.

Das 8. Hauptstück des FPG regelt unter anderem in seinem 8. Abschnitt (§§ 76 bis 81) die Schubhaft und das gelindere Mittel. Die Regelung über die Schubhaft nach § 76 Abs. 1 FPG ist Bestandteil des 8. Hauptstückes und somit unzweifelhaft von der behördlichen Zuständigkeit des BFA nach § 3 Abs. 1 Z 3 BFA-G umfasst.

Weiters bestimmt auch § 6 Abs. 1a FPG, dass Behörde im Inland nach dem 7., 8. und 11. Hauptstück das Bundesamt mit bundesweiter Zuständigkeit ist.

Da sich die gegenständliche - zulässige - Beschwerde gegen einen Schubhaftbescheid des BFA bzw. gegen eine dem BFA zurechenbare Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in Form der Anhaltung in Schubhaft (vgl. VfSlg. 10.982/1986) richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls für die Entscheidung zuständig.

3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbar verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung aufgrund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) oder aufgrund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde unter anderem die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie das Begehren zu enthalten.

In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt:

"Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

Zu Spruchteil A):

3.2. Zu Spruchpunkt I. (Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides und der Anhaltung):

3.2.1. Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 FPG idgF lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Anordnung zur Außerlandesbringung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

(1a) Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Das Bundesamt kann über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, zur Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Rückkehrentscheidung erlassen wurde;

gegen ihn ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gemäß § 27 AsylG 2005 eingeleitet wurde;

gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Anordnung zur Außerlandesbringung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist oder

auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

(2a) Das Bundesamt hat über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

gegen ihn eine zurückweisende Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 und eine durchsetzbare Anordnung zur Außerlandesbringung oder eine durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt;

eine Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs. 2 AsylG 2005 verletzt hat;

der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG 2005 mehr als einmal verletzt hat;

der Asylwerber, gegen den gemäß § 27 AsylG 2005 ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 13 Abs. 2 BFA-VG nicht nachgekommen ist;

der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, oder

sich der Asylwerber gemäß § 24 Abs. 4 AsylG 2005 ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hat, soweit eine der Voraussetzungen des Abs. 2 Z 1 bis 4 vorliegt,

und die Schubhaft für die Sicherung eines Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegenstehen.

(3) Die Schubhaft ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(4) (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(5) Wird eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während der Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrecht erhalten werden. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 oder 2a vor, gilt die Schubhaft als nach Abs. 2 oder 2a verhängt. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Schubhaft gemäß Abs. 2 oder 2a ist mit Aktenvermerk festzuhalten.

(7) (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)"

Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a BFA-VG idgF lautet:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (im Folgenden: Dublin III-VO), lauten wie folgt:

"Artikel 2

Definitionen

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung

a) - m) [...]

n) ‚Fluchtgefahr' das Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zu der Annahme Anlass geben, dass sich ein Antragsteller, ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser, gegen den ein Überstellungsverfahren läuft, diesem Verfahren möglicherweise durch Flucht entziehen könnte.

Artikel 13

Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luft grenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

Artikel 28

Haft

(1) Die Mitgliedstaaten nehmen eine Person nicht allein deshalb in Haft, weil sie dem durch diese Verordnung festgelegten Verfahren unterliegt.

(2) Zwecks Sicherstellung von Überstellungsverfahren, dürfen die Mitgliedstaaten im Einklang mit dieser Verordnung, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, nach einer Einzelfallprüfung die entsprechende Person in Haft nehmen und nur im Falle dass Haft verhältnismäßig ist und sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen.

(3) Die Haft hat so kurz wie möglich zu sein und nicht länger zu sein, als bei angemessener Handlungsweise notwendig ist, um die erforderlichen Verwaltungsverfahren mit der gebotenen Sorgfalt durchzuführen, bis die Überstellung gemäß dieser Verordnung durchgeführt wird.

Wird eine Person nach diesem Artikel in Haft genommen, so darf die Frist für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs einen Monat ab der Stellung des Antrags nicht überschreiten. Der Mitgliedstaat, der das Verfahren gemäß dieser Verordnung durchführt, ersucht in derartigen Fällen um eine dringende Antwort. Diese Antwort erfolgt spätestens zwei Wochen nach Eingang des Gesuchs. Wird innerhalb der Frist von zwei Wochen keine Antwort erteilt, ist davon auszugehen, dass dem Aufnahme- bzw. Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die Person aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen.

Befindet sich eine Person nach diesem Artikel in Haft, so erfolgt die Überstellung aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat, sobald diese praktisch durchführbar ist und spätestens innerhalb von sechs Wochen nach der stillschweigenden oder ausdrücklichen Annahme des Gesuchs auf Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person durch einen anderen Mitgliedstaat oder von dem Zeitpunkt an, ab dem der Rechtsbehelf oder die Überprüfung gemäß Artikel 27 Absatz 3 keine aufschiebende Wirkung mehr hat.

Hält der ersuchende Mitgliedstaat die Fristen für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs nicht ein oder findet die Überstellung nicht innerhalb des Zeitraums von sechs Wochen im Sinne des Unterabsatz 3 statt, wird die Person nicht länger in Haft gehalten. Die Artikel 21, 23, 24 und 29 gelten weiterhin entsprechend.

(4) Hinsichtlich der Haftbedingungen und der Garantien für in Haft befindliche Personen gelten zwecks Absicherung der Verfahren für die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat, die Artikel 9, 10 und 11 der Richtlinie 2013/33/EU .

Artikel 42

Berechnung der Fristen

Die in dieser Verordnung vorgesehenen Fristen werden wie folgt berechnet:

a) Ist für den Anfang einer nach Tagen, Wochen oder Monaten bemessenen Frist der Zeitpunkt maßgebend, zu dem ein Ereignis eintritt oder eine Handlung vorgenommen wird, so wird bei der Berechnung dieser Frist der Tag, auf den das Ereignis oder die Handlung fällt, nicht mitgerechnet.

b) Eine nach Wochen oder Monaten bemessene Frist endet mit Ablauf des Tages, der in der letzten Woche oder im letzten Monat dieselbe Bezeichnung oder dieselbe Zahl wie der Tag trägt, an dem das Ereignis eingetreten oder die Handlung vorgenommen worden ist, von denen an die Frist zu berechnen ist. Fehlt bei einer nach Monaten bemessenen Frist im letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

c) Eine Frist umfasst die Samstage, die Sonntage und alle gesetzlichen Feiertage in jedem der betroffenen Mitgliedstaaten.

Artikel 48

Aufhebung

Die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 wird aufgehoben.

Artikel 11 Absatz 1 und die Artikel 13, 14 und 17 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 werden aufgehoben.

Bezugnahmen auf die aufgehobene Verordnung oder auf aufgehobene Artikel gelten als Bezugnahmen auf die vorliegende Verordnung und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle in Anhang II zu lesen.

Artikel 49

Inkrafttreten und Anwendbarkeit

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Die Verordnung ist auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten gestellt werden und gilt ab diesem Zeitpunkt - ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung - für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern. Für einen Antrag auf internationalen Schutz, der vor diesem Datum eingereicht wird, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats nach den Kriterien der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 .

Die in dieser Verordnung enthaltenen Verweise auf die Verordnung (EU) Nr. 603/2013 , Richtlinie 2013/32/EU und Richtlinie 2013/33/EU gelten, bis zu ihrer jeweiligen Anwendbarkeit, als Verweise auf die Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 , Richtlinie 2003/9/EG bzw. Richtlinie 2005/85/EG

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß den Verträgen unmittelbar in den Mitgliedstaaten."

3.2.2. Was die rechtswirksame Einbringung einer Schubhaftbeschwerde nach § 22a BFA-VG beim Bundesverwaltungsgericht und/oder beim BFA, den Beginn der einwöchigen Entscheidungsfrist nach § 22a Abs. 2 BFA-VG, die Rechtsnatur des Rechtsmittels der Schubhaftbeschwerde, das auf Grund dieses Rechtsmittels anzuwendende (einheitliche) Verfahren und die Zulässigkeit des Fortsetzungsausspruchs nach § 22a Abs. 3 BFA-VG anbelangt, hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) mit Beschluss vom 26.06.2014, Zl. E 4/2014-11, bezogen auf das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.01.2014, Zl. I403 2000252-1/2E, gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG eine amtswegige Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 22a Abs. 1 bis 3 BFA-VG eingeleitet.

Unbeschadet dessen geht das Bundesverwaltungsgericht vorläufig von folgenden Erwägungen aus:

Wenn man die Ansicht vertreten würde, dass der Bundesgesetzgeber die Einbringung der Schubhaftbeschwerde nach § 22a BFA-VG - auch oder nur - beim BFA vorgesehen hätte, dann würde das das Vorliegen von entsprechenden Regelungen nach dem Muster des § 82 Abs. 2 und 3 FPG aF über die Einbringung und Weiterleitung innerhalb von zwei Werktagen bedingen, was jedoch nach der geltenden Rechtslage nicht der Fall ist.

Weitgehend unstrittig erscheint unter Berücksichtigung der bisherigen und wohl auch auf die geltende Rechtslage übertragbaren höchstgerichtlichen Rechtsprechung (siehe v.a. VwGH 30.04.2009, Zl. 2008/21/0565; VfGH 29.06.1995, VfSlg. 14.192/1995), dass die Schubhaftbeschwerde im Sinne des § 22a BFA-VG - wie jene nach § 82 FPG in der bis 31.12.2013 geltenden Fassung - ein besonderes Rechtsmittel zur Haftprüfung ist, das sowohl Elemente einer sog. "Maßnahmenbeschwerde" als auch einer Bescheidbeschwerde aufweist.

Die in der Beschwerde vertretene Ansicht, wonach auf Grund eines "Typenzwangs" der einzelnen Rechtsmittel jedoch keine klare Zuordenbarkeit der Beschwerde nach § 22a BFA-VG zu Art. 130 Abs. 1 Z 1 oder 2 B-VG möglich und deshalb diese Regelung auch im Hinblick auf das Legalitätsprinzip nach Art. 18 Abs. 1 B-VG verfassungswidrig sei, übersieht jedoch, dass Art. 6 Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl. I Nr. 684/1988 (im Folgenden: PersFrBVG), ebenso wie Art. 5 Abs. 4 EMRK bei Fällen von Freiheitsentziehungen durch Festnahme und Haft (Anhaltung in Schubhaft) ein sog. "Habeas corpus"-Prüfungsverfahren voraussetzt, und zwar unabhängig davon, ob die Anhaltung noch aufrecht ist oder nicht. So hat der VfGH mit Erkenntnis vom 03.03.1994, VfSlg. 13.698/1994, ausgesprochen, dass ein Fremder, der angehalten wird oder wurde, einen aus Art. 6 Abs. 1 PersFrBVG bestehenden Anspruch auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anhaltung hat, und zwar auch nach Beendigung der Schubhaft, wenn er innerhalb einer Frist von sechs Wochen (das ist die für die Einbringung einer Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vorgesehene Frist) nach tatsächlicher Beendigung der Schubhaft eine Beschwerde erhebt.

Gemäß Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG, darf die persönliche Freiheit einem Menschen auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden, wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung oder Auslieferung zu sichern.

Gemäß Art. 6 Abs. 1 PersFrBVG hat jedermann, der festgenommen oder angehalten wird, das Recht auf ein Verfahren, in dem durch ein Gericht oder durch eine andere unabhängige Behörde über die Rechtmäßigkeit des Freiheitsentzuges entschieden und im Falle der Rechtswidrigkeit seine Freilassung angeordnet wird. Die Entscheidung hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung hätte vorher geendet.

Gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK darf die Freiheit einem Menschen auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden, wenn er rechtmäßig festgenommen worden ist oder in Haft gehalten wird, um ihn daran zu hindern, unberechtigt in das Staatsgebiet einzudringen oder weil er von einem gegen ihn schwebenden Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren betroffen ist.

Gemäß Art. 5 Abs. 4 EMRK hat jedermann, dem seine Freiheit durch Festnahme oder Haft entzogen wird, das Recht, ein Verfahren zu beantragen, in dem von einem Gericht ehetunlich über die Rechtmäßigkeit der Haft entschieden wird und im Falle der Widerrechtlichkeit seine Entlassung angeordnet wird.

Aus den eben dargelegten Erwägungen vertritt das erkennende Gericht daher die Ansicht, dass die Schubhaftbeschwerde nach § 22a BFA-VG zwar ein besonderes Rechtsmittel zur Überprüfung der Rechtsmäßigkeit der Schubhaft sowie der Festnahme und Anhaltung darstellt, welches aber überwiegend am Konzept einer sog. Maßnahmenbeschwerde im Sinne des Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG angelehnt ist. Auch nach der bisherigen Rechtslage des § 82 FPG aF war die Sonderregelung der Schubhaftbeschwerde an den UVS - auf Grund des Verweises auf § 67c AVG in § 83 Abs. 2 FPG aF - darauf gegründet, dass die Schubhaftbeschwerde einer Maßnahmenbeschwerde angenähert ist, weshalb auch die sechswöchige Beschwerdefrist als maßgeblich angesehen wurde. Dies gilt unverändert auch nach Maßgabe des geltenden § 7 Abs. 4 2. Satz VwGVG.

Folglich kommt auch die Regelung des § 16 Abs. 1 BFA-VG nicht zur Anwendung, wonach die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA zwei Wochen beträgt. Eine Schubhaftbeschwerde kann jedenfalls während der gesamten Dauer der Schubhaft eingebracht werden; vor deren Beendigung kann sich die Frage der Befristung der Einbringung gar nicht stellen (VfGH 03.03.1994, VfSlg. 13.698/1994).

Gemäß § 20 1. Satz VwGVG sind Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG unmittelbar beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Aus all dem ergibt sich, dass Schubhaftbeschwerden nach § 22a BFA-VG unmittelbar beim Bundesverwaltungsgericht einzubringen sind. Wird eine Schubhaftbeschwerde bei der Behörde (beim BFA) eingebracht, so hat die Behörde (das BFA) nach § 6 Abs. 1 AVG vorzugehen. Ebenso hat das BFA auf Anordnung des Bundesverwaltungsgerichtes die dem betreffenden Verfahren zugrunde liegenden Verwaltungsakten unverzüglich dem Bundesverwaltungsgericht vorzulegen.

Hinsichtlich der Entscheidungsfrist von einer Woche gemäß § 22a Abs. 2 BFA-VG (bei aufrechter Anhaltung in Schubhaft) ist auszuführen, dass gemäß § 34 Abs. 1 2. Satz VwGVG Entscheidungsfristen des Verwaltungsgerichts mit der Vorlage der Beschwerde beginnen. Da Schubhaftbeschwerden unmittelbar beim Bundesverwaltungsgericht einzubringen sind, beginnt der Lauf der einwöchigen Entscheidungsfrist mit dem Zeitpunkt des Einlangens der Beschwerde (Beschwerdevorlage) beim Bundesverwaltungsgericht zu laufen (siehe auch BVwG 21.01.2014, I403 2000252-1/2E; 28.01.2014, G301 2000355-1/4E; 10.04.2014, G301 2006514-1/7E; 16.05.2014, G301 2007798-1/5E).

3.2.3. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Befindet sich ein Fremder in Strafhaft, so hat die zuständige Fremdenbehörde - bei Vorliegen der Voraussetzungen - das Verfahren zur Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen (Ausweisung, Aufenthaltsverbot) während der Dauer der Strafhaft durchzuführen und bedarf es diesfalls keines Mandatsverfahrens für die Verhängung der Schubhaft. Ebenso sollte im Lichte der Bestimmung des § 80 FPG über die Dauer der Schubhaft und des PersFrSchG eine im Anschluss an die Strafhaft angeordnete Schubhaft nach Möglichkeit vermieden oder zumindest nur auf die Sicherung der Ab- oder Zurückschiebung beschränkt sein. Die Durchsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen hat jedenfalls unmittelbar nach Entlassung aus der Gerichtshaft zu erfolgen (vgl. Ornezeder/Schrefler-König/Szymanski, FPG § 76 Anm. 5, [01.01.2013]).

Der Verwaltungsgerichtshof führt zu dieser Problematik in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, 2008/21/0527, aus, dass Schubhaft stets nur "ultima ratio" sein darf, woraus sich nicht nur die in § 80 Abs. 1 FPG ausdrücklich festgehaltene behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauere, ergebe, vielmehr sei daraus auch abzuleiten, dass die Behörde schon von vornherein angehalten sei, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig. In dem vom Verwaltungsgerichtshof zu beurteilenden Fall war aber kein Grund ersichtlich, der die Behörde daran gehindert hätte, die Ausstellung eines Heimreisezertifikates nicht bereits während der Strafhaft des Beschwerdeführers zu veranlassen. Im vorliegenden Fall hat es das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl unterlassen, während der Anhaltung des Beschwerdeführers in Strafhaft ab dem 24.06.2014 die Vorkehrungen für seine Überstellung nach Italien zu treffen, obwohl ihm das voraussichtliches Ende der Haft ausweislich seiner Akten bekannt sein musste. Erst am 05.08.2014, einen Tag vor der Beendigung der Freiheitsstrafe, wurde das Bundesamt erstmals diesbezüglich intern tätig. Zudem war dem BFA bekannt, dass von Seiten Italiens im Zeitraum vom 08.08.2014 bis einschließlich Freitag, 22.08.2014 keine Überstellung gemäß der Dublin-VO akzeptiert werden, darüber hinaus geplante Überstellungen den italienischen Dublin Behörden zumindest 7 Tage im Voraus bekanntzugeben sind.

Somit erweist sich die Verhängung der Schubhaft im gegenständlichen Falle im Hinblick auf die Untätigkeit der Behörde während der Strafhaft des BF unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit als nicht rechtmäßig.

Weitere Erwägungen über andere in der Beschwerde behauptete Mängel des Schubhaftbescheides konnten unterbleiben.

3.2.4. War der Schubhaftbescheid rechtswidrig, so muss das auch für die auf den Schubhaftbescheid gestützte Anhaltung gelten (VwGH 08.09.2009, Zl. 2009/21/0162; 26.01.2012, Zl. 2008/21/0626; 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114). Ein einmal rechtswidriger Schubhaftbescheid kann nicht - quasi partiell für einen "Teilzeitraum" - konvalidieren, zumal dies im Ergebnis einer im Gesetz insoweit nicht vorgesehenen Schubhaftverhängung "auf Vorrat" gleichkommen würde. War der Schubhaftbescheid rechtswidrig, so muss das auch für die gesamte Zeit der auf ihn gestützten Anhaltung gelten.

Die Anhaltung des BF in Schubhaft vom 06.08.2014 12.10 bis zum 14.08.2014, 12.00 Uhr 09.07.2014 war daher rechtswidrig.

3.3. Zu Spruchpunkt II. (Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft):

3.3.1. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Der VwGH hat zum Fortsetzungsausspruch gemäß § 83 Abs. 4 erster Satz FPG in der bis 31.12.2013 geltenden Fassung ausgesprochen, dass der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) im Rahmen seines Ausspruchs gemäß § 83 Abs. 4 FPG aF nicht an die im Schubhaftbescheid herangezogenen Rechtsgrundlagen gebunden ist, sondern die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft nach allen Richtungen zu prüfen hat; er ist auch nicht nur "ermächtigt", einen "weiteren bzw. neuen Anhaltegrund für die Fortsetzung der Schubhaft zu schaffen", sondern bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens zu einem positiven und (nur) bei deren Fehlen zu einem negativen Fortsetzungsausspruch verpflichtet. Verneint der UVS daher das Vorliegen der Voraussetzungen für die weitere Anhaltung in Schubhaft, so bedeutet dieser Ausspruch von Gesetzes wegen die Unzulässigkeit der (Fortsetzung der) Schubhaft auf Grund jeglichen zum Bescheiderlassungszeitpunkt geltenden Schubhafttatbestandes, unabhängig davon, ob der UVS dessen Voraussetzungen (erkennbar) geprüft und dies seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (VwGH 15.12.2011, Zl. 2010/21/0292; 28.08.2012, Zl. 2010/21/0388 mwN). Der Fortsetzungsausspruch stellte gemäß § 83 Abs 4 FPG idF vor BGBl. I 87/2012 aber einen neuen Schubhafttitel dar (vgl. VwGH 26.01.2012, Zl. 2008/21/0626, zum inhaltlich gleichlautenden § 83 Abs. 4 FPG aF; weiters 02.08.2013, Zl. 2012/21/0111; 19.03.2013, Zl. 2011/21/0246).

Diese Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nach Ansicht des erkennenden Gerichts unverändert auf das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach der inhaltlich gleichlautenden Bestimmung des § 22a Abs. 3 BFA-VG übertragbar. Ein entsprechender Fortsetzungsausspruch des Bundesverwaltungsgerichts ist somit ein solcher neuer Schubhafttitel.

Darüber hinaus hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit Urteil vom 05.06.2014, Zl. C-146/14 , zur Auslegung der Richtlinie über die Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (RL 2008/115/EG vom 16.12.2008, ABl. L 348, S. 98) unter anderem festgehalten, dass ein Gericht, das über einen Antrag auf Verlängerung der ursprünglich angeordneten Haft entscheidet, zwingend in der Lage sein müsse, über alle relevanten tatsächlichen und rechtlichen Umstände zu befinden, um festzustellen, ob die Verlängerung gerechtfertigt ist. Dies mache eine eingehende Prüfung der tatsächlichen Umstände des jeweiligen Falles erforderlich. Das Gericht müsse die Entscheidung, mit der ursprünglich die Inhaftnahme angeordnet wurde, durch seine eigene Entscheidung ersetzen und entweder die Haftverlängerung anordnen oder eine weniger intensive Maßnahme oder aber die Freilassung des Drittstaatsangehörigen anordnen können, wenn dies gerechtfertigt sei. Das Gericht müsse bei einer solchen Entscheidung alle relevanten Umstände berücksichtigen. Die Befugnisse des Gerichts im Rahmen einer solchen Kontrolle können folglich keinesfalls auf die Umstände beschränkt werden, die die Verwaltungsbehörde vorgetragen hat.

Vor diesem Hintergrund ist die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zu einem Fortsetzungsausspruch im Sinne des § 22a Abs. 3 BFA-VG (zumindest) kraft Unionsrechts gegeben.

3.3.2. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn sie - neben dem Vorliegen eines gesetzlichen Schubhafttatbestandes (§ 76 Abs. 1, 2 oder 2a FPG) - zur Sicherung der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder einer Abschiebung des betroffenen Fremden notwendig ist. Der Anordnung der Schubhaft muss ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegen und die Schubhaft muss unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig sein. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Außerlandesschaffung des Fremden (Aufenthaltsbeendigung) und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden, ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn mit Recht angenommen werden kann, dass sich der Fremde dem behördlichen Zugriff entziehen oder diesen zumindest wesentlich erschweren werde. Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Nach dem Vorliegen eines Tatbestandes nach § 76 Abs. 2 FPG kann die Anhaltung eines Asylwerbers in Schubhaft nur dann gerechtfertigt sein, wenn besondere Umstände vorliegen, die im jeweiligen Asylverfahrensstadium ein Untertauchen des betreffenden Fremden befürchten lassen (vgl. VwGH 05.07.2011, Zl. 2008/21/0080 mwN). Dabei bedarf es in dem frühen Verfahrensstadium (etwa vor Einleitung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme) besonderer Umstände, die ein Untertauchen des betreffenden Fremden schon zu diesem Zeitpunkt konkret befürchten lassen. In einem späteren Stadium des Asylverfahrens, insbesondere nach Vorliegen einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung oder Anordnung zur Außerlandesbringung, können dann unter Umständen auch weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung für die Annahme eines Sicherungsbedarfs genügen (vgl. VwGH 23.09.2010, Zl. 2007/21/0432 mwN).

3.3.3. Zunächst festzuhalten, dass sich die Begründung der vorliegenden Beschwerde des BF weitestgehend auf allgemein gehaltene rechtliche Ausführungen und auf mögliche Auslegungen betroffener Rechtsvorschriften beschränkt und nur vereinzelt auf die konkrete Situation des BF eingeht oder auf diese Bezug nimmt. Der BF verfügt in Österreich über keinerlei private, familiäre, soziale oder berufliche Anknüpfungspunkte und über keine stete (gesicherte) Unterkunft. Der BF ist mittellos und nicht erwerbstätig. Weder in der Beschwerde noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde seitens des gewillkürten Vertreters neben der behaupteten Ausreisewilligkeit keine Gründe vorbracht, die für private, familiäre, soziale oder berufliche Anknüpfungspunkte sprächen.

Im Zuge des Ermittlungsverfahrens des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, hat sich ergeben, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, insbesondere auf Grund des Umstandes, dass eine gültige Zustimmung Italiens zur Übernahme im Dublin-Verfahren vorliegt, ein Flugtermin für den 25.08.2014, 09:10 Uhr gebucht und dies den italienischen Dublin-Behörden avisiert wurde. Aufgrund der wiederholten Ausreise des BF aus Italien und des Untertauchens nach Antragstellung auf internationalem Schutz im Bundesgebiet bis zu seiner Straffälligkeit und Verbüßung einer Haftstrafe, ist nicht davon auszugehen, dass sich der BF freiwillig nach Italien zur Durchführung des Asylverfahrens begeben werde, weshalb sich unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, auch wegen fehlender sozialer oder familiärer Bindungen in Österreich, die Gefahr des Untertauchens als erheblich erweist.

Unter Berücksichtigung der oben dargelegten persönlichen Umstände und des bisherigen Verhaltens des BF erweist sich die Anordnung eines gelinderen Mittels gemäß § 77 FPG zur Sicherung der Anordnung der Außerlandesbringung als nicht geeignet, um den erforderlichen Sicherungszweck (zeitnahe Durchführbarkeit der Überstellung in den zuständigen Dublin-Staat) zu erreichen. Weder verfügt der BF über ausreichende finanzielle Mittel für die Hinterlegung einer angemessenen Sicherheit, noch war - wie oben dargelegt - davon auszugehen, dass er sich in irgendeiner Weise den Behörden für die beabsichtigte Abschiebung aus freien Stücken zur Verfügung halten würde.

Eine auf den vorliegenden Einzelfall bezogene Gesamtabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Außerlandesbringung und der Abschiebung einerseits und der Schonung der persönlichen Freiheit des BF andererseits ergibt somit, dass das erwähnte öffentliche Interesse überwiegt, weil ohne Anordnung der Schubhaft die Durchführung des Verfahrens und der Überstellung vereitelt werden würde . Weiters erscheint auch in Hinblick auf die Delinquenz des BF eine Sicherung der Außerlandesschaffung aus dem Blickwinkel der öffentlichen Ordnung als dringlich geboten.

Dass besondere, in der Person des BF gelegene Umstände vorliegen, die der Schubhaft entgegenstehen würden, ist weder den vorgelegten Akten noch dem Vorbringen in der Beschwerde zu entnehmen.

Die (fortgesetzte) Anhaltung in Schubhaft erweist sich daher als erforderlich und verhältnismäßig.

3.3.4. Es war daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm. Art. 28 Dublin III-VO festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

3.4. Zu Spruchpunkt III. (Zurückweisung der Anträge auf Kostenersatz):

§ 35 Abs. 1 VwGVG lautet:

Die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbar verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

Ein Anspruch des BF auf Ersatz seiner Kosten (Aufwendungen) in dem in der Beschwerde beantragten Umfang bestand daher gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG in der geltenden Fassung jedenfalls nicht, da die vorliegende Beschwerde als unbegründet abgewiesen wird und der BF daher unterlegene Partei ist.

Für den vom BFA geltend gemachten Kostenersatz für seinen Vorlage- und Schriftsatzaufwand besteht jedoch nach der aktuellen Gesetzeslage ebenfalls keine Grundlage:

Ausdrücklich normiert § 35 VwGVG einen Kostenersatz im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) für die obsiegende Partei.

Gegenständlich handelt es sich jedoch nicht nur um ein Verfahren betreffend die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, sondern der BF rügt in seiner Beschwerde auch insbesondere seine Inschubhaftnahme. Diese erfolgte aber nicht in Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, sondern aufgrund des Mandatsbescheides der Verwaltungsbehörde vom 06.08.2014.

Zumal auch die Materialien zu § 35 VwGVG lediglich darauf hinweisen, dass diese Bestimmung jener des § 79a AVG entspricht, welche ihrerseits einen Kostenersatz durch die unterlegene Partei nur im Beschwerdeverfahren wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vorsah, lässt sich aus dieser Bestimmung für einen Kostenersatz im Schubhaftverfahren nichts gewinnen.

Auch mit den Materialien zu § 22 a BFA-VG, welche auf § 82 und § 83 FPG alte Fassung hinweisen - "Der vorgeschlagene Abs. 1 entspricht dabei dem geltenden § 82 Abs. 1 FPG. Abs. 2 entspricht inhaltlich dem geltenden § 83 Abs. 2 Z 2 FPG und Abs. 3 entspricht dem

geltenden § 83 Abs. 4 FPG .... Der Abs. 4 entspricht inhaltlich dem

geltenden § 80 Abs. 7 FPG" - lässt sich der geltend gemachte Aufwandersatz der Verwaltungsbehörde nicht begründen, da die in § 83 Abs. 2 2. Satz vorgenommene Verweisung "Im Übrigen gelten die §§ 67c bis 67g sowie 79a AVG", aus welcher sich der Kostenaufwandersatzanspruch der Verwaltungsbehörde im Schubhaftbeschwerdeverfahren vor den Unabhängigen Verwaltungssenaten ableitete, keinerlei Erwähnung findet.

In diesem Sinne war daher das Begehren der Verwaltungsbehörde auf Ersatz ihrer Aufwendungen mangels gesetzlicher Grundlage zurückzuweisen.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der geltenden Fassung, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im gegenständlichen Fall sind beim erkennenden Gericht hinsichtlich der Festnahme, Anordnung und Durchführung der Schubhaft keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufgekommen. Wie der oben dargelegten rechtlichen Beurteilung zu entnehmen ist, weicht die gegenständliche Entscheidung weder von der bisherigen und auch auf die nunmehr geltende Rechtslage übertragbaren Rechtsprechung des VwGH (bzw. des VfGH) ab, noch fehlt es zu einem Aspekt des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes an einer relevanten Rechtsprechung. Auch ist die im gegenständlichen Fall maßgebende Rechtsprechung des VwGH nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Im Übrigen liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der gegenständlich zu lösenden Rechtsfragen vor.

Allerdings erweist sich eine ordentliche Revision gegen die gegenständliche Entscheidung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG dennoch als zulässig, da hinsichtlich grundsätzlicher Fragen der Einordnung der mit 01.01.2014 neu in Kraft gesetzten organisatorischen und verfahrensrechtlichen Bestimmungen in die österreichische Rechtsordnung im Zusammenhang mit der Schubhaft - und somit Fragen von grundsätzlicher Bedeutung -, etwa der Frage, welche (besondere) Rechtsnatur der Schubhaftbeschwerde nach § 22a BFA-VG zukommt, wo die Schubhaftbeschwerde rechtswirksam einzubringen ist (beim BVwG oder beim BFA) bzw. wann der Lauf der einwöchigen Entscheidungsfrist gemäß § 22a Abs. 2 BFA-VG zu laufen beginnt (mit Einlangen beim BVwG oder beim BFA), noch keine Rechtsprechung des VwGH vorliegt.

Auch in Bezug auf die Frage des von Seiten der Verwaltungsbehörde geltend gemachten Aufwandersatzes war die Revision zuzulassen, da der Frage des Kosten/Aufwandersatzanspruches in Schubhaftbeschwerdeverfahren grundsätzliche Bedeutung zukommt; insbesondere ist nicht auszuschließen, dass dem Gesetzgeber bei der Schaffung des § 35 VwGVG ein redaktionelles Versehen unterlaufen ist. Es ist nicht nachvollziehbar, warum im Falle einer Maßnahmenbeschwerde ein Aufwandersatz bestehen soll, im Falle einer Schubhaftbeschwerde jedoch nicht. Im Übrigen fehlt es auch diesbezüglich - ganz abgesehen vom Prüfungsbeschluss des VfGH bezüglich der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung des § 22a BFA-VG - an einer bisherigen Rechtsprechung des VwGH.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

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