BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §13 Abs1
VwGVG §28 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2020:L521.2235064.1.00
Spruch:
TEILERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Mathias Kopf, LL.M. im Verfahren über die Beschwerde des XXXX , Staatsangehörigkeit Türkei, vertreten durch Rihs Rechtsanwalt GmbH in 1010 Wien, Kramergasse 9, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.08.2020, Zl. 641110406-200744746,
A)
1. beschlossen:
Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.
2. zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird hinsichtlich des Spruchpunktes V. des angefochtenen Bescheides Folge gegeben und Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 18 Abs. 2 Z. 1 und 3 BFA-VG ersatzlos behoben.
Es wird festgestellt, dass der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid somit gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG die aufschiebende Wirkung zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang und Feststellungen:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Türkei, wurde am 24.04.2020 einer fremdenpolizeilichen Kontrolle auf einer Baustelle in der Bundeshauptstadt Wien unterzogen. Dabei wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer über keinen gültigen Aufenthaltstitel verfügt und Anzeige gemäß § 120 Abs. 1a FPG 2005 erstattet.
2. Das vom Sachverhalt bereits im Jahr 2019 in Kenntnis gesetzte Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, stellte in der Folge das wider den Beschwerdeführer geführte Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mit Aktenvermerk vom 04.05.2020 ein, da ein nach Art. 6 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19.09.1980 über die Entwicklung der Assoziation bestehendes Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers angenommen wurde.
Die Einstellung des Verfahrens wurde dem Beschwerdeführer mit Erledigung vom 05.05.2020 formlos mitgeteilt und der Beschwerdeführer zur Abholung seines Reisepasses aufgefordert.
3. Am 25.05.2020 begründete der Beschwerdeführer in der XXXX einen Wohnsitz. Bereits zuvor beantragte der Beschwerdeführer die Ausstellung eines Befreiungsscheines gemäß § 4c Abs. 2 AuslBG.
4. Mit Erledigung der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt vom 04.08.2020 wurde der Beschwerdeführer in der Angelegenheit „Aufenthaltsrecht in Österreich“ in die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt geladen. Nach seinem Erscheinen wurde er am 20.08.2020 in den Räumlichkeiten der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt von dort bereits wartenden Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes umgehend aufgrund eines (im vorliegenden Verwaltungsakt nicht enthaltenen) Festnahmeauftrages des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, festgenommen.
5. Im Anschluss an die Festnahme wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, im Beisein eines Dolmetschers in türkischer Sprache niederschriftlich einvernommen.
Eingangs wurde dem Beschwerdeführer eröffnet, dass die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt das Bestehen eines Aufenthaltsrechtes nach Art. 6 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19.09.1980 verneinen würde und die Verfahrenseinstellung durch die Regionaldirektion Wien des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl irrtümlich erfolgt sei und darüber hinaus in keinster Weise bindend wäre. Der Beschwerdeführer sei eine Aufenthaltsehe eingegangen, was das Verwaltungsgericht Wien mit (nicht im Verwaltungsakt aufliegendem) Erkenntnis vom 28.03.2019 bestätigt habe. Nunmehr werde erneut ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet.
Der Beschwerdeführer legte zusammengefasst dar, seinen Lebensmittelpunkt seit fünf Jahren in Österreich zu unterhalten und hier erwerbstätig zu sein. Wenn er in die Türkei zurückkehren müsse, würde er einer solchen Anordnung jedoch Folge leisten. In Österreich lebten ein Bruder, ein Onkel und seine Tante sowie deren Nachkommen. Seine Ehegattin lebe in der Türkei in der Stadt XXXX mit den zwei gemeinsamen Kindern. In der Türkei lebten ferner seine Eltern und ein weiterer Bruder.
Im Anschluss an die Einvernahme wurde dem Beschwerdeführer mit Mandatsbescheid vom 20.08.2020, Zl. 641110406-200745305, gemäß § 77 Abs. 1 und 3 IVm § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG 2005 das gelindere Mittel zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet und dem Beschwerdeführer die Verpflichtung auferlegt, sich beginnend mit 21.08.2020 jeden zweiten Tag bei der Polizeiinspektion XXXX zu melden. Im Anschluss wurde der Beschwerdeführer auf freien Fuß gesetzt. Seiner Meldeverpflichtung kam der Beschwerdeführer in der Folge nach.
6. Mit dem nunmehr in diesem Verfahren angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.08.2020, Zl. 641110406-200744746, wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.) und gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wider den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt II.). Ferner wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG 2005 zulässig sei (Spruchpunkt III.), wobei ein Zielstaat dem bezughabenden Spruchpunkt nicht entnommen werden kann. Ferner wurde wider den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 8 FPG 2005 ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde schließlich gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 und 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.) und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG 2005 keine Frist für eine freiwillige Ausreise bestehen würde.
Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer halte sich unrechtmäßig um Bundesgebiet auf und verfüge über keinen gültigen Aufenthaltstitele. Ein Aufenthaltsrecht nach Art. 6 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19.09.1980 komme ihm nicht zu. Obgleich der Beschwerdeführer einer Erwerbstätigkeit nachgehe, sei er dazu nicht berechtigt. Hinsichtlich einer Rückkehr in den Herkunftsstaat habe der Beschwerdeführer keine Bedenken in Bezug auf die dortige Lage vorgebracht, darüber hinaus sei „die Staatendokumentation des BFA .. hinreichend im Hinblick auf [die] Rückkehr geprüft und als Beweismittel herangezogen“ worden, „bei Bedarf“ könne „jederzeit beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl … Einsicht genommen werden“.
Zu den Spruchpunkten IV. und V. des angefochtenen Bescheides führt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe den ihm ursprünglich erteilten Aufenthaltstitel als Familienangehöriger durch eine Scheinehe erschlichen. In Ansehung des Beschwerdeführers sei deshalb § 53 Abs. 2 Z. 8 FPG 2005 erfüllt und ein Einreiseverbot zu erlassen. Der Beschwerdeführer habe nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Wien das Bundesgebiet nicht verlassen, sondern sei weiter einer nunmehr mangels eines mit einem Zugang zu Arbeitsmarkt verbundenen Aufenthaltstitels unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen. Der Beschwerdeführer habe „mehrere Monate bei Missachtung des Meldegesetzes untergetaucht“ gelebt und sei für die Behörden schwer greifbar gewesen.
Aufgrund der Schwere des Fehlverhaltens sowie im Hinblick darauf, wie der Beschwerdeführer sein „Leben in Österreich insgesamt gestalten“ würde, sei die Annahme gerechtfertigt, dass der Beschwerdeführer eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellen würde. Der Beschwerdeführer beabsichtige außerdem, seine Familie nach Österreich „nachzuholen“.
Im Rahmen der Begründung zu Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides wird auf die Erwägungen zu Spruchpunkt I. (!) verwiesen und ausgeführt, dass der weitere Verbleib des Beschwerdeführers eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen würde. Der Beschwerdeführer sei eineinhalb Jahre unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig und habe sich „durch das Nichtbefolgen des Meldegesetzes für mehrere Monate dem Zugriff der Behörden“ zu entziehen versucht, weshalb Fluchtgefahr bestehen würde und bereits ein gelinderes Mittel zur Sicherung des Verfahrens erlassen worden sei. Das Verhalten des Beschwerdeführers stelle eine erhebliche Gefahr dar, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre, nämlich jenes an Ruhe, Ordnung und Sicherheit, weshalb die sofortige Umsetzung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme geboten sei.
7. Mit Verfahrensanordnungen vom 28.08.2020 wurde dem Beschwerdeführern gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig eine Rechtsberatungsorganisation für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht beigegeben und der Beschwerdeführer darüber in Kenntnis gesetzt, dass er zur Inanspruchnahme eines Rückkehrberatungsgesprächs verpflichtet sei.
8. Gegen den dem Beschwerdeführer am 31.08.2020 durch eigenhändige Übergabe zugestellten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl richtet sich die im Wege seiner nunmehrigen rechtsfreundlichen Vertretung fristgerecht am 14.09.2020 eingebrachte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, womit die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht beantragt werden.
In der Beschwerde wird im Wesentlichen vorgebracht, dem Beschwerdeführer komme entgegen der Ansicht des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ein Aufenthaltsrecht nach Art. 6 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19.09.1980 zu. Er sei strafgerichtlich unbescholten und halte sich seit sieben Jahren in Österreich auf, sei hier wirtschaftlich integriert und führe ein schützenswertes Privat- und Familienleben. Der Beschwerdeführer sei während seines gesamten Aufenthaltes in Österreich als Eisenbieger erwerbstätig und durchgehend zur Sozialversicherung angemeldet gewesen. Er habe den Führerschein erlangt und an beruflicher Weiterbildung teilgenommen.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, habe ferner bindend festgestellt, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltsrecht nach Art. 6 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19.09.1980 zukommen würde. Er sei rechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist und habe sich zumindest bis zur rechtskräftigen Entscheidung betreffend die Wiederaufnahme seiner niederlassungsrechtlichen Verfahren mehr als fünf Jahre ordnungsgemäß und rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten. Die Wiederaufnahme der niederlassungsrechtlichen Verfahren könne die Ordnungsgemäßheit bzw. die Rechtmäßigkeit der Einreise und des Aufenthaltes im Bundesgebiet nicht beseitigen. Aufgrund des schützenswerten Privatlebens des Beschwerdeführers würden darüber hinaus die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 vorliegen.
Ferner wird die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde beantragt und dazu ausgeführt, dass der Beschwerdeführer aufrecht im Bundesgebiete gemeldet sei, über eine Mietwohnung und einen gesicherten Arbeitsplatz verfüge und nicht straffällig geworden sei. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde sei grob rechtswidrig erfolgt.
9. Am 12.09.2020 wurde der Beschwerdeführer nachdem er seiner Meldeverpflichtung nachkam aufgrund einer Festnahmeanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl festgenommen und der Beschwerdeführer in das Polizeianhaltezentrum Hernalser Gürtel überstellt. Der Beschwerdeführer wurde in der Folge am 15.09.2020 im Luftweg in die Türkei abgeschoben.
Aufgrund der erfolgten Festnahme erhob der Beschwerdeführer ergänzend zur Anfechtung des hier gegenständlichen Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.08.2020, Zl. 641110406-200744746, Maßnahmenbeschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 2 B-VG, worin im Wesentlichen vorgebracht wird, dass der Beschwerdeführer die Meldeverpflichtung stets befolgt habe und ihm nunmehr rechtswidrig eine anfechtbare Entscheidung über die Verhängung der Schubhaft verweigert werde. Das die Maßnahmenbeschwerde betreffende Verfahren wurde infolge direkter Einbringung beim Bundesverwaltungsgericht bereits am 14.09.2020 angelegt und der Gerichtsabteilung W154 zur Erledigung zugewiesen.
10. Am 16.09.2020 – und damit nach erfolgter Abschiebung des Beschwerdeführers – langte die Vorlage der gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.08.2020 erhobenen Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht in 1030 Wien ein. Die Rechtssache wurde in weiterer Folge der nun zur Entscheidung berufenen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichts zugewiesen, der bezughabende erstinstanzliche Verwaltungsakt langte am 17.09.2020 in der Außenstelle Linz des Bundesverwaltungsgerichtes ein.
11. Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten. Er verfügt über einen meldebehördlich erfassten ordentlichen Wohnsitz in der Gemeinde XXXX und ist dort Mieter einer Wohnung mit 90 m² Wohnfläche. Zuvor verfügte er zwischen dem 11.09.2019 und dem 24.05.2020 über keinen meldebehördlich erfassten Wohnsitz. Gegenüber den am 24.04.2020 einschreitenden Polizeibeamten gab er die Anschrift seines in der Bundeshauptstadt Wien lebenden Bruders als Wohn- und Zustelladresse an.
Der Beschwerdeführer ist seit dem 02.03.2015 bei der RG Bau GmbH & Co KG als Eisenbieger ohne Unterbrechung beschäftigt und bringt dort monatlich zwischen EUR 1.500,00 und EUR 2.000,00 netto ins Verdienen.
Seiner mit Mandatsbescheid vom 20.08.2020, Zl. 641110406-200745305, auferlegten Meldeverpflichtung kam der Beschwerdeführer stets nach. Der türkische Reisepass des Beschwerdeführers wurde zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einbehalten und befand sich zum Zeitpunkt seiner Festnahme am 12.09.2020 in der Gewahrsame des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
16. Der vorstehend wiedergegebene Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus den vorgelegten Verwaltungsakten sowie amtswegig eingeholten Auszügen aus dem Zentralen Melderegister, dem Strafregister und dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A)
1. Rechtslage und Judikatur:
1.1. Gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG hat das Bundesamt einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist (Z. 1) bzw. wenn Fluchtgefahr besteht (Z. 3).
1.2. Die Entscheidung über die Zu- oder Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung (VwGH 13.12.2017, Ro 2017/19/0003).
1.3. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es zur Begründung einer Notwendigkeit der sofortigen Ausreise eines Fremden nicht, dafür auf eine – die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtfertigende – Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Fremden zu verweisen, sondern es ist darüber hinaus darzutun, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens zu erfolgen hat. Dazu ist es nicht ausreichend, jene Überlegungen ins Treffen zu führen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme selbst maßgeblich waren (VwGH 03.07.2018, Ro 2018/21/0007).
Die Notwendigkeit der sofortigen Ausreise als gesetzliche Voraussetzung für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung betreffend die Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung erfordert das Vorliegen besonderer Umstände, die mit den Voraussetzungen für die Aufenthaltsbeendigung als solche nicht gleichzusetzen sind (VwGH 04.04.2019, Ra 2019/21/0053).
§ 76 Abs. 3 Z. 9 FPG 2005 zufolge ist bei der Beurteilung des Vorliegens von Fluchtgefahr der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen. Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof bereits klargestellt, diese Bestimmung sei dahin zu verstehen, dass es für das Vorliegen von Fluchtgefahr darauf ankommt, dass keine maßgebliche – der Annahme einer Entziehungsabsicht entgegen stehende – soziale Verankerung des Fremden in Österreich vorliege, was an Hand der genannten Parameter zu beurteilen ist (VwGH 19.09.2019, Ra 2019/21/0211 mwN). Eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme reicht zur Begründung von Fluchtgefahr nicht aus (VwGH 11.05.2017, Ro 2016/21/0021).
2. Zum gegenständlichen Verfahren:
2.1. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung bereits mehrfach festgehalten, dass § 18 Abs. 5 erster Satz BFA-VG regelt, dass das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde die aufschiebende Wirkung unter den dort genannten Voraussetzungen zuzuerkennen hat. Ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung – wie er etwa in § 13 Abs. 3 und 4 und § 22 Abs. 1 und 3 VwGVG sowie § 30 Abs. 2 VwGG vorgesehen ist – ist in § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht vorgesehen. Ein (zusätzlicher) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG ist somit unzulässig (vgl. statt aller VwGH 27.06.2017, Fr 2017/18/0022). Der mit der gegenständlichen Beschwerde verbundene Antrag auf Zuerkennung der aufschiebende ist somit als unzulässig zurückzuweisen. Das diesbezügliche Vorbringen ist indes inhaltlich als Ausführung der Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides – der von der Anfechtungserklärung umfasst ist – zu werten.
2.2. Das belangte Bundesamt stützt die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zunächst auf § 18 Abs. 2 Z. 1 FPG 2005. Nach der eingangs zitierten Rechtsprechung erfordert die Notwendigkeit der sofortigen Ausreise als gesetzliche Voraussetzung für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung das Vorliegen besonderer Umstände, die mit den Voraussetzungen für die Aufenthaltsbeendigung als solche nicht gleichzusetzen sind. Die Feststellung, dass schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass ein Fremder eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt, eine Beurteilung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls voraus (vgl. hiezu VwGH 17.02.2015, Ra 2014/01/0172, zu § 6 AsylG 2005).
Das belangte Bundesamt wirft dem Beschwerdeführer im gegebenen Zusammenhang vor, sich seit eineinhalb Jahren unrechtmäßig im Bundesgebiet aufzuhalten und sich darüber hinaus dem behördlichen Zugriff durch Missachtung melderechtlicher Bestimmungen entzogen habe. Weitere Gründe, weshalb die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist, werden im angefochtenen Bescheid nicht dargetan.
Dem steht gegenüber, dass bis zur Erlassung des hier angefochtenen Bescheides keine Rückkehrentscheidung wider den Beschwerdeführer ergangen ist, ferner dass der Beschwerdeführer einerseits aufgrund der Erledigung des belangten Bundesamtes vom 05.05.2020 zuletzt darauf vertrauen durfte, zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt zu sein und andererseits auch im gegenständlichen Beschwerdeverfahren die maßgebliche Rechtsfrage ist, ob dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltsrecht nach Art. 6 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19.09.1980 zukommt oder nicht.
Der Beschwerdeführer hat seit dem angeblich ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien – welches nicht einmal im vorgelegten Verwaltungsakt aufliegt und dessen genauer Inhalt dem Bundesverwaltungsgericht somit derzeit auch nicht bekannt ist – auch keine unberechtigten Anträge zur Abwendung aufenthaltsbeendender Maßnahmen gestellt. Er widersetzte sich nicht in anderer Weise aufenthaltsbeendenden Maßnahme, sondern zeigte sich bei seiner Einvernahme am 20.08.2020 grundsätzlich kooperativ und zur freiwilligen Rückkehr in die Türkei bereit. Dass der Beschwerdeführer nicht im gebotenen Ausmaß an der Feststellung seiner Identität mitgewirkt hat, kann dem vorgelegten Verwaltungsakt und den Feststellungen des angefochtenen Bescheides ebenfalls nicht entnommen werden. Seinen türkischen Reisepass händigte er den Behörden selbst aus. Der Beschwerdeführer lebte schließlich zuletzt in einer dem belangten Bundesamt bekannten Unterkunft und unterhält dort einen ordentlichen Wohnsitz (dass es sich dabei lediglich um eine „Postadresse“ handeln würde, wie das belangte Bundesamt im angefochtenen Bescheid spekuliert, kann aufgrund der vorliegenden Beweismittel nicht angenommen werden, das bezughabende Antwortverhalten des Beschwerdeführers bei seiner Einvernahme kann genauso gut andere Gründe haben und es wäre die Aufgabe des belangten Bundesamtes gewesen, die zur Klärung dieses Punktes erforderlichen Nachfragen zu stellen). Er ist bzw. war bis zu seiner Abschiebung erwerbstätig und kam seiner Meldeverpflichtung nach.
Unter Berücksichtigung dieser Umstände kann das Bundesverwaltungsgericht nicht erkennen, der Beschwerdeführer eine derartige Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich darstellen würden, dass die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers und die damit einhergehende Verunmöglichung einer persönlichen Teilnahme am Beschwerdeverfahren geboten war. Insbesondere hat der Verwaltungsgerichtshof im gegebenen Zusammenhang bereits mehrfach erkannt, dass ein unrechtmäßiger Aufenthalt per se noch nicht die Verhängung eines Einreiseverbotes rechtfertigt. Erst im Fall einer qualifizierten Verletzung der Ausreiseverpflichtung kann nach der Rechtsprechung eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit angenommen werden, die die Verhängung eines Einreiseverbots erforderlich macht (VwGH 24.05.2018, Ra 2018/19/0125; 12.08.2019, Ra 2018/20/0514; jüngst ausführlich VwGH 27.04.2020, Ra 2019/21/0277). Auch wenn der Beschwerdeführer den Feststellungen des angefochtenen Bescheides zufolge seit dem 02.04.2019 zur Ausreise verpflichtet ist, liegt – ausgehend von den Feststellungen des angefochtenen Bescheides – keine qualifizierte Verletzung der Ausreiseverpflichtung vor, zumal weder festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer sich gebotenen Schritten im Rahmen seiner Mitwirkungsverpflichtung konkret verweigert hat, noch dass er sich dem behördlichen Zugriff durch Untertauchen entzog – er begründete vielmehr einen Wohnsitz, an dem er greifbar war und kam seiner Meldepflicht nach – noch, dass er unbegründete Anträge lediglich zum Zweck der Perpetuierung des nicht rechtmäßigen Aufenthaltes einbrachte. In Bezug auf den dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verstoß gegen das Meldegesetz ist ergänzend zu bemerken, dass der Beschwerdeführer stets erwerbstätig war und das belangte Bundesamt im Wege einer Hauptverbandsabfrage das Dienstverhältnis hätte ermitteln können. Darüber hinaus ist der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides seiner Meldepflicht nachgekommen und war für die Behörden greifbar, sodass die unterbliebene Anmeldung in der Vergangenheit allenfalls zur Begründung eines Einreiseverbotes herangezogen werden kann, nicht jedoch für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde.
Zusammenfassend verbleibt, dass der Beschwerdeführer seitens des belangten Bundesamtes des rechtswidrigen Aufenthaltes im Bundesgebiet seit dem 02.04.2019 verdächtigt wird, wobei eine rechtskräftige dahingehende Entscheidung nicht vorliegt und erst im gegenständlichen Beschwerdeverfahren zu klären sein wird, ob dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltsrecht nach Art. 6 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19.09.1980 zukommt oder nicht. Ein solcher Sachverhalt berechtigt nicht zur Annahme, dass die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. Vielmehr bedürfte es aufgrund der gerade im gegenständlichen Fall ersichtlichen gravierenden Folgen einer Entscheidung nach § 18 Abs. 2 BFA-VG im Sinn der eingangs dargestellten Rechtsprechung besonderer Umstände und einer über die Erwägungen für die Erlassung des Einreiseverbotes hinausgehenden besonderen Begründung, weshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der weitere Aufenthalt des Fremden während der Dauer des Beschwerdeverfahrens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit derart gefährdet, dass die sofortige Ausreise bzw. Abschiebung des Fremden schon nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens erforderlich ist (VwGH 16.01.2020, Ra 2019/21/0360). Solche besonderen Umstände wie etwa Straffälligkeit, Gewaltbereitschaft, eine qualifizierte Verweigerung der gebotenen Mitwirkung oder Mittellosigkeit werden allerdings weder im angefochtenen Bescheid aufgezeigt, noch können sie dem Akteninhalt entnommen werden. In der Beschwerde wird darüber hinaus zutreffend darauf verwiesen, dass der Beschwerdeführer unbescholten ist, über eine Unterkunft verfügt und sein Unterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit gesichert ist. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass während der Dauer des Beschwerdeverfahrens vom Beschwerdeführer ausgehende Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu besorgen wären. Die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes selbst ist – wie bereits mehrfach erwähnt – Gegenstand des Beschwerdeverfahrens und aufgrund der rechtzeitig erhobenen Beschwerde vom Bundesverwaltungsgericht zu beurteilen. Dass das belangte Bundesamt in der Begründung zu Spruchpunkt V. es bereits als unverrückbares Faktum darstellt, dass der Beschwerdeführer unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig gewesen sei, ist ferner unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten unerträglich, zumal das belangte Bundesamt damit das Ergebnis des Beschwerdeverfahrens zur Begründung der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung vorwegnimmt. Eine solche Vorgehensweise gefährdet das Recht auf Zugang zum gesetzlichen Richter und ist unvertretbar.
Der rechtswidrige Aufenthalt eines Fremden stellt eine Verwaltungsübertretung dar, die nach Maßgabe des § 120 Abs. 1a bzw. 1b FPG 2005 zu bestrafen ist. Dass bereits eine (rechtskräftige) Bestrafung erfolgte, kann dem angefochtenen Bescheid nicht entnommen werden. Die potentielle Verwirklichung eines Verwaltungsstraftatbestandes alleine vermag kein überwiegendes öffentliches Interesse an einer raschen Außerlandesbringung zu rechtfertigen und liegt bislang auch keine rechtskräftige Bestrafung des Beschwerdeführers vor (der Verwaltungsakt lässt auch nicht erkennen, dass der Beschwerdeführer seitens des belangten Bundesamtes wegen unrechtmäßigem Aufenthalt im Bundesgebiet angezeigt worden wäre).
In Anbetracht der eingangs zitierten Kriterien für die Beurteilung des Vorliegens von Fluchtgefahr ist dem belangten Bundesamt auch nicht in der Annahme beizutreten, dass § 18 Abs. 2 Z. 3 FPG 2005 erfüllt ist. Der Beschwerdeführer übt bzw. übte eine legale Erwerbstätigkeit aus, verfügte über ausreichend Existenzmittel und über einen gesicherten Wohnsitz. Da sich sein Bruder und weitere Verwandte im Bundesgebiet aufhalten, verfügt der Beschwerdeführer auch über familiäre Bindungen im Bundesgebiet. Eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme reicht zur Begründung von Fluchtgefahr nicht aus (VwGH 11.05.2017, Ro 2016/21/0021). Die Sicherstellung des Reisepasses eines Fremden spricht ebenfalls gegen das Bestehen von Fluchtgefahr (VwGH 28.05.2020, Ra 2019/21/0336). Dass der Beschwerdeführer in der Vergangenheit melderechtlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, reicht zur Begründung von Fluchtgefahr zum Entscheidungszeitpunkt in Anbetracht der eingangs erörterten Tatsachen nicht nur nicht aus, die Annahmen des angefochtenen Bescheides sind vielmehr unvertretbar.
Zusammenfassend zeigt das belangte Bundesamt mit dem von ihm erhobenen Sachverhalt keine besonderen Gründe im Sinn der eingangs zitierten Rechtsprechung auf, weshalb die Aufenthaltsbeendigung sofort ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit im Sinn des § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG zu erfolgen hatte. Aus dem Sachverhalt ist auch keine Fluchtgefahr im Sinn des § 18 Abs. 2 Z. 3 BFA-VG abzuleiten. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte, dass im gegenständlichen Fall einer der sonstigen Tatbestände des § 18 Abs. 1 oder 2 BFA-VG heranzuziehen wäre. Die mit Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides erfolgte Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde ist vielmehr die Folge einer grob verfehlten Gesetzeslauslegung. Wenn schließlich noch in Kenntnis der bereits erhobenen Beschwerde die Abschiebung des Beschwerdeführers vollzogen wird, die Beschwerdevorlage an das Bundesverwaltungsgericht aber erst nach dem Vollzug der Abschiebung vorgenommen wird und damit dem Bundesverwaltungsgericht die Möglichkeit einer die Abschiebung verhindernden Entscheidung von vornherein genommen wird, liegt eine die Kognitionsbefugnis des Bundesverwaltungsgerichtes missachtende Vorgehensweise des belangten Bundesamtes vor. Auch wenn § 16 Abs. 4 BFA-VG ein Zuwarten mit der Abschiebung nur bei Beschwerden gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen oder abgewiesen wurde, oder mit der eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z. 2 FPG 2005 erlassen wurde vorsieht, folgt aus § 18 Abs. 5 BFA-VG doch unzweifelhaft, dass das Bundesverwaltungsgericht einer Beschwerde binnen einer Woche ab Vorlage von Amts wegen die aufschiebende Wirkung in den in dieser Bestimmung näher ausgeführten Fällen zuerkennen kann. Wird die aufenthaltsbeendende Maßnahme noch vor der Vorlage der Beschwerde – wie im gegenständlichen Fall – vollzogen, läuft § 18 Abs. 5 BFA-VG faktisch ins Leere.
Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes verbieten es das Rechtsstaatsprinzip und der daraus abgeleitete Grundsatz der Effektivität des Rechtsschutzes, dass der Rechtsschutzsuchende generell einseitig mit allen Folgen einer potentiell rechtswidrigen behördlichen Entscheidung bis zur endgültigen Erledigung seines Rechtsschutzgesuchs belastet wird (VfSlg. 20.238/2018; 20.239/2018 und 19.922/2014).
Gerade im vorliegenden Fall liegt eine solche einseitige Belastung des Beschwerdeführers vor, zumal eine Beschwerde beim belangten Bundesamt einzubringen ist und die Entscheidungsbefugnis des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich der aufschiebenden Wirkung überhaupt erst mit der Vorlage der Beschwerde entsteht. Vor diesem Hintergrund hat es das belangte Bundesamt in der Hand, durch Vollzug der aufenthaltsbeendenden Maßnahme vor einer Vorlage der Beschwerde den in der § 18 Abs. 5 BFA-VG vorgesehenen Rechtsschutz ins Leere laufen zu lassen. Dass die überraschende Abschiebung einer im Berufsleben stehenden Person, die laufenden Zahlungsverpflichtungen zu bedienen hat (insbesondere die Miete), für den Betroffenen mit einem gravierenden Nachteil verbunden ist, steht wohl außer Zweifel.
Eine verfassungskonforme Interpretation der in Rede stehenden Bestimmungen erfordert vor diesem Hintergrund, insbesondere aufgrund des Grundsatzes der Effektivität des Rechtsschutzes, dass auch in Fällen wie dem hier gegenständlichen mit dem Vollzug der aufenthaltsbeendenden Maßnahme – zumindest im Fall der Erhebung einer Beschwerde – bis zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Vorgehen des belangten Bundesamtes im Anlassfall stellt sich demgegenüber als willkürlich und den gerichtlichen Rechtsschutz aushebelnd dar. Dass mit dem angefochtenen Bescheid nicht einmal ein Zielstaat für die Abschiebung festgelegt wurde, sondern ganz offensichtlich vergessen wurde, den Platzhalter im bezughabenden Spruchpunkt III. zu befüllen, rundet das gewonnene Bild ab.
2.3. Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides ist aufgrund der vorstehenden Ausführungen ersatzlos zu beheben, da die Voraussetzungen für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde von vornherein nie vorlagen. Auf die Frage, ob dem Beschwerdeführer darüber hinaus noch eine Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention droht oder der Vollzug der Rückkehrentscheidung für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, muss daher nicht eingegangen werden. Der Beschwerde kommt somit gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG die aufschiebende Wirkung zukommt.
2.4. Im gegenständlichen Verfahren war ein Vorgehen gemäß § 59 Abs. 1 letzter Satz AVG zulässig, da die Entscheidung über Spruchpunkt V. spruchreif war und die Trennung – auf Grund der Folgen einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung für die Beschwerdeführer– auch zweckmäßig erscheint. Über die Beschwerde gegen die weiteren Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides wird nach Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens gesondert entschieden werden.
2.5. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen, da der für die Erlassung des gegenständlichen Teilerkenntnisses maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt ist und seitens des belangten Bundesamtes keine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht beantragt wurde.
Zu B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen, vorstehend im Einzelnen zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Gewährung von internationalem Schutz ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das zur Entscheidung berufene Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abgeht. Darüber hinaus liegt bei Fehlen einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, wenn die Rechtslage wie im gegenständlichen Fall eindeutig ist (VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)