BVwG W136 1412687-1

BVwGW136 1412687-126.3.2014

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:W136.1412687.1.00

 

Spruch:

W136 1412687-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Brigitte HABERMAYER BINDER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, StA. Afghanistan, gegen den Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesasylamtes vom 24.03.2010, Zl. 09 15.518-BAT, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 leg. cit. wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer - ein afghanischer Staatsangehöriger, der der Volksgruppe der Hazara angehört - stellte am 14.12.2009 einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Zuge der am folgenden Tag von einem Organ des Landespolizeikommandos für Wien, Abteilung für fremdenpolizeiliche Maßnahmen und Anhaltevollzug, durchgeführten Erstbefragung gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen an, er habe Afghanistan verlassen, weil er keinen Vater mehr habe und seine Mutter sich um seine kleineren Geschwister kümmern müsse. Man könne sagen, dass er seine Heimat aus wirtschaftlichen Gründen verlassen hat. Bei einer Rückkehr in seine Heimat habe er niemanden, der sich um ihn kümmert. Außerdem sei es dort unsicher. Er könne nicht mehr zurückkehren. Zur Frage nach konkreten Hinweisen auf eine unmenschliche Behandlung oder Strafe erklärte er, dass er selbst keine Sanktionen zu befürchten habe, weder von staatlicher Seite noch von den Taliban. Seit seine Familie nach XXXX übersiedelt sei, hätten sie mit den Taliban keine Probleme mehr gehabt.

2. Am 21.12.2009 wurde der Beschwerdeführer von einem Organ des Bundesasylamtes in Anwesenheit eines Rechtsberaters als gesetzlichen Vertreter und eines Dolmetschers für die Sprache Dari einvernommen. Dabei gab er neben Auskünften zu seiner Person und zu seinem Reiseweg zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen an, dass sein Vater gegen die Taliban gekämpft habe. Als diese stärker geworden seien, hätten sie nach XXXX übersiedeln müssen, um sicher leben zu können. Sein Vater sei dann im Jahr 2008 an einem Herzinfarkt gestorben. Danach seien sie vom Onkel, der auch in ihrem Haus gewohnt habe, erhalten worden. Der Onkel habe für die staatliche Polizei ("Ordu Melli") gearbeitet. Die Taliban würden gegen die staatlichen Einheiten kämpfen und hätten ein paar Mal erfolglos versucht, seinen Onkel umzubringen. Im neunten Monat des Jahres 2009 hätten dann bewaffnete Taliban in der Nacht ihr Haus gestürmt und den Onkel entführt. Er selbst sei nicht Zuhause gewesen.

Danach hätten die Taliban noch einige Male ihr Haus nach weiteren Personen durchsucht, welche sie mitnehmen können. Nach einer Woche hätten die Taliban die Leiche seines Onkels um Mitternacht zu ihnen nach Hause gebracht. Anschließend seien diese wieder zu ihnen gekommen, um nachzuschauen, wer zu Hause sei. Sie hätten jedes Mal gefragt, ob sich andere Männer in ihrem Haus befinden würden. Deswegen habe er Angst bekommen, dass sie ihn auch mitnehmen. Seine Mutter habe gesagt, dass er nicht mehr nach Hause kommen soll, da er sonst von den Taliban rekrutiert werde und für sie kämpfen müsse. Deshalb sei er bei Freunden in der Nähe von XXXX jeweils für ein bis zwei Nächte in verschiedenen Häusern geblieben. Seine Mutter habe zwecks Finanzierung seiner Ausreise ihr Haus in XXXX verkauft und lebe nunmehr mit seiner Schwester in einer Mietwohnung. Er sei fünf oder sechs Jahre alt gewesen, als sie nach XXXX gezogen seien. Sein näher genannter Onkel sei gemeinsam mit ihnen eingezogen. Die Taliban seien vor der Entführung seines Onkels dreimal bei ihnen zu Hause gewesen und hätten danach noch rund ein Monat durchschnittlich dreimal pro Woche bei ihnen Nachschau gehalten. Befragt, bestätigte er, dass er alle Fluchtgründe angegeben habe. Ergänzend teilte er mit, dass er niemanden gehabt habe, der auf ihn aufpassen hätte können, da sein Vater gestorben und der Onkel umgebracht worden sei.

Seitens des gesetzlichen Vertreters wurden weder Fragen angeregt noch wurde eine Stellungnahme abgegeben. Da die Minderjährigkeit des Beschwerdeführers nicht angezweifelt wurde, wurde das gegenständliche Verfahren zugelassen.

3. Am 04.03.2010 wurde der Beschwerdeführer nach der Zulassung des Verfahrens neuerlich von einem Organ des Bundesasylamtes im Beisein seines gesetzlichen Vertreters und eines Dolmetschers für die Sprache Dari einvernommen. Dabei gab er neben Auskünften zu seiner Person, zu seiner Familie sowie seinen Lebensumständen in der Heimat und zu seiner Ausreise im Wesentlichen an, dass er die Nacht vom 27. auf den 28.06.1388 im Haus seiner Familie verbracht habe. Während sein Onkel entführt worden sei, sei er gerade im Nachbarhaus lernen gewesen. Als er danach nach Hause gekommen sei, habe er davon gehört und dort übernachtet. Erst am 28.06.1388 habe er vormittags das Haus verlassen und sei am Abend mit einem Freund nach Eslam Ghala gefahren. Er sei danach weder nochmals in XXXX noch bei sich zu Hause gewesen. Anschließend machte er Angaben zu seinen Aufenthaltsorten vor seiner Ausreise aus Afghanistan. Dabei wurden ihm Unstimmigkeiten vorgehalten, welchen er zu entgegnen versuchte.

Sein Onkel sei spät abends entführt worden. Er sei nicht zu Hause gewesen. Er habe Afghanistan aus Angst um sein Leben verlassen. Nach der Entführung seines Onkels sei seine Mutter nämlich gefragt worden, ob noch ein männliches Familienmitglied hier leben würde. Seine Mutter habe dies verneint und er sei geflüchtet, um nicht irgendwann von diesen Leuten auch verschleppt zu werden. Er sei schon am nächsten Tag weggegangen. Sein Onkel sei von Angehörigen einer Taleban Gruppierung entführt worden, weil er als Soldat bei der Armee gearbeitet habe und im Krieg gegen die Taleban eingesetzt gewesen sei. Diese hätten ihn gekannt. Auf die Frage, weshalb er ebenso wie sein Onkel verschleppt werden sollte, berichtete er, wenn jemand bei der Armee gedient habe, sei auch dessen gesamte Familie gefährdet. Er habe gehört, dass es solche Fälle gegeben hat. Leute in seinem Alter seien verschleppt und entweder getötet oder nach einer Gehirnwäsche als Selbstmordattentäter eingesetzt worden.

Zu seinem verschleppten Onkel gab er an, dass dessen Leichnam eine Woche später im Dorf XXXX von Menschen aufgefunden worden sei. Die Hände und Füße seien abgetrennt gewesen. Der Leichnam sei zu ihnen ins Haus gebracht und danach begraben worden. Er habe die Nachrichten vom Tod und dem Begräbnis seines Onkels von XXXX bekommen. Dieser habe ihm nur mitgeteilt, dass der Leichnam seines Onkels zu ihnen nach Hause gebracht worden sei. Als er dann von Österreich aus seinen Nachbarn angerufen habe, habe ihm dieser davon berichtet, dass der Leichnam seines Onkels in XXXX von Leuten erkannt und nach Hause gebracht worden sei. Von wem, wisse er nicht. Auf Vorhalt, weshalb er dann davon berichtet habe, dass die Taleban nach einer Woche die Leiche gegen Mitternacht nach Hause gebracht hätten, erwiderte er, er habe das eben erwähnte damals noch nicht gewusst und lediglich vermutet, dass es die Taleban gewesen seien. Auf Hinweis, wonach es nicht erkennbar gewesen sei, dass es nur eine Vermutung war, gab er bestätigend an, "Sie haben Recht".

Auf Vorhalt, weshalb er seine nunmehr angeführten Gründe bei seiner Erstbefragung nicht einmal ansatzweise erwähnt, sondern vielmehr wirtschaftliche Gründe angegeben habe, bestätigte er, es würde stimmen, dass er das auch gesagt habe. Dieses Problem habe er auch gehabt. Er sei bei der Polizei aber ausführlich über die Reiseroute und nicht genau über den Fluchtgrund gefragt worden. Der Beamte habe ihn ersucht, seine Fluchtgründe zusammengefasst vorzubringen, was er getan habe. Auf Hinweis, wonach selbst dann auszuschließen sei, dass er den Hauptfluchtgrund nicht zusammenfassend ausführt, erwiderte er, das Hauptaugenmerk sei dort (während der Erstbefragung) auf der Reiseroute gelegen. Auf die Frage, was er bei einer Rückkehr nach Afghanistan befürchten würde, erklärte er, er könne nach XXXX auf keinen Fall zurück, weil die Taleban in nachrichtendienstlichen Angelegenheiten sehr stark seien. Diese würden sofort wissen, dass er zurück sei.

4. In einem nervenärztlichen Befund eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie vom 26.02.2010 wird berichtet, dass der Beschwerdeführer seit drei Wochen über Schlafstörungen und Albträume klagen würde. Psychopathologisch würden - soweit aufgrund der mangelnden sprachlichen Verständigungsmöglichkeit beurteilbar sei - keine psychotischen Symptome und keine Hinweise auf eine kognitive Funktionsstörung bestehen. Die Stimmung würde keinen deutlich depressiven Eindruck machen und der Antrieb sei auch nicht merklich herabgesetzt. Nach einer organneurologischen Abklärung des Zustandes des Beschwerdeführers, bei welcher einige Erkrankungen (Meningismus, Nyst., Atrophien, Pyramidenbahnzeichen) ausgeschlossen wurden und Untersuchungen ohne Befund waren, wurden zusammenfassend eine Agrypnie im Rahmen einer psychischen Belastungssituation diagnostiziert und ein Medikament (abends Trittioc ret.) verschrieben.

5. Mit dem beschwerdegegenständlichen Bescheid des Bundesasylamtes wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Weiters wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 24.03.2011 zuerkannt (Spruchpunkt III.).

Der angefochtene Bescheid führt als Beweismittel die Protokolle der Befragung und der Einvernahmen, einen nervenärztlichen Befundbericht vom 26.02.2010 sowie die Zusammenstellung der Staatendokumentation an. Die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten begründete das Bundesasylamt damit, dass der Beschwerdeführer keinen Sachverhalt vorgebracht und glaubhaft gemacht habe, welchem die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft schlüssig entnommen werden könnten. Die Behörde gehe vielmehr davon aus, dass es sich bei seinem Vorbringen um ein bloßes Konstrukt handle und er nicht die wahren Beweggründe für seine Asylantragstellung dargelegt habe. Die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten begründete das Bundesasylamt mit der allgemeinen humanitären Lage in Afghanistan in Verbindung mit seiner Minderjährigkeit.

Der gegenständliche Bescheid wurde dem gesetzlichen Vertreter des Beschwerdeführers nachweislich am 30.03.2010 zugestellt.

6. Am 12.04.2010 brachte der Beschwerdeführer durch seinen gesetzlichen Vertreter binnen offener Frist gegen den Spruchpunkt I. des gegenständlichen Bescheides eine Beschwerde ein. Darin wurden im Wesentlichen die Rechtswidrigkeit des Bescheides infolge einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung, einer unzweckmäßigen Ermessensübung, einer unrichtigen Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung sowie Verfahrensmängel geltend gemacht.

Die belangte Behörde habe unrichtigerweise festgestellt, dass er keine Beweismittel vorgelegt habe, und die zwei von ihm vorgelegten originalen Schriftstücke überhaupt nicht gewürdigt. Es würde sich dabei um eine behördliche Bestätigung seiner Verfolgung durch die Taliban und um den Totenschein seines Onkels handeln, in welchem die Taliban als Grund dafür angegeben wurden. Diese Schriftstücke würden auch vor Augen führen, dass der afghanische Staat nicht in der Lage sei, die Bewohner vor der Bedrohung durch die Taliban zu schützen. Er habe zuletzt in XXXX gelebt, wohin seine Familie aufgrund des Wiedererstarkens der Taliban umziehen habe müssen (innerstaatliche Fluchtalternative).

Neben einer teilweisen Wiederholung seines bisherigen Fluchtvorbringens gab er dazu ergänzend an, dass sein Onkel wegen seiner Armeeangehörigkeit als Feind der Taliban gegolten habe und seine Familie deshalb, insbesondere männliche Verwandte, ebenfalls von der Gefahr einer Verfolgung durch die Taliban betroffen sei. Die belangte Behörde habe diese Gründe als nicht glaubwürdig erachtet, obwohl er trotz seines jugendlichen Alters genaue und detaillierte Angaben gemacht habe. Die Behörde habe seine Glaubwürdigkeit jedoch unter dem Gesichtspunkt eines Erwachsenen beurteilt und dabei außer Acht gelassen, dass das Vorbringen eines Minderjährigen nicht mit der gleichen Dichte gemessen werden könne.

Das Bundesasylamt gründe seine Beweiswürdigung hauptsächlich auf seine ohne gesetzlichen Vertreter stattgefundene Erstbefragung, ohne die detailreiche Schilderung seines Fluchtvorbringens in den nachfolgenden Einvernahmen hinreichend zu würdigen. Diese Befragung habe sich gemäß § 19 Abs. 1 AsylG 2005 jedoch nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen, sondern würde lediglich der Feststellung der Identität und der Reiseroute dienen. Andernfalls würde sich jede weitere Einvernahme vor dem Bundesasylamt erübrigen und ein Asylwerber hätte keine Gelegenheit mehr, sein Vorbringen zu präzisieren.

Zudem würde sich das Bundesasylamt überproportional auf seine Verstecke stützen und seine diesbezüglichen Aussagen als widersprüchlich werten, obwohl bei objektiver Betrachtung keine Widersprüchlichkeiten auftreten würden. Er habe das Verlassen von XXXX als Flucht und das Aufsuchen eines Versteckes (Aufenthalt in verschiedenen Häusern in XXXX bei seinem Freund XXXX sowie dessen Freunden) als Teil der Flucht gewertet. Er sei nicht in der Lage gewesen, genau zwischen den Fluchtgründen und den Fluchtwegen zu differenzieren. Wenn er die Freunde von XXXX auch selbst als Freunde bezeichnet habe, sei dies kein Widerspruch, wenn es sich um dessen Freunde handeln würde. Außerdem sollte der Umstand, dass er bei seinem Fluchtweg den Ort XXXX nicht genannt habe, nicht allzu schwerwiegend gewertet werden und habe er sein Vorbringen dahingehend ohnehin bei seiner Einvernahme präzisiert. Ebenso sollte ihm die Tatsache, dass er vorerst nicht explizit angegeben habe, dass es sich bei seinem Vorbringen, wonach Taliban die Leiche seines Onkels gebracht haben, lediglich um eine Vermutung gehandelt habe, nicht allzu schwer zur Last gelegt werden.

Das Bundesasylamt habe sein Vorbringen insgesamt in nicht nachvollziehbarer Weise gewürdigt und unterliege insgesamt einem Irrtum in der Beweiswürdigung. Bei richtiger Würdigung seines Fluchtvorbringens wäre die Behörde nämlich zu dem Ergebnis gelangt, dass dieses sehr wohl glaubwürdig und asylrelevant sei. Seine detaillierten Angaben würden verkannt und nicht entsprechend gewürdigt werden. Die Behörde würde sich hauptsächlich auf Nebenumstände und weniger ausschlaggebende Details stützen, welche einem Minderjährigen nicht vorzuwerfen seien.

Er wäre in Afghanistan unabhängig von der Bedrohung durch die Taliban mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einer ernsthaften Bedrohung der Lebensgrundlage ausgesetzt (VwGH 19.06.1997, 95/20/0482, 24.11.1999, 98/01/0652), da seine Mutter ihr Haus zur Finanzierung seiner Flucht verkauft habe und der bisher für ihren Lebensunterhalt aufkommende Onkel von den Taliban getötet worden sei. Als Minderjähriger in Afghanistan ohne ausreichende Lebensgrundlage würde sich das Risiko der Verfolgungsgefahr eklatant erhöhen. Er wäre einer umso höheren, qualifizierteren somit asylrelevanten Gefahr ausgesetzt und damit besonders verletzlich und gefährdet. Entgegen der Ansicht der Behörde wäre er in Afghanistan Verfolgungshandlungen im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention ausgesetzt (gewesen). Die Bedrohungsgefahr würde sich individuell gegen ihn richten, da ihn die unten näher erörterten Gefahren, denen Kinder ausgesetzt seien, direkt betreffen würden und der Staat nicht in der Lage und willens sei, geeignete Maßnahmen zum Schutz Minderjähriger zu treffen, wodurch er aufgrund der höchst gefährlichen Lage praktisch ständig mit Leib und Leben bedroht wäre. Entführungen, Zwangsrekrutierungen und Ermordungen würden auf der Tagesordnung stehen, sodass seine Flucht, die auch anhand der unten zitierten allgemeinen Medien- und Länderberichte untermauert werde, vereinbar und nachvollziehbar sei.

Für eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung sei es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt wurden; sie sei vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.02.1997, Zl. 95/01/0454, VwGH 09.04.1997, Zl. 95/01/055). Da sein Onkel als Armeeangehöriger und damit Feind von den Taliban ermordet worden sei und diese auch nach ihm suchen würden, sei davon auszugehen, dass er von diesen aufgespürt und ebenfalls getötet werde. Männlichen Familienmitgliedern werde stets die Gesinnung ihrer Familienoberhäupter unterstellt. Nach dem Tod seines Vaters habe sein Onkel diese Rolle übernommen. Das Bundesasylamt habe in der Beweiswürdigung die ihm tatsächlich drohende asylrelevante Verfolgungsgefahr nicht ausreichend berücksichtigt und sei hinsichtlich der Glaubwürdigkeit und Beweiswürdigung zudem auch nicht entsprechend auf sein Alter eingegangen. Laut der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes müssten die Umstände der Minderjährigkeit, einer geringen Schulbildung, des frühen Verlassens der Heimat, der Trennung von der Familie berücksichtigt werden und dürfte die Dichte des Vorbringens nicht mit normalen Umständen gemessen werden. Nach der ständigen Judikatur müsse seitens der Behörden ausreichend Bedacht auf das Alter genommen werden. Auch müsse bei der Einschätzung der Schwere zugefügter Verletzungen die Verletzlichkeit von Kindern berücksichtigt werden. Eine Handlung, welche aufgrund ihrer Schwere für einen Erwachsenen nicht notwendigerweise eine Verfolgung darstellen würde, könne für ein Kind dennoch eine solche sein.

Weiters wurde auf die zusammenfassende Übersetzung der UNHCR Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 10.11.2009 verwiesen. Dabei wurden Ausführungen zur Gefährdung von Kindern in Afghanistan, zur Verschlechterung der Sicherheitssituation durch die Rückkehr der Taliban und zu deren Verfolgung von Angehörigen der Volksgruppe der Hazara gemacht. Da die Taliban ihren Einflussbereich massiv erweitert hätten, habe sich die individuelle Gefahr für den Beschwerdeführer mannigfach und um ein Vielfaches vergrößert. Ferner wurden beispielhaft mehrere Zeitungsberichte über Gewalttätigkeiten und Anschläge von Talibans bzw. Kämpfe mit diesen in Afghanistan angeführt, welche zeigen würden, dass die Taliban de facto die Macht ausüben würden. Dadurch sei er individuell bedroht.

Aufgrund der zunehmenden Machtausdehnung der (sunnitischen) Taliban würden auch die schiitischen Hazara in Bedrängnis geraten, welche für diese nicht als wahre Moslems gelten würden. Dadurch würde der Beschwerdeführer zusätzlich auch aus religiösen Gründen asylrelevant verfolgt werden. Obwohl die Hazara bei den Wahlen im September 2005 12 Prozent aller Parlamentssitze erhalten hätten, würden sie nach wie vor Opfer von gesellschaftlicher Diskriminierung werden. Die Feststellungen des Bundesasylamts dazu wären bereits wieder überholt. Aus den Medienberichten ergebe sich, dass die Taliban das gesamte Staatsgebiet wieder erobern würden. Die ihm in Afghanistan drohende Bedrohungssituation gehe über das Maß des Art. 3 EMRK hinaus, zumal ihm nicht nur die Lebensgrundlage entzogen, sondern er auch in asylrelevanter Weise mit Leib und Leben bedroht wäre, wovor ihn der Staat letztlich nicht schützen könnte.

Darüber hinaus würde er sich aufgrund der ihm widerfahrenen schrecklichen Erlebnisse und der schwerwiegenden psychischen Belastungen in seiner Heimat in einer regelmäßigen psychiatrischen Behandlung befinden und Medikamente nehmen. Zusammenfassend würde er sich daher aus wohlbegründeter Furcht vor der Gefahr einer Entführung oder Ermordung durch die Taliban, ethnischer Diskriminierung als Hazara in Verbindung mit einer ernsthaften Bedrohung seiner Lebensgrundlage außerhalb Afghanistans befinden und im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt sein, in dieses Land zurückzukehren. Aus diesem Grund stelle er den Antrag, allenfalls unter Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, ihm in Österreich gemäß § 3 AsylG 2005 den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen.

7. Mit Schreiben vom 14.04.2010 wurde die Beschwerde samt den gegenständlichen Verwaltungsakten dem Asylgerichtshof vorgelegt.

8. Am 05.05.2010 wurde die deutsche Übersetzung der im Verfahren vom Beschwerdeführer in persischer Sprache vorgelegten Unterlagen nachgereicht. Wie sich daraus ergibt, bestätigt darin ein näher genannter Anwalt aus der Provinz XXXX, dass eine Person mit dem Namen seines Vaters am 17. Hamal 1387 (=05.04.2008) in der Stadt XXXX, im Stadtteil XXXX an einem Herzinfarkt gestorben sei. Ferner wird bestätigt, dass das Begräbnis einer Person mit dem Namen seines Onkels am 03. Mizan 1388 (=25.09.2009) im Stadtteil XXXX in der XXXX Moschee im Beisein der Dorfältesten und der religiösen Geistlichen stattgefunden habe. Dieser habe die Stufe eines Märtyrers erreicht.

9. Dem Beschwerdeführer wurde mit Verfahrensanordnung des Asylgerichtshofes vom 14.02.2012 gemäß § 75 Abs. 16 iVm. § 66 AsylG 2005 idF FrÄG 2011 antragsgemäß ein Rechtsberater beigegeben.

10. Mit Schreiben vom 06.06.2011 wurden von der Rechtsberaterin des Beschwerdeführers sein Taufzeugnis und ein Schreiben der XXXX Gemeinde übermittelt.

In dem Schreiben der XXXX Gemeinde vom 23.05.2011 bestätigt deren Leiter, dass der Beschwerdeführer seit Anfang Februar 2011 regelmäßig die verschiedenen wöchentlichen Veranstaltungen der genannten Gemeinschaft in Wien besuchen würde. Er habe sein Interesse für das Christentum gezeigt und aufmerksam bei den Andachten in den Veranstaltungen zugehört. In weiterer Folge habe der Beschwerdeführer persönlich Jesus Christus als seinen Herrn und Retter angenommen. Nachdem der Leiter der genannten Gemeinde mit dem Beschwerdeführer manchmal gesprochen und versucht habe, dessen Fragen über das Christentum zu beantworten, habe er den Wunsch geäußert, getauft zu werden. Seit mehr als zwei Monaten würde der Beschwerdeführer jeden Sonntag einen Glaubenskurs in der genannten Gemeinde besuchen und am Taufunterricht teilnehmen. Am 21.05.2011 sei er schließlich in der XXXXGemeinde getauft worden. Seine Bibelkenntnisse sollten natürlich noch vertieft werden, um den christlichen Glauben besser verstehen und danach leben zu können. Der Beschwerdeführer würde sich aktiv im Gemeindeleben beteiligen und gerne über seinen Glauben an Jesus Christus sprechen. Er bekenne sich öffentlich und mutig zum Christentum, obwohl er erst neulich Christ geworden sei. Nach der Meinung des Leiters habe er einen festen Glauben an Jesus Christus als seinen Retter und zeige sich sehr interessiert, als Christ zu leben.

11. Mit einem Schreiben vom 08.08.2012 wurde die neue Adresse des Beschwerdeführers bekannt gegeben und sein Jahreszeugnis der Berufsschule für Informationstechnik vorgelegt. Weiters wurde mitgeteilt, dass er seit dem 05.09.2011 eine Lehre als IT Techniker absolvieren und nach wie vor aktiv seinen christlichen Glauben ausüben würde.

12. Mit einer Mitteilung vom 20.12.2012 übermittelte die Rechtsberaterin des Beschwerdeführers eine Vertretungsvollmacht, seinen Lehrvertrag und ein Schreiben seiner österreichischen Lebenspartnerin.

Diese führt darin aus, dass sie ihre Erfahrungen und ihre Beziehung zum Beschwerdeführer beschreiben wolle. Sie sei eine achtzehnjährige Österreicherin mit türkischen Wurzeln und besuche aktuell den Lehrgang "Office Management". Sie habe den Beschwerdeführer vor ungefähr einem Jahr und fünf Monaten zufällig kennen gelernt und ihre Bekanntschaft habe sich durch regelmäßige Treffen, bei welchen sie über sich sowie über ihre unterschiedlichen Glaubensrichtungen und Kulturen gesprochen hätten, verengt. Es habe sie fasziniert, dass er ein gläubiger Christ und so sehr von seiner Religion überzeugt gewesen sei. Sie habe sehr viel Verständnis für seine Religion und seinen Glauben. Seit rund einem Jahr und drei Monaten seien sie in einer Beziehung. Es sei ihnen von Anfang an sehr wichtig gewesen, ihre Familie kennen zu lernen. Er habe vermutlich Angst gehabt, aufgrund seiner Herkunft auf Ablehnung zu stoßen. Als sie zu Hause von ihrer Beziehung erzählt habe, sei ihre Familie sehr gespannt gewesen und habe den Beschwerdeführer unbedingt kennen lernen wollen. Trotz anfänglicher Nervosität hätten die Begegnung und der Austausch einige Wochen später prima funktioniert. Seine Herkunft, seine Religion und sein derzeitiger Status im Bundesgebiet seien für ihre Familie kein Thema gewesen. Im Gegenteil seien sie von seiner Geschichte und seinem Ehrgeiz tief beeindruckt gewesen. Seine guten Deutschkenntnisse, sein damaliges Praktikum, sein Streben und seine Bemühungen für ein kleines zufriedenes Leben in Österreich seien für ihre Familie außergewöhnlich und erstaunenswert gewesen. Ihr Vater würde sein bodenständiges und reifes Verhalten besonders mögen. Seit ihrer Beziehung würden sie sich fast täglich sehen und vieles unternehmen. Er sei öfters bei ihr und ihre Familie freue sich, ihn zu sehen. Er sei ihnen gegenüber sehr nett und höflich und unterstütze ihre kleine Schwester bei den Hausaufgaben. Sie sei sehr glücklich, dass sich ihre Familie mit ihrer großen Liebe sehr gut verstehen würde. Seine Deutschkenntnisse hätten sich während ihrer Bekanntschaft verbessert und er ersuche sie immer wieder, ihn auszubessern. Seine Deutschkenntnisse seien ihm überaus wichtig, da er jetzt im zweiten Lehrjahr seines Traumberufs (IT-Technik) sei. Er sei mit seiner Lehrstelle sehr zufrieden und stets bemüht, alles richtig und in Ordnung zu machen. Beim Kennenlernen seiner Freunde würde der Beschwerdeführer stets darauf achten, dass in ihrer Gegenwart Deutsch gesprochen werde. Er spreche auch selber öfter Deutsch mit seinen Freunden und sei an der österreichischen Kultur interessiert. Es sei ihnen bewusst, dass sie aus unterschiedlichen Welten kommen würden, sie würden über die Unterschiede sprechen und seien bereit, auf den anderen einzugehen. Ihre Beziehung sei für sie etwas Ernstes und Dauerhaftes und sie hätten schon oft über ihre Zukunftspläne und ein gemeinsames Leben gesprochen. Sie könne sich sehr gut vorstellen, mit ihm bald eine Familie zu gründen. Ihrer Ansicht nach hätten sie beide durch ihre Beziehung sehr viel gelernt. Während der Beschwerdeführer ihr neben seiner Kultur auch sehr viel durch seine Reife und Lebenserfahrung beigebracht habe, habe er über sie einen besonderen Zugang zur österreichischen Kultur und Gesellschaft. Sie würde ihn mit allen Mitteln und in allen Bereichen unterstützen und sei bereit, ihn mit den ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu helfen, in Österreich Fuß zu fassen. Ihrer Meinung nach sei ihre Beziehung ein gutes Beispiel dafür, wie Integration funktionieren kann. Im Falle des Beschwerdeführers würde diese sehr gut gelingen.

13. Am 20.03.2014 wurde mit dem Beschwerdeführer vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung abgehalten. Dabei legte er je eine Schulnachricht der Berufsschule für Informationstechnik 1. Schulhalbjahr 2012/13 und 2013/2014 sowie ein Externistenprüfungszeugnis über die 4. Klasse der Hauptschule vom 20.06.2011 vor und brachte im Wesentlichen Folgendes vor:

Der Beschwerdeführer gab an, dass er zu seiner Mutter nach wie vor telefonischen Kontakt habe und seine Familie noch immer in XXXX lebe. Zu seinen Fluchtgründen machte er im Wesentlichen dieselben Angaben wie vor der belangten Behörde. Er sei als Neffe seines Onkels von den Taliban verfolgt worden und nehme an, dass diese davon ausgegangen seien, dass er wahrscheinlich auch eines Tages der Nationalarmee beitreten und die gleiche politische Überzeugung wie sein Onkel haben würde. Zu dem von ihm bereits vor dem Bundesasylamt vorgelegten Bestätigungsschreiben über die Entführung und den Tod seines Onkels, das jedoch im bekämpften Bescheid nicht gewürdigt wurde, wird nach einer näheren Erörterung im Einvernehmen mit dem Beschwerdeführer festgestellt, dass aus diesem weder für noch gegen seinen Standpunkt etwas zu gewinnen sei, da der Inhalt der Urkunde in sich widersprüchlich ist.

Zur Schilderung aufgefordert, wie er zum christlichen Glauben gekommen sei, berichtete der Beschwerdeführer, er sei nach seiner Ankunft in XXXX in der Nähe des Bahnhofes von einem Paar angesprochen worden, welches ihm Winterbekleidung angeboten und ihn in ihr Haus eingeladen habe. In weiterer Folge hätte sie ihn zu XXXX eingeladen, wo es Tee und Kuchen gegeben habe. Es sei ihm damals nicht klar gewesen, dass es sich um eine Kirche gehandelt habe. Nachdem er nach XXXX überstellt worden sei, habe er einen Freund namens XXXX gehabt, der in die Kirche gegangen sei. Nach anfänglichem Unverständnis habe er Monate später begonnen, sich bei XXXX über den christlichen Glauben zu informieren. Er habe Herrn XXXX kennen gelernt, der ihm angeboten habe, in dessen Kirche in der XXXX mehr Informationen über das Christentum zu erhalten. Neben einem Bibelunterricht habe er einige Zeit später auch am Gottesdienst teilgenommen. Nach Informationen über den Glauben allgemein, über Jesus Christus, die Bibel und Gott, habe sein Interesse sehr stark zugenommen. Er sei seit dem 01.02.2011 Mitglied der XXXXim XXXXBezirk. Er habe regelmäßig am Unterricht teilgenommen und im selben Jahr Herrn XXXX gegenüber den Wunsch nach der Taufe geäußert, welche schließlich am 21.05.2011 stattgefunden hätte. Seither führe er ein viel ruhigeres und besseres Leben und sein Umgang mit den Mitmenschen habe sich sehr gebessert. Ihm sei klar geworden, dass das Christentum der einzige Weg sei, um zu Gott zu gelangen. Zu den christlichen Festen gab er an, er würde Weihnachten, die Geburt Christi, und Ostern, wo es zur Kreuzigung von Jesus Christus gekommen sei, feiern. Daneben gebe es das Fest Christi Himmelfahrt und Pfingsten, wo der Heilige Geist als Geschenk von Gott an alle Gläubigen käme. Seine Mutter wisse nichts von seiner Konversion; sie würde ihn vermutlich verstoßen. Er wolle nicht, dass seine Mutter den Kontakt zu ihm abbricht. Er bete für seine Mutter und seine Geschwister, dass auch sie eines Tages seine Religion kennen lernen und diesen Weg, den er ausgewählt habe, finden. Er besuche noch die Kirche und sei (erst) letzten Samstag beim Gottesdienst gewesen. Da ihm sein Glaube sehr wichtig sei, versuche er so oft wie möglich in die Kirche zu gehen. Befragt bestätigte er, dass Frau XXXX seine Freundin sei. Er habe sie in XXXX kennen gelernt. Sie sei eine geborene Muslimin, aber liberal und feiere keine muslimischen Feste.

Weiters wurde Herr XXXX als Zeuge einvernommen, zu seiner Funktion in der XXXX und dazu befragt, wie lange er den Beschwerdeführer kennen würde, wo er ihn kennen gelernt und welchen Eindruck er von dessen religiöser Überzeugung habe. Er sei ein Mitglied im Leitungskreis der XXXX und Pastor in der persisch sprachigen XXXX Gemeinde. Der Beschwerdeführer sei im Februar 2011 zu ihnen in die Gemeinde gekommen. Im Jahr 2010 sei XXXX auch manchmal im XXXX in XXXX gewesen. Sie hätten damals Veranstaltungen gehabt und er habe dort auch als Dolmetscher gearbeitet. XXXX sei ein christliches Hilfswerk für die Evangelisation der Flüchtlinge. Es kämen auch Afghanen oder Iraner. Er habe dort mitgeholfen und der Beschwerdeführer sei auch dort gewesen. Der Beschwerdeführer sei regelmäßig bei verschiedenen wöchentlichen Veranstaltungen gewesen, habe sich für das Christentum interessiert und ihm versichert, Jesus Christus bereits in seinem Herzen angenommen zu haben. Danach habe der Beschwerdeführer den Taufunterricht bei ihnen sowie einen Glaubenskurs besucht und sei schließlich am 21.05.2011 getauft worden. Weiters bestätigte er, dass der Beschwerdeführer ein überzeugter Christ sei, sich intensiv über den christlichen Glauben informiert habe sowie sehr tüchtig und gewollt sei, im Glauben zu wachsen. Der Beschwerdeführer sei auch in seinem Leben dazu motiviert, zu wachsen und Gutes zu tun. Nach der Taufe sei der Beschwerdeführer wochentags und nicht mehr regelmäßig gekommen, wegen des Schulbesuches und der Lehre; besuche dennoch aber nach wie vor die Gottesdienste am Samstag. Auf die Frage, ob er eine Taufe schon einmal wegen des Verdachts auf eine Scheinkonversion abgelehnt habe, erwiderte der Pastor, es könne schon vorkommen, dass er eine Taufe zunächst ablehne und den Täufling dazu anhalte, sich intensiver und länger mit Glaubensfragen zu beschäftigen. Außerdem hätten sie seit rund eineinhalb Jahren eine längere Vorbereitungszeit (etwa 7-8 Monate in 2 Blöcken) für die Taufe vorgesehen.

Zur Situation von Konvertiten in Afghanistan wurde von der Rechtsberaterin des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung eine Stellungnahme vorgelegt. Darin verwies sie hinsichtlich der Konversion des Beschwerdeführers auf ihre Eingabe vom 06.06.2011. Weiters führte sie zu den Länderfeststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes aus, diese würden bestätigen, dass es in Afghanistan keine freie Religionswahl für Muslime gebe und der Abfall vom Islam ein todeswürdiges Verbrechen sei. Konvertiten könnten ihre Religion nicht frei ausüben, seien Verfolgungen ausgesetzt und mit dem Tod bedroht. Ferner wurden Auszüge aus mehreren Erkenntnissen des Asylgerichtshofes zu afghanischen Konvertiten zitiert, welche von deren Gefährdung und vom Fehlen einer innerstaatlichen Fluchtalternative ausgehen. Auch aus den allgemeinen Länderberichten des Asylgerichtshofes gehe einhellig hervor, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan aufgrund seiner Konversion zum Christentum vielfältigen und asylrelevanten staatlichen Verfolgungshandlungen ausgesetzt sowie mit dem Leben bedroht wäre. Schließlich komme für den Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht in Betracht, da Konvertiten in allen Landesteilen - auch in Kabul - verfolgt würden. Er könnte seine Religion nicht ausüben und ein Verleugnen wäre ihm weder zumutbar noch möglich, da den Nachbarn und der Familie auffallen würde, wenn er weder die Moschee besuchen oder den Ramadan einhalten noch sich an sonstige Feiertage, Regeln und Gebote halten würde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist neunzehn Jahre alt, afghanischer Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Hazara an. Er führt den im Spruch genannten Namen.

1.2. Der Beschwerdeführer besucht seit Anfang Februar 2011 regelmäßig die verschiedenen wöchentlichen Veranstaltungen der XXXX Gemeinde in Wien. Er hat dabei sein Interesse für das Christentum gezeigt und aufmerksam bei den Andachten in den Veranstaltungen zugehört. Nachdem er den Wunsch nach einer Taufe geäußert hat, hat er regelmäßig einen Glaubenskurs besucht und am Taufunterricht teilgenommen. Am 21.05.2011 ist er schließlich feierlich in der XXXX Gemeinde getauft worden. Er beteiligt sich aktiv im Gemeindeleben, spricht gerne über seinen Glauben an Jesus Christus und bekennt sich öffentlich zum Christentum. Nach der Ansicht des Leiters der genannten religiösen Gemeinde hat der Beschwerdeführer einen festen Glauben an Jesus Christus als seinen Retter und zeigt sein aufrechtes Interesse künftig als Christ zu leben. Dies wird auch von seiner österreichischen Lebensgefährtin bestätigt. Der Beschwerdeführer ist vom Christentum ehrlich überzeugt und es kann hinsichtlich seines Übertritts vom Islam zum Christentum nicht erkannt werden, dass die Konversion nur zum Schein und zur Asylerlangung vollzogen wurde.

Dahingestellt bleiben kann, ob der Vater des Beschwerdeführers tatsächlich gegen die Taliban gekämpft hat und sein Onkel wirklich von diesen wegen seiner Armeeangehörigkeit (an anderer Stelle: wegen seines Polizeidienstes ["Ordu Melli"]) umgebracht wurde und ob dem Beschwerdeführer allein wegen seiner Familienzugehörigkeit eine Verfolgung droht.

1.3. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

Religionsfreiheit:

Die Verfassung und andere Gesetze und Richtlinien beschränken die Religionsfreiheit, und in der Praxis setzt die Regierung generell die gesetzlichen Einschränkungen um. Die Regierung unterwirft sich der herrschenden gesellschaftlichen religiös intoleranten Meinung. Die Haltung der Regierung hinsichtlich der Religionsfreiheit hat sich im Laufe des Jahres nicht wesentlich geändert. Die Verfassung proklamiert, dass "Anhänger anderer Religionen in der Ausübung ihres Glaubens und ihrer Riten im Rahmen des Gesetzes frei sind". Allerdings stellt sie auch fest, dass der Islam die "Staatsreligion" ist, und dass "kein Gesetz im Widerspruch zu den Überzeugungen und Vorschriften der heiligen Religion des Islam stehen darf". Die Untätigkeit der Regierung, den Bedürfnissen von oder dem Schutz für religiöse Minderheiten und Einzelpersonen zu entsprechen, führte zu Einschränkungen der Religionsfreiheit. Angehörige religiöser Minderheiten waren wegen der Ausübung ihres Glaubens am Jahresende (2012) nicht in Haft.

Berichten zufolge bestehen gesellschaftliche Missstände oder Diskriminierung aufgrund der Religionszugehörigkeit, der Weltanschauung oder der Religionsausübung. In der mehrheitlich muslimischen Bevölkerung sind Beziehungen zwischen den verschiedenen Konfessionen weiterhin schwierig. Die schiitische Minderheit ist weiterhin einer gesellschaftlichen Diskriminierung ausgesetzt, und ihre Beziehung zur sunnitischen Mehrheit hat sich leicht verschlechtert. Nicht-muslimische Minderheiten, insbesondere Christen, Hindus und Sikhs, sind weiterhin Ziel von Verfolgung und Diskriminierung. Der schiitische und sunnitische islamische Klerus sowie viele Bürgerinnen und Bürger sehen die Konversion vom Islam als Verstoß gegen die Grundsätze des Islams an. Konversion - als ein Akt der Apostasie und ein Verbrechen gegen den Islam - ist mit Todesstrafe bedroht, wenn der Konvertit nicht widerruft. Die lokale Hindu und Sikh- Bevölkerung, der die Glaubensausübung erlaubt ist, hat weiterhin Probleme ihren Glauben zu praktizieren, indem der Erwerb von Bauland für Einäscherungen nur eingeschränkt möglich ist und sie während der großen religiösen Feiern belästigt wird.

Sie werden auch weiterhin auf dem Arbeitsmarkt und in den öffentlichen Schulen diskriminiert. Die meisten lokalen Bahai und Christen üben ihren Glauben aus Angst vor Diskriminierung, Verfolgung, Inhaftierung oder Tod insofern nicht öffentlich aus, als sie sich nicht öffentlich versammeln oder Gottesdienste feiern.

Es gibt keine öffentlichen christlichen Kirchen. Afghanische Christen praktizieren ihren Glauben alleine oder in kleinen Gemeinden in Privathäusern.

Nicht-muslimische Minderheiten wie Sikhs, Hindus und Christen sind weiterhin sozialer Diskriminierung und Schikanen - in einigen Fällen auch Gewalt - ausgesetzt. Die Handlungen erfolgten zwar nicht systematisch, aber die Regierung betrieb wenig Aufwand, die Bedingungen zu verbessern. Die öffentliche Meinung gegenüber afghanischen Konvertiten zum Christentum und gegenüber Missionierung von christlichen Organisationen und Einzelpersonen ist weiterhin offen feindselig, auch in Fällen, in denen Gruppen fälschlicherweise des Proselytismus beschuldigt wurden.

(Afghanistan 2012 International Religious Freedom Report)

Religionsfreiheit:

Die Religionsfreiheit ist in der afghanischen Verfassung verankert. Dies gilt allerdings ausdrücklich nur für Anhänger anderer Religionen als dem Islam. Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Die von Afghanistan ratifizierten internationalen Verträge und Konventionen wie auch die nationalen Gesetze sind allesamt im Lichte des generellen Islamvorbehalts (Art. 3 der Verfassung) zu verstehen. Die Glaubensfreiheit, die auch die freie Religionsauswahl beinhaltet, gilt in Afghanistan daher für Muslime nicht.

Nach offiziellen Schätzungen sind 84% der Bevölkerung sunnitische Muslime und 15% schiitische Muslime. Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie z.B. Sikhs, Hindus und Christen machen nicht mehr als 1% der Bevölkerung aus.

Christen:

Afghanische Christen sind im Wesentlichen vom Islam konvertiert. Ihre Zahl kann nicht verlässlich angegeben werden, da Konvertiten sich hierzu nicht öffentlich bekennen. Sie beträgt aber wohl weniger als ein Prozent. Konversion wird nach der Scharia als Verbrechen betrachtet, auf das die Todesstrafe steht. Allerdings wurde die Todesstrafe wegen Konversion nach Kenntnis des Auswärtigen Amtes nie vollstreckt. Gefahr droht Konvertiten oft auch aus dem familiären oder nachbarschaftlichen Umfeld. Repressionen gegen Konvertiten sind in städtischen Gebieten aufgrund der größeren Anonymität weniger zu befürchten als in Dorfgemeinschaften. Für christliche Afghanen gibt es allerdings keine Möglichkeit der Religionsausübung außerhalb des häuslichen Rahmens. Zu Gottesdiensten, die in Privathäusern von internationalen NROs abgehalten werden, erscheinen sie meist nicht.

(Deutsches Auswärtiges Amt, "Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan" vom 04.06.2013)

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers

Die Feststellungen zur Person ergeben sich aus den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Herkunft und der Kenntnis der Landessprache Dari. Er machte im gesamten Verfahren dazu gleichlautende Angaben, an deren Richtigkeit letztlich keine Zweifel entstanden sind. Nähere Feststellungen zu seiner Identität konnten mangels identitätsbezeugender Dokumente jedoch nicht getroffen werden.

2.2. Die Feststellungen zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers gründen sich auf folgende Überlegungen:

Die Ausführungen des Beschwerdeführers in der mündlichen Beschwerdeverhandlung zur Zuwendung zum christlichen Glauben waren glaubwürdig. Der Beschwerdeführer konnte überzeugend darlegen, dass er sich mit dem christlichen Glauben auseinandergesetzt sowie grundlegende Kenntnisse über das Christentum gewonnen hat und regelmäßig Gottesdienste besucht. Dies ergibt sich nicht nur aus seinen glaubwürdigen Ausführungen im Rahmen der Beschwerdeverhandlung, sondern darüber hinaus auch aus den im Verfahren vorgelegten Unterlagen (insbesondere dem Taufzeugnis und dem Schreiben des Leiters der XXXX Gemeinde) in Verbindung mit den damit übereinstimmenden Ausführungen des zu seinen schriftlichen Äußerungen befragten Pastors der genannten religiösen Gemeinde. Wie der Geistliche in der Verhandlung überzeugend vermitteln konnte, habe sich der Beschwerdeführer intensiv mit dem christlichen Glauben beschäftigt und sei mittlerweile ein überzeugter Christ geworden. Zudem habe ihm der Beschwerdeführer glaubhaft versichert, dass er Jesus Christus bereits in seinem Herzen angenommen habe und gewollt sei, im Glauben zu wachsen. Dies wird letztlich auch im Schreiben der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers bestätigt, welche darin ausführte, dass es sie fasziniert habe, dass er ein gläubiger Christ und sehr von seiner Religion überzeugt sei. Die Taufe des Beschwerdeführers wurde durch die Vorlage eines Taufzeugnisses bescheinigt. Da sich die vorgelegten Unterlagen mit den schlüssigen und nachvollziehbaren Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Glaubenswechsel decken und auch der anlässlich der mündlichen Beschwerdeverhandlung gewonnene persönliche Eindruck vom Beschwerdeführer hinsichtlich seiner religiösen Einstellung dem nicht entgegen steht, besteht kein Grund, an den Ausführungen des Beschwerdeführers zu seinem nunmehrigen Bekenntnis zu zweifeln. Vielmehr konnte er glaubhaft vermitteln, dass er nach anfänglicher Skepsis und einem Unverständnis für seinen den christlichen Glauben praktizierenden Freund begonnen habe, sich über diesen Glauben zu informieren, wodurch letztlich sein Interesse sehr stark zugenommen habe. Seit seiner Taufe führe er ein viel ruhigeres sowie besseres Leben und sein Umgang mit den Mitmenschen habe sich seither sehr gebessert. Es sei ihm klar geworden, dass das Christentum der einzige Weg sei, um zu Gott zu gelangen. Sein Glaube sei ihm sehr wichtig und er versuche so oft wie möglich in die Kirche zu gehen. Es gibt daher keinen konkreten Anhaltspunkt dafür, dass der Beschwerdeführer sein Interesse am Christentum bloß vorgab, um seine Chancen im Asylverfahren zu steigern. Es besteht für das Bundesverwaltungsgericht kein Zweifel daran, dass der Beschwerdeführer zu einem praktizierenden Christen geworden ist, welcher diese Praxis auch bereits durch die Taufe formalisiert hat und diese auch weiter ausüben will.

Davon abgesehen ist darauf hinzuweisen, dass die Beweiswürdigung des Bundesasylamts zu den ursprünglichen Fluchtgründen insgesamt mangelhaft war und eigentlich zu beheben gewesen wäre, da das Vorbringen des Beschwerdeführers grundsätzlich stimmig war. Auch während der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht hat er dazu nämlich ein im Prinzip gleichlautendes Vorbringen erstattet. Eine nähere Auseinandersetzung mit den eigentlichen fluchtauslösenden Ereignisse (der Kampf seines Vaters gegen die Taliban und die Ermordung seines Onkels durch diese wegen seiner Armee- bzw. Polizeiangehörigkeit und die Verfolgung des Beschwerdeführers wegen seiner Familienangehörigkeit) kann aber letztlich unterbleiben, da die nunmehr vorgebrachten und glaubhaften Nachfluchtgründe für sich alleine ausreichend sind, die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers zu begründen (vgl. hierzu die rechtliche Beurteilung unter Punkt II.3.2. dieses Erkenntnisses). Ebenso war nicht weiter auf sein Vorbringen bezüglich seiner psychischen Erkrankung einzugehen. Wie der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde nämlich selbst ausgeführt hat, bekommt er aktuell Medikamente und eine regelmäßige psychiatrische Behandlung.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.1. Bis zum Ablauf des 31.12.2013 war der Asylgerichtshof gemäß Art. 129c des Bundes-Verfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 1/1930 i.d.F. BGBl. I Nr. 49/2012, zuständig, nach Erschöpfung des Instanzenzuges über Bescheide der Verwaltungsbehörden in Asylsachen - das war bis zum Ablauf des 31.12.2013 das Bundesasylamt - zu erkennen. Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 7 B-VG wird der Asylgerichtshof mit 01.01.2014 zum Bundesverwaltungsgericht. Dieses hat gemäß § 75 Abs. 19 AsylG 2005 alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren (nach Maßgabe des § 75 Abs. 20 AsylG 2005) zu Ende zu führen. Das gegenständliche Verfahren war mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängig, somit ist das Bundesverwaltungsgericht nunmehr für die Erledigung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

3.1.2. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels einfachgesetzlicher materienspezifischer Sonderregelung liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

3.1.3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu A):

3.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z. 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht. Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.

Flüchtling i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK (i.d.F. des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politi-schen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. z. B. VwGH vom 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; vom 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

Gemäß § 3 Abs. 3 Z. 1 und § 11 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Asylantrag abzuweisen, wenn dem Asylwerber in einem Teil seines Herkunftsstaates vom Staat oder von sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihm der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann ("innerstaatliche Fluchtalternative"). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK vorliegen kann (vgl. zur Rechtslage vor dem AsylG 2005 z.B. VwGH 15.3.2001, 99/20/0036; 15.3.2001, 99/20/0134, wonach Asylsuchende nicht des Schutzes durch Asyl bedürfen, wenn sie in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen). Damit ist - wie der Verwaltungsgerichtshof zur GFK judiziert - nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwGH 9.11.2004, 2003/01/0534). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "inländischen Flucht- oder Schutzalternative" (VwGH 9.11.2004, 2003/01/0534) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal wirtschaftliche Benachteiligungen auch dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 8.9.1999, 98/01/0614, 29.3.2001, 2000/20/0539).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.3.1995, 95/19/0041; 27.6.1995, 94/20/0836; 23.7.1999, 99/20/0208; 21.9.2000, 99/20/0373; 26.2.2002, 99/20/0509 m.w.N.; 12.9.2002, 99/20/0505; 17.9.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (VwGH 22.3.2000, 99/01/0256 m.w.N.).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen wer-den, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (VwGH 22.3.2000, 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichen Schutzes einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH 22.3.2000, 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law, 2. Auflage [1996] 73; weiters VwGH 26.2.2002, 99/20/0509 m.w.N.; 20.9.2004, 2001/20/0430; 17.10.2006, 2006/20/0120; 13.11.2008, 2006/01/0191). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert wird. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.2.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH 22.3.2000, 99/01/0256; 13.11.2008, 2006/01/0191).

3.2.2. Gemäß § 3 Abs. 2 erster Satz AsylG 2005 kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).

§ 3 Abs. 2 AsylG setzt Art. 5 der Statusrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes) um. Gemäß Art. 5 Abs. 1 leg.cit. kann die begründete Furcht vor Verfolgung oder die tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Antragsteller das Herkunftsland verlassen hat. Gemäß Art. 5 Abs. 2 leg.cit. kann die begründete Furcht vor Verfolgung oder die tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, auf Aktivitäten des Antragstellers seit Verlassen des Herkunftslandes beruhen, insbesondere wenn die Aktivitäten, auf die er sich stützt, nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind.

§ 3 Abs. 2 AsylG bestimmt - in Anlehnung an Art. 5 Abs. 1 der Statusrichtlinie - nunmehr ausdrücklich, dass die Verfolgung aus Nachfluchtgründen resultieren kann, und unterscheidet zwischen objektiven und subjektiven Nachfluchtgründen. Unter dem Begriff "subjektive Nachfluchtgründe" wird von § 3 Abs. 2 AsylG - in Anlehnung an Art. 5 Abs. 2 der Statusrichtlinie - eine Verfolgung verstanden, die auf Aktivitäten beruht, die der Fremde seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind. Eine Einschränkung des Flüchtlingsbegriffes ergibt sich daraus nicht; aus der Verwendung des Wortes "insbesondere" ist abzuleiten, dass auch Aktivitäten relevant sein können, die nicht Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (vgl. Frank/Anerinhof/Filzwieser, AsylG 20055, K62 zu § 3).

Nach den getroffenen Feststellungen liegt im Fall des Beschwerdeführers keine "Scheinkonversion" vor. Der Beschwerdeführer hat glaubwürdige und persönlich überzeugende Gründe für seinen durch die Konversion geschaffenen Nachfluchtgrund geltend gemacht. Sein Vorbringen zum Glaubenswechsel ist somit im Lichte der obigen Ausführungen zulässig, auch wenn der Glaubenswechsel im gegenständlichen Fall nicht "Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung" ist.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es im Fall der Konversion darauf an, ob die betreffende Person im Fall einer Rückkehr in das Heimatland in der Lage ist, die von ihr gewählte Religion frei auszuüben. Bei einer im Ausland erfolgten Konversion ist darauf abzustellen, ob die Konversion "nur zum Schein erfolgt" ist. Wenn die Konversion aus "innerem Entschluss" erfolgt ist, kommt es darauf an, ob die betreffende Person bei "weiterer Ausübung ihres behaupteten inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit einer die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktion belegt zu werden" (vgl. VwGH 24.10.2001, 99/20/0550; 19.12.2001, 2000/20/0369; 17.10.2002, 2000/20/0102).

3.2.3. Aus nachstehenden Gründen besteht für den Beschwerdeführer eine objektiv nachvollziehbare Verfolgungsgefahr:

Mit seinem Vorbringen, dass er in Österreich aus innerer Überzeugung vom Islam zum Christentum konvertiert ist, macht der Beschwerdeführer einen subjektiven Nachfluchtgrund geltend.

Aus dem zum Beschwerdeführer festgestellten Sachverhalt und den zu Afghanistan getroffenen Feststellungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer als Person mit nunmehr christlicher Überzeugung - und nach Abfall vom Islam - im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit massiven Einschränkungen im persönlichen Bereich, welche von der Unmöglichkeit der Religionsausübung außerhalb des häuslichen Rahmens bis zur generellen Unmöglichkeit, seine Religion frei zu wählen, reichen, auf Grund seiner religiösen Überzeugung ausgesetzt wäre (vgl. zu diesem Themenkomplex bereits AsylGH vom 23.09.2008, C6 237.161-0/2008; vom 08.10.2008, C5 254.508-0/2008 sowie vom 04.06.2009, C1 319.508-1/2008). Weiters bestünde ein erhebliches Verfolgungsrisiko im Hinblick auf seine persönliche Sicherheit und physische Integrität sowohl von privater als auch von staatlicher Seite, reichen doch die Maßnahmen von Belästigungen und Bedrohungen bis zu körperlichen Misshandlungen, langjähriger Inhaftierung und Tötung. Die dem Beschwerdeführer drohenden Einschränkungen bzw. körperlichen Übergriffe (z.B. bloß heimliche Religionsausübung innerhalb des häuslichen Rahmens, Belästigungen, Enteignungen, körperliche Misshandlung, langjährige Inhaftierung, Tötung) sind als dermaßen intensiv zu qualifizieren, dass die Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates unzumutbar ist. Im Fall des Beschwerdeführers ist davon auszugehen, dass der erfolgte Glaubenswechsel aus einem inneren Entschluss erfolgt ist; für das Vorliegen einer Scheinkonversion gibt es keinen Anhaltspunkt. Vor diesem Hintergrund wäre es dem Beschwerdeführer auch nicht zumutbar, seinen Glauben in Form eines Widerrufs zu leugnen.

Die dem Beschwerdeführer drohende Verfolgungsgefahr ist auch maßgeblich wahrscheinlich und aktuell, da sich zum einen aus aktuellen Länderberichten nicht nur die Anwendbarkeit der Scharia im Fall von Konversion zum Christentum in der Theorie ergibt, sondern zum anderen auch Fälle angeführt werden, in denen es zu Sanktionen gekommen ist. Dass es in einem Fall zu einer Freilassung des Konvertiten gekommen ist, ist lediglich dem internationalen Druck zu verdanken; hingegen ist über das Schicksal des zweiten, im Juni 2010 festgenommenen, Konvertiten nichts bekannt. Dass sich das afghanische Regime wiederholt aufgrund internationalen Drucks zu Freilassungen von Konvertiten hinreißen lässt, kann nicht zuverlässig vorhergesagt werden. Weiters ist den Länderberichten auch zu entnehmen, dass ein weiterer afghanischer Christ wegen des Vorwurfs der Weitergabe einer Bibel für sechs Monate inhaftiert wurde. Selbst wenn - wie in den Länderberichten angeführt - es nicht zur Vollstreckung der Todesstrafe wegen Konversion durch staatliche Stellen kommt, kann es zu Tötungen durch Dritte (insbesondere Taliban) kommen. Beispielsweise wurde im Juni 2011 ein Konvertit in der Provinz XXXX durch Taliban enthauptet. Wie sich ebenfalls aus den Feststellungen ergibt, ist es aufgrund der in Afghanistan vorherrschenden großen Familienbande (und des damit zusammenhängenden weitreichenden Informations-austausches) sehr schwer, einen vollzogenen Glaubenswechsel geheim zu halten, weshalb davon ausgegangen werden kann, dass ein solcher nicht dauerhaft geheim bleibt. Zwar sprechen die Sachverhaltsfeststellungen davon, dass voll zurechnungsfähige Personen (darunter Männer ab Vollendung des 18. Lebensjahres) nach einer Konversion vom Islam drei Tage Zeit haben, um zu widerrufen, doch ist diesbezüglich im Fall des Beschwerdeführers zum einen diese Frist bereits verstrichen, zum anderen ist nicht hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer, welcher seine nunmehrige religiöse Überzeugung glaubwürdig dargelegt hat und diese nun in Österreich offen auslebt, von dieser Möglichkeit mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Gebrauch machen würde.

Wie sich aus den getroffenen Feststellungen ebenfalls unzweifelhaft ergibt, ist der afghanische Staat - sofern er nicht selbst wegen Konversion verfolgt - auch nicht in der Lage, Verfolgung von privater Seite durch effektive Schutzgewährung zu begegnen.

Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt nur dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einen in Art. I Abschn. A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich jenen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung anknüpft. Im Fall des Beschwerdeführers liegt das oben dargestellte Verfolgungsrisiko unzweifelhaft in seiner nunmehrigen religiösen Überzeugung begründet.

Der Antrag auf internationalen Schutz ist gemäß § 3 Abs. 3 Z 1 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offen steht. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bedarf es des asylrechtlichen Schutzes nicht, wenn dem Asylwerber die gefahrlose Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen steht, in denen er frei von Furcht leben kann und dies ihm zumutbar ist (vgl. VwGH vom 08.09.1999, Zl. 98/01/0503 und vom 25.11.1999, Zl. 98/20/0523). Aufgrund des in ganz Afghanistan gültigen islamischen Rechts (Scharia) und der in der Praxis angewendeten islamischen Rechtsprechung sowie auf Grund der in der afghanischen Gesellschaft bestehenden Traditionen und der Intoleranz gegenüber religiösen Minderheiten, insbesondere aber Konvertiten gegenüber, und den damit zusammenhängenden benachteiligenden Auswirkungen des traditionellen Gesellschaftssystems in ganz Afghanistan, ist davon auszugehen, dass sich die oben dargestellte Situation für den Beschwerdeführer im gesamten Staatsgebiet von Afghanistan gleichermaßen darstellt, weshalb keine inländische Fluchtalternative besteht.

Da auch keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt, war dem Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen.

3.2.4. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Beschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

3.3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.3.2. Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

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